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Emily Rudolf

Die Auszeit

  

  • Herausgeber ‏ : ‎ FISCHER Scherz
  • Broschiert ‏ : ‎ 480 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3651001282

 

 

Mehr Schein als Sein

 Dieser Thriller wurde bereits im Vorfeld sehr intensiv beworben, was natürlich große Erwartungen geweckt hatte. Eine bislang unbekannte Autorin mit ihrem Thriller-Debut kennen zu lernen, ließ mich mit großer Neugierde das Buch in die Hand nehmen, ein Buch, das in seiner Gesamtgestaltung einschließlich Farbschnitt hervorsticht. Leider jedoch musste ich feststellen: Das Marketing ist besser als der Buchinhalt.

 

Die Geschichte kann man in wenigen Worten erzählen: Die erfolgreiche Influencerin Viktoria Kaplan erwartet in Kürze einen neuen Meilenstein ihres Erfolges, nämlich das Überschreiten der 2-Millionen-Schwelle an Followern. Dies will sie im kleinen Kreis mit fünf Menschen aus ihrer vertrauten Clique feiern, und zwar in einem ganz versteckt und einsam gelegenen neu erbauten Luxus-Retreat in den Alpen. Der Besitzer des Retreats und sein Team erwarten sich als Gegenleistung dafür einen großen Werbeschub. Ein brutaler Mord geschieht. Und ein Sturm schneidet das Retreat vollkommen von der Außenwelt ab. Der Mörder kann also nicht entkommen. Die Ausnahmesituation, in der sich die Gruppe dadurch befindet, entfernt mehr und mehr den schönen Schein der künstlichen Welt der Influencerin und legt tief verankerte animalische Regungen frei.

Es gibt bereits viele Thriller und Krimis, die eine ähnliche Ausgangssituation gewählt haben. Was den vorliegenden Thriller vielleicht von früheren Spannungsbüchern unterscheidet, ist die Wahl der Autorin, die Geschichte durch die ständig wechselnden Erzählebenen zu zergliedern, in viele unterschiedliche Facetten zu zerteilen, stets aber im Präsens und in Ich-Form zu erzählen, sodass der Leser irgendwie künstlich verwirrt wird. Wer erzählt gerade? War das vor dem Mord oder danach? Außerdem wird die Scheinwelt auf Social Media zum Hintergrund gewählt, in der sich die handelnden Personen gekonnt künstlich bewegen. Alle dargestellten Personen wirken glatt und wie aus dem 3-D-Drucker gefertigt, auch wenn es hunderte von Seiten lang um angebliche Gefühlsschwankungen geht. Man liest und liest, schüttelt ab und zu den Kopf über Klischees, über Oberflächlichkeiten, freut sich über gelegentliche Twists, ahnt bereits früh, wer der Mörder ist und stellt mehr und mehr fest, dass dem Thriller jegliche Spannung fehlt. Anfang und Ende sind gut und packend, aber die mittleren 200 Seiten mit den endlos ausufernden Beschreibungen von sehr fraglichen Beziehungsversuchen untereinander langweilen nur noch. Eigentlich hätte der Plot viel Chancen geboten, um psychologisch stimmige Facetten fragiler mitmenschlicher Beziehungen aufzudecken, aber die Handlung verliert sich in Sex und Alkoholexzessen und ist entsprechend unglaubwürdig und langweilig. Leider nerven auch die häufigen Fehler, z. B. durch Verwechslung von „dass“ und „das“.

Kurzum: Das Debut dieser Autorin zeigt durchaus Potenzial. So sind Anfang und Ende des Buches durchaus packend geschrieben. Aber leider verliert sich Emily Rudolf im mittleren Drittel des Buches in endlos wirkender Oberflächlichkeit, sowohl was die Protagonisten als auch deren Tun und Sprache betrifft. Das passt zwar gut zur Welt der Influencer, aber nicht zur Welt der Leser eines Thrillers, wo durchweg Spannung und Aufregung erwartet wird, getragen von Protagonisten, die Mitempfinden auslösen.

 

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                      Andreas Gruber

                  Last Line of Defense -  Der Angriff

  • Herausgeber ‏ : ‎ Ravensburger Verlag GmbH
  • Broschiert ‏ : ‎ 416 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3473586363

 

Reißerischer, atemlos spannender Action-Thriller

Dass dieser Titel als Jugendbuch konzipiert ist, war mir vorab nicht klar gewesen. Mich hatte schlichtweg die Ankündigung auf „touphe Helden, rasante Action und coolen Showdown“ verlockt, in Verbindung mit dem genial gestalteten temporeich wirkenden Cover. Und, was soll ich sagen, auch mit meinem Alter von 70+ entwickelte der Roman für mich seine volle Wirkung. Die Spannung war durchgehend hoch, deshalb verführte mich das Buch dazu, ohne Unterbrechung immer weiter und weiter zu lesen bis zum (leider zu schnell) erreichten Ende.

Jayden, 16 Jahre jung, verdiente sich ein wenig Geld durch die Teilnahme an illegalen Boxkämpfen, die ohne jegliche Regeln und entsprechend brutal durchgeführt wurden. Eines Tages wird er angeworben für eine sehr harte, langwierige Ausbildung zum Geheimagenten. Jayden wird zu einer ganz besonderen Geheimwaffe. In seinem allerersten Undercover-Einsatz als Agent der Last Line of Defense arbeitet er in der Britischen Botschaft in Buenos Aires. Dorthin rettet sich nach einer abenteuerlichen Hetzjagd in letzter Minute Sophia, eine junge Journalistin. Sie hatte brisante Unterlagen aus einer High-Tech-Firma gestohlen, um damit ihren Vater zu entlasten, der einen Korruptionsskandal entdeckt hatte, aber stattdessen selbst der Geldunterschlagung angeklagt wurde. Sophia bittet um Asyl. Kurz darauf wird jedoch die Botschaft insgesamt angegriffen und in Schutt und Asche gelegt. Jayden muss nun all seine erworbenen Fähigkeiten einsetzen, um Sophia und sich selbst zu schützen. Doch sie werden von den Angreifern in einer wilden, rasanten Hetzjagd durch Buenes Aires getrieben, immer wieder erneut den Tod vor Augen….

Dieser Action-Thriller ist sehr gekonnt für jugendliche Leser geschrieben und ist durchweg von höchster Spannung. Man rast sozusagen atemlos durch die Seiten. Das Buch ist also ein Pageturner im wahrsten Sinne des Wortes. Geschickt wird in wiederkehrenden Rückblenden die Kindheit und Jugend von Jayden vorgestellt und schließlich die brutal harte Ausbildung zum Agenten der Last Line of Defense. Wie immer bei solchen Action-Thrillers, ob geschrieben, ob verfilmt, darf man an die geschilderten Geschehnisse nicht die Maßstäbe der Realität anlegen. Zugunsten der hohen Spannung werden mitunter irreale Möglichkeiten und Fähigkeiten beschrieben, was ich deshalb jedoch akzeptieren kann. Schade jedoch finde ich, dass die Personen, ausgenommen Jayden, sehr flach dargestellt werden. Insbesondere Sophie zeigt so viele verschiedene, teilweise sogar konträre Charakterzüge, die psychologisch nicht möglich sind. Man hat das Gefühl, die Figur Sophie wird stets gerade so eingesetzt, wie es die Handlung gerade erfordert, mal klug, mal naiv, mal vorlaut, mal ängstlich, mal zupackend, mal lethargisch. Nichts passt wirklich zusammen. Das finde ich schade.

Fazit: Wer auf detaillierte, psychologisch schlüssige Persönlichkeitsdarstellungen verzichten kann, findet in diesem Buch einen wirklich reißerischen, atemlos spannenden Action-Thriller, also einen Pageturner im besten Sinne. Auf die Fortsetzungsbände darf man gespannt sein.

 

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Ulf Kvensler

Der Ausflug

 

  • Herausgeber ‏ : ‎ Penguin Verlag; Deutsche Erstausgabe Edition
  • Broschiert ‏ : ‎ 464 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3328110811
  • Originaltitel ‏ : ‎ SAREK
 
Spannung von der ersten bis zur letzten Seite
 
Dieses Buch fällt schon vom Äußeren in jeder Buchhandlung auf. Denn es ist grün, total grün, vorne, hinten, oben, unten, alles grün, sehr sehr grün. Ein geschickter Werbe-Gag, und ein verdienter Werbe-Gag, denn meiner Meinung nach ist dieser Thriller absolut empfehlenswert für alle, die fingernägelkauende Spannung mögen.

Wie jedes Jahr wollen die Anwältin Anna, ihr Verlobter Henrik und ihre beste Freundin Milena bei einem mehrtägigen Wanderausflug in der wilden Natur von Schwedens Norden Abstand von ihrem Alltag gewinnen. Kurz vor Abreise bittet Milena ihre Freunde darum, erstmalig ihre noch ganz frische Liebesbeziehung, den klettererfahrenen und sportlichen Jakob, mitzunehmen. Nach einigen Diskussionen erklären sich Anna und Henrik dazu bereit, obwohl sie Jakob nicht kennen. Das erste Kennenlernen verläuft einigermaßen problemlos. Doch was im Verlaufe der Wanderung geschieht, ist unfassbar und tödlich.

Wer dieses Buch zu lesen beginnt, sollte die Türklingel, Handy und Telefon auf stumm stellen und ausreichend Verpflegung neben dem Leseplatz zurecht legen. Denn der Thriller ist atemberaubend spannend, und dies von der ersten bis zur letzten Seite! Diese Spannung baut sich aber nicht allein durch die erzählten Geschehnisse auf. Sondern der Roman ist grundsätzlich genial konstruiert. Erzählt wird aus dem Blickwinkel von Anna, einer trainierten und taffen Frau, die mit großer Sensibilität ihre Mitwanderer und sich selbst wahrnimmt und das Verhalten deutet. Und der Leser erlebt beim Lesen tatsächlich selbst eine Fülle von starken Gefühlen: Überforderung, Sieg über sich selbst, Todesangst, Wut, narzisstische Empfindlichkeit, Aggression, Zuneigung und abgrundtiefer Hass - nichts wird ausgelassen. Durch eingefügte spätere polizeiliche Vernehmungsprotokolle werden in winzigen Schritten dem Leser aus völlig anderen Perspektiven weitere Informationen zum Verlauf der Wanderung vermittelt. Diese Twists lassen den Leser immer wieder neu zweifeln an den eigenen Vermutungen. Das schwedische Lappland, insbesondere der Nationalpark Sarek, in seiner einzigartigen beeindruckenden, nahezu unberührten Natur, der häufige Wetterwechsel, die Kälte der Gletscher und die extremen Herausforderungen, die dort an Wanderer gestellt werden, finden auf außerordentlich intensive Weise bildhaft den eiskalten Hintergrund des Thrillers.

Kurzum: Besser kann man einen Thriller nicht schreiben.

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Zoe Beck

Memoria

Herausgeber ‏ : ‎ Suhrkamp Verlag; Originalausgabe Edition 2023

Broschiert ‏ : ‎ 280 Seiten

ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3518472927

 

Unerwartet und sehr, sehr spannend

 Das Cover zeigt gewaltiges Feuer und Hitzeentwicklung. Dies und auch die kurzen Angaben auf der Buchrückseite ließen mich mit völlig falschen Erwartungen in das Buch starten. Denn mit Science Fiction in seiner per definitionem eigenen Art hat der Thriller nicht wirklich etwas zu tun. Eher sehe ich den Roman als eine Gratwanderung zwischen unserer vertrauten Welt und einem Blick über diesen Rand hinaus in die nahe mögliche Zukunft. Und so kommt bei der Lektüre immer wieder neu die Frage auf, was Dystopie ist und was die Realität, die uns schneller einholen wird als wir denken können.

Harriet gerät unerwartet in eine Feuersbrunst vor den Toren Frankfurts und rettet in letzter Sekunde mit Hilfe zweier unbekannter Frauen eine ältere Dame aus ihrem brennenden Haus. Dass Harriet, die nie Autofahren konnte, es schafft, alle Personen in rasender Fahrt in einem Auto vor dem Feuer in Sicherheit zu bringen, ist ein erstes Rätsel, das Harriet und den Leser verwirrt. Und so verwirrt uns die Autorin weiter durch aufblitzende Erinnerungen und Träume, die Harriet unverständlich und unerklärlich sind. Doch Harriet macht sich beharrlich auf den Weg, sich selbst auf die Spur zu kommen.

Im Präsens geschrieben, wird die Handlung und damit der Leser in großem Tempo durch die Seiten getrieben. Mich hat der Thriller völlig überrascht. Denn Zoe Beck spielt mit unseren Ängsten genauso wie mit allen denkbaren Möglichkeiten der Manipulation. Das menschliche Gehirn ist noch lange nicht wirklich erforscht. Und es gibt so viele denkbare Wege, dystopisch oder nicht, unsere Gedanken, unsere inneren Bilder, unsere Erinnerungen manipulativ zu steuern, zu löschen, neu zu programmieren. Die Suche nach ihrer eigenen Vergangenheit, auf die sich Harriet unverdrossen und mutig macht und dabei in Lebensgefahr gerät, ist sehr, sehr spannend erzählt. Ich las das Buch in kürzester Zeit durch, getrieben von der Erwartung eines fulminanten Endes, einer Aufklärung mit einer überraschenden Wendung.

Doch leider beraubte mich die Autorin dieser Hoffnung. Denn das Ende ist vorhersehbar und allzu glatt und wohlgefällig. So glatt und wohlgefällig, wie auch die Hauptperson geschildert wird. Harriet, eine Pianistin, ein Wunderkind – diese hätte eine tiefergehende psychologische Schilderung verdient. Und so wären die weiteren Entwicklungen auch nicht so oberflächlich geblieben. Hier hat die Autorin, wie ich finde, das Potenzial dieses Thrillers nicht völlig ausgeschöpft. Das ist sehr schade. Aber ein spannendes Leseabenteuer war es für mich allemal.

 

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Eva Björg Aegisdottir

Verlogen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ KiWi-Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 368 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3462002966

·        Originaltitel ‏ : ‎ Stelpur sem ljuìga

#Verlogen 

 

Ein rundum gelungener Kriminalroman

 Ein Hochgenuss war für mich die Lektüre dieses Kriminalromans. Denn er enthält alles, was das Leserherz erfreut: einen über die Seiten hinweg andauernden Spannungsbogen, eine geschickt und mehrbödig sich entwickelnde Story, psychologisch logisch nachvollziehbare Protagonisten und einen flüssig-lebendigen Sprachstil.

 

Marianna, eine völlig überforderte alleinerziehende Mutter, verschwindet spurlos. Alle vermuten Selbstmord. Doch sieben Monate später wird ihre Leiche in einem Lavafeld vollkommen verwest entdeckt. Marianna war zweifelsfrei ermordet worden. Kommissarin Elma und ihr Team beginnen den damalig vermuteten Suizid neu aufzurollen und entdecken völlig Unerwartetes…

 

Zu Beginn der Lektüre hatte ich einige Schwierigkeiten, die Fülle an Namen zeitlich und in ihren Beziehungen zueinander geordnet in meinem Kopf zu sortieren, da die Autorin immer wieder die Zeitperspektive wechselt. Vermutlich hätte die Kenntnis des ersten Bandes diese Schwierigkeiten zu vermeiden geholfen. Das hilfreiche Personenverzeichnis entdeckte ich leider erst ganz zum Schluss der Lektüre. Dennoch war ich sehr schnell von der raffiniert sich entwickelnden Geschichte fasziniert. Immer wieder gab es neue Wendungen, immer wieder wurde ich als Leserin völlig überrascht. Immer wieder ergaben sich neue Sichtweisen, sodass ich mit meinen Vermutungen und Überlegungen immer wieder in Sackgassen geriet. Die Autorin versteht es perfekt, durch einen gekonnt flüssig-lebendigen Sprachstil und die raffiniert gestrickte Geschichte den Spannungsbogen stets hoch zu halten. In die psychologisch klug dargestellten Protagonisten konnte ich mich gut einfinden. Ganz besonders beeindruckt war ich jedoch von den feinen Schilderungen der isländischen Landschaft, die den idealen Rahmen bildeten zu diesem rundum empfehlenswerten Kriminalroman.    

 

 

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Petra Ivanov

Kryo – Die Verheißung

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Unionsverlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 352 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3293005969

 

 

Ist Leben ohne Tod möglich?

 

Auf diesen vorliegenden Thriller, den ersten Band einer geplanten Trilogie, war ich sehr gespannt. Die Autorin ist Gerichtsreporterin und Journalistin, kann also sowohl gut beobachten als auch gut schreiben. Zudem ist sorgfältige Recherche Grundlage ihres Berufes. Genau deshalb hatte ich durchaus hohe Erwartungen an dieses Buch, insbesondere wegen des brisanten Themas.

Zum Inhalt: Nichts lässt größeren Umsatz erwarten als das Versprechen auf Überwindung des Todes. So arbeiten große Unternehmen weltweit auf ganz unterschiedlichen Wegen an der Erforschung, das menschliche Leben zu verlängern. Doch welche Forschungswege sind ethisch vertretbar, welche nicht? Können Maschinen tatsächlich menschliches Bewusstsein übernehmen? Der angehende Arzt und Journalist Michael Wild stellt solche und weitere Fragen. Sein plötzliches Verschwinden zwingt Julia, seine Mutter, eine Frau mit brisanter Vergangenheit, aus ihrem zurückgezogenen Leben herauszutreten. Ihre Nachforschungen bringen sie jedoch in allergrößte Gefahr.

Glücklicherweise wurde dem Buch ein Personenverzeichnis vorangestellt. Denn durch die Zeitsprünge und die vielen Personen kommt man beim Lesen leicht durcheinander, auch wenn der Schreibstil als solcher leicht und gut lesbar ist. Mir persönlich fehlte irgendwie die Möglichkeit, mich emotional mit den Protagonisten zu verbinden. Zu nüchtern, zu verstandesmäßig orientiert wurden die handelnden Personen dargestellt. Den Schwerpunkt legte die Autorin ganz offensichtlich auf wissenschaftliche Erläuterungen, auf die Ergebnisse ihrer durchaus fundiert wirkenden Recherchen. Interessant einerseits und eigene Überlegungen anregend, den Spannungsbogen andererseits jedoch immer wieder unterbrechend.

Fazit: Ein Thriller, der mit seiner brisanten Thematik, wissenschaftlich gut recherchiert, punktet, dabei jedoch die erzählerisch-emotionale und Spannung gebende Seite eines Thrillers ein wenig vernachlässigt.

 

 

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John Ajvide Lindqvist

Refugium

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 528 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3423283649

·        Originaltitel ‏ : ‎ Skriften i vattnet

#Refugium

 

 Faszinierende Thriller-Erzählkunst

 

„Lindqvist ist unglaublich gut“ steht auf dem Buchrücken. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Denn dieser erste Band der „Stormland-Trilogie“ zeigt sich als brillant geschriebener, in feinen Nuancen ausgearbeiteter, internationaler agierender und psychologisch höchst interessanter Thriller. Kein Haudrauf- oder Blutgemetzel-Thriller, sondern ein in allen Details stimmiger, detailliert erzählter Thriller, dessen durchgehende Spannung der Schreibekunst des Autors zuzuschreiben ist.

 

Die ehemalige Polizistin und Schriftstellerin Julia Malmros soll eine Fortsetzung der  Millenium-Trilogie schreiben. Kim Ribbing, ein Mann außergewöhnlich in seiner äußeren Erscheinung, soll ihr dabei mit seinem Fachwissen helfen. Doch unweit von Julias Ferienhaus wird die komplette Gästeschar während eines Mitsommerfestes unerbittlich hingerichtet. Nur ein junges Mädchen, posttraumatisch verstummt, überlebt. Julias Exmann Johnny wird mit den Ermittlungen betraut. Julia und Kim machen sich daran, die Täter zu verfolgen, und zwar sowohl im Word-Wide-Web als auch real um den Globus.Die Jagd auf die Auftragskiller und deren Hintermänner gestaltet sich als äußerst schwierig, auch weil Kim mit seinen Alleingängen Julia immer wieder vor neue offene Fragen stellt.

 

Der Thriller ist trotz vieler Drehungen und Wendungen und Perspektivwechsel überraschend leicht lesbar. Das mag zum einen an den kurzen Kapiteln liegen, zum anderen aber auch und vor allem an der faszinierenden Erzählkunst des Autors. Die beiden Protagonisten Julia und Kim werden so empathisch und psychologisch tiefgründig geschildert, dass man sich als Leser gefühlsmäßig mit ihnen verbunden fühlt. Insbesondere die schillernde Persönlichkeit des Kim Ribbing übt eine ganz eigene Faszination aus. Die Handlung dreht und wendet sich, überrascht, schockiert und berührt den Leser.

Kurzum, wie ich oben schon zitierte: „Lindqvist ist unglaublich gut.“

 

 

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Andreas Winkelmann

Nicht ein Wort zu viel

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 400 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499007521

#NichteinWortzuviel

 

 Rezensenten, hütet euch vor unbedachten Worten

 

Als bekennender Winkelmann-Fan öffnete ich seinen neuesten Thriller mit hohen Erwartungen. Und war bereits nach den ersten Seiten hoffnungslos gefangen im Spinnennetz seiner neuesten Geschichte, die mich bis zum Ende nicht mehr losließ. Denn die Welt der Wörter, der Schriftsteller, der Buchhändler, der Buchblogger, der Rezensenten ist eine mir vertraute Welt mit all ihren Highlights, aber auch mit ihren Schatten und Eitelkeiten, die Winkelmann perfekt in seine Thriller-Szene verpackt hat.

 

Faja, Buchhändlerin, erhält eine verstörende Aufgabe, mit deren Erfüllung sie ihren Kollegen Claas retten könnte, der in Todesangst gefesselt, in Folie verpackt, dem Tode nahe ist. „Erzähl mir eine spannende Geschichte. Sie darf fünf Wörter haben. Sonst muss dein Freund sterben.“ Doch ist wirklich sie gemeint? Sie zögert. Ein weiteres Opfer unterstreicht den Ernst dieses perfiden Spiels. Das Schwarmwissen der Buchblogger-Community ist gefragt. Aber auch die beiden Ermittler Simon Schierling und Jaroslav Schrader stoßen bei ihren sehr unterschiedlichen Nachforschungen an ihre Grenzen.

 

Die Geschichte wird geschickt aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Die Handlung besteht aus verschiedenen Strängen, die sich im Laufe der Lektüre mehrfach kreuzen, sich unerwartet aufeinander zubewegen und auf diese Weise das raffinierte Spinnennetz entstehen lassen, das den Thriller zum unausweichlichen Pageturner macht. Der kluge und raffinierte Plot packte mich. Der Autor hat eine besondere Fähigkeit, seine Protagonisten so differenziert, feinfühlig und psychologisch nachvollziehbar zu schildern, dass man glaubt, sie zu verstehen. Und eine ihm wichtige Botschaft hat Winkelmann ganz unauffällig in der Handlung versteckt als Kämpfer für die Leisen und gegen die Schreihälse in der Branche: „Bücher brauchen keinen Krawall, keine Marktschreierei…. Ihr Inhalt schleicht sich auf leisen Sohlen in die Gedanken der Menschen … hinterlässt Spuren, die niemals verwischen…“

 

Fazit: Ein kluger, ein raffinierter und durchweg spannender Thriller, der die Kraft der Wörter gekonnt in Szene setzt.

 

 

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Chris Meyer

Der Follower

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3548066387

#DerFollower

 

 

 

Vorsicht: Abgrundtief grausam und brutal

 

Wer den Prolog nervlich schafft, kann getrost weiterlesen. Denn der Thriller lässt nichts aus an Szenen äußerster Brutalität und abgrundtiefer Bosheit, die bis ins letzte Detail beschrieben werden. Mich hat das Buch durchgehend sehr, sehr gut unterhalten, auch wenn die Handlung nicht unbedingt immer logisch-plausibel nachzuvollziehen war.

 

Tom Bachmann mit seinen besonderen Seelenleser-Fähigkeiten, der mit gewissen Schatten aus seiner Vergangenheit belastet ist, wird von einer Bekannten um Hilfe gebeten, deren Freundin verschwunden ist. Da die Vermisste weiterhin Fotos von sich auf Instagram hochlädt, nimmt niemand die Sorge der Freundin ernst. Tom jedoch erkennt, dass die Fotos eine Tote zeigen und ahnt sehr schnell, dass er einem Serienmörder auf der Spur ist.

 

Die Autorin schreibt von der ersten Seite an bis zum Ende hinreißend spannend. Ihr klarer Schreibstil, der ohne jegliche lyrische Schnörkel nüchtern und deutlich erzählt, packt den Leser und reißt ihn mit in diesen Strudel aus in der Kindheit erlittenen Seelenverletzungen und den psychologisch nachvollziehbaren qualvollen Versuchen, den früheren Traumata zu entfliehen. Rasant und in einem sich stetig weiter aufbauenden Spannungsbogen wird die Handlung vorangetrieben, wobei deren Vielschichtigkeit die Spannung auf keiner Seite schmälert, im Gegenteil. Die außerordentlich stark und eindrücklich gezeichneten Charaktere lassen ins tiefste Innere blicken und den Leser erschaudern.

 

Fazit: Ein unglaublich gut geschriebener, unglaublich grausam-brutaler und unglaublich spannender Thriller!

 

 

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Anthony Horowitz

Wenn Worte töten

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Insel Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 333 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3458643739

·        Originaltitel ‏ : ‎ A Line to Kill

#WennWortetöten

 

 Gemächliche Erzählweise einer geschickt verschachtelten Handlung

 

Große Lesefreude hatte ich mit dem Kriminalroman „Der Tote aus Zimmer 12“ von Anthony Horowitz, in dem der Autor auf raffinierte und exzellente Weise den modernen englischen Kriminalroman ins Extreme führte. Ich zumindest hatte Spaß an den raffinierten Wegen langsam-schleichender Aufklärung. An dem vorliegenden Kriminalroman hatte ich allerdings völlig unerwartet nicht so viel Freude.

Auf der Kanalinsel Alderney findet ein Literaturfestival statt, zu dem der Ex-Polizist Daniel Hawthorne zusammen mit Anthony Horowitz, seinem „Assistenten“, eingeladen sind. Horowitz möchte seinen neuesten Roman vorstellen, einen weiteren Kriminalfall mit Hawthorne. Doch der Mäzen des Festivals wird brutal ermordet, und so bleibt Hawthorne und Horowitz nichts anderes übrig, als eigene Nachforschungen zu betreiben, umso mehr, als ein weiterer Mord die beschauliche Insel erschüttert.

Langsam, sehr langsam wird erzählt. Zwar lässt sich der Roman flüssig und abwechslungsreich lesen, aber es braucht schon eine große Portion innerer Gelassenheit, um dem Kriminalroman in alle Winkel hin zu folgen. Die Fülle detailreicher, atmosphärisch gut nachspürbarer Schilderungen und allerlei sich öffnender Nebenschauplätze lassen nach einer Weile die Neugier auf das Buch kleiner und kleiner werden. Zumindest ging es mir so, weil ich nicht genug entspannte Lesezeit hatte, um mich auf den Facettenreichtum und die gemächliche Erzählweise wirklich einzulassen. Eine interessante Idee ist es ja durchaus, dass sich der Autor selbst in die Geschichte einbaut. Aber wie die beiden Hauptakteure miteinander umgehen, störte mich, fand ich stellenweise sogar recht unschön. Falls das englischer Humor sein sollte, habe ich ihn leider nicht verstanden. Für den Leser ist es fast unmöglich, dem Mörder auf die Spur zu kommen. Viel zu raffiniert mit vielen Irrwegen wird erzählt. Das ist schon besondere Schreibekunst. Dennoch hat mich das Buch nicht wirklich überzeugt, was jedoch an mir liegen mag.

 

Fazit: Ein sehr langsam erzählter und dadurch nur mäßig spannender Kriminalroman mit geschickt verschachtelter Handlung.

 

 

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Jonas Wagner

Diabolisch

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ HarperCollins Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 320 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3365003039

#Diabolisch

 

 Das teuflisch Böse im Menschen

Bei diesem Thriller stand für mich an erster Stelle der Plot, dessen Ausgangssituation von Beginn an für Entsetzen sorgte. Das Buch ist leicht und schnell lesbar und alles in allem sehr spannend. Und doch gibt es negative Anmerkungen, die mir jedoch das packende Leseerlebnis nicht wirklich schmälerten.

Zwei Kinder, Alex 6-jährig und seine wenig ältere Schwester Lotte, werden von ihrem Vater nach dem Turnen nicht abgeholt. Es ist Winter, es beginnt zu schneien, die Kinder frieren. Etliche Erwachsene sehen die Kinder in der Kälte stehen, kümmern sich jedoch nicht. So machen sich die Beiden schließlich im Finstern zu Fuß auf den langen Heimweg. Lotte kommt zuhause an, Alex nicht. 27 Jahre später geschieht ein brutales Verbrechen nach dem anderen im ehemaligen Heimatdorf von Lotte und Alex. Oberkommissarin Larissa Flaucher stößt bei ihren Ermittlungen im Laufe der Zeit mehr und mehr auf unerwartete und entsetzliche Zusammenhänge.

Das Cover ist genial gestaltet, auch wenn ich erst auf den zweiten Blick erkannte, dass es sich um die im Thriller so wichtige Straße mit Bushaltestelle handelt. Die Handlung switcht in kurzen Kapiteln zwischen den Jahren 1995 und 2022 hin und her. Dazwischen eingefügt sind die kindlich-naiven und ans Herz gehenden Tagebuchnotizen von Lotte. Auch wenn ich recht schnell vermutete, welche Zusammenhänge hinter den gehäuften Morden stehen, las ich das Buch in einem Rutsch durch, weil mir Aufbau und Erzählstil spannende Lesekost servierten. Erst nach Beendigung der Lektüre wurde mir bewusst, dass uns der Autor hier einen Thriller serviert, der böse ist, teuflisch böse. Insofern hat das Buch den perfekten Titel. Es gibt keine einzige Person, die als Sympathieträger taugt oder gar dem Bösen versucht Einhalt zu gebieten. Abstoßende, widerwärtige, egoistische, ekelerregende, grausame Protagonisten und brutal-teuflische Rache bestimmen die Handlung. Es hätte dem Thriller sicher gut getan, wenn er die Welt nicht nur Schwarz gemalt hätte, sondern auch Platz gelassen hätte für Grau und Weiß. Erst im Kontrast wäre das eigentlich Diabolische, das abgrundtiefe Schlechte im Menschen, glaubwürdig geworden.

 

 

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Andrea Bonetto

Abschied auf Italienisch

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Droemer HC

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 304 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426284100

#AbschiedaufItalienisch

 

 

Ein wahres Lesevergnügen mit viel Lokalkolorit

 

Kriminalromane, die in mir unbekannten Gegenden spielen, mag ich sehr. Ligurien war mir bislang völlig fremd. Im Internet holte ich mir das nötige Wissen rund um diesen Landstrich und durch Fotos zusätzlich einen visuellen Eindruck. Mit dieser Vorbereitung konnte ich sehr viel besser die beeindruckenden Landschaftsschilderungen im Buch nachvollziehen: Häuser, die an Felskanten kleben, mit winzigen Gärten, dem Fels abgetrotzt. Wirklich etwas ganz Besonderes, diese Reise nach Ligurien, die ich mit Andrea Bonetto unternehmen durfte.

 

Commissario Vito Grassi verlässt seine Dienststelle in Rom. Er hatte sich in die Provinz versetzen lassen, denn sein Vater, zu dem er relativ wenig Kontakt hatte, war gestorben und hatte ihm das über Jahre hinweg selbst gebaute Landhaus in Ligurien vererbt, ein Haus mit atemberaubender Aussicht auf die Küste der Cinque Terre. Im Haus findet er Toni vor, eine streitbare Mitbewohnerin des Vaters, die sich bislang um das Anwesen und wohl auch um den Vater gekümmert hatte und keine Absichten zeigt auszuziehen. Zwei Morde halten den Commissario sofort in Trab. Zusammen mit seiner neuen jungen Kollegin muss  Vito Grassi seine besonderen Fähigkeiten unter Beweis stellen und tritt dabei in so manches Fettnäpfchen.

 

Dieser erste Band einer neuen Kriminalroman-Reihe rund um den feinfühligen Commissario Vito Grassi nahm mich von Anfang an gefangen, denn die Lektüre ließ mich einen Krimi entdecken, wie ich ihn liebe: Viel Lokalkolorit, was farbig und atmosphärisch intensiv geschildert wird. Dazu psychologisch nachvollziehbar und fein gezeichnete Protagonisten,  die ganz ohne die derzeit so oft in Krimis üblichen Traumata auskommen, aber auch keine Überhelden sind, sondern die sich menschlich nah anfühlen und denen man mit Sympathie oder zumindest Verständnis begegnet. So menschelt es auch in den Dialogen unter den Kollegen, die humorvoll und teilweise mit spitzer Zunge geschrieben sind. Wohltuend empfand ich ganz besonders die folgerichtige Erzählweise, die den Spannungsbogen stets aufrecht erhält.

 

Fazit: Ein ruhiger, durchaus spannender, komplexer, mit viel Lokalkolorit geschriebener Kriminalroman mit einem sympathischen Commissario, von dem ich gerne mehr lesen möchte.

 

 

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Marc Raabe

Der Morgen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Paperback

·        Sprache ‏ : ‎ Deutsch

·        Broschiert ‏ : ‎ 592 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3864932052

#DerMorgen

  

Ein echter Pageturner ohne Wenn und Aber

 

Tiefschwarzer Buchschnitt und magentaroter Einband mit weißer Schrift – besser kann man nicht auf sich aufmerksam machen! Und zu Recht macht der Thriller auf sich aufmerksam, denn er hat mir durchwegs spannendes Lesevergnügen bereitet. Wie ich es auch gar nicht anders erwartet habe von diesem Autor.

 

Art Mayer hatte sich verkrochen, doch sein früherer Chef holt ihn in den Dienst des BKA zurück, denn er braucht ihn dringend zur Klärung eines brisanten Falls. Man hatte in einem verlassenen Kleinlaster die Leiche einer halbnackten Toten gefunden, auf deren Körper die Privatadresse des Bundeskanzlers geschrieben stand. Und das kurz bevor der G20-Gipfel beginnt. Art Mayer ist berüchtigt für seine unnahbare Art, seine Alleingänge, aber auch für seine Ermittlungserfolge. Ihm zur Seite gestellt wird Nele Tschaikowski, eine Neue im Team. Ihre Unerfahrenheit macht sie wett durch Mut und Klugheit. Je tiefer sie in die Ermittlungen eintauchen und je gefährlicher die Situation wird, desto besser gelingt die Zusammenarbeit der beiden.

 

Von der ersten Seite an baut Marc Raabe an einem spannenden Szenario. In zwei Zeitebenen wird erzählt, aber was Vergangenheit ist und was Gegenwart, wird dem Leser nur puzzleartig serviert. Und so bleibt die Spannung permanent erhalten. Immer wieder tauchen neue Videos oder Fotos auf, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.  Man rät und vermutet und liegt letzten Endes doch falsch. Wobei ich persönlich als zusätzlichen Spannungseffekt das Interagieren des so unterschiedlichen Ermittlerduos empfand. Mir gefiel sehr, dass der Autor keine überspitzten Dialoge bemühen muss, sondern die Protagonisten so realitäts- und alltagsnah kommunizieren lässt mit ein wenig Bissigkeit und mit ein wenig Witz, wie man es selbst aus dem Arbeitsleben mit Kollegen kennt.

 

Fazit: Ein echter Pageturner ohne Wenn und Aber!

 

 

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Jean-Christophe Grangé

Die marmornen Träume

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Tropen

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 688 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3608501711

·        Originaltitel ‏ : ‎ Les Promises

#DiemarmornenTräume

  

Ein Thriller der Enttäuschungen

 

Hohe Erwartungen hatte ich an dieses 700 Seiten starke Werk vom „Meister der französischen Spannung“. Hmmm… Vermutlich habe ich den Begriff „französische Spannung“ falsch verstanden. Aber dem Buch wurde auch nachgesagt, dass es ein „Donnerschlag“ sei, eine „Meisterleistung“ mit „Suchtfaktor“. Warum nur war ich so maßlos enttäuscht?

Der Thriller spielt in einer sehr dunklen Zeit, nämlich im Berlin um 1939. Der Zirkel der Ehefrauen der Nazi-Elite trifft sich beim Champagner. Der angesagte Psychoanalytiker Simon Kraus befasst sich auf gerissene Weise mit eben diesen Damen, verführt und erpresst sie. Als eine aufs Grausamste zugerichtete Frauenleiche gefunden wird, führt die Spur des Täters bis in die obersten Führungskreise des Regimes. Simon Kraus, die alkoholkranke Minna von Hassel und der Nazi Franz Beween versuchen gemeinsam, den Täter zu stellen, um nicht selbst in die Fänge der Gestapo zu geraten. So könnte man den Inhalt in Kürzestform in Worte fassen.

Natürlich passiert sehr viel mehr auf diesen 700 Seiten. Und doch musste ich mich durch die Seiten schleppen. Denn ich empfand das Buch mindestens bis zur Hälfte einfach nur langweilig. Es geschieht dies und das und doch nichts, was fesseln könnte. Personen tauchen auf und tauchen wieder ab. Weniger wäre mehr gewesen, hätte ich gerne dem Autor zugerufen. Ganz und gar nicht gefiel mir der Sprachstil, insbesondere in den Dialogen. Eine seltsame Mischung von seltsam geschraubten Fremdwörtern, die man zu jener Zeit vermutlich niemals benutzte und dann wieder ungewöhnlich locker-flapsig, was ich ebenfalls oftmals als sehr unpassend empfand. Das könnte natürlich möglicherweise auch der Übersetzung geschuldet sein. Die Schwarz-Weiß-Darstellung der Protagonisten wirkt auf mich nicht nur unsympathisch, sondern auch völlig unglaubwürdig, überzeichnet wie Karikaturen, hohl und psychologisch überhaupt nicht überzeugend. Die Handlung hatte für mich keine klare Struktur, der man als Leser hätte ernsthaft folgen wollen und können. Da helfen auch nicht eingestreute extrem brutale Szenen. Denn reißerische Brutalität und Perversität allein ohne Zusammenhang, sei es politischer, sei es psychologischer Natur, dient keineswegs dazu, den Leser zu fesseln, im Gegenteil.

Kurzum: Dieser Thriller war für mich eine Enttäuschung, denn ich langweilte mich über lange Strecken. Und der Rest überzeugte mich nicht, wie oben ausgeführt.

 

 

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Sarah Pearse

Das Sanatorium

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 512 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442206353

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Sanatorium

#DasSanatorium

  

Starker Beginn, der sich ins Unlogische verliert

 

Hat Reese Witherspoon tatsächlich den Thriller von Sarah Pearse gelesen, dem sie „Gänsehaut pur!“ attestiert? Ich glaube nicht.

„Le Sommet“ war einstens ein Sanatorium für Tuberkulosekranke, bis es schließlich mehr und mehr verfiel und zu einem typischen Lost Place wurde. Nach Jahren des Leerstands fanden jedoch zwei befreundete Architekten Gefallen an dem riesengroßen Gebäude, das mit seiner Lage, teils tief versteckt im Wald und überragt von drohenden Berggipfeln, ideal zu sein schien für ein Luxushotel der Extraklasse. Nach vielen Jahren der Planung und des Baus, oftmals angefeindet von Naturschützern und überschattet vom rätselhaften Verschwinden des Daniel Lemaitre, dem Architekten mit Visionen, ist das Fünf-Sterne-Hotel nun fertiggestellt. Elin Warner, ein Detective Inspector, derzeit beruflich freigestellt, reist zur Verlobungsfeier ihres Bruders Isaac an. Für Elin ist die Beziehung zu ihrem Bruder durch ein früheres, unausgesprochenes Drama belastet. Sie hat Angst vor der Begegnung. Da verschwindet Isaacs Verlobte, dann geschieht ein Mord. Und ein gewaltiger Schneesturm mit Lawinenabgang schneidet das Hotel von der Außenwelt ab. Die Gäste sind in dem riesigen Gebäude mit einem Killer gefangen.

Ein Plot also, der alles bietet, was ein atemberaubender Thriller braucht. Und so startet das Buch auch: Mit viel atmosphärisch geschilderter wachsender Spannung. Der Autorin gelingt es, ihre Schilderungen, insbesondere die der Umgebung und Natur, mit allen Sinnen zu schildern. Ebenso detailfreudig werden die Gestimmtheiten der handelnden Personen in allen Feinheiten beschrieben. Insbesondere die Gefühle von Elin werden geradezu seismographisch erspürt und in Worte gefasst. Diese Feinfühligkeit der Autorin ist ihre Stärke, aber auch ihre Schwäche. Denn je weiter der Thriller voranschreitet, desto mehr verlieren sich die Schilderungen in sich selbst, werden unlogisch, dienen nicht mehr dazu, die Handlung voranzubringen. Und damit verlieren die Protagonisten, allen voran Elin, an Glaubwürdigkeit. Aber auch die Sprache wird zunehmend nüchterner und emotionsärmer. Dadurch gelingt es dem Leser immer schwerer, sich lesend in die Handlung hineinzufinden. Die Spannung verliert sich.

 

Fazit: Ein starker Plot, ein starker Beginn, aber im Verlauf stetig schwächer, unlogischer und spannungsärmer werdend.

 

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Martin Krüger

Wintersterben

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ HarperCollins Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3365001189

·        #Wintersterben

  

Spannend-gruselige Lektüre mit kleinen Schwächen

Sowohl Titel als auch Cover kommen meiner Meinung nach zu harmlos daher, denn dieser Thriller hat es in sich. Im Guten wie im Schlechten.

Wir befinden uns in einem abgelegenen Dorf in den Walliser Alpen. Viele Häuser im Dorf haben vernagelte Fenster. Die Menschen leben in eisiger und schweigsamer  Abgeschiedenheit. Als eine schrecklich zugerichtete Leiche mitten im Nirgendwo gefunden wird und klar wird, dass der Tote ein deutscher BKA-Mann war, entsendet Interpol seine beste Ermittlerin, Valeria Ravelli, zur Aufklärung in die verschneite Bergwelt. Zusammen mit ihrem neuen Kollegen versuchen sie auf getrennten Wegen, den Spuren des toten BKA-Mannes zu folgen, die auf rätselhafte Weise weit in die Vergangenheit reichen. Ravelli ahnt nicht, in welch tödliche Gefahr sie sich dabei begibt.

Allem sei voran gesetzt: Dieser Thriller hat mich von Anfang bis Ende großartig unterhalten. Die durchweg spannende Handlung nahm mich derart gefangen, dass ich das Buch kaum weglegen wollte. Dadurch störte es mich letztlich wenig, dass der Thriller nicht konsequent durchkomponiert war. Es gab einige lose Handlungsfäden, die nicht weiter bearbeitet wurden. Es gab Unglaubwürdigkeiten und Hinweise auf eine Vorgeschichte, die nicht erklärt wurden. Überhaupt bleiben etliche Fragen offen, auch beim fulminant inszenierten Schluss. Aber die eindrücklichen, atmosphärisch dichten und den Leser packenden Natur- und Situationsschilderungen ließen so manche Ungereimtheit beim Lesen vergessen. Bildhaft und intensiv ließ der Roman an so manchen Stellen ein schauderndes Gefühl von Horror und Bedrohung entstehen.

 

Fazit: Sehr spannender, fast gruselig zu nennender Thriller, dessen kleine Schwächen mein Lesevergnügen nicht minderten.

 

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Jens Henrik Jensen

EAST – Welt ohne Seele

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3423220248

·        Originaltitel ‏ : ‎ Kjaellingen i Krakow

#EastWeltohneSeele

  

Habe ich mit großer Abneigung gelesen

Nun, ich gebe zu, ich habe das Buch von Anfang an mit sehr gemischten Gefühlen gelesen. Und diese uneinheitlichen Gefühle haben sich im Laufe der Lektüre zu einer distanzierten, emotionsarmen, rein beobachtenden Haltung verändert. Daran änderte auch die zugegebenermaßen streckenweise spannungsreiche Erzählweise nichts. Erst später las ich, dass es sich bei diesem Buch und die nachfolgenden zwei Bände, die 2023 erscheinen werden, um frühere Manuskripte des Autors handelt. Das erklärt vielleicht noch am ehesten meine Enttäuschung über dieses Buch und den so hochgelobten Autor.

Hauptperson CIA-Agent Jan Jordi Kazanski kann ohne Alkohol keine Stunde überstehen, seit seine Frau und seine Tochter eines gewaltsamen Todes gestorben sind. Ein rundum kaputter Typ, natürlich dienstunfähig. Da seine Fähigkeiten jedoch unbestritten sind, wird er Undercover nach Krakau entsandt, um dort jemanden ausfindig zu machen, von dem er nur den Decknamen kennt, der die größte Verbrecherorganisation Krakaus anführt und dessen wahre Identität niemand kennt. Doch kaum ist Kazanski in Krakau angekommen, entgeht er nur knapp einem Mordanschlag. Krakau Ende der Neunziger Jahre bietet den idealen Schauplatz für alles, was in einem Agententhriller Platz hat, allem voran einen Sumpf an Korruption.

Begonnen hat meine Abneigung gegen das Buch mit der grausam-abstrusen Idee, einen gutmütigen, gehorsamen Golden Retriever als lebende Bombe zu benutzen. Diese Art von perverser Grausamkeit ist in der Geschichte immer wieder zu finden. Mag ich nicht. Aber ich bin es auch langsam überdrüssig, von Protagonisten zu lesen, die seelisch und/oder körperlich kaputt sind, weil sie von früheren Traumata verfolgt werden und deren einzige Lebensbewältigung übermäßiger Alkoholkonsum ist wie bei Kazanski. Zwar ist der Thriller durchaus spannend aufgebaut, aber dennoch blieb ich innerlich völlig distanziert, was vermutlich an dem kühlen, distanzierten Schreibstil liegt. Auch gab es so einige Handlungsfäden, die sich im Verlauf der Geschichte ins Nichts auflösten.

Kurzum: Ein Thriller, an dem es für mich nichts gab, was ich mochte.

 

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Yrsa Sigurdardóttir

Schnee

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ btb Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 352 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442759521

#Schnee

 

 

Was ist Realität, was sind aus Angst geborene Halluzinationen?

 

Das minimalistische Cover wirkt auf mich sehr anziehend und passt perfekt zum Buchinhalt. Der Name der Autorin spricht für Spannung. Und das Setting im isländischen Winter noch viel mehr. Rundum: Für mich war dieser Thriller ein sehr gelungenes, schaurig-spannendes Leseerlebnis, weil es psychologisch außerordentlich gekonnt die Grenzen verwischt zwischen der nüchternen Realität und den durch Ausnahmesituationen ausgelösten, angstinduzierten Halluzinationen. Was so oder ähnlich tatsächlich geschehen kann und nichts mit Mystik oder Übersinnlichem zu tun hat. Denn unser Gehirn unterliegt sehr leicht Trugbildern, wenn es an seine Grenzen gebracht wird.

 

Der fesselnde Prolog nimmt den Leser sofort gefangen. Ein halb verrotteter Kinderschuh mit einem kaum lesbaren eingestickten Namen wird gefunden und gibt Rätsel auf. Ein weiterer Handlungsstrang öffnet sich und erzählt von vier Freunden, die aus Lust am Abenteuer zu einer Wanderung starten durch den tiefsten Schnee im Hochland Islands, weit ab von jeglicher Zivilisation. Und wir erfahren von einer einsamen Radarstation, in der ein einsamer Mitarbeiter in einsamen Stunden Seltsames erlebt.

 

Der Thriller braucht eine Weile, bis er die einzelnen Perspektiven und Protagonisten ins Spiel gebracht hat.  Aber dennoch liegt bereits von Beginn an eine kalt-gefährliche Stimmung über allem und allen. Als sich eine Suchmannschaft  auf den Weg macht, die inzwischen vermissten vier Freunde in dem riesigen Gebiet der Schneewildnis zu suchen, nimmt der Thriller zunehmend Fahrt auf. Und es kroch beim Lesen die eisige Kälte und das Grauen tiefer und tiefer in mich hinein, was die gekonnt gesetzten Cliffhänger noch verstärkten. Faszinierend gestrickt von der Autorin ist der Plot, in dem letztlich scheinbar Unzusammenhängendes doch noch eine Erklärung findet.

 

Für mich war das Buch ein psychologisch kluger, aufregend konstruierter Thriller, der mir so manchen eiskalten Schauer bescherte.

 

 

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Frank Goldammer

Bruch – Ein dunkler Ort

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Wunderlich

·        Broschiert ‏ : ‎ 368 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3805200905

#BruchEindunklerOrt

 

 

Auf die Nerven gehende psychisch gestörte Ermittler langweilen

 

Vom Autor hatte ich bislang keines seiner Bücher gelesen. Insofern war ich unvoreingenommen neugierig. Und am Ende des Buches, das bis zu Ende zu lesen mir viel Überwindung kostete, blieb nichts als Enttäuschung und die Gewissheit, von Frank Goldammer nichts mehr lesen zu wollen.

 

Der erste Fall um die Ermittler Bruch und Schauer wird als „spannend, beklemmend, einzigartig“ angepriesen. „Einzigartig“ war jedoch das einzige Adjektiv, das ich als zutreffend bezeichnen würde. Der Kriminalroman war für mich einzigartig langweilig, einzigartig abstoßend und einzigartig unglaubwürdig. Felix Bruch ist ein undurchsichtiger, ungewaschener, ungehobelter Ermittler, der stumm und eigenbrötlerisch sein Ding macht. Seine neue Partnerin Nicole Schauer fällt durch vieles Reden auf (aus Sicht von Bruch) und bringt, wie könnte es anders sein, ebenfalls schwerwiegende private Probleme mit. Offensichtlich gibt es in der aktuellen Thriller- und Kriminalliteratur nur noch ge- und verstörte, durch frühere oder akute Traumata beeinträchtigte Ermittler. Der aktuelle Fall eines verschwundenen Mädchens mit Parallelen zu einem früheren Geschehnis, in dem ein ebenfalls verschwundenes Mädchen nach zwei Wochen zurückgekehrt war, würde eigentlich die Zusammenarbeit zwischen Bruch und Schauer erfordern, aber der völlig empathielose, sich mit Tabletten durch den Tag bringende Bruch und die unbeherrschte, aggressive Schauer schaffen es, dass mir als Leser der Fall irgendwann völlig egal wurde. Zu lang, zu breit und dennoch Hintergründe oder Ursachen nicht erläuternd, wurden die seelischen und sozialen Defizite der beiden Ermittler breit getreten und in immer neuen unmöglichen Situationen „eingearbeitet“. Langweiliger und unsympathischer ging es nicht mehr! Erst gegen Schluss kam Fahrt in die eigentliche Krimi-Handlung – für mich jedoch zu spät.

 

Fazit: Zwei unsympathische Ermittler, die durch ihre breitgetretenen psychischen Defizite dem Leser auf die Nerven gehen, was den eigentlich guten Plot des Kriminalromans insgesamt langweilig und unglaubwürdig macht.

 

 

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Stacy Willingham

Das siebte Mädchen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 448 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499006609

·        Originaltitel ‏ : ‎ A Flicker In The Dark

#DassiebteMädchen

  

Moderate Spannung, handwerklich gut geschrieben

 

Ein Debüt ist für mich stets generell eine spannende Lektüre. Was habe ich von der Autorin zu erwarten? Bietet sie Neues, Ungewöhnliches? Oder betritt sie mehr oder weniger gekonnt bereits ausgetretene Pfade? Alles ist offen bei einem Debüt.

 

Journalistisch geschult schreibt Stacy Willingham gekonnt, mit atmosphärisch dichten Schilderungen, leicht lesbar und schlüssig in der Handlung. Sehr beeindruckt hat mich die Beschreibung der Kulisse der undurchdringlich sumpfigen Natur rund um Louisiana, die auf unheimliche Weise ihre Geheimnisse verborgen hält. Das Thriller-Debüt ist kein Buch, das mit der Tür ins Haus fällt. Langsam entwickelt sich die Handlung, man erfährt nur schrittweise mehr. Doch leider,  ärgerlich und unnötig, bedient die Autorin mit der Hauptperson Chloe, einer promovierten Psychologin in eigener Praxis, die landläufige Klischeemeinung, dass Psychiater oder Psychologen selbst therapiebedürftig seien. Denn Chloe, nach außen hin perfekt, kann ein tiefliegendes Trauma nur mit Tabletten aus ihrem Alltagsbewusstsein heraushalten. Ihr Vater, an den sie nur positive Erinnerungen hat, sitzt im Gefängnis, verurteilt als Serienmörder. Er hatte gestanden, für das Verschwinden von sechs Teenagern verantwortlich zu sein, obwohl deren Leichen nie gefunden worden waren. Exakt 20 Jahre später verschwindet eine von Chloe’s Patientinnen. Ein Bewunderer des Vaters, der ihn zum Jahrestag nachahmt? Oder der wahre Täter, der immer noch frei ist?

Meisterlich schafft es die Autorin, auf intensive Weise innerste Regungen der handelnden Personen zu beschreiben und nachspürbar werden zu lassen. Trotz der oft kleinzelligen Beschreibungen von Umfeld und anderen äußeren Gegebenheiten wächst dadurch ganz leise, fast unbemerkt, die Spannung an, um schließlich gegen Ende des Buches sich geradezu zu überschlagen und das Geschehene in Vergangenheit und Gegenwart aufzulösen – allerdings für den aufmerksamen Leser leider ohne wirkliche Überraschung.

 

Fazit: Das Debüt hat mir weitgehend gut gefallen, wobei zu hoffen ist, dass die Autorin in Zukunft zu ungewöhnlicheren Plots ohne Klischees findet.



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Jennifer Mentges

Elternhaus

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ FISCHER Scherz

·        Broschiert ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-10 ‏ : ‎ 3651025551

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3651025554

#Elternhaus

  

Drohendes Unheil von der ersten Seite an

 

Allein schon die Szenerie einer seit Jahren leer stehenden Villa, dunkel und irgendwie abweisend, vermittelt unangenehme Gefühle, so wie sie das Cover perfekt einfängt. Der Barpianist Tobias Hansen beobachtet seit Jahren, im Auto sitzend, das Haus im noblen Hamburger Vorort. Jahre vergehen. Schließlich verliebt sich Yvette Winkler in die Villa, träumt sich weg aus ihrem von der Schwiegermutter bevormundeten Leben in Österreich hin in ihre frühere Heimatstadt, in der sie für ihre Familie das ideale Nest gefunden zu haben glaubt. Viel Platz für ihre vier Kinder, viel Platz für geschmackvolle Neugestaltung. Ihr Mann stimmt dem Umzug zu. Doch was ist mit Tobias Hansen? Er freundet sich mit der Familie an, gibt den Kindern Klavierunterricht. Doch was will er wirklich und warum?

 

Aus verschiedenen Perspektiven erzählt die Autorin eine Geschichte, die ihre Spannung schöpft aus der nicht greifbaren, aber immanent vorhandenen Bedrohung, die über viele Seiten hinweg nicht erklärbar ist und damit die Spannung immer aufrecht erhält. Für mich ist der Roman eher ein Psychothriller als ein Thriller. Zumindest legt die Autorin sehr viel Wert auf die psychologisch nachvollziehbare Ausgestaltung der Protagonisten, die allesamt auf ganz unterschiedliche Weise beschädigte Seelen sind und im Aufeinandertreffen der Eskalation nicht mehr entkommen können. Dieses schicksalhafte und fast unaufhaltsam wirkende Aufeinander-Zubewegen der ganz unterschiedlichen Menschen mit ihren verborgenen Sehnsüchten, Defiziten und Traumata löst im Leser von Seite zu Seite wachsende spannend-bedrohliche unheilvolle Gefühle aus. Gerade dadurch, dass sich erst im Laufe des Lesens die einzelnen Szenen zu einem Gesamtbild zusammenfügen, dass sich erst nach und nach die Psychogramme der Protagonisten erschließen, wird die unaufhaltsam wachsende Gefahr real.

 

 

Fazit: Psychothriller mit sehr spannendem Aufbau, leicht lesbarem und schönem Sprachstil, mit psychologisch interessant dargestellten Protagonisten, dem ich allerdings etwas mehr Tiefe  gewünscht hätte. Auf jeden Fall eine ideale fesselnde Sommerlektüre.

 

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Amy McCulloch

Der Aufstieg

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Piper

·        Broschiert ‏ : ‎ 496 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3492063432

·        Originaltitel ‏ : ‎ Breathless

#DerAufstieg

 

  

Eiskalter, authentisch erzählter Bergsteiger-Thriller

 

Einen besseren Zeitpunkt zur Lektüre dieses Thrillers hätte ich kaum finden können. Extreme Hitzetage, die nach Abkühlung verlangen. Und dieses Bergsteigerdrama schafft Gänsehautmomente. Eisige Kälte birgt Lebensgefahr, aber auch ein gefährlicher Mörder. Trotz der Hitze um mich herum war mir oftmals kalt, sehr kalt…

 

Cecily, eine ehrgeizige Journalistin, setzt alles daran, ein Interview mit dem berühmten Bergsteiger Charles McVeigh führen zu dürfen. Seine Bedingung: Cecily muss mit ihm erfolgreich den Achttausender Manaslu besteigen. Erst danach bekommt sie das Interview, das ihrer Karriere größten Erfolg bringen wird. Doch Cecily hat nicht nur mit ihren eigenen Unsicherheiten und ihrer bergsteigerischen Unerfahrenheit zu kämpfen. Denn bereits im Basislager kommt es zu einem tödlichen Unfall. Ein Zettel an Cecilys Zelt schafft weitere Zweifel. „Ein Mörder ist am Berg. Bring dich in Sicherheit.“ Doch Cecily überwindet sich und steigt weiter und weiter auf, bis in die Höhen der Todeszone, wo nicht nur der Berg Lebensgefahr birgt…

 

Zwar habe ich nicht die geringste Ahnung vom Klettern oder Bergsteigen, geschweige denn von den unfassbaren Anforderungen, die das Besteigen eines Achttausenders den Mutigen, oder soll ich sagen den Besessenen, abfordert. Doch die Tatsache, dass die Autorin selbst den Manaslu mit 8.163 m Höhe in Nepal bestiegen hat, und nicht nur den, sondern auch den Aconcagua, den höchsten Berg Amerikas mit knapp 7.000 m Höhe, ließ mich den Thriller viel intensiver lesen als einen x-beliebigen erdachten Reißer. Die überaus authentisch geschilderten Anforderungen an Körper und Geist bei solch einem Aufstieg schildert die Autorin hinreißend intensiv, insbesondere die Tatsache, dass der mögliche Tod der stete Begleiter ist. Dass Amy McCulloch die Todesgefahr durch einen Mörder am Berg noch intensiviert, gibt der Lektüre eine zusätzliche Würze, allerdings auch mitunter ein paar unrealistische Momente. Doch insgesamt war ich dem fesselnd-spannenden Thriller und der fantastischen Bergwelt völlig verfallen und konnte das Buch nicht mehr weglegen.

 

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Elizabeth George

Was im Verborgenen ruht

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 800 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442316205

·        Originaltitel ‏ : ‎ Something to Hide

#WasimVerborgenenruht

 

 

Diese Lektüre ist nur etwas für tapfere Leser

 

Tapfer muss man sein, weil die Autorin es geschafft hat, auf 800 Seiten ähnliche Szenen, ähnliche Dialoge, ähnliche Klischees, ähnliche Themen zu wiederholen und zu wiederholen und zu wiederholen. Und nur tapferen Lesern gelingt es, diesen seltsamen Wiederholungs-Wust von Anfang bis Ende zu lesen. Ich war so tapfer…

 

Die Inhaltsangabe wurde vielfach veröffentlicht, deshalb erspare ich mir die Wiedergabe mit eigenen Worten. Im Zentrum steht das Thema der Beschneidung, das tief im Bewusstsein der afrikanischen Kultur verankert ist und sogar heute noch im aufgeschlossenen London im Verborgenen praktiziert wird.

 

Die Diskussion rund um dieses Thema nimmt viel Raum im Roman ein neben Mord, brutaler häuslicher Gewalt und dem Zusammenprall von moderner privilegierter Lebensform und der Lebensvorstellung von ethnischen Minderheiten. So weit so gut. Doch was macht Elizabeth George daraus? Eine endlose Tirade, ohne wirklich in die Tiefe der Thematik einzutauchen. Ich habe stattdessen das Gefühl, im Auto, im Taxi, zu Fuß, mit der Metro durch halb London gefahren und gelaufen zu sein.  Ich lernte zig Gegenden kennen, lernte zig Menschen verschiedenster ethnischer Herkunft kennen, habe zig verschiedene Gerichte und reichlich Junkfood gegessen, wurde schier erschlagen von all den angerissenen unterschiedlichen Lebensstationen, von den vielen, teils undurchsichtigen Verknüpfungen, deren einzige Basis die richtige Hautfarbe zu sein scheint. Detailverliebt taucht die Autorin immer und immer wieder in ähnliche Situationen und Dialoge ein und malt dabei immer wieder die gleichen Feindbilder. Klischeehaft werden Andersdenkende verbal oder real niedergeprügelt. Für keinen der Protagonisten konnte ich auch nur einen Funken der Sympathie entwickeln. Dazu waren sie viel zu blutleer und langweilig geschildert. Langeweile ist überhaupt das einzig treffliche Wort zu diesem Roman. 800 Seiten angefüllt mit zu viel Wiederholung und mit zu wenig Gehalt.

 

 

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Andreas Winkelmann

Das Letzte, was du hörst

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 368 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499007514

#Dasletztewasduhörst

 

  

Für mich einer der besten Thriller-Autoren

 

Eigentlich könnte ich es ganz kurz machen: Andreas Winkelmann ist für mich einer der besten Thriller-Autoren. Punkt.

Und dies ist er nahezu gleichbleibend von Buch zu Buch. Immer wieder ein neues Grundthema, immer wieder neue und bemerkenswerte Protagonisten. Und immer wieder ein atemloses Jagen durch die Seiten, weil die Spannung von Anfang bis Ende hoch ist.

 

Im vorliegenden Thriller geht es um einen Podcast, um süchtig machende Manipulationen, um Trost versprechende Kraft weicher Worte. Der vermeintliche Selbstmord von Martina nach einem Hilferuf, ein folgenschwerer Autounfall der Journalistin Roya, Sarah, die sich von der Stimme des Podcasters Marc Maria Hagen durchs Leben tragen lässt und die unangepasste, spröde Kommissarin Carole Barreis, sie alle tragen eine Handlung, wie sie spannender nicht sein könnte. Denn die Gefahren im Internet, die Gefahren, die von Influencern ausgehen, sind vielfältig und genauso todbringend wie häusliche Gewalt im realen Leben.

 

Ein weiteres Mal überzeugte mich Andreas Winkelmann mit seiner Gabe, auf perfekte Weise und ohne komplizierende Szenen- und Perspektivwechselspiele den Leser zu packen. Seine Protagonisten werden psychologisch durchdacht geschildert und rücken uns insbesondere mit ihren Unsicherheiten sehr nahe. Grausiges Schauern, atemlose Spannung, Entsetzen und Abscheu werden in einem für lange Zeit undurchsichtigen Plot verpackt. Mehr als einmal wird der Leser völlig überrascht, denn nichts ist so wie es zu sein scheint. Der Autor stochert wieder einmal tief in unseren eigenen Ängsten und Sehnsüchten herum und führt uns einmal mehr die möglichen Abgründe unserer Zeit vor Augen.

 

Deshalb auch bei diesem Buch das Fazit: Andreas Winkelmann ist für mich einer der besten Thriller-Autoren. Punkt.

 

 

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Nora Luttmer

Tiefergrund

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499007118

#Tiefergrund

 

 

Bildhaft-eindrücklich und durchweg spannend

 

Auch Band  2 der Krimiserie um die Ermittlerin Bette Hansen habe ich sehr gerne gelesen. Denn er hat mich durchweg gut unterhalten. Während Band 1 erst langsam „in die Gänge“ kam, packte mich Band 2 gleich von Anfang an, und das durchweg bis zum Ende.  Außerdem weiß ich jetzt, wo Hamburg-Ochsenwerder liegt, eine ländlich-ruhige Gegend, in der ich gerne wohnen würde, wenn ich Google glauben darf. Band 2 lässt sich auch ohne Vorkenntnisse von Band 1 uneingeschränkt gut lesen.

 

Worum geht es? Bette Hansen, eine ehemalige Kommissarin, ist zurück nach Ochsenwerder gezogen, einer idyllischen Gegend, in der Bette ihre Kindheit verbracht hatte. Da sie unter Narkolepsie leidet, kann sie ihren Beruf nicht mehr ausüben, denn die plötzlich eintretenden Schlafattacken wären zu gefährlich für sie. Als ein junges Mädchen verschwindet, bricht eine alte Wunde auf,  denn bereits im Jahr 1986 gab es einen ungeklärten Mord an einem jungen Mädchen, einer damaligen Freundin von Bette. Da kann Bette gar nicht anders als auf eigene Faust zu ermitteln.

 

Nora Luttmer gelingt es sehr eindrücklich, das Lokalkolorit des ländlichen Hinterlandes nahe Hamburg atmosphärisch dicht und vorstellbar einzufangen. Sie erzählt in relativ kurzen Kapiteln und aus verschiedenen Perspektiven sehr kurzweilig über früheres und gegenwärtiges Geschehen. Der Spannungsbogen bleibt über das gesamte Buch hinweg von Anfang bis Ende konstant, sodass man nicht aufhören kann zu lesen. Geschickt werden die einzelnen Handlungsstränge, die erst sehr undurchsichtig wirken, mehr und mehr miteinander verwoben, wobei der Leser dennoch lange im Ungewissen bleibt. Die Charaktere werden plausibel und nachvollziehbar geschildert. Dennoch bleibt für mich auch beim Lesen des zweiten Bandes ein Zweifel bestehen: Vielleicht sollte das enge Zeitraster, das sich aufgrund der krankheitsbedingt erforderlichen Ruhezeiten von Bette ergibt, zusätzlich die Spannung erhöhen. Bei mir jedoch hatte das im Laufe der Seiten einen gegenteiligen Effekt, denn es begann mich zunehmend mehr zu nerven. Ich bin mir deshalb unsicher, ob eine solche Erkrankung, die ständig präsent und handlungsbestimmend ist, in einem Kriminalroman wirklich gut platziert ist.

 

Dennoch bleibt mein Fazit: Ein lesenswerter, unterhaltsamer Kriminalroman mit vielschichtigen Figuren und bildhaft-eindrücklichem Lokalkolorit.

 

 

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Cathrin Moeller

Todesglut

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 528 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499008047

#Todesglut

 

 

Beste Krimi-Unterhaltung

 

Welch ein außergewöhnliches, interessantes Szenario: Eine „Privat-Akademie des Verbrechens“ auf Rügen, deren auserlesene Studenten sich zu Übungszwecken an alten ungelösten Fällen ausprobieren können. Cathrin Moeller hat nun den ersten Fall vorgelegt, einen Kriminalroman, der ihr wunderbar gelungen ist: Über 500 Seiten, die von Anfang bis Ende fesseln und die den Leser immer wieder in die Irre führen. Ein rundum spannendes Lesevergnügen!

 

Wir lernen den ehemaligen Kommissar Henry Zornik kennen, dessen Aufgabe es ist, als Dozent den Studierenden beizubringen, mit welchem Handwerkszeug man ein erfolgreicher Ermittler wird. „Denkt wie die Mörder!“ Obwohl es dem eigenwilligen Henry sehr schwer fällt, sich im Hörsaal durchzusetzen,  entschließt er sich dazu, eine Art von Wettbewerb auszurufen unter den Studierenden, und zwar anhand eines seit Jahren ungelösten Falles, einer scheußlich verbrannten Leiche in der Stadtbibliothek von Bergen. Der Feuereifer, mit dem die Studenten vorangehen, lockt den unbekannten Straftäter von damals aus seiner Reserve, und aus der Theorie wird plötzlich tödlicher Ernst.

 

Allein schon das ungewöhnliche Szenario und die sehr ausgefeilt und psychologisch nachvollziehbar dargestellten Protagonisten machen den Kriminalroman sehr lesenswert. Gut recherchiertes Fachwissen trägt zur Glaubwürdigkeit bei. Mehrmals kam mir beim Lesen der Gedanke, dass genau diese strukturierte Vorgehensweise der Ermittlungen, wie Henry es den Studierenden im Buch vermitteln will, eine großartige Fortbildung für so manchen Krimi-Autor wäre, damit die leider immer wieder in so manchen Krimis zu findenden unlogischen und irritierenden Sequenzen vermieden werden könnten. Cathrin Moeller legt wie bei einer Schnitzeljagd  nach und nach einzelne Köder dem Leser vor Augen. Und immer wenn man glaubt, jetzt der Lösung nahe zu sein, dreht sich die Geschichte um sich selbst, und das Überlegen kann von vorn beginnen. Der erfrischende, lebendige Schreibstil lässt sich leicht und flott lesen, wobei ich mir manchmal eine etwas geschliffenere Sprache gewünscht hätte. Besonders im letzten Drittel wird unzählige Male der Ausruf „Verfluchte!“ eingefügt. Das ist nervig und unnötig und sprachlich arm. Auch hätte ich mir gelegentlich etwas mehr Lokalkolorit erhofft, denn atmosphärisch nachspürbare Schilderungen  sind rar gesät. Dennoch bleibt das Gesamtfazit, dass mich dieser Kriminalroman dank seiner ungewöhnlichen Grundidee und seiner raffiniert konstruierten Geschichte durchweg sehr, sehr gut unterhalten hat.

 

 

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Sam Lloyd

Sturmopfer

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Broschiert ‏ : ‎ 448 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499008221

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Rising Tide

#Sturmopfer

  

Erbarmungsloser, bildgewaltiger Nervenkitzel

 

Durch die Lektüre des Debüts „Märchenwald“ verwöhnt, hatte ich sehr hohe Erwartungen an diesen zweiten Thriller. Zwar brauchte ich ein wenig, bis ich mich an den beschriebenen Örtlichkeiten und vielen Detailbeschreibungen ohne Übersichtsplan zurecht fand, doch je weiter ich las, desto mehr wurde ich gefangen in der Welt der intensiven Bilder, die Sam Lloyd in „Sturmopfer“ vor mir ausbreitete.

 

Mortis Point ist ein altes großes Haus, hoch auf den Klippen gelegen, mit Blick auf den gefährlichen sturmumtosten Atlantik. Lucy und Daniel leben dort mit ihren beiden Kindern in liebevoller Harmonie. Doch eines Tages – ein Jahrhundertsturm zieht heran – wird Daniels Boot herrenlos im Wasser treibend gefunden, von Daniel selbst keine Spur. Doch damit nicht genug. Lucy muss erfahren, dass sich offenbar auch ihre beiden Kinder Billie und Fin an Bord befunden haben. Auch sie sind verschwunden. Der todkranke Detective Abraham Rose vermutet zunächst einen erweiterten Suizid, doch Lucy glaubt nicht an diese Erklärung und versucht zusammen mit Abraham fieberhaft herauszufinden, was wirklich an Bord geschah. Der entsetzliche Sturm wütet wie rasend und Lucy gerät in einen unvorstellbaren Albtraum…

 

Anfangs empfand ich die Sprache etwas sperrig, musste mich erst einlesen und mich einlassen auf die unfassbar intensiven Bilder sowohl von der Außen- als auch von der Innenwelt, die der Autor in einer beeindruckend intelligenten und expressiven Weise schildert. Der Autor scheint bis in das tiefste Innere von Lucy hineingekrochen zu sein, um auch den hintersten Winkel ihres Selbst zu beschreiben. Und er scheint sich den Naturgewalten so sehr ausgeliefert zu haben, dass man als Leser dem lebensbedrohlich wirkenden Grollen von Meer und Wind, der beißenden, nassen Kälte nicht mehr entkommt. Der Thriller schlägt mit voller Wucht auf den Leser ein wie die turmhohen Wasserberge auf dem aufgewühlten Ozean. Ich fühlte mich als Leserin geradezu geprügelt, in die Knie gezwungen von den Urgewalten, wie sie auch in den eingestreuten Texten des Alten Testaments hervorbrechen, und von den Brutalitäten, die Menschen anderen Lebewesen antun bis an die Grenze des Erträglichen.

 

Fazit: Ein erbarmungsloser und bildgewaltiger Nervenkitzel-Thriller, der den Leser völlig ausgelaugt und erschöpft zurücklässt.

 

 

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T. J. Newman

Flug 416

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442492763

·        Originaltitel ‏ : ‎ Falling

#Flug416

 

 

Atemlose, unfassbar dramatische Spannung

 

Wer einen Thriller sucht, der von der ersten Seite bis zum Schluss den Leser so sehr gefangen nimmt, dass er von seiner Umwelt nichts mehr wahrnimmt und zeitweilig fast vergisst zu atmen, der ist mit diesem Debüt bestens bedient.

 

Der Inhalt in Kürze: Flugkapitän Bill Hoffman hat soeben mit seiner Maschine den Flughafen von Los Angeles Richtung New York verlassen,  als er einen Anruf erhält, dass ein Entführer seine gesamte Familie in seine Gewalt gebracht hat. Der Entführer fordert, Bill solle die Maschine mit den 149 Menschen an Bord zum Absturz bringen, oder seine Familie würde sterben. Ein Komplize des Entführers sei an Bord und würde alle Rettungsversuche verhindern. Was tun? Diese hoffnungslose Patt-Situation ist der Ausgangspunkt des Thrillers. Bill liebt seine Familie über alles. Aber er ist auch über die Maßen verantwortungsbewusst. Egal wie er sich entscheidet, am Ende steht immer der Tod.

 

Unfassbar spannend und an Dramatik nicht zu überbieten – dieser Thriller hat alles, was einen echten Pageturner ausmacht. Packend geschrieben, wendungsreich zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit mäandernd wird man als Leser in 10.000 Metern Höhe in eine völlig hilflose Situation versetzt und hat sehr schnell das Gefühl, kaum mehr atmen zu können. Man spürt, dass die Autorin, selbst jahrelang Flugbegleiterin, weiß wovon sie schreibt. Vielleicht könnte man ein paar kleine Kritikpunkte anbringen, was Logik und  Verwendung von Klischees betrifft, aber die temporeiche Hochspannung macht das Ganze mehr als wett.

Im Grunde braucht es über dieses Buch nur diesen einen Satz in Fettschrift:

Absolute Leseempfehlung für diesen genial konstruierten und unfassbar spannenden Thriller!!!

 

 

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Henri Faber

Kaltherz

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

·        Broschiert ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3423220125

#Kaltherz

 

 

Großartig geschrieben, wendungsreich und fesselnd

 

Endlich wieder einmal ein Thriller, der mich von Anfang an gefangen nahm und mich erst wieder freigab, als die letzte Seite gelesen war. Da ich den Autor bislang nicht kannte, war das Buch für mich eine grandiose Überraschung.

 

Die eigenwillige Kommissarin Kim Lansky bekommt in der Vermisstenabteilung der Kripo München noch eine letzte Chance, sich zu beweisen. Die fünfjährige Marie ist verschwunden, aus dem Auto verschwunden, während ihre Mutter für wenige Minuten auf der Toilette war. Die Ermittlungen von Kim Lansky bleiben über Monate erfolglos. Sie führen nur  tiefer und tiefer hinein in eine Vielzahl ungelöster Fälle von verschwundenen Kindern. Und in die eigene dunkle Vergangenheit von Kim.

 

Am meisten hat mich die Schreibekunst des Autors fasziniert. Henri Faber schreibt so, wie ein großer Schauspieler agiert: Extrem wandlungsfähig in verschiedensten Rollen (bzw. Sprachstilen), um dem jeweiligen Geschehen Ausdruck zu verleihen. Jedem Erzähler verleiht er seine eigene Sprache. So differenziert unterschiedliche Sprachstile haben nur wenige Autoren in ihrem Repertoire! Überhaupt lebt der Thriller von der Sprache. Mit starker, fast expressionistischer Ausdruckskraft liest man fesselnde Szenenbeschreibungen, impulsiv und explosiv, eindringlich sich einwühlend ins eigene Kopfkino. Die eher kurzen Kapitel der verschiedenen Erzählerperspektiven enden oftmals mit Cliffhängern oder einem unerwarteten Überraschungsmoment. Der Thriller ist in seiner Gesamtheit gekonnt komponiert. Die einzelnen Kapitel brechen überraschend ab, setzen wenig später wieder ein und erhöhen von Mal zu Mal die Spannung. Alle Protagonisten werden psychologisch klug und eindringlich geschildert. Und als man schließlich ziemlich sicher ist, die Lösung zu kennen – da wird man noch einmal kräftig überrascht!

 

Fazit: Ein großartig geschriebener, durchweg spannender, wendungsreicher Thriller.

 

 

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Anthony Horowitz

Der Tote aus Zimmer 12

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Insel Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 601 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3458642879

·        Originaltitel ‏ : ‎ Moonflower Murders

#DerToteausZimmer12

 

 Raffiniert konstruierter „Roman im Roman“

 

Der moderne englische Kriminalroman, wie u. a. von Agatha Christie perfekt in Szene gesetzt, wird durch den Autor Anthony Horowitz ins Extreme geführt, und zwar auf exzellente und faszinierende Weise.  600 Seiten pure Lesefreude bietet das vorliegende Buch für den, der Spaß an den raffinierten Wegen langsam-schleichender Aufklärung hat.

 

Susan Ryeland lebt mit ihrem Lebensgefährten auf Kreta und führt ein kleines Hotel, der Alltag ist voll von viel anstrengender Arbeit und wenig Ertrag. Gelegentlich denkt sie mit Sehnsucht zurück an ihr Leben in London mit und für Bücher als Lektorin. Der überraschende Besuch des Ehepaares Treheme mit der Bitte, bei der Suche nach der verschwundenen Tochter Cecily zu helfen, kommt ihr deshalb gerade recht. Möglicherweise ist eine Spur zu finden in dem Roman „Atticus unterwegs“, den Susan seinerzeit lektoriert hatte. Zusätzlich werden ihr 10.000 Pfund angeboten, Geld, das das Hotel dringend benötigt. Susan nimmt den Auftrag an, fährt nach England und gerät in einen Wirrwarr von Lügen und lebensgefährlichen Intrigen.

 

Das Raffinierte an diesem im klassischen Whodonit-Stil geschriebenen Kriminalroman ist, dass ein fiktiver Kriminalroman Wege zur Aufklärung des tatsächlich geschehenen Verbrechens auf versteckte Weise enthalten soll. Dieser fiktive Roman ist komplett abgedruckt. Man liest also sozusagen einen „Roman im Roman“ und versucht dabei, selbst auf die Lösung zu kommen, woran ich übrigens kläglich scheiterte. Anstrengend und verwirrend war für mich die Herausforderung, aus zwei Romanen die Protagonisten auseinander zu halten. Auch störten mich mitunter die längeren Einschübe von Mail- und Telefonat-Verläufen. Die Spannung bleibt über beide Romane hinweg relativ gleich und mäßig hoch. Die lebendige Erzählweise macht dies jedoch mehr als wett, denn ich hatte bei der Lektüre insgesamt gesehen ganz großes Vergnügen. Schon allein die wunderbar eindrücklich-lebendige Sprache des Autors ist ein Genuss. Sätze wie „mit der Nagelschere zurechtgeschnitten“ oder wenn Kräne dem „Gerippe der Stadt das Fleisch von den Knochen reißen“ zeigen die bildliche Sprachkraft des Autors. Mit allergrösster Raffinesse werden zwei Kriminalromane auserzählt und letztlich miteinander so verwoben, dass Anagramme und andere Entsprechungen auf äußerst komplizierte Weise zur Aufklärung führen.

 

Fazit: Ein raffiniert konstruierter Kriminalroman im klassischen Whodunit-Stil – ein Lesevergnügen für alle, die gerne an verschlungenen Ermittlungswegen mittüfteln mögen.

 

 

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Jacob Ross

Die Knochenleser

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Suhrkamp Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 376 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3518472361

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Bone Readers

#DieKnochenleser

  

Ein sozialkritischer Kriminalroman, hart und farbig

 

Einen Kriminalroman zu lesen, der in einer exotischen Gegend spielt, ist sehr reizvoll, keine Frage. Und so ist eine der besonderen Stärken des Buches, dass der Autor, der in der Karibik geboren ist und heute in England lebt, das Umfeld der Handlung, die auf einer Insel in den Kleinen Antillen spielt, sehr genau trifft. Misslungen ist meiner Meinung nach jedoch, den Slang der Einheimischen ins Deutsche zu „übersetzen“. Das wirkt gekünstelt bis unfreiwillig komisch und behindert das ansonsten sehr flüssige Lesen.

 

Worum es geht: Auf einer Insel der Kleinen Antillen lebt der junge Digger in hoffnungsloser Armut. Detective Superintendent Chilman erkennt jedoch die Intelligenz und Wachheit dieses jungen Mannes und wirbt ihn für die Polizeiarbeit an. Digger sieht dies trotz aller inneren Widerstände als Chance, um nach seiner verschollenen Mutter zu suchen. Gesetzesferne Methoden sind üblich. Doch Digger geht seinen Weg, wird ausgebildet zum außerordentlich fähigen Forensiker und kommt bei seinen Ermittlungen zusammen mit Miss Stanislaus, der Tochter von Chilman, bis an seine äußersten Grenzen.

 

Gut liest sich der Kriminalroman, abgesehen von den verunglückten Slang-Übersetzungen. Geschrieben ist er in einer bildhaft-intensiven Sprache, voller Farben und Gerüche, aber auch mit lethargischen Bildern von verletzten Seelen. Es fehlt zwar an einem sich steigernden Spannungsbogen, doch die Welt, in der sich die Polizeiarbeit abspielt, ist eine solch grausame, sexistische, männerdominierte Welt  voll von Mord und Totschlag, Machtmissbrauch, Korruption, Terror, Pädophilie und fanatisch-religiösen Auswüchsen, dass man als Leser schaudert. Jacob Ross zeichnet ein gesellschaftskritisches Bild weit, weit weg von der Postkarten-Urlaubs-Idylle der Karibik, wie wir sie kennen. Dies macht meines Erachtens die besondere Qualität des Kriminalromans aus. Irgendwie tröstlich, den Entwicklungsweg von Digger aus diesem Sumpf heraus hin zu einem glühenden Verfechter von Gerechtigkeit zu verfolgen.

 

Fazit: Ein sozialkritischer Kriminalroman, der uns den Postkartenkitsch der Karibik in unseren Köpfen gründlich vermiest.

 

 

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Leona Deakin

Lost – Du darfst dich nicht erinnern

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 464 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442491742

·        Originaltitel ‏ : ‎ Lost

#LostDudarfstDichnichterinnern

 

 

Solide, fesselnd, unterhaltsam

 

Die Autorin spricht es in ihrer Danksagung selbst an: „Das schwere zweite Buch.“ Sie berichtet über ihre Unsicherheiten, ob es ihr ein zweites Mal gelingen könnte, Verlag und Leserschaft zu beeindrucken. Verständlich. Und ich kann allen Lesewilligen raten, unbedingt Band 1 „Mind Games“ vorab zu lesen, damit es ihnen nicht ergeht wie mir, die ich Band 1 nicht kenne und deshalb keinen Vergleich anstellen kann. Zwar werden zu Anfang des 2. Bandes etliche Informationen über den ersten Fall der beiden Ermittler Bloom und Jameson eingestreut, aber sie sind nicht ausreichend, um die tiefgreifenden Differenzen zwischen den Beiden vollständig zu verstehen oder gar das überraschende Auftauchen einer Person aus dieser Vergangenheit im neuen Fall und die gesamte Tragweite dessen einordnen zu können.

 

Kurz zum Inhalt: Eine Gala auf einer Militärbasis, auf der eine schwere Bombenexplosion mit wenigen Verletzten und Toten das Fest beendet. Captain Harry Peterson wird erst wenige Tage nach diesem Vorfall in einer weiter entfernten Klinik aufgefunden – ohne jegliche Erinnerung an das Geschehen. Schlimmer noch, es fehlen ihm vollständig die Erinnerungen an die vier letzten Jahre. Profilerin Dr. Augusta Bloom wird gebeten, der Sache auf den Grund zu gehen. Was war Zufall, was war Absicht?

 

Leicht und flüssig zu lesen ist dieser grundsolide geschriebene Psychothriller. Die meist kurzen Kapitel einschließlich der eingestreuten Rückblenden halten den Spannungspegel gleichmäßig hoch. Kurzweilig und abwechslungsreich in gemäßigtem Tempo wird erzählt.. Dass die Autorin Psychologin bzw. Psychotherapeutin ist, kann man spüren, denn sie beschreibt klug und differenzierend die für die Handlung wichtigen Personen, wobei sie ihr Augenmerk eher auf die Interaktionen zwischen den Akteuren legt, weniger auf individuell persönliche, mehr in die Tiefe gehende Beobachtungen. Auf die geschilderten militärischen Details hätte ich verzichten können, insbesondere da sie meines Erachtens für die Handlung nicht relevant waren. Mit meinen eigenen Vermutungen lag ich nicht richtig, doch trotz einiger überraschender Elemente zog sich das Ende zu lange hin. Es fügt sich zwar alles folgerichtig zusammen, aber die Autorin benötigt gleich mehrere Kapitel, um die Schlüssigkeit der Geschehnisse zu erläutern.

 

 

Fazit: Solide, fesselnd, unterhaltsam – aber bitte Band 1 zuerst lesen!

 

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Camilla Läckberg, Henrik Fexeus

Schwarzlicht

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Knaur HC

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 624 Seite

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426227626

·        Originaltitel ‏ : ‎ Box

#Schwarzlicht

 

Psychologisch schlau die Grenzen zwischen Schein und Sein überschreitend

 

Ob ich jemals ein Buch mit mehr als 600 Seiten in 3 Tagen gelesen habe? Ich glaube nicht. Der vorliegende Kriminalroman hat es geschafft, dass ich alle täglichen Verpflichtungen zurückstellte und mich vom Buch vollständig gefangen nehmen ließ. Die fast bibeldruckpapierdünnen Seiten und die relativ kleine Schrift machten es mir erst einmal nicht leicht, aber schnell waren diese äußeren Bedingungen vergessen und ich war verloren an die Erzählkunst der beiden Autoren. Welch eine interessante Zusammenarbeit: Die wohl erfolgreichste schwedische Autorin Camilla Läckberg und der Mentalist und Fachmann für nonverbale Kommunikation Henrik Fexeus haben gemeinsam einen fulminanten Start einer neuen Krimireihe, die ihresgleichen sucht, der Dabiri-Walder-Trilogie“.

 

Eine tote Frau wird auf einem öffentlichen Platz in Stockholm gefunden, eingesperrt in eine Kiste, durchbohrt von mehreren Schwertern. Es sieht nach einem verunglückten Zaubertrick aus. Aber warum so öffentlich dargestellt? Rund um Kommissarin Mina Dabiri wird eine Ermittlergruppe zusammengestellt, die als Besonderheit Vincent Walder mit einschließt, einen Mentalisten mit extrem scharfer Beobachtungsgabe. Eine weitere Leiche wird gefunden, erste Zeichen werden entschlüsselt und man beginnt zu ahnen, dass ein tödlicher Countdown begonnen hat, dessen Fokus auf Mina und Vincent liegt…

 

Düster, rätselhaft, raffiniert, komplex, ungewöhnlich, fesselnd – ich könnte die Reihe an Adjektiven fortsetzen, die ich diesem Kriminalroman zuordnen möchte. Die geschickte Erzählweise fordert den Leser heraus, denn man bleibt lange in völliger Unsicherheit, was, wie und warum geschieht und geschehen ist. Rückblicke in die Vergangenheit verwirren zusätzlich. Was sind deutungswürdige Metaphern, wo ist nüchterner Blick gefragt? Was sind geschickte Verknüpfungen, was sind gedankliche Irrwege? Die beiden Protagonisten sind ungewöhnlich in jeder Hinsicht. Mina mit ihrer ausgeprägten Zwangsstörung, ihrem extremen Verlangen nach Reinlichkeit, was ihren beruflichen Alltag zu einer hochkomplizierten Aufgabe werden lässt, wirkte auf mich dennoch gewinnend sympathisch. Vincent, der autistische Züge hat und über Sonderbegabungen verfügt, lässt den Leser tief in seine Stärken und Schwächen Einblick nehmen. Zusammen sind diese beiden Ausnahme-Charaktere aufgrund ihrer Besonderheiten unschlagbar. Ziemlich auf die Nerven ging mir dagegen Vincent’s Frau Maria, deren Eifersucht (unnötig, wie ich finde) sehr viel Platz im Roman beanspruchte. Auch wenn immer wieder leiser, feiner Humor spürbar wird.

 

 

Fazit: Brillant geschriebener, düster-spannender und komplex-raffiniert konstruierter  Kriminalroman, psychologisch schlau die Grenzen zwischen Schein und Sein überschreitend. Intelligente und höchst unterhaltsame Krimikost!

 

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Anna Schneider

Grenzfall – Ihr Schrei in der Nacht

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ FISCHER Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 432 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3596705467

#GrenzfallIhrSchreiinderNacht

 

 

Kurzweilig, spannend – beste Krimiunterhaltung

 

Leider habe ich versäumt, Band 1 zu lesen, was ich unbedingt baldmöglichst nachholen will. Denn der vorliegende Band 2 hat mir sehr, sehr gut gefallen. Jeden Tag habe ich mich erneut auf meine Lesezeit mit diesem Kriminalroman gefreut, sodass ich unbedingt alles, was die Autorin herausbringt, verfolgen werde. Auch ohne Kenntnis von Band 1 konnte ich mühelos einsteigen in die jetzige Geschichte, hatte auch keine Schwierigkeiten, mich mit den Protagonisten vertraut zu machen.

 

Das deutsch-österreichische Ermittlerteam Alexa Jahn und Bernhard Krammer müssen grenzübergreifend zusammenarbeiten, weil sich gleich mehrere Vermisstenfälle überschneiden. In der Jachenau verschwindet eine junge Frau im Chaos einer Schneesturmnacht auf dem Weg zu ihrem Elternhaus, in Innsbruck werden zwei Studentinnen vermisst. Als zwei weitere Vermisstenfälle gemeldet werden, wird langsam klar, dass die Fälle irgendwie zusammen hängen müssen, ja vielleicht sogar mit einem älteren Fall in Verbindung stehen und dass eine sehr gefährliche Bedrohung näherrückt…

 

Mir persönlich gefällt es sehr, dass dieser Kriminalroman nach allen Regeln der Kunst grundsolide geschrieben ist und weit entfernt ist von einem seichten Regionalkrimi.  Anna Schneider verzichtet dankenswerterweise auf die „modernen“ Verwirrspiele durch willkürlich eingestreute Zeitwechselschnippsel, sondern sie erzählt die Handlung folgerichtig und plausibel.  Sie hat damit richtig gute Krimiunterhaltung geschaffen mit allem, was dazugehört: Sympathie, Abscheu, Schaudern, Verwirrung, psychisch fehlgeleitete Weltsichten, private Einsichten und vor allen Dingen ein über die Seiten hinweg stetig vorhandenes Spannungspotenzial, das sich zum Ende hin noch steigert. Die Sprache ist eingängig, einfühlsam und bildhaft beschreibend und vor allen Dingen sehr gut lesbar.

 

Fazit: Ein spannender, unterhaltsamer und kurzweilig- gut lesbarer Kriminalroman mit sympathischen Ermittlern, angesiedelt in einer der schönsten Gegenden Bayerns.

 

 

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Rebecca Fleet

Die Stiefmutter

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 448 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442492220

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Second Wife

#DieStiefmutter

  

Guter Plot, aber wenig Spannung durch zu viel Selbstreflexionen

 

Eigentlich hätte ich wissen müssen, was mich bei dieser Autorin erwartet. Denn bereits bei ihrem Buch „Das andere Haus“ schrieb ich in meiner Rezension: „… ist die Autorin zu bewundern, wie sie es schafft, die geschilderten Befindlichkeiten in tausend Bruchstücke zu zerlegen und zu immer neuen Mustern wieder zusammenzusetzen, einer Laterna magica gleich…. Spätestens, allerspätestens nach 100 Seiten beginnt das Buch zu langweilen.“ Ja, genau das gleiche Gefühl stellte sich mir beim Lesen des vorliegenden Thrillers ein.

Diesmal deshalb das Fazit gleich zu Beginn: Guter Plot mit viel Spannungspotenzial, der jedoch mit seziererischer Akribie in die Langeweile  geschrieben wird.

 

Ein nächtliches Feuer lässt das Haus von Alex und Natalie niederbrennen. Die Tochter Jade, 14, wird in letzter Minute von der Feuerwehr aus den Flammen gerettet. Im Krankenhaus spricht Jade davon, vor Ausbruch des Feuers im Haus einen Mann im Dunklen gesehen zu haben. Alex liebt seine Tochter abgöttisch, und er liebt seine Frau Natalie, die ihm sehr über den Tod seiner ersten Frau, der Mutter von Jade, hinweggeholfen hatte. Irritierend nur, dass Alex Natalie vor dem brennenden Haus vorgefunden hatte mit der Behauptung, Jade trotz Suche im gesamten Haus nicht entdeckt zu haben und sich dann selbst ins Freie hätte retten müssen. Das wachsendes Misstrauen zwingt Alex dazu, Nachforschungen anzustellen…

 

 

Die Geschichte besitzt tatsächlich alle Zutaten für einen spannenden Thriller. Doch was macht Rebecca Fleet daraus? Sie seziert wortreich jede innere Regung, jede kleinste Beobachtung, jeden geringsten Impuls, jede unbedeutende Interaktion und zerlegt Gefühle und Gedanken in mikrokleine Einzelstücke. Das gesamte Buch wirkt dadurch auf mich wie eine nicht enden wollende Sitzung bei einem Psychoanalytiker, wie ein unendliches Kreisen um innere Befindlichkeiten.  Dass die Hauptpersonen aus ihrer jeweiligen Sicht die Gegebenheiten schildern, macht die Sache nicht besser, im Gegenteil. Diese seitenlangen Reflexionen sind sehr anstrengend und nach einer Weile auch langweilig zu lesen. Selbst die raffinierten Twists in der Geschichte retten den Thriller in seiner Gesamtheit nicht. Denn kaum kommt so etwas wie Spannung auf, wird sie von der Autorin wieder kaputt seziert. Schade.

 

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Anne Mette Hancock

Grabesstern

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ FISCHER Scherz

·        Broschiert ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3651000957

·        Originaltitel ‏ : ‎ Pitbull

#Grabesstern

  

 

Weitschweifig erzählt, erst gegen Ende überzeugend

 

Die Autorin war mir bislang nicht bekannt, deshalb startete ich neugierig und unbefangen die Lektüre des vorliegenden Thrillers, des 3. Bandes rund um Kommissar Schäfer und die Journalistin Heloise Kaldan. Glücklicherweise verlangte diese neue Folge keinerlei Vorkenntnisse, sodass mir der Einstieg in die Geschichte mühelos gelang.

 

Zum Inhalt: Heloise beabsichtigt, einen Artikel über Sterbebegleitung zu schreiben. Sie begleitet den todkranken Jan Fischhof, entwickelt freundschaftliche Gefühle für ihn und beginnt, anhand seiner Hinweise einem lange zurückliegenden Fall nachzugehen, denn Jan scheint etwas aus dieser vergangenen Zeit sehr zu belasten. Kommissar Erik Schäfer, der Freund von Heloise, ist besorgt, denn Heloise begibt sich mit ihren Nachforschungen auf äußerst gefährliches Gebiet…

 

Das Buch liest sich angenehm  leicht, weil die Geschichte folgerichtig,  ohne wirre Zeitsprünge, erzählt wird. Die Sprache ist eingängig, Menschen und Landschaften werden sehr detailliert und vorstellbar geschildert. Ja, und genau diese detaillierten Schilderungen, die zwar das Kopfkino anstoßen, sind aber letztlich schuld daran, dass die Geschichte relativ spannungsarm vor sich hin plätschert. Meine Gedanken schweiften beim Lesen oftmals ab, insbesondere wenn lange Befragungen oder Dialoge hin und her gingen, ohne die Handlung wirklich weiter voranzubringen. Auch die atmosphärisch durchaus schönen Schilderungen der Örtlichkeiten wurden mir irgendwann zu viel. Von einem Thriller erwarte ich eine eher stringente, fokussierte Erzählweise, nicht weitschweifiges und damit ermüdendes Beschreiben. Erst gegen Ende nimmt die Handlung glücklicherweise Fahrt auf und zeigt, insbesondere durch das überraschende und doch schlüssige Ende, dass der Thriller im Grunde genial durchkonstruiert ist.

 

 

Fazit: Über lange Passagen hinweg ein relativ spannungsarmer Thriller, der erst zum Schluss hin Fahrt aufnimmt und die zugrunde liegende, perfekt durchkomponierte Handlung erkennen lässt.

 

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Maria Grund

Fuchsmädchen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Penguin Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3328107057

·        Originaltitel ‏ : ‎ Dödssynden

#Fuchsmädchen

 

 

Ein vielversprechendes Debüt

 

Thriller- und Krimi-Debüts zu entdecken, finde ich immer besonders interessant. Entsprechend neugierig war ich auf das vorliegende Buch. Es handelt sich um einen Thriller, der es mir als Leserin erst einmal nicht ganz leicht machte aufgrund des Schreibstils. Erst nach ungefähr einem Drittel fanden wir wirklich zueinander.

 

In eisiger Kälte wird auf einer Insel vor der Küste Schwedens die Leiche eines jungen Mädchens entdeckt. Die Tote ist mit einer unheimlich wirkenden Fuchsmaske ausgestattet. Die Ermittlerin Sanna Berling wohnt in einer Garage und kämpft sich trotz eines erlittenen Traumas durch die Tage. Und sie muss sich bei diesem aktuellen Fall an ihre neue Kollegin Eir Pedersen gewöhnen, die es ihrer Umwelt nicht gerade leicht macht. Wenige Tage später wird eine weitere tote Frau aufgefunden, und wieder gibt es eine Maske in der Wohnung der Toten. Es scheint, als ob ein Serienmörder auf der Insel ein grausames Spiel treibt. Sanna gerät zudem aufgrund ihrer Vergangenheit in einen abgrundtiefen Strudel.

 

Die Geschichte ist wendungsreich konstruiert und lange Zeit für den Leser nicht wirklich durchschaubar. Dass die Autorin Drehbuchautorin ist, spürt man, wie ich meine. Denn sie erzählt die Geschichte in wirkungsvoll filmisch inszenierten Szenen. Dass sich für mich die Spannung insgesamt dennoch in Grenzen hielt, mag vielleicht am Schreibstil liegen. Einerseits rücken im Präsens erzählte Handlungen dem Leser nahe, andererseits fehlt es dadurch jedoch etwas an wortgewandter Geschmeidigkeit und damit flüssigerer Lesbarkeit.   Mir gefällt sehr, dass die Autorin die für mich fremde Landschaft sehr bildhaft, ja geradezu liebevoll skizziert und damit anschaulich macht. Das individuell-eigenwillige Ermittlerinnen-Paar wird psychologisch nachvollziehbar beschrieben, obwohl es mir in den Verhaltensweisen nicht unbedingt sympathisch näher kommt.

 

 

Fazit: Ein vielversprechendes Debut mit einem originellen Plot und originellen Protagonisten.

 

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Line Holm, Stine Bolther

Gefrorenes Herz

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag; Deutsche Erstausgabe Edition

·        Broschiert ‏ : ‎ 576 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453441460

·        Originaltitel ‏ : ‎ For Barnets Bedste (1)

#GefrorenesHerz

 

 

Detailreicher Kriminalroman mit Niveau

 

Auch wenn dem Kriminalroman der beiden dänischen Autorinnen, die von Beruf Journalistinnen sind, eine sorgfältige Kürzung gut getan hätte, habe ich ihn insgesamt gesehen sehr gerne gelesen.

 

Maria Just ist Polizeihistorikerin, übrigens ein Beruf, von dessen Existenz ich bislang nichts wusste. Maria sucht noch den richtigen „Aufhänger“ für eine geplante Ausstellung zum Thema „100 Jahre ungelöste Mordfälle“ im Polizeimuseum von Kopenhagen. Da erschüttert ein bestialischer Mord die Stadt. Der Generalsekretär des Roten Kreuzes hängt wie gekreuzigt an einem Geländer, seine Haut versehen mit rätselhaften eingeritzten Zeichen. Maria entdeckt einen 50 Jahre zurückliegenden ungeklärten Doppelmord, der eine seltsame Verbindung zum aktuellen Mord an dem Generalsekretär aufweist. Die Ermittler Mikael Dirk und sein neuer Kollege Frederik Dahlin werden in ihrem Bemühen, dem Mörder auf die Spur zu kommen, mitten hineingezogen in ein ganz finsteres Kapitel der dänischen Geschichte und in einen Rachefeldzug ohnegleichen.

 

 

Der intelligente, herausfordernde Schreibstil von Line Holm und Stine Bolther gefällt mir sehr. Allerdings wird mir der Hang der beiden Autorinnen, alles, wirklich alles außerordentlich detailreich, geradezu ausufernd detailreich zu schildern, manchmal zu viel. Zwar konnte ich so ganz präzise der mühseligen, kleinteiligen Ermittlungsarbeit minutiös folgen, doch es nahm dem Kriminalroman mitunter auch die Spannung. Jedem Fahrweg, der mit dem Auto zurückgelegt wird, kann der Leser en detail verfolgen. Bewundernswert empfand ich dennoch die Schilderungskraft der Autorinnen. Bestes Beispiel hierfür ist die Schilderung der Szene mit der Wohnsituation und der Kunst von Marias Bruder Jakob. Auch die Protagonisten werden bis ins kleinste beschrieben, was sie in der Fantasie des Lesers sehr lebendig werden lässt. Abstoßende Einblicke in die Hasstiraden im Internet, erschreckende Darstellung von Politikern, die gleichermaßen feige und machtgeil  agieren und so manch nachdenkliche Passagen über ethische Fragen heben diesen Kriminalroman weit heraus aus der Masse der üblichen Romane aus dem Whodonit-Genre. 

 

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Tessa Wegert

Thousand Islands – Die Geister von Swanton

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 336 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453424425

·        Originaltitel ‏ : ‎ Black Sheep

#Thousand Islands

 

 

Habe mich schon lange nicht mehr so gelangweilt beim Lesen eines Kriminalromans

 

Schon klar, es handelt sich um einen Kriminalroman, nicht um einen Thriller. Dennoch ist es wohl nicht zu viel verlangt, dass auch ein Kriminalroman über einen gewissen Spannungsaufbau verfügt und die geschilderten Wege des Ermittelns den Leser mitnehmen, bestenfalls fesseln.

 

Aber was ich hier über 300 Seiten lang verfolgen durfte, war pure Langeweile. Da ist Shana Merchant, die – wohl geschildert im ersten Band von Thousand Islands – von einem Serienkiller gefangen gehalten worden war und nun unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet  und deshalb vom Dienst suspendiert ist. Sie hat vor, sich in ihrer alten Heimat etwas zurückzuziehen, um psychisch wieder stabil und damit berufsfähig zu werden. Doch es werden die Gebeine ihres seit vielen Jahren verschollenen Onkels gefunden. Nahezu zeitgleich verschwindet ein kleiner Junge. Klar wird, dass jemand offensichtlich auf die Rückkehr Shanas gewartet hatte und nun ihre Verfolgung aufnimmt.

 

So ungefähr kann ich die Handlung andeuten. Denn recht viel mehr passiert eigentlich nicht. Die Autorin schreibt in teils langen, mit Einschüben versehenen Sätzen, was ermüdend zu lesen ist. Und noch ermüdender ist der Inhalt des Geschriebenen. Denn im Grunde wird wieder und wieder mal von vorne, mal von hinten, mal von rechts und mal von links beleuchtet, wer mit wem wann und warum und wie Kontakt hatte. Und ob es Verbindungen zur Vergangenheit gibt, denn auch von dieser Vergangenheit wird in größter Akribie erzählt, wer mit wem wann und warum Kontakt hatte. Die Protagonistin Shana fasst sich sehr häufig an ihre Gesichtsnarbe, die der Täter ihr seinerzeit verpasste. Sehr viel mehr Persönlichkeit konnte ich in all den vielen langen Sätzen nicht entdecken. Weitschweifige Landschaftsberichte, weitschweifige Berichte über Autofahrten, weitschweifige Berichte über Befragungen ohne Ergebnis, gesichtslose Protagonisten – alles unendlich langweilig zu lesen. Schade!

 

 

Fazit: Weitschweifiger, unendlich langweiliger Kriminalroman.

 

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Romy Hausmann

Perfect day

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ dtv Verlagsgesellschaft

·        Broschiert ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3423263153

#Perfectday

 

  

Hypnotisch fesselnd

 

Ann muss miterleben, wie ihr über alles geliebter, stets fürsorglicher Vater, der renommierte Philosophieprofessor Walter Lesniak, verhaftet wird. Ihm wird vorgeworfen, 10 junge Mädchen ermordet zu haben. Seit Jahren verschwinden kleine Mädchen, und immer weisen rote Schleifen den Weg zu deren Leichen. „Professor Tod“ wird Ann’s Vater in der Presse genannt. Nach dem ersten Schock wird Ann klar, dass es an ihr liegt, die Unschuld ihres Vaters zu beweisen. In welche Hölle sie damit sich (und die Leser) bringt, muss man selbst lesend erfahren.

 

Auch mit diesem Buch hat mir Romy Hausmann ein überaus fesselndes Leseerlebnis beschert. Im Präsens geschrieben, von Ann selbst erzählt, bleibt man stets hautnah am Geschehen. Wie bei der Autorin üblich, gibt es mehrere Perspektivwechsel, die aber nicht dazu dienen, beim Leser Verwirrung zu schaffen, sondern vielmehr immer tiefer in das Seelen- und Gefühlsleben des Betreffenden hineinführen, sich geradezu in sie hineinbohren. Besonders geschickt empfand ich die eingestreuten, von der 7-jährigen Ann notierten kindlich-analytischen Erklärungen zu verschiedenen Gefühlswahrnehmungen. Gekonnt auch, wie viele der jeweiligen Kapitelenden einen Blick gewähren auf Unerwartetes und Schreckliches und zum sofortigen Weiterlesen zwingen. Viele Fragen eröffneten sich mir beim Lesen: Steuern Gefühle unser Leben? Und was ist, wenn nicht? Schreiben wir alle unser Leben in der Erinnerung so um, dass es „passt“? Ist das Böse vererbbar oder eine bewusste Entscheidung oder gar Zufall? Es gibt für dieses Buch wahrlich keinen besseren Leitsatz als den von René Décartes: „Alles, was lediglich wahrscheinlich ist, ist wahrscheinlich falsch.“

 

Fazit: Ein Psychothriller der besonderen Art, der mir ein hypnotisch fesselndes Leseerlebnis bescherte.

 

 

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Daniel Holbe

Strahlentod

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Knaur TB

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426525906

#Strahlentod

 

 

Gut lesbar, aber mäßig spannend und insgesamt zu konstruiert

 

Der vorliegende Kriminalroman ist bereits der 6. Fall für Ralph Angersbach und Sabine Kaufmann, was mich sehr überraschte. Denn vom Autor Daniel Holbe hatte ich bislang noch nichts gehört und gelesen. Umso neugieriger war ich auf das vorliegende Buch.

 

Wir befinden uns mitten im hessischen Knüllwald und mitten in einer Protestaktion gegen Atommüll-Transporte. Als dort plötzlich ein alter VW-Camper explodiert und der Fahrer bis zur Unkenntlichkeit verbrennt, ist das Entsetzen groß, ganz besonders bei dem Ermittler Ralph Angersbach. Denn sein Vater, ein Alt-Hippie, besitzt genau einen solchen VW-Bus! Handelt es sich um einen persönlichen Racheakt gegenüber Ralph Angersbach oder um eine Eskalation im Kampf der Befürworter und Gegner zum Thema Atomkraft und Endlagersuche? Ein weiterer brutaler Mord und die nachfolgenden Ermittlungen führen direkt zu einem tödlichen Vorfall vor 10 Jahren und zu verwirrenden Verstrickungen menschlicher und politischer Art.

 

Diesen Kriminalroman habe ich durchaus gerne gelesen, insbesondere da mich die befürchteten fehlenden Vorkenntnisse aus den früheren Bänden überhaupt nicht störten. Die zeitlichen Perspektivwechsel, auf die der Autor zurückgreift, sind glücklicherweise typographisch deutlich abgesetzt, sodass keinerlei Verwirrung oder Unklarheit beim Lesen entstehen konnte. Dass dennoch für mich insgesamt gesehen der Funke nicht wirklich übersprang, lag zum einen an der dauerhaft recht mäßigen Spannung, hauptsächlich jedoch am Sprachstil, der an vielen Stellen sehr hölzern und bemüht wirkt, nicht fließend  oder gar inspiriert, sondern konstruiert, sowohl was den Satzbau betrifft als auch die Dialoge. Auch konnte ich mit dem Holzklotz Angersbach nichts anfangen, aber auch Sabine Kaufmann, seine Kollegin, war mir nicht wirklich sympathisch. Das ewige Hin und Her zwischen ihr, Holger Rahn, einem weiteren Kollegen, und Ralph Angersbach wirkte ermüdend. Überhaupt wirkte das Beziehungsproblem unter diesen drei Protagonisten aufgesetzt, konstruiert, wirklichkeitsfern. Irritierend übrigens auch, dass im Text „Ralph“ und „Holger“ mit Vornamen erwähnt werden, Sabine jedoch nur mit „Kaufmann“. Einen Sinn dahinter konnte ich nicht entdecken.

 

 

Fazit: Ein mäßig spannender Kriminalroman mit aktuellem Thema, aber leider in hölzern-konstruiertem Sprachstil verfasst, mit nicht überzeugenden Protagonisten.

 

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Candice Fox

606

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Suhrkamp Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 467 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3518471821

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Chase

#606

  

Wenn ein Thriller an sich selbst erstickt

 

Wie ist es möglich, dass sich eine Leseprobe außerordentlich verlockend und spannend zeigt und dass die Lektüre des gesamten Buches dann jedoch die Erwartung auf einen fesselnden Thriller Seite um Seite mehr enttäuscht?

 

Dabei ist die Ausgangsszenerie spektakulär: Es wird durch einen raffinierten Coup der Massenausbruch aus einem Hochsicherheitsgefängnis mit Todestrakt mitten in der Wüste von Nevada von 606 Schwerverbrechern ermöglicht. Mörder, Psychopathen, Wahnsinnige, die gefährlichsten Gewalttäter flüchten in alle Richtungen, und eine Menschenjagd ohnegleichen beginnt.

 

Candice Fox kann rasant gut schreiben. Das hat sie inzwischen mehrfach bewiesen. Doch bei diesem Thriller ist ihr, wie ich finde, jegliches Maß verloren gegangen. Brutalität allein macht noch keinen Thriller. Gossensprache auch nicht. Und dass sich im Buch nicht ein einziger Protagonist finden lässt, der wenigstens ansatzweise gewisse Sympathien beim Leser weckt, macht es nicht besser. Eine Ansammlung von menschlichem Abschaum, von kaputten Typen mit brutalen Macken, von verachtend-abstoßenden Dialogen macht einfach noch keinen Thriller. Die anfänglich so gut aufgebaute Spannung verliert sich zunehmend im wilden Hin- und Herspringen zwischen Handlungsorten und Zeiten. Es verlangt vom Leser größte Anstrengung, bei diesem wilden Perspektivwechsel nicht die Orientierung zu verlieren. Auf jeden Fall jedoch verliert man mehr und mehr die Lust am Weiterlesen. Denn das sinnlose Szenengehopse, die nur angerissenen und für die eigentliche Handlung irrelevanten Einschübe, die abstoßende Sprache der Dialoge und die Szenen von außerordentlicher Brutalität  - diese ganze Ansammlung von ekelerregenden Widerwärtigkeiten, verpackt in einem Wirrwarr wahllos zusammengesetzter Szenen, haben dem Thriller jegliche Spannung weggenommen, und mir jegliche Leselust.

 

 

Fazit: Ein Thriller, der gewissermaßen an sich selbst erstickt und den ich deshalb nicht empfehlen kann.  

 

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Karin Slaughter

Die falsche Zeugin

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ HarperCollins

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 592 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3749902194

·        Originaltitel ‏ : ‎ False Witness

#DiefalscheZeugin

 

 

Von ungeheurer Brutalität und Grausamkeit

 

Von diesem neuen Thriller von Karin Slaughter bin ich hin- und hergerissen. Einerseits bewundere ich die Fähigkeit der Autorin, bis in die hintersten Seelenwinkel eines Menschen vorzudringen, um seine Zerstörtheit aufzudecken. Andererseits bin ich abgestoßen von der ungefilterten Brutalität und  der damit verbundenen primitiv-ordinären Sprache.

 

Leigh und Callie sind Schwestern, aufgewachsen unter der Willkür einer psychisch kranken Mutter. Leigh, die Ältere, wird Anwältin, führt ein einigermaßen gefestigtes Leben. Callie jedoch verliert sich an Drogen. Die beiden Geschwister sind trotz ihrer Unterschiedlichkeit untrennbar verbunden – durch ein dunkles, sehr dunkles, 20 Jahre altes Kapitel ihrer beider Vergangenheit. Als Leigh einen mutmaßlichen Vergewaltiger verteidigen soll, bricht auf höchst gefährliche Weise alles auf, was so lange vergessen schien.

 

Unerwartet anstrengend empfand ich das Lesen dieses Thrillers. So wechseln schon mal  die Namen der handelnden Personen. Die Perspektivwechsel sind überraschend eingestreut, sodass man nicht immer sofort weiß, ob man sich in der Vergangenheit oder in der Gegenwart befindet.  Der Schreibstil mit oftmals unvollständigen Sätzen wirkt einerseits besonders intensiv, andererseits aber auch den Lesefluss störend. Der Spannungsbogen wechselt extrem, ich empfand ihn über das Buch hinweg wie eine andauernde Berg- und Talfahrt, die erst zum Schluss des Romans zu einem Spannungshöhepunkt führt.  Dass die Autorin geradezu hineinkriecht in die beschriebenen Personen und deren feinste Gefühlsregungen zu beschreiben weiß, bewundere ich, aber gleichzeitig wurde es mir mitunter auch zu viel, zu lang, zu detailliert, zu oft wiederholt. Noch nie habe ich so verständlich gelesen, wie Opioide den Körper besetzen und welchen Terror die Rezeptoren im Gehirn veranstalten, wenn sie neues Futter haben möchten. Noch nie habe ich so entsetzlich detailliert  und unverblümt brutale Vergewaltigungsszenen gelesen. Gekonnt geschrieben, ja. Aber will ich wirklich so tief in menschlichen Abschaum abtauchen? Mich verlieren in eine Welt, geschaffen von der Autorin, in der es letztlich nur widerwärtig und dreckig zugeht?

 

 

Fazit: Ein gekonnt geschriebener Thriller, der mir allerdings statt erhoffter spannender Unterhaltung nur Ekel und Abscheu bescherte. Deshalb aus meiner Sicht nicht empfehlenswert.

 

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Sabine Thiesler

Im Versteck

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 592 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453272903

#ImVersteck

 

 

Das Innenleben eines Getriebenen

 

Dies war das erste Buch, das ich von Sabine Thiesler gelesen habe. Und es hat mich so sehr gepackt, dass ich mitunter eine Pause beim Lesen einlegen musste. Denn dieser Thriller ist absolut harter Tobak! Noch nie habe ich ein Buch gelesen, das den Leser so sehr zwingt, völlig einzutauchen in die verstörende Vorstellungs- und Gedankenwelt eines Serienmörders, in das schier unentrinnbare Ausgeliefertsein eines Pädophilen an die Macht des eigenen Triebes und der damit verbundenen unendlichen Verzweiflung des Täters an sich selbst.

 

Der anerkannte Fotograf Paul Böger kündigt seinen Job in Hamburg und kauft ein völlig heruntergekommenes Haus in den toskanischen Bergen, weitab jeglicher Zivilisation. Hier erhofft sich der attraktive, aber bindungsunfähige Mann Ruhe und Frieden, Ruhe vor den Menschen, aber auch vor sich selbst. Doch dann verschwindet ein kleines Mädchen aus der Nähe …

 

 

Die Autorin erzählt geradlinig, ohne verwirrende Zeit- oder Personenperspektivwechsel. Lediglich kurze Rückblicke aus der Kindheit von Paul Böger, aus der Zeit also, als seine Seele zerstört wurde, offenbaren Einblicke in die möglichen Gründe einer unumkehrbaren Fehlentwicklung. Ansonsten bleibt die Erzählweise linear und folgerichtig. Sabine Thiesler beschreibt gekonnt farbig und lebendig italienisches Leben. Die Dialoge wirken so, als würde man mitten dazwischen stehen, wenn rings um einen herum mit Händen und Füßen palavert wird. Die eingestreuten italienischen Sprachbrocken lassen die Gespräche besonders authentisch wirken. Genauso intensiv tief wie in die italienische Lebensart taucht Sabine Thiesler ein in die Seele des Täters. Ich bin fasziniert von der immensen Kraft des Schreibstils, der von der Autorin ausgeht in diesen Szenen. Der Thriller rückt den Täter dem Leser in einer fast körperlich spürbaren Weise unerträglich nahe. So eindringlich und entsetzlich, dass mir beim Lesen oftmals die Luft wegblieb. Hier liegt die grauenvolle Stärke des Thrillers. Auch wenn das Spannungsniveau nicht immer gleichbleibend hoch ist, auch wenn das Ende etwas glatt geraten ist – für mich war dieser Thriller ein atemberaubendes Leseerlebnis, erschütternd und entsetzlich.   

 

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Stefan Ahnhem

Meeressarg

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 512 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3864931727

·        Originaltitel ‏ : ‎ Den sista spiken

#Meeressarg

  

Spannend, fesselnd, temporeich

Allem voran: Der Autor kann schreiben, und wie! Packend, lebendig, fesselnd, spannend. Vermutlich wäre es ratsam gewesen, die Vorgängerbände um Fabian Risk zu kennen, was jedoch von Verlagsseite nicht kommuniziert wird.

Kim Sleizner ist der skrupellose Polizeichef von Kopenhagen und der absolute Erzfeind von Kommissar Fabian Risk. Fabians ehemalige Kollegin Dunja Hougard ist seit Monaten untergetaucht und ermittelt verdeckt gegen Kim Sleizner. Mit Unterstützung von zwei Bekannten und mittels perfekter technischer Ausstattung überwacht sie ihn rund um die Uhr. Fabian Risk unterstützt sie bei der Suche nach Beweisen. Als in einem Auto, das unter Wasser im Hafen von Kopenhagen gefunden wird, die Leichen von einem Mann und einer Frau entdeckt werden, sieht sich Kim Sleizner in akuter Gefahr…

 

Vermutlich hätte ich zu Dunja Hougard und Fabian Risk einen besseren, wohl auch emotionaleren Zugang gefunden, wenn ich die Vorgängerbände gelesen hätte. Doch auch ohne diese Kenntnisse nahm mich die Handlung von Anfang an gefangen. Der Kriminalroman ist ein echter Lesegenuss, spannend aufgebaut und perfekt konstruiert. . Kurze Kapitel und rasche Szenenwechsel halten den Leser permanent in Spannung. Die Zeitsprünge und verschiedenen Handlungsstränge fordern den Leser allerdings sehr. Und der durchaus anspruchsvolle Schreibstil erfordert ein sehr aufmerksames Lesen. Die Person des Ermittlers Fabian Risk, der mit dem Tod seines Sohnes zurechtkommen muss,  wird meiner Meinung nach in den Beschreibungen ein wenig zu sehr vernachlässigt im Vergleich zu der undercover ermittelnden Dunja Hougard. Doch dies mag wirklich damit zusammenhängen, dass ich die Vorgängerbände nicht kenne. Dennoch hat mich alles in allem dieser Kriminalroman völlig überzeugt, denn die temporeiche und farbig-lebendig-spannende Erzählweise macht echte Lesefreude.

 

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Samantha Downing

Meine geliebte Schwester

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 480 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442491322

·        Originaltitel ‏ : ‎ He Started It

#MeinegeliebteSchwester

 

 

Ein Thriller, der keiner ist

 

Ein Thriller, der keiner ist, denn er ist weit entfernt von dem, was ich von einem Thriller an Spannung und überraschenden Wendungen erwarte. Und das Ende hat mir die Laune vollends verdorben.

 

Die Geschwister Beth, Portia und Eddie, die sich nicht wirklich mögen, werden durch das Testament ihres Großvaters gezwungen, sich mit dem Auto zu einer gemeinsamen Reise quer durch Amerika zu begeben. Erst wenn alle geforderten Zielpunkte erreicht und die Asche des Großvaters am Zielort verstreut ist, wartet ein nicht unerhebliches Erbe auf jeden der drei Geschwister. Es ist die gleiche Route, die sie bereits 20 Jahre zuvor zusammen mit ihrem Großvater unternahmen. Damals war noch Nikki, die ältere Schwester, dabei, die jedoch auf mysteriöse Weise bei der Reise verschwand. Die neuerliche Fahrt quer durch die USA beginnt harmlos, aber …

 

Die Geschichte wird ausschließlich von Beth erzählt. „Jede Familie braucht eine taube Nuss“ sagt Beth und meint damit sich selbst, sie, die Unsichtbare. Der Bericht über die Reise wird immer wieder unterbrochen durch Erinnerungen an den Trip vor 20 Jahren. Der Sprachstil wirkt tatsächlich so, wie man es Beth zutrauen könnte: Direkt, scharf beobachtend, aber auch irgendwie durchtrieben, raffiniert, in kurzen, manchmal unvollständigen Sätzen formulierend und erschreckend emotionslos-nüchtern. Die Fahrt ist lang, mit beunruhigenden, gefährlichen Zwischenfällen, wodurch sich eine leise Spannung aufbaut. Man lernt viele Formen von abstoßenden Motels und billigen Absteigen kennen, es gibt viel Alkohol und von Fett triefendes Essen. Doch als ich in Erwartung eines finalen Paukenschlags am Ende des Buches angekommen war, hätte ich es am liebsten aus dem Fenster geworfen. Den Grund dafür kann ich nicht nennen, ohne zu spoilern.

 

 

Fazit: Ein Thriller, der keiner ist,  mit einem frustrierenden Ende.

 

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Paula Hawkins

Wer das Feuer entfacht

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Blanvalet Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3764507824

·        Originaltitel ‏ : ‎ A Slow Fire Burning

#WerdasFeuerentfacht

 

 

Verwirrend geschriebener, spannungsarmer Roman über kaputte Menschen

 

Zwar kannte ich die Autorin bislang nicht, doch „Wer das Feuer entfacht“ wurde sehr viel beworben und weckte damit meine Neugier. So freute ich mich sehr auf die Lektüre dieses Thrillers. Was ich jedoch vorfand, war kein Thriller. Es war, für mich jedenfalls, ein Roman über Menschen, die das Leben auf unterschiedliche Weise beschädigt hatte. Gut lesbar, aber ohne wirkliche Spannung.

 

Miriam wohnt auf einem Hausboot. Sie ist neugierig, macht sich über alles, was sie beobachtet, Notizen. So stößt sie auf dem Nachbarboot auf die Leiche des brutal ermordeten jungen Daniel. Bei den polizeilichen Ermittlungen gerät Laura, eine junge, ziemlich verstörte Frau, ins Visier, da sie die Nacht zuvor mit Daniel verbracht hatte. Und da gibt es auch noch Carla, die Tante von Daniel, die kurz zuvor erst einen Angehörigen verloren hatte. Diese drei Frauen sind, jede auf ihre Weise traumatisch verletzt, suchen Rache und Vergeltung für früher Erlittenes. Aber wer hat Daniel ermordet?

 

Eigentlich hätte die Geschichte durchaus das Potential zu einem Thriller. Aber die Autorin hat es vorgezogen, durch katastrophal verwirrende Perspektiv- und Zeitenwechsel dem Leser erst die Orientierung und dann die Neugier wegzunehmen. Zwar bemühte ich mich um Klarheit, machte mir beim Lesen Notizen, um den Faden nicht zu verlieren, aber von einem Thriller ist dieses Buch weit entfernt. Bei den vielen kaputten Menschen, die im Roman eine Rolle spielen, konnte ich nicht zu einem einzigen eine gewisse Nähe aufbauen. Die Personen bleiben in ihren Darstellungen viel zu flach, ihre Interaktionen nicht immer nachvollziehbar. Es fehlten mir lebendige Dialoge und mit allen Sinnen wahrgenommene Beschreibungen. Dafür spielte überreichlich Alkohol eine Rolle. Was Paula Hawkins jedoch gut gelang, waren die Szenen, in denen sich Theo oder Laura oder Carla in ihren eigenen Gedankenwelten völlig verloren. Doch dies allein macht noch keinen Thriller.

 

Fazit: Ein in verwirrend gestückelten Perspektivwechseln und blassen Figuren ausgestatteter Roman, weit entfernt von einem spannenden Thriller.

 

 

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Tanja Weber

Betongold       

               

.              Herausgeber ‏ : ‎ HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH

·                        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 240 Seiten

·                        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3455012149

#Betongold

 

 

Münchnern aufs Maul gschaut

 

Der Smokey, der Schani und der Moni sind seit ewigen Zeiten Freunde. Als der Schani, von Beruf Immobilienhai, tot in einer Baugrube liegt, wird Smokey unruhig. Denn er war bis vor 5 Jahren Mordermittler, bis ihn „der alte Russe“, der Morbus Bechterew, zum vorzeitigen Ruhestand zwang. Mit legalem Cannabis und langen Spaziergängen durch München versucht er, Herr der Schmerzen und Herr der dunklen Gedanken zu werden. Wir erfahren aus Erinnerungen und gegenwärtigem Geschehen, also auf zwei Zeitebenen, was der Smokey und seine Freunde so erlebt haben, wie sie auseinandergedriftet sind und doch bis heute irgendwie Freunde geblieben sind. Smokey ist schon allein von Berufs wegen auf der Suche nach der Wahrheit, denn ganz einfach so kann der Schani nicht in die Baugrube reingefallen sein. Der Wirt Moni und seine Kneipe sind die verlässliche Anlaufstation von Smokey. Aber nix bleibt wie es war.

  

Zwar steht unter dem Buchtitel „Kriminalroman“. Aber der Kriminalfall ist eigentlich nur eine Nebensache. Denn es geht doch sehr viel mehr um die „Großkopferten“ von München und die Stadtteilganoven und Spekulierer und wie sie alle Dreck am Stecken haben. Und dass die Gabi vom Smokey weggegangen ist zum Klausi hin. Und alle haben sie es nicht leicht. Geschrieben ist das Buch fast wie eine Art Drehbuch. Die Handlung wird gespielt von waschechten Münchner Spezln, äh, Akteuren, die den Dialekt wirklich beherrschen, mit all seinem hinterkünftigen Humor und seiner sparsam-direkten Ausdrucksweise. Die Autorin hat das Lokalkolorit von Giesing perfekt eingefangen. Das Buch hat dadurch einen ganz eigenen Charme. Viel Trauriges, viel Komisches, und das alles so frappierend echt beschrieben, dass man meint, mitten in München im Wirtshaus zu sitzen zwischen den Grantlern und Ganoven, mit all den zerdepperten Lebenshoffnungen und den traurigen Versuchen, etwas Besonderes darzustellen und sich dabei dennoch zu fühlen wie eine ausgezuzelte Weißwurst.

 

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Santiago Diaz

Talión

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag

·         Broschiert ‏ : ‎ 544 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453424470

#TaliondieGerechte 

 

Blutig-brutale pornographische Männerfantasien

Ein Sensationsthriller, über 500 Seiten stark? Eine Hauptperson mit Hirntumor? Da erwartete ich nicht nur Spannung pur, sondern auch ein völliges Eintauchen in das Geschehen. Was ich jedoch fand, waren Alkohol, Drogen, Gewalt und Sex in allen Variationen. Abtörnend und letztlich langweilig.

Marta Aguilera ist eine engagierte Journalistin. Als sie die Diagnose Hirntumor erhält, dreht sie ihre eigene Welt auf links und kennt kein Halten mehr in ihrem Engagement, die Welt zu verbessern. Inspectora Daniela Gutiérrez, von einem lebensbestimmenden Trauma behaftet und dem Alkohol verfallen, hat Ermittlungen zu führen, die sie mitten hinein führen in die Frage, ob Talión, der Rachefeldzug Auge um Auge, Zahn um Zahn, eine Rechtfertigung verdient.

Ich hätte erwartet, dass im Buch eine kluge Auseinandersetzung zwischen Rechtsstaatlichkeit, Gerechtigkeit, Selbstjustiz, Rache, Schuld und Bestrafung erfolgt. Doch der Autor benutzt diese Thematik ausschließlich dazu, eine Brutalität nach der anderen aufzulisten, und zwar auf eine solch abstoßende Weise, dass man nur noch kopfschüttelnd die Seiten oberflächlich überblättert. Der Rest des Romans ist blutig-brutale Pornographie. Es mag Männer geben, denen dieses Buch gefällt. Von mir gibt es keine Leseempfehlung. 

 

   

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Carolina Conrad

Stürmische Algarve

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·         Taschenbuch ‏ : ‎ 304 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499007569

#StürmischeAlgarve 

 

Kurzweiliger Kriminalroman mit verlockendem Lokalkolorit

 

Die Autorin war mir bislang unbekannt. Die Algarve ebenso. Das Kennenlernen der beiden war für mich sehr bereichernd, denn Carolina Conrad schreibt leicht, locker und doch fesselnd. Es gelingt ihr, Lokalkolorit und einen wendungsreichen Plot schriftstellerisch perfekt unter einen Hut zu bringen und damit eine wunderbare Urlaubslektüre vorzulegen.

 

Das stürmisch-kalte, regnerische Wetter passt zur Stimmung. Denn die Journalistin Anabela Silva und ihre Mutter haben an der Pflege des dementen Vaters schwer zu tragen. Da bleibt nur wenig Zeit für den Freund, den Chefinspektor Joao Almeida. Als eine Österreicherin tot in ihrem Wohnmobil gefunden wird, scheinbar durch Kohlenmonoxid-Vergiftung gestorben, erinnert sich Anabela an eine frühere Begegnung mit dieser Touristin und glaubt deshalb nicht an einen tragischen Unfall. Ihre Zweifel mit Joao teilend, beginnt eine mühsame Spurensuche in einem mehr als rätselhaften Fall…

 

Carolina Conrad hat einen ruhigen Kriminalroman geschrieben, dessen Stärke die Darstellung der sympathischen Protagonisten Anabela und Joao sind. Von deren Privatleben erfahren wir genug, um die beiden gut zu verstehen, ohne dass die eigentliche Handlung aus den Augen gerät. Besonders gut gelungen sind der Autorin die sehr, sehr verlockenden Beschreibungen von Land und Leuten – so verlockend, dass man gerne sofort an die Algarve reisen möchte. Das ruhige Spannungsniveau ist an keiner Stelle langweilig, denn die Autorin schreibt kurzweilig, lebensecht und ist authentisch in ihren Schilderungen der jeweiligen Geschehnisse und Örtlichkeiten. Die vielen Dialoge machen das Lesen lebendig und locker-leicht. Die Handlung als solche weist mehrere überraschende Wendungen auf und hält den Leser deshalb bis zum Schluss gefangen.

 

Fazit: Gekonnt geschriebene Urlaubslektüre mit verlockendem Lokalkolorit.

 

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Judith Merchant

Schweig!

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ KiWi-Paperback

·         Broschiert ‏ : ‎ 352 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3462001334

#Schweig

  

Ein grandioses Kammerspiel der verletzten Seelen

 

Angelockt von einem großartig gestalteten Cover, minimalistisch und erschreckend gleichermaßen, las ich mich nahezu ohne Pause durch diesen ganz besonderen Thriller, der eigentlich eher ein Kammerspiel, ein Psychogramm der verletzten Seelen ist.

 

Zwei Schwestern. Esther ist die ältere. Sie hat Mann und zwei Kinder. Sie will es stets perfekt. Sie rackert sich ab. Ihr Wille ist wie ein Rammbock. Und sie ist die Verantwortliche. Für alles, nur nicht für sich selbst. Sue ist die jüngere. Sie lebt allein in einem viel zu großen Haus mitten im Wald. Sie ist die Schwache, Schutzbedürftige, die Kindgebliebene. So scheint es. Am Tag vor Weihnachten fühlt sich Esther verpflichtet, zu Sue, der Einsamen, zu fahren. Was sich dort abspielt, muss man lesen!

 

300 Seiten lang hält uns die Autorin gefangen, indem sie aus wechselnden Perspektiven sowohl Esther, als auch Sue aus ihrer jeweilig ganz eigenen Sicht der Dinge berichten lässt. Erst gegen Ende kommt auch Martin, der Mann von Esther, zu Wort. 300 Seiten lang lese ich und kann nicht aufhören, obwohl ich zunehmend aggressiv werde. Diese toxische Schwester-Schwester-Beziehung, manipulativ, übergriffig, besitzergreifend, dramatisierend macht mich wütend, denn eigentlich möchte ich mich auf die Seite einer der Schwestern stellen. Aber kaum habe ich einen Funken Verständnis für eine von beiden entwickelt, verändert sich die Konstellation wieder völlig. 300 Seiten lang gerate ich permanent zwischen die Fronten, werde geradezu aufgerieben zwischen den Sichtweisen, hin und her. Körnchenweise und sehr subtil streut die Autorin dazu erhellende Informationen aus der Vergangenheit der beiden Schwestern ein. Gekonnt geschrieben ist dieser Thriller, minutiös eintauchend in zwei Menschen, die ihre jeweiligen Traumata nie wirklich verarbeitet haben. Die Spannung bleibt von Anfang bis Ende auf hohem Niveau und spitzt sich schließlich noch zu – bis nach 300 Seiten endlich den  Worten Taten folgen, zu einem explosionsartigen, völlig überraschenden Ende führen und man völlig erschöpft das Buch schließt.

 

 

Fazit: Völlig anders, aber mindestens genau so großartig geschrieben wie der erste Thriller Atme! von Judith Merchant. Absolut lesenswert!

 

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A.K. Turner

Tote schweigen nie

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Droemer HC

·         Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 400 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426282489

·         Originaltitel ‏ : ‎ Body Language

#ToteSchweigennie

 

 

Faszinierend, geistreich, begeisternd – Forensic-Crime vom Feinsten

 

Das ist mir ja noch nie passiert: Ich las und las, und als ich das Buch zuschlug, bemerkte ich, dass ich völlig vergessen hatte, mir wie sonst üblich während des Lesens Notizen für die spätere Rezension zu machen. Ein begeisternder Thriller-Reihenauftakt hatte mich völlig in seinen Bann geschlagen!

 

Cassie Raven ist Assistentin der Rechtsmedizin. Ihr Gothic-Look und ihre Tattoos wirken durchaus etwas befremdlich, und doch besitzt Cassie eine besonders ausgeprägte Sensibilität. Nicht nur, dass sie bei einer Begegnung mit Trauernden ihre zahlreichen Piercings vorher abnimmt, um die Angehörigen nicht allzu sehr zu verstören. Nein, sie geht mit den „Gästen“, wie sie die Toten bezeichnet, sehr achtungsvoll um, spricht mit ihnen und manchmal, ja manchmal erhält sie sogar eine Antwort. Wie zum Beispiel, als sie ihre überaus geschätzte Mentorin auf den Seziertisch bekommt. Angeblich sei sie in ihrer Badewanne ertrunken. Doch Cassie hört genau hin: „Meine Zeit ist noch nicht gekommen“ raunt ihr der Leichnam von Mrs. Edwards zu. Doch wie soll Cassie den Mord, von dem sie überzeugt ist, beweisen? Erst als die Einäscherung kurz bevorsteht, findet sie unerwartet Unterstützung durch die nüchtern-kühle DS Phyllida Flyte.

 

A.K. Turner ist es gelungen, jenseits der üblichen Thriller-Szenarien eine sehr eigene und damit faszinierende Welt zu schaffen. Cassie Raven und Phyllida Flyte sind jeweils auf ihre Art besondere Menschen. Ihr schwieriges Zueinanderfinden in diesem ersten Band lässt für die Folgebände auf äußerst aufregende weitere Ermittlungsfälle hoffen. Von Anfang bis Ende sehr spannend, abwechslungsreich und lebendig erzählt die Autorin in einem leicht eingängigen, dabei aber sensibel-geistreichen Schreibstil. Der Plot ist schlau und letztlich überraschend konzipiert. Dass sorgfältige Recherche-Arbeit dem Thriller zugrunde liegt, spürt man in allen Details.

 

Kurzum: Ein begeisternder, überraschend ungewöhnlicher und durchweg spannender Forensic-Thriller.

 

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Jan Beck

Die Nacht – Wirst du morgen noch leben?

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Penguin Verlag

·         Broschiert ‏ : ‎ 464 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3328106678

#DieNachtWirstdumorgennochleben

 

 Perfide, raffiniert, rasant und sehr, sehr spannend

 

Der Autor Jan Beck alias Joe Fischler war mir bislang unbekannt. Umso überraschender begeisterte mich der vorliegende Thriller, und zwar so sehr, dass ich mich auf jeden Fall durch die Backlist lesen möchte.

 

Schon der Einstieg ist packend: Hanna, eigentlich eine unerschrockene Frau, verläuft sich während eines Gewitters auf ihrer Wandertour im finsteren Wald. Es erwartet sie Schreckliches… Und es tritt über das Internet einTäter an die Öffentlichkeit. Mit dem Lösen von perfiden Aufgaben bzw. dem Erfüllen seiner Forderungen könnte das Leben seiner in Gefangenschaft genommenen Menschen angeblich gerettet werden. Diese fünf Menschen, zu denen auch Hanna gehört, stecken bewegungsunfähig in engen Glasbehältern. Um sie herum läuft eine Kettenreaktion mit Dominosteinen ab, die jeden Tag einen dieser Menschen auf grausamste und äußerst raffinierte Weise zu Tode bringt. Europol-Ermittlerin Inga Björk, die zuständig ist für Serienverbrechen, versucht zusammen mit Christian Brand den Täter aufzuspüren. Ein geradezu hoffnungsloses Unterfangen, da lange nicht der geringste Anhaltspunkt zu finden ist. Doch der Tod weiterer Menschen treibt die beiden Ermittler an…

 

Welch ein beeindruckend gelungener, mitreißender Thriller ist Jan Beck hier gelungen! Aus wechselnden Perspektiven verfolgt man das Geschehen, wobei diese häufigen Blickrichtungswechsel beim Leser jedoch nicht zur Verwirrung führen, wie in so manch anderen Thrillern, sondern sie schaffen im Gegenteil eine besondere Transparenz. Besonders anrührend und gekonnt  in Worte gefasst sind die kindlichen Berichte des 7-jährigen Benjamin. Unerwartete Twists machen geradezu schwindelig beim Lesen. In Maßen gesetzte Cliffhanger treiben die Spannung und das Lesen voran. Am völlig unerwarteten Ende wird der Leser noch ein weiteres Mal völlig überrascht.

 

 

Fazit: Dieser Thriller ist packend, rasant, perfide, temporeich und sehr, sehr spannend – absolute Leseempfehlung!

 

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Saskia Noort

Bonuskind

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Europa Verlag

·         Taschenbuch ‏ : ‎ 272 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3958903913

#Bonuskind

  

Düstere Suche nach der Wahrheit

 

Ist das vorliegende Buch wirklich ein Thriller? Möglicherweise ein Psychothriller oder doch eher ein Roman? Auf jeden Fall ist es keine Coming-of-Age-Geschichte, wie vom Verlag angekündigt, denn ich sehe im Buch keine Entwicklung in der Person Lies. Eher mutet sie mich von Beginn an wie die einzige reife Erwachsene unter lauter mehr oder weniger gestörten Familienmitgliedern.

Die 15-jährige Lies und ihr kleiner Bruder Luuk werden seit der Trennung ihrer Eltern zwischen Mutter und Vater hin- und hergereicht und müssen den permanenten hasserfüllten Streit zwischen den Eltern ertragen. Der Vater Peter lebt mit einer jüngeren Frau zusammen, die Mutter Jet ist ihren extremen Gefühlsschwankungen ausgeliefert. Als die Mutter plötzlich verschwindet und schließlich ihre Leiche gefunden wird, sind sich alle einig, dass Jet Selbstmord begangen hat. Schließlich kannten alle ihre psychische Instabilität. Nur Lies als Einzige ist sich sicher, dass die Mutter niemals ihre Kinder im Stich gelassen hätte. Sie findet das Tagebuch von Jet mit außerordentlich verstörenden Details…

Das Buch nimmt den Leser gefangen, weil es so raffiniert und klug konstruiert ist, dass man nie so recht weiß, wem man Glauben schenken darf. Und es nimmt gefangen im Miterleben, welchem psychischen Elend Kinder ausgesetzt sind, wenn Eltern sich in permanentem Hass nur um sich selbst drehen und die Kinder instrumentalisiert werden. Die Autorin wechselt zwischen dem Bericht aus der Sicht von Lies und den in kursiver Schrift gesetzten Abschnitten aus den tagebuchartigen Notizen von Mutter Jet. Sehr eindrücklich ist es Saskia Noort gelungen, in der Person Lies das Wandern auf der Grenze zwischen Kindheit und Erwachsenenwelt darzustellen. Lies hat mich sehr beeindruckt mit ihrer inneren Stärke und geistigen Klarheit, mit der sie durch Wut und Trauer hindurch auf der Suche nach der Wahrheit ist und die Menschen ihrer Umgebung mit feinem Gespür analysiert. Sehr viel schwächer und weniger nachvollziehbar ist für mich die Schilderung der Mutter Jet gelungen. Auch frage ich mich, ob die breit ausgewalzten erotischen Szenen nicht glaubwürdiger und eindringlicher gewirkt hätten, wenn sie etwas zurückhaltender beschrieben worden wären. Mit dem Ende der Geschichte setzt die Autorin noch einen unerwarteten Überraschungseffekt.

Fazit: Ein ungewöhnlich konstruierter, durchweg packend zu lesender, psychologisch düsterer Roman. 

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Catherine Ryan Howard

The Nothing Man

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·         Taschenbuch ‏ : ‎ 400 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499005367

#TheNothingMan

 

 Raffiniert, intelligent, bedrohlich-fesselnd

 

Bewundernswert, was Catherine Ryan Howard hier gelungen ist. Ein Thriller der Extraklasse, der mich von Anfang bis Ende fasziniert hat, nicht nur der Handlung wegen, sondern ganz besonders wegen der Raffinesse des gesamten Konstrukts des Buches.

Vor zwanzig Jahren tötete ein Mann die gesamte Familie von Eve Black, ohne auch nur die geringsten Spuren zu hinterlassen. Eve, damals zwölfjährig, überlebt als Einzige, und schreibt 20 Jahre später ein Buch über dieses traumatische Erlebnis. „Ich war das Mädchen, das den Nothing Man überlebte. Jetzt bin ich die Frau, die ihn fassen wird.“ Jim Doyle übt den langweiligen Job eines Wachmanns in einem Supermarkt aus. Er beginnt, das Buch von Eve Black zu lesen. Und ihm wird klar, dass er keine andere Wahl hat, als Eve zu töten. Denn er ist der Nothing Man. Mehr kann man über den Inhalt nicht verraten, ohne Spannung wegzunehmen.

Mit unglaublicher Raffinesse schafft es die Autorin, dass man von Anfang an das Gefühl hat, zwei Bücher gleichzeitig zu lesen, und zwar beide mit der gleichen aufregenden Spannung. Zwei Geschichten, die sich im Schriftbild unterscheiden, was dem Leser hilft, die Orientierung zu behalten. Zwei Geschichten, die sich unaufhaltsam aufeinander zu bewegen. Je näher sie sich kommen, desto mehr wachsen Angst und Beklemmung beim Lesen. Solch ein geniales Thriller-Konstrukt habe ich noch nie erlebt. Wir lernen den Serienkiller von seinen intimsten Seiten kennen. Und wir erfahren, wie Eve niemals, niemals aufgehört hat, dem Killer auf die Spur kommen zu wollen. Zwei Geschichten, die sich zwischen den Genres True Crime und fiktivem Thriller hin und her bewegen und mit den jeweiligen Klischees spielen. Zwei Geschichten über das Anschleichen von Jäger und Gejagtem. Zwei Geschichten, die durch mehrere Wendungen letztlich überraschen.

 

Fazit: Ein überzeugend schlau durchdachtes, durchweg spannend-bedrohliches Lesevergnügen!

 

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Ruth Lillegraven

Tiefer Fjord

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ List Hardcover

·         Broschiert ‏ : ‎ 400 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3471360415

·         Originaltitel ‏ : ‎ Alt er mitt

#Tiefer Fjord

 

Ein starker Spannungsroman, überraschend und beeindruckend

 

Ein Spannungsroman ist „Tiefer Fjord“, ein Debütroman und der erste Band einer Trilogie. Drei Gründe, um das Buch mit besonderer Neugier zu lesen. Und in der Tat, die Autorin bietet überraschendes und durchweg spannendes Lesefutter.

 

Haavard ist Klinikarzt und muss miterleben, wie ein kleiner pakistanischer Junge, offensichtlich schwer misshandelt, kurz nach Einlieferung stirbt. In der Nacht darauf wird der Vater des Jungen erschossen aufgefunden. Clara, Haavards Frau, versucht mit größtem Engagement, als Ministerin einen Gesetzesentwurf durchzubringen, der misshandelten Kindern früher als bisher Hilfe ermöglichen soll. Doch der Gesetzentwurf wird abgelehnt. In der Ehe von Haavard und Clara gibt es viele Unstimmigkeiten. Als kurz darauf eine iranische Frau ermordet wird, gerät Haavard unter Verdacht. Clara, deren politische Karriere damit in Gefahr gerät, muss Haavard entlasten, ohne zu wissen, ob er wirklich unschuldig ist.

 

Im Präsens erzählt Ruth Lillegraven und rückt damit die Geschehnisse besonders nah an den Leser heran. Die fast bedrohlich wirkende Kulisse der norwegischen Landschaft, insbesondere rund um einen unergründlichen Fjord, beeindruckte mich sehr. In wechselnden Perspektiven erfahren wir aus der Sicht von Haavard, Clara und weiteren Personen hautnah von deren Erleben, deren Gedanken und Gefühlen. Aber auch, wie Vergangenes ihr weiteres Leben bestimmen sollte. Mir ist besonders eindrücklich gewesen, wie ein winziger Moment einer falschen oder zumindest unbedachten  Entscheidung zur Lawine führt, die alles Unschuldige mitreißt, das im Weg steht, und nichts als Verderben bringt. In angenehm kurzen Kapiteln schwirren wir in der ersten Hälfte des Buches um die einzelnen Personen herum wie Fliegen um eine Lichtquelle in der Dämmerung. Erst in der zweiten Hälfte des Romans beginnt das aktive Rätselraten und eine kontinuierliche Zunahme der Spannung, denn Überraschendes, Unerwartetes kommt auf den Leser zu. Und wer ist eigentlich Täter und wer Opfer? Und wem gilt unsere Sympathie? Verwirrend und überraschend!

 

 

Fazit: Ein starker Roman mit einer starken Geschichte, die noch lange nachwirkt.

 

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Andreas Winkelmann

Die Karte

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·         Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499000409

#DieKarte

 

 

Diesmal viel Persönliches, weniger nervenzerreißende Spannung

 

Zugegebenermaßen, meine Erwartungen waren hoch. Bislang habe ich alle Thriller aus der Reihe mit Kerner und Oswald gelesen und war jedes Mal restlos begeistert. Insofern musste sich der vorliegende vierte Band an seinen Vorgängern messen lassen. Leider fand ich ihn ein wenig schwächer als die ersten drei Bände.

 

Die Geschichte beginnt mit dem Frauenpaar Eva und Laura. Eva entscheidet sich, abends im Dunkeln noch eine Laufrunde zu drehen und wird wenig später brutal ermordet aufgefunden. Der Ermittler Kerner ist betroffen, denn er hatte noch kurze Zeit zuvor mit Eva bezüglich eines anderen Falls gesprochen. Nur wenige Tage vergehen, und eine weitere Joggerin wird tot aufgefunden. Ein Serientäter?

 

 

Wie immer gelingt es Andreas Winkelmann, von Anfang an so zu erzählen, dass man sofort mitten in die Geschichte gerät. Detailreich und lebendig schreibt Andreas Winkelmann, sodass der Leser schnell sehr plastische Bilder in der Vorstellung entwickelt. Verschiedene Perspektiven, auch Rückblicke in die Vergangenheit, sind wohldosiert eingesetzt, ohne den Lesefluss zu unterbrechen oder Verwirrung zu schaffen. Verstörend die Kapitel, in denen der Täter Einblicke in sein Denken und Fühlen gibt und seiner Hybris, sich gottgleich zu fühlen, Herr über Leben und Tod zu sein, Ausdruck verleiht. Was die Ermittler Jens Kerner und Rolf Hagenah betrifft, ebenso die Polizistin und Rollstuhlfahrerin Rebecca Oswald, so erfährt man in diesem Buch sehr viel  mehr Persönliches als in den Vorgänger-Bänden. Psychologisch feinfühlig und sehr differenziert in seinen sichtbaren und unsichtbaren Seiten wird Jens Kerner geschildert, auch die klug analysierende Sicht von Rebecca trägt ihren Teil dazu bei, dass uns in diesem Band Jens Kerner persönlich sehr nahe rückt. Der Plot ist raffiniert und überraschend, wie erwartet. Einzig fehlt mir an diesem Thriller die erwartete nervenzerreißende Spannung. Zwar ist man beim Lesen durchwegs neugierig auf den Fortgang der Geschichte, aber es gab meiner Meinung nach zu wenig Szenen der absoluten hochgradigen Spannung. Dennoch bleibt für mich Andreas Winkelmann einer der besten Thriller-Autoren, die ich kenne.

 

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Jonas Winner

Der Nachlass

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag

·         Broschiert ‏ : ‎ 352 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453440883

#DerNachlass

 

 

Ein absolut spannender, genial komponierter Thriller

 

Puh!

Erschöpft schließe ich das Buch. Welch eine Geschichte! Ich fühle mich, als sei ich durch einen Fleischwolf gedreht worden. Jonas Winner hat mich schwindelig geschrieben, hat mich geradezu geschreddert mit seiner Erzählkunst.

 

Wir lernen zunächst Theo kennen, den professionellen Pokerspieler, aktuell mit großen Geldproblemen und Albträumen. Er erhält den Anruf eines Notars aus Berlin, dass Theo‘s Mutter Hedda Laurent im Sterben liege und ihn unbedingt noch einmal sehen möchte. Es sei Eile geboten. Nach 30 Jahren Abwesenheit! Noch bevor Theo in Berlin eintrifft, ist Hedda Laurent gestorben. Es finden sich in Trauer zusammen Heddas Mann Artur, ihr Bruder Ruben und ihre 4 Kinder Jannick, Sophia, Theo und Patricia. Bei der Testamentseröffnung verliest der Notar eine sehr befremdliche Anforderung. Das beträchtliche Vermögen soll derjenige der Angehörigen in Gänze erhalten, der in einer Art Wettkampf als Sieger hervorgeht. Es müssen 27 Aufgaben gelöst werden, und nur einer kann gewinnen. Es beginnt alles wie ein Spiel. Doch Runde um Runde gerät dieses Spiel zunehmend in eine Spirale des Bösen.

 

Gut, dass eine Übersicht, eine Art Stammbaum der Familie, der Geschichte vorangestellt wurde. Zu Beginn musste ich mehrfach wieder nachschauen, wer wer ist. Denn Jonas Winner erzählt nicht chronologisch und schafft bei mir gehörige Verwirrung mit dem scheinbar willkürlichen Spiel der Szenen vor und zurück zwischen Gegenwart, jüngerer Vergangenheit und Kindheitserinnerungen, zudem durch Perspektivwechsel der Erzähler. Man beginnt beim Lesen im aktuellen Leben von Theo, glaubt, mit ihm die Person kennen gelernt zu haben, an deren Seite man  durchs Geschehen geht, aber – und das fand ich zunächst irritierend – man verliert Theo schnell aus den Augen, verliert sich stattdessen im Gestrick der Familienmitglieder. Mir gefallen die wirklichkeitsnahen Dialoge. Sie bestehen oftmals aus halben Sätzen, unfertigen Wortteilen, ohne ausgefeilten Satzbau, wie Menschen eben miteinander sprechen, die beim Reden überlegen oder sich ins Wort fallen. Das Szenario des großen, alten, verwinkelten Hauses mit vielen Zimmern und Fluren, mit Seidentapeten und  Gemälden ist geradezu prädestiniert für unerklärliche, beängstigende  Geschehnisse. Jonas Winner spielt nicht nur mit Szenen, er spielt auch mit Genres. Und so hatte ich sowohl Assoziationen zu einer tragischen Oper mit großen Gefühlen, Theatralik und langen Sequenzen des Quälens, als auch zu sagenartigen Horrorgeschichten aus der Kindheit. Die Gegenwart wiederum spielt mit psychologischen Verstrickungen, mit Angst, Bedrohung und Tod. Und immer wieder dreht sich die Spirale, schneller und schneller…

 

 

Fazit: Ein herausfordernder, absolut spannender und genial komponierter Thriller.      

 

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Ulrike Bliefert

Der Tod der Schlangenfrau

 

·         Herausgeber : KBV

·         Taschenbuch : 300 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3954415427

#DerTodderSchlangenfrau

 

  

Lebendig erzählter historischer Krimi im Berlin Ende 19. Jh.

 

Welch ein Zufall – ich durfte zwei historische Kriminalromane hintereinander lesen, die beide Ende des 19. Jahrhunderts spielten. Einmal befand ich mich mit Oliver Pötzsch 1893 in Wien und direkt danach mit Ulrike Bliefert im Jahr 1896 in Berlin. Eine doppelt interessante Leseerfahrung!

 

Im vorliegenden Kriminalroman ist die Hauptperson Auguste Fuchs, eine offene und temperamentvolle junge Frau. Sie ist die engagierte Mitinhaberin des väterlichen Fotoateliers in der Friedrichstraße in Berlin. Ihre Leidenschaft ist das Fotografieren, doch die damals üblichen steifen Familienfotos sind ihr eher lästig. Als während einer Foto-Serie im Wintergarten-Varieté die Schlangenbeschwörerin Samirah zu Tode kommt, entdeckt Auguste auf einem ihrer Fotos einen merkwürdigen Gegenstand, doch der ermittelnde Kommissar beachtet diesen Hinweis nicht. Ist er möglicherweise die Tatwaffe? Auguste verfolgt zusammen mit ihrer Tante und dem Kriminalassistenten Jakob Wilhelmi weiter die Spur des möglichen Mörders, ohne zu ahnen, dass sie dies letztlich in die finstersten Ecken der wilhelminischen Kolonialpolitik führen wird.

 

 

Dass dem Buch von Ulrike Bliefert sorgfältige Recherchen zugrunde liegen, konnte ich gerade auch im direkten Vergleich mit „Das Buch des Totengräbers“ von Oliver Pötzsch  feststellen. Berlin war Wien mit den technischen Neuerungen dieser Zeit um mehrere Jahre voraus. Sehr bildhaft und lebendig schildert die Autorin diese spannende Zeit zwischen kaiserlicher Tradition und Einzug neuer Techniken. Mit Auguste Fuchs ist ihr eine sympathische Figur gelungen, die unkonventionell denkt und handelt. Über die finstere, geradezu menschenverachtende Seite der deutschen Kolonisation in Afrika liest man mit Bedrückung. An den etwas überstilisierten Schreibstil von Ulrike Bliefert musste ich mich erst ein wenig gewöhnen, wenngleich er absolut stimmig in die geschilderte Zeit passt. Weniger gut gefielen mir die Einfügungen in Kiswaheli bzw. ich fand sie unnütz, da der durchschnittliche Leser sicher nicht bewandert ist in dieser oder einer anderen afrikanischen Sprache und somit auch kein Ohr hat für Aussprache oder Klang der abgedruckten Sätze. Alles in allem jedoch habe ich diesen besonderen Kriminalroman, gerade aufgrund seiner besonderen Thematik der Kolonialpolitik, sehr gerne gelesen.

 

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Oliver Pötzsch

Das Buch des Totengräbers

 

·         Herausgeber : Ullstein Paperback

·         Broschiert : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3864931666

#DasBuchdesTotengräbers

 

 

Pittoreskes Zeitbild, spannend erzählt

 

Wien Ende des 19. Jahrhunderts. Eine aufregende Zeit, in der das Leben und Denken des Kaiserreiches kollidiert mit befremdlich erscheinenden technischen Neuerungen und althergebrachtem Aberglauben. Historie geschickt verpackt in eine spannende Handlung. 

 

Der junge Leopold von Herzfeldt beginnt aus Graz kommend in Wien als Polizeiagent. In seinem Koffer befinden sich allerlei rätselhafte Instrumente, die zusammen mit seinem Hochdeutsch und  seiner vornehmen Kleidung bei den alteingesessenen Kollegen größtes Misstrauen erregen. Als mehrere Dienstmädchen ermordet vorgefunden werden, jedes von ihnen brutal gepfählt, beginnen Herzfeldt und ein kauziger Totengräber vom Wiener Zentralfriedhof gemeinsam zu ermitteln. Der Totengräber Augustin Rothmayer ist hochgebildet und weiß alles über Todesarten und Verwesungsstufen. Und dass das Pfählen eine uralte Methode ist, um Untote unter der Erde zu halten…

 

 

Oliver Pötzsch versteht es meisterhaft, den Leser auf bildhaft-eindrückliche Weise in die dunkle Seite des nach außen hin so glamourösen Wien Ende des 19. Jahrhunderts zu entführen. Er schreibt so eindringlich, dass man Moder und Unrat in den dunklen Gassen zu riechen glaubt. Das Buch ist nichts für Zartbesaitete! Es ist die Zeit der beginnenden Elektrifizierung, erster Automobile, erster Telefone, was mit Neugier und Angst gleichermaßen aufgenommen wird. Kein Wunder also, dass Leopold von Herzfeldt mit seiner Leidenschaft für moderne Kriminalistik Missfallen erregt. Der Autor machte mir das enorme Spannungsfeld zwischen modernen Errungenschaften und dem Festhalten am Altbekannten sehr augenfällig. Erschreckend auch der allgegenwärtige Antisemitismus und die Brutalität, die sich hinter Unwissenheit, Angst und Aberglauben versteckt. Geschickt werden überlieferte und sorgfältig recherchierte historische Details und rückständiges Denken dieser Zeit im Buch eingestreut, ohne dass die immanente Spannung des Kriminalromans darunter leidet. Ein Kriminalroman mit Mehrwert, farbig-lebendig erzählt.

 

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Sarah Nisi

Ich will dir nah sein

 

·         Herausgeber : btb Verlag

·         Broschiert : 336 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3442718917

#Ichwilldirnahsein

 

 

Schauder der Nähe

 

Dieser Psychothriller hat mich fasziniert und mir Schauder über den Rücken gejagt. Weil er subtil ist. Weil er seine Wirkung aus dem Alltäglichen zieht, aus der Tatsache, dass das Erzählte so oder ähnlich in der Realität stattfinden könnte. Wenn man Nachbarn hat zum Beispiel…

 

Lester Sharp liebt seinen Job. Er arbeitet im Fundbüro des öffentlichen Nahverkehrs. Und entwickelt zu den Fundstücken, die er zu archivieren hat, ein ganz persönliches Verhältnis, insbesondere wenn sie ihm bei näherer Betrachtung eine Geschichte erzählen. Oder Begehren wecken. Lester ist hochgradig kontaktscheu, sein wahres Leben findet in seinen Vorstellungen statt. Als die junge Tänzerin Erin seine neue Nachbarin wird, richten sich seine Gedanken mehr und mehr auf sie. Sie weckt Erinnerungen an eine frühere Liebe. Und so versinkt Lester zunehmend in eine irreale Beziehung, die alle Grenzen überschreiten lässt…

 

Geschrieben ist der Thriller aus verschiedenen Perspektiven. So kommt nicht nur Lester zu Wort, auch Erin, die Tänzerin, und Rhys, ein Immobilien-Makler, schildern aus ihrer Sicht das Geschehen. Gelegentlich kommt außerdem ein neutraler Erzähler zu Wort. Dies ergibt viele einzelne kleine Szenen, was das Lesen außerordentlich kurzweilig macht, aber man braucht zumindest zu Anfang des Buches eine Weile der Anstrengung, um nicht die Orientierung zu verlieren. Der Autorin gelingt es, die einzelnen Personen sehr eindrücklich zu schildern. Man fühlt die geistige Stärke von Erin, die trotz eines entzündeten Fußgelenks und großer Schmerzen ihr Engagement bis zum letzten Tag erfüllen will. Man spürt den Sog der Einsamkeit und die abstoßende Besessenheit von Lester. Und man weiß nicht recht, wie man Rhys einschätzen soll, denn er bleibt in seiner Darstellung irgendwie vage. Der Spannungsbogen baut sich sehr schnell auf. Ich konnte das Buch nicht weglegen, weil die Handlung in mir eine Fülle von unterschiedlichen Gefühlen weckte, Ekel, Abscheu, Angst, Trotz, Mut und Mitgefühl zum Beispiel. Im letzten Drittel steigt die Spannung noch erheblich an, denn die Handlung erfährt eine unglaubliche, eine unfassbare Wendung…

 

 

Fazit: Ein subtiler, spannender, überraschender Psychothriller, der den Leser schaudern lässt, ganz ohne Blutvergießen.

 

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Anna Bagstam

Die Augenzeugin

 

·         Herausgeber : btb Verlag

·         Taschenbuch : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3442718597

·         Originaltitel : Ögonvittnet

#DieAugenzeugin

  

Eine Ermittlerin, die noch erwachsen werden muss

 

Und wieder ein Kriminalroman aus Schweden, den ich gerne gelesen habe. Seine Handlung ist in einem malerischen Fischerort an der südschwedischen Küste angesiedelt ist, wobei mir zugegebenermaßen weder die Örtlichkeiten noch das Wetter Lust auf einen Schweden-Besuch machen trotz der vielen atmosphärisch-bildhaften Naturbeschreibungen.

 

Harriet Vesterberg, eine junge Ermittlerin, zieht von Stockholm zurück in ihre alte Heimat, in das Fischerdorf Lerviken an der Küste. Dort beginnt sie ihre Arbeit bei der hiesigen Polizei. Ein Grund für den Umzug ist, dass sie näher bei ihrem Vater, einem pensionieren Juraprofessor, leben möchte, weil er besorgniserregende Anzeichen von Demenz zeigt. Kaum angekommen, wird sie bereits mit einem grausamen Mordfall konfrontiert, der ihr alles abfordert. Denn je weiter sie in die Ermittlungen eintaucht, desto deutlicher wird ihr, dass sie den Mörder kennen könnte…

 

 

Wohltuend ist, dass die Autorin klar und folgerichtig erzählt. Ihre solide Erzählweise kommt glücklicherweise ohne die inzwischen so beliebten und oftmals nervigen Rück- und Vorblicke und Perspektivwechsel aus. Gewöhnungsbedürftig empfand ich, dass der Kriminalroman nur im Präsens geschrieben ist, was beim Lesen unerwartet besondere Aufmerksamkeit erfordert. Der Kriminalroman ist unterhaltsam und abwechslungsreich zu lesen. Es finden sich einzelne Sätze, die im Gedächtnis bleiben: „Sie gehört zu den Leuten, die beim Denken oft Pech haben“, ist solch eine witzig-böse Beschreibung zum Beispiel. Der Spannungsbogen baut sich zwar nur langsam auf, aber erreicht seinen überraschenden Höhepunkt  gegen Ende. Probleme hatte ich mit der Darstellung der Person Harriet. Sie ist 29 Jahre alt, benimmt sich allerdings oftmals wie ein junges, verunsichertes Mädchen, sie wirkt unselbständig, naiv, ungeschickt, vertritt ihre Interessen nicht, scheint ohne Selbstbewusstsein zu sein. Das passt nicht wirklich zu der Tatsache, dass Harriet ein Studium und eine fundierte Ausbildung und Berufserfahrung hinter sich hat. Damit gewinnt ihre Gegenspielerin, ihre unsympathische Chefin Margareta, mit ihrer harten Persönlichkeit viel zu viel Gewicht im Handlungsgeschehen, wie ich finde. Auch erscheinen mir über das Buch hinweg die vielen Textnachrichten an Lisa, Harriet’s langjährige Freundin, unnötig. Auch damit wird die Figur Harriet eher zu einer unreifen Jugendlichen abgestempelt statt zu einer klugen und souveränen Ermittlerin. Wobei – der Cliffhanger am Ende des Buches will mir etwas anderes sagen…

 

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Nora Luttmer

Hinterland

 

·         Herausgeber : Rowohlt Taschenbuch

·         Taschenbuch : 416 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3499002908

#Hinterland

 

 

Unterhaltsam, kurzweilig, lesenswert

 

Diesen Band 1 der Krimiserie um die Ermittlerin Bette Hansen habe ich sehr gerne gelesen. Denn er hat mich durchweg gut unterhalten. Außerdem weiß ich jetzt, was die Dove-Elbe ist (auch wenn ich als unwissende Süddeutsche beim Lesen irgendwie dauernd eine Assoziation mit „doofe Elbe“ hatte…), und wo Hamburg-Ochsenwerder liegt, einer ländlich-ruhigen Gegend, in der ich gerne wohnen würde, wenn ich Google glauben darf.

 

Worum geht es? Bette Hansen findet in ihrem Garten ein Holzscheit, auf dem eine Muschel mit Kreuz eingeritzt ist. Ein Fund, der Bette Hansen aufschreckt. Denn dieses Zeichen hatte sie auch in ihrem letzten unaufgeklärten Fall gefunden. Bette Hansen musste ihren Beruf als Kommissarin vorzeitig beenden, da sie an Narkolepsie erkrankt ist und durch die unkontrollierbaren Schlafattacken ihren Dienst nicht mehr ausüben kann. Doch der ungeklärte Mord, der von einem extrem wütenden Täter zeugte, lässt Bette nicht los. Sie beginnt zu ahnen, dass dieser Täter es nun auf sie abgesehen hat.

 

Nora Luttmer gelingt es sehr eindrücklich, das Lokalkolorit des ländlichen Hinterlandes nahe Hamburg atmosphärisch dicht und vorstellbar einzufangen. Sie erzählt in relativ kurzen Kapiteln und aus verschiedenen Perspektiven sehr kurzweilig über früheres und gegenwärtiges Geschehen. Der Spannungsbogen bleibt über das gesamte Buch hinweg mäßig gespannt. Erst im letzten Buchdrittel nimmt die Spannung erheblich zu, sodass sich das Buch zu guter Letzt noch zu einem wahren Pageturner entwickelt. Zunächst war ich etwas befremdet und irritiert, dass sich der Täter bereits zur Hälfte des Buches offenbart, aber genau dieser geschickte Coup bewirkt überraschenderweise die Zunahme der Spannung. Vielleicht sollte das enge Zeitraster, das sich aufgrund der krankheitsbedingt erforderlichen Ruhezeiten von Bette ergibt, zusätzlich die Spannung erhöhen. Bei mir jedoch hatte das im Laufe der Seiten einen gegenteiligen Effekt, denn es begann mich zunehmend mehr zu nerven. Ich bin mir deshalb unsicher, ob eine solche Erkrankung, die ständig präsent und handlungsbestimmend ist, in einem Kriminalroman wirklich gut platziert ist.

 

Dennoch bleibt mein Fazit: Ein lesenswerter, unterhaltsamer Kriminalroman mit vielschichtigen Figuren und bildhaft-eindrücklichem Lokalkolorit.

 

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Lucy Foley

Sommernacht

 

·         Herausgeber : Penguin Verlag

·         Broschiert : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3328106166

·         Originaltitel : The Guest List

#Sommernacht

 

  

Viel Wind um …  ja, um was eigentlich?

 

Das Buch macht viel Wind um sich selbst. „Spektakulär“ soll es sein. Ein „sensationeller Thriller“ soll es sein. Nun ja, in Wirklichkeit erschien mir der Thriller eher einer von der ruhigen Sorte, gut lesbar ja, aber streckenweise ermüdend langsam im Erzählen. Die Geschichte verwendet einen Plot, den man schon besser und spannender von anderen Autoren umgesetzt lesen durfte. Da werden einige unterschiedlichen Menschen an einem abgelegenen Ort einer unbekannten Bedrohung ausgesetzt bis hin zum Mord. Und der Mörder muss unter ihnen sein. 

Die Stärke des Buches ist eindeutig die teils lyrisch eindrückliche Schilderung des Handlungsortes, nämlich die abgelegene kleine Insel Cormorant Island, im Atlantik vor der irischen Küste gelegen. Es gibt gefährliche Klippen und ein ebenso gefährliches Torfmoor. Ein teils verfallener Friedhof erzählt von vielen Toten in der Vergangenheit. Jetzt leben nur noch Aoife, von Beruf Hochzeitsplanerin, und Freddy, leidenschaftlicher Koch, auf dieser winzigen Insel. Und zum ersten Mal soll nun eine Hochzeit auf dieser Insel gefeiert werden, mit allem denkbaren Luxus, der dem Brautpaar würdig ist. Jules heiratet Will, einen gefeierten Fernsehstar. Nur eine Handvoll Gäste werden an der Zeremonie und anschließenden Feier teilnehmen. Das Wetter wird zunehmend schlechter. Sturm kommt auf mit viel Wind natürlich. Der Strom fällt zeitweilig aus. Die Gäste benehmen sich zunehmend schlechter. Eine Leiche wird gefunden…

 

Was nun macht den Thriller eigentlich so langatmig? Vielleicht sind es die vielen Ich-Erzähler, die wechselnd ihre Sicht des Erlebens schildern. Vielleicht sind es die winzigen Gegenwartssequenzen, die von Mal zu Mal das kontinuierliche Lesen stören. Vielleicht sind es die teils ausufernden Berichte über die Interaktionen in der Freundesgruppe rund um den Bräutigam. Vielleicht ist es auch einfach die Tatsache, dass es auf dieser Insel einfach zu viele kaputte, nervige, gestörte und extrem unsympathische Akteure gibt, die sich ständig daneben benehmen. Einzig das zunehmend bedrohliche Naturambiente, das Sturmgetöse, das Brüllen des Meeres, was Lucy Foley wirklich großartig und eindrucksvoll beschreibt, lässt eine schaurige Stimmung entstehen. Wenn man ungefähr 300 Seiten durchhält, wird man allerdings durch ein wirklich spannendes, beeindruckend überraschendes Ende belohnt.

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Sarah Pinborough

Sie weiß von dir

 

·         Herausgeber : Rowohlt Taschenbuch

·         Taschenbuch : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3499272653

·         Originaltitel : Behind Her Eyes

#Sieweißvondir

 

 

Ein Psychothriller par excellence

 

Einen Thriller dieser Art habe ich noch nie gelesen. Noch nie wurde mein Mitfühlen und Mitdenken beim Lesen am Ende so vollkommen auf den Kopf gestellt wie bei diesem Buch. Absolut raffiniert und brillant geschrieben.

 

Louise, alleinerziehender Mutter eines kleinen Sohnes, arbeitet in einer psychiatrischen Praxis. In einem Pub lernt sie einen Mann kennen, dessen anziehender Art sie sich kaum erwehren kann. Doch ein paar Tage später kommt die Ernüchterung: Dieser Mann ist ihr neuer verheirateter Chef. Kurze Zeit später stößt sie auf der Straße mit einer Frau zusammen, der Frau ihres Chefs. Adele ist eine wunderschöne Frau, wirkt sehr zart und verletzlich. Und die beiden werden Freundinnen. Mehr darf über den Inhalt nicht vorab erzählt werden.

 

Der Roman macht den Einstieg nicht ganz leicht. Wie einzelne unzusammenhängende Puzzlestückchen werden dem Leser verschiedene Szenen resp. einzelne Personen und Perspektiven näher gebracht, aus denen man sich erst einmal keinen Reim machen kann. Über das Buch hinweg werden mit jeder einzelnen Szene immer wieder manche der vielen kleinen Puzzlestücke zusammengefügt, sodass man zunehmend glaubt, eine Ahnung vom fertigen Bild zu bekommen. Die Autorin erzählt so detailreich, dass man in manchen Passagen geneigt ist, die vielen kleinen Beschreibungen etwas unaufmerksam zu lesen, was man jedoch nicht tun sollte. Der Thriller ist trotz seiner ständigen Perspektivwechsel und Detailfreude niemals langweilig, denn man spürt von Seite zu Seite mehr, dass sich im Hintergrund etwas zusammenbraut. Und man glaubt zu wissen, was. Doch das unfassbar verstörende, fulminante Ende lag meilenweit entfernt von meinem Vorstellungsvermögen!

 

 

Fazit: Sarah Pinborough ist ein Thriller gelungen, mit dem sie den Leser im wahrsten Sinn des Wortes grenzenlos schwindelig zurücklässt.

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Ada Fink

Blütengrab

 

·         Herausgeber : Wunderlich

·         Broschiert : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3805200592

#Blütengrab

 

 

Viel Trostlosigkeit spannend verpackt

 

Wer verbirgt sich hinter dem Pseudonym Ada Fink? Auf jeden Fall ein(e) Autor(in), der/die das Schreib-Handwerk versteht. Denn der vorliegende Thriller ist gut geschrieben. Er fesselt, hat einen sich steigernden Spannungsbogen,  ein interessantes Sujet zum Thema und lässt zudem ein  ungewöhnliches Ermittler-Paar tätig werden. Ich habe das Buch sehr gern gelesen.

 

Wir bewegen uns in zwei Zeitebenen, zum einen 1993, also relativ kurz nach der Wende, in Ostdeutschland und 1975 in der ehemaligen DDR. Zudem gibt es noch gelegentlich eingestreute kursiv gesetzte Erinnerungsfragmente. Die in der mecklenburgischen Provinz tätige Kommissarin Ulrike Bandow und ihr neuer Kollege Ingo Larssen aus Westdeutschland müssen erstmals gemeinsam in einem rätselhaften Mordfall ermitteln. Eine seltsam aufgebahrte Mädchenleiche wurde in einem abgelegenen Waldstück gefunden, mit mehreren auf der Haut eingeritzten Runen. Die rätselhaften Spuren führen das Ermittlerpaar immer tiefer in die deutsch-deutsche Vergangenheit und zu einer bislang unentdeckten bizarr anmutenden Mordserie, aber auch tief in Ulrikes verdrängte Vergangenheit.

 

 

Der Thriller macht es dem Leser erst einmal nicht ganz leicht. Der Einstieg geht langsam voran. Denn Ada Fink erzählt detailreich, allerdings dadurch auch atmosphärisch dicht. Gleichzeitig schaffen die ungekennzeichneten, etwas unstrukturiert wirkenden  Perspektivwechsel  allerlei Verwirrung. Doch man liest sich ein und die Geschichte nimmt zunehmend an Fahrt auf. Im Präsens geschrieben, hat man das Gefühl, dass einem die Sätze manchmal sehr hart um die Ohren fliegen, was das Lesen knackig macht, aber ganz und gar nicht sympathisch. Die Grundstimmung ist trostlos. Die Örtlichkeiten sind trostlos. Und was sind bitte „DDR-Büromöbel“? Auch die stelle ich mir trostlos vor. Interessant ist es zu beobachten, wie Ulrike und Ingo zunächst alle Klischees von Ost und West als Gegenspieler verkörpern, aber sich im Fortlauf der Geschichte zunehmend annähern, je mehr sie die Stärken des anderen erkennen und respektieren. Die Handlung vertieft sich mehr und mehr in altgermanisches rituelles Denken, in Fremdenfeindlichkeit, in blühendes Nazi-Gedankengut dank der vorherrschenden Perspektivlosigkeit, aber auch in Mauscheleien und Lügen bis in die obersten Ränge hinein. Auch das ist im Grunde alles trostlos. Aber eben auch spannend erzählt.

 

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Christoph Wortberg

Trauma – Kein Entkommen

 

·         Herausgeber : dtv Verlagsgesellschaft

·         Broschiert : 368 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3423262682

#TraumaKeinEntkommen

  

Ein (fast) perfekter Psychothriller

 

Vieles gefiel mir an diesem Thriller, jedenfalls so vieles, dass ich auch die beiden Folgebände lesen möchte. Dennoch reicht es nicht für ein uneingeschränktes Lob, denn es gab durchaus etwas, das mir ganz und gar nicht gefiel.

 

Worum geht es? Hauptsächlich um Katja Sand, eine Münchner Mordermittlerin, die von ihren eigenen Schatten aus der Vergangenheit gejagt wird. Die dennoch zäh, fast verbissen in ihrer Arbeit ihre eigenen Theorien verfolgt. Und dann hat sie zu allem Überfluss auch noch eine pubertierende Tochter, die für sich genommen schon Herausforderung genug ist. Zwei Tote werden gefunden, deren Vorgeschichte Traumata offenbart. Sie sollen gemäß Anweisung „von oben“ als Suizide aus der Welt geschafft werden. Doch Katja Sand glaubt nicht an Selbstmord. Gut, dass sie stets auf ihren Kollegen Rudi Dorfmüller bauen kann…

 

Was es heißt, traumatisiert zu werden, erfährt man im Prolog und in einigen weiteren Szenen im Buch. Diese Szenen sind in ihrer psychischen und physischen Brutalität kaum zu ertragen, umso mehr, da ein kleines Kind das Opfer ist. Insofern würde ich das Buch eher dem Genre der Psychothriller zuordnen, denn die auf Dauer beschädigten Seelen, die ihre individuellen Wege des Überlebens suchen, sind sozusagen der rote Faden im Geschehen. Der Kriminalfall als solcher ist logisch und nachvollziehbar aufgebaut, wenngleich in manchen Sequenzen unglaubwürdig überzeichnet. In nahezu gleichbleibender Spannung liest man das Buch schnell und gerne, denn der klare und punkgenaue Schreibstil im Präsens fesselt. Insbesondere die jeweiligen Kapitelenden schreien geradezu danach, dass man weiterliest. Auch das Buchende verlockt geschickt, die Nachfolgebände lesen zu wollen. Doch was auf die Dauer des Buches hinweg entsetzlich nervt, ist das pseudopsychologische Stochern in Katjas Vergangenheit und ihrer desolaten Mutter-Tochter-Beziehung, ohne dass der Leser wirklich erfährt, worum es eigentlich geht. Was vermutlich als ein über 3 Bände hinweg gesetzter Spannungsbogen konzipiert ist, macht ärgerlich, da dieser Bogen schlichtweg überspannt ist.

 

Fazit: Weniger Katja, mehr Thriller – dann wäre das Buch perfekt. 

 

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Helene Tursten

Schneenacht

 

·         Herausgeber : btb Verlag

·         Broschiert : 464 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3442719297

·         Originaltitel : Snödrev

#Schneenacht

  

Wenig Spannung und recht unrealistisch

 

Mit diesem Buch ging alles schief: Die Sendung des Verlages verschwand im Niemandsland, ein zweites versprochenes Exemplar wurde offenbar gar nicht erst verschickt. Da ich jedoch von den Verfilmungen rund um Irene Huss stets sehr angetan war und unbedingt nun mein erstes Buch von Helene Tursten lesen wollte, kaufte ich das Buch entgegen meiner Gepflogenheiten von einem großen Versender.

 

Das stimmungsvoll düstere Cover stimmt gekonnt ein auf große Kälte im schwedischen Winter. Leicht und angenehm lesbar ist die gewählte Schriftgröße. Die Inhaltsangabe des Verlages muss hier nicht wiederholt werden, weil sie alle wesentlichen Angaben enthält.

Generell handelt es sich um einen Kriminalroman, der leider nicht unbedingt fesselt. Die Geschichte kommt relativ ruhig daher. Erst im letzten Viertel nimmt sie Fahrt auf. Es wird sehr detailreich erzählt, viele Namen tauchen auf und verschwinden wieder. Überhaupt schreibt Helene Tursten sehr sachlich und emotionsarm. Sie beschreibt hauptsächlich „sehend“, Gehör-, Tast- und Geruchssinn scheinen in den Schilderungen weitgehend ausgeblendet, das macht den Text irgendwie flach, einseitig und nüchtern, sodass der Leser  sogar zu der Hauptperson Embla leider keinerlei Bindung aufnimmt.  Angenehme Unterbrechung sind die häufigen Dialoge, wobei auch diese relativ sachlich und unrealistisch daherkommen. Sehr konstruiert und unwirklich ist letztlich leider auch der üppige Gebrauch von Handgranaten und Scharfschützengewehren. Wirklich lebendig wirkt Helene Tursten’s Schreibstil eigentlich nur beim Beschreiben der Landschaften und Örtlichkeiten und wenn ihr sehr gutes Gespür für Hunde in die Handlung einfließt.

 

Fazit: Ein im klassischen Sinn aufgebauter nüchterner Kriminalroman mit wenig Spannung und teilweise recht unrealistischen Szenen.

 

 

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Lenz Koppelstätter

Das dunkle Dorf

 

·         Herausgeber : KiWi-Taschenbuch

·         Taschenbuch : 304 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3462053043

#DasdunkleDorf

 

Mein erster und mein letzter Krimi um Commissario Grauner

 

Mein erster Krimi aus der Feder von Lenz Koppelstätter war das. Und es wird wohl auch mein letzter sein. Leider.

 

Im 6. Fall für Commissario Grauner geht es um die Mafia. Wir befinden uns Mitte Januar im Grödnertal, immer wieder gehen Lawinen ab. Doch Commissario Grauner interessiert die Natur nicht. Ihn interessiert irgendwie auch nicht, dass ein Toter in einer schäbigen Villa gefunden wird. Ihn interessiert nur noch seine Tochter Sara, die seit Tagen verschwunden ist. Sein neapolitanischer Kollege Saltapepe befindet sich ebenfalls im Grödnertal und muss überraschend untertauchen, weil er glaubt, den legendären Mafiaboss gesehen zu haben, den er einst ins Gefängnis gebracht hatte. Grauner ahnt, dass die Vorfälle zusammenhängen und beginnt den Kampf gegen Italiens gefährlichste Verbrecher.

 

 

Das klingt eigentlich nach einem spannenden Plot. Aber nach der Spannung habe ich weitgehend vergeblich gesucht. Gemächlich muss man sich umschauen in der grandiosen Landschaft und muss sich mit viel Geduld einlesen in den ausschweifenden Schreibstil, der lange Zeit irgendwie nicht von der Stelle kommt. Zudem muss man sich mit vielen Namen vertraut machen. Befremdlich empfand ich dabei, dass die Personen hauptsächlich nur per Nachnamen auftreten. Warum so unpersönlich? Und ich gestehe, mich nerven grundsätzlich  Kommissare, die sich mit vielen eigenen Problemen herumschlagen müssen. Die sprunghaften Wechsel der Perspektiven machen das Lesen verwirrend, es zerhackt das Geschehen und damit den Lesefluss. Dass so ziemlich alle Mafiaklischees bedient werden, die ich kenne, hat für mich die Lektüre auch nicht erfreulicher gemacht. Und Cliffhänger, die am Ende des Buches zum Kauf des Folgebandes animieren wollen, finde ich absolut ärgerlich. Der gelegentlich durchblitzende Humor und die Kürze der Kapitel waren dagegen positive Aspekte. Insgesamt gesehen werde ich mich jedoch mit Commissario Grauner nicht mehr befassen wollen. 

 

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Schwiecker, Tsokos

Die 7. Zeugin

 

·         Herausgeber : Knaur TB

·         Taschenbuch : 320 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3426527559

#Die7teZeugin

 

  

Ein raffinierter und durchgängig spannender Justiz-Krimi

 

Die beiden Autoren sind hochverdiente Fachleute als Strafverteidiger und Rechtsmediziner. Ein Glücksfall, dass die beiden zusammengefunden haben, um eine neue Reihe an Justiz-Krimis ins Leben zu rufen, in denen einerseits ihr gebündeltes Wissen einfließt, andererseits ihre Lust am Schreiben gekonnt zum Tragen kommt. Ich habe den hier vorliegenden ersten Band mit großer Freude gelesen und erwarte gespannt weitere Fortsetzungen.

 

An einem ganz normalen Sonntagmorgen schwingt sich Nikolas Nölting, von Beruf ein ganz normaler Beamter in der Stadtverwaltung, auf sein Fahrrad, um zum Bäcker zu fahren. Doch kaum hat er die Bäckerei betreten, schießt er wie aus dem Nichts heraus wild um sich, tötet einen Mann und verletzt zwei weitere Ladenkunden. Anschließend lässt er sich bereitwillig festnehmen und schweigt. Unbegreiflich und sinnlos, was da geschehen ist. Rocco Eberhardt, ein aufstrebender Strafverteidiger, steht vor einem Rätsel. Doch Dr. Justus Jarmer, der Rechtsmediziner, macht eine Entdeckung, die dem Fall eine neue Wendung gibt und mitten hineinführt in den Sumpf von Clan-Kriminalität und Geldwäsche, aber auch mitten hinein in die Gefahr.

 

Ich habe das Buch sehr, sehr gerne gelesen. Die kurzen Lesekapitel sind sehr leserfreundlich. Sie schaffen es, aus immer wieder anderen Perspektiven die Tat und deren Vorgeschichte zu beleuchten. Die klare, schnörkellose Erzählweise und die nachvollziehbar geschilderten Persönlichkeiten der handelnden Personen verstärken noch zusätzlich die gute Lesbarkeit des Buches. Ein Justiz-Krimi könnte unter Umständen ziemlich dröge geraten. Doch meine anfängliche Skepsis zerschlug sich beim Lesen sofort. Von der ersten Seite an hat das Buch eine kontinuierliche Spannung, die den Leser vorantreibt. Welch geniale Wendung die Geschichte am Ende nimmt, muss man unbedingt selbst lesen.

 

Fazit: Ein Justiz-Krimi, gekonnt geschrieben, mit Raffinesse, permanenter Spannung und fundiertem Sachwissen. Sehr empfehlenswert!

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Charlotte Link

Ohne Schuld

 

·         Herausgeber : Blanvalet Verlag; Originalausgabe Edition

·         Gebundene Ausgabe : 544 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3764507381

#ohneSchuld

 

 

 

Gekonnt geschriebenes, fesselndes Katz- und Maus-Spiel

 

Dass Charlotte Link immens gut erzählen kann, hat mich zu einem treuen Fan gemacht. Und meine hoffnungsfrohen Erwartungen an das vorliegende Buch wurden keineswegs enttäuscht. Ich hatte 550 Seiten spannende, abwechslungsreiche Unterhaltung erhofft und auch bekommen. Allzu tief nachdenken sollte man allerdings nicht über die erzählten Geschehnisse, denn da gäbe es so manches zu hinterfragen. Doch ich halte es durchaus für legitim, wenn ein Buch in überaus gekonnt geschriebener Weise den Leser so unterhält, dass er alles um sich herum beim Lesen vergisst, auch wenn nicht unbedingt das Erzählte in allen Punkten immer unbedingt logisch ist.

 

Der Inhalt des Kriminalromans beginnt schon mit einer sehr eindringlichen Szene: Im Zug zielt ein Unbekannter auf eine Frau, die den Schüssen nur in allerletzter Minute entkommen kann. Zu Hilfe eilt ihr die zufällig im Zug mitreisende Ermittlerin Kate Linville, die auf dem Weg zu ihrer neuen Dienststelle ist. Zwei Tage später wird eine andere junge Frau durch einen gespannten Draht von ihrem Fahrrad gerissen und lebensgefährlich verletzt. Ein zusätzlich abgegebener Schuss verfehlt sein Ziel. Kate Linville stochert mit ihren Ermittlungen lange im Trüben, denn die einzige Verbindung zwischen den beiden Vorfällen ist nur, dass die gleiche Waffe benutzt wurde. Wie Kate Linville schließlich einem unfassbaren Geheimnis auf die Spur kommt und damit selbst in allergrößte Gefahr gerät, muss man unbedingt selbst lesen.

 

Charlotte Link hat wieder einen äußerst spannenden, lebendig und fesselnd erzählten Kriminalroman geschrieben, der psychologisch klug und nachvollziehbar menschliche Ängste, Abhängigkeiten, Schuld und Rache so zu schildern vermag, dass sich der Leser dem Sog der Geschichte nicht entziehen kann. Einziger Wermutstropfen, über den ich inhaltlich nichts sagen kann, um nicht zu spoilern: Wenn man über viele Seiten hinweg mit gespannter Hoffnung einen bestimmten Handlungsstrang verfolgt und zum Ende nicht erfährt, wie es damit ausgeht, bleibt man ein wenig enttäuscht zurück. Dennoch hatte mir Charlotte Link insgesamt gesehen wieder ein aufregendes und intensives Leseerlebnis geschenkt.

 

 

 

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Sam Lloyd

Der Mädchenwald

 

·         Herausgeber : Rowohlt Taschenbuch

·         Broschiert : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3499001130

·         Originaltitel : The Memory Wood

#DerMädchenwald

 

 

Im Sog des Wahnsinns

 

Eigentlich möchte ich zu dem vorliegenden Buch keine Rezension schreiben, sondern nur noch mit Wörtern um mich werfen wie „großartig“, „unglaublich“, „faszinierend“, „ungewöhnlich“, „grausig“ usw. Für mich war dieser Thriller, dieses unfassbar gute Erstlingswerk, eine solch überraschende und   intensive Lese-Entdeckung, dass der Autorenname Sam Lloyd ab sofort in meiner ganz persönlichen Thriller-Autoren-Bestsellerliste als No. 1 abgespeichert ist.

 

Ein ungewöhnlicher Plot mit ungewöhnlichen Protagonisten führt geradezu zwangsweise zu einem ungewöhnlichen Leseerlebnis: Da ist die 13-jährige Elissa, die meisterhaft Schach spielt. Man kann also davon ausgehen, dass sie intelligent ist und vor allem strategisch denken kann, auch in Stresssituationen. Als sie während eines Schachturniers entführt wird und in einem Kellerverlies landet, angekettet, verletzt, chancenlos, da beginnt das Spiel ihres Lebens. Denn sie bekommt Besuch von Elijah, einem mehr als seltsamen Menschen. Elissa hofft, ihn zu ihrer Rettung zu bewegen. Gleichzeitig versucht die ermittelnde Kommissarin Detective Mairéad MacCullagh, mit einer unglaublichen Verbissenheit in diesem Entführungsfall weiterzukommen, obwohl sie selbst kurz vor dem psychischen und physischen  Zusammenbruch steht.

 

 

Aus wechselnden Perspektiven setzt sich diese Geschichte zusammen, sodass es dem Leser gelingt, mehr und mehr in die Gedanken- und Gefühlswelt  der Protagonisten einzutauchen und durch Rückblicke zunehmend zu begreifen, wie diese Menschen zu dem wurden, was sie sind, wobei diese Einblicke teilweise in eine grausige Gedankenwelt führen, dass die dem Leser Schauder über den Rücken jagen. Zu Beginn ist das Erzähltempo zwar durchweg fesselnd, aber noch gemäßigt. Der Leser muss sich erst einmal zurechtfinden. Aber je weiter die Geschehnisse voranschreiten, desto rasanter wird die Fahrt. Sie steigert sich in einem solch unvorstellbaren Ausmaß, dass ich beim Lesen das Gefühl hatte, in einen immensen Strudel geraten zu sein, der mich am Ende atemlos und schweißnass nach einem unglaublichen Twist entließ. Der Schreibstil von Sam Lloyd entfaltet dank der unfassbar präzisen und detailgenauen Beschreibungen von Menschen und Szenerien und dem messerscharfen Eindringen in deren Gedanken, Gefühle und Ahnungen eine geradezu magische Wirkung. Kurzum: Ein unfassbar gut geschriebener Thriller!

 

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Stephan Ludwig

ZORN - Zahltag

 

·         ISBN-13 : 978-3596705016

·         Taschenbuch : 384 Seiten

·         Herausgeber : FISCHER Taschenbuch

#ZornZahltag

  

Ein nervig plänkelndes Ermittlerpaar schmälert das Lesevergnügen

 

Seltsam, dass ich bislang den Autor noch nicht kannte, denn das vorliegende Buch ist bereits Band 10 rund um Hauptkommissar Claudius Zorn und seinen Kollegen Schröder. Somit durfte ich das Ermittlerteam in „Zahltag“ erstmalig kennen lernen. Und ich bin mir völlig unschlüssig, ob ich dieses Kennenlernen noch weiter fortsetzen möchte.

 

Hauptkommissar Claudius Zorn und Oberstaatsanwältin Frieda Borck sind zusammengezogen. Ein seltsames Paar, denkt sich der Leser. Und denkt sich das Gleiche bei den Kollegen Zorn und Schröder. Doch erst einmal gibt es eine Leiche im Landgericht. Sie liegt bereits seit mehreren Tagen unentdeckt in der Toilettenkabine und ist eine wichtige Zeugin für Friedas derzeitigen Prozess. Doch Zorn wird krankheitsbedingt aus den ersten Ermittlungen jäh herausgerissen und kommt in lebensbedrohlichem Zustand ins Krankenhaus…

 

Vielleicht ist es für Leser, die die Protagonisten bereits aus früheren Büchern kennen, einfacher, sich in das Ermittler-Duo hineinzudenken. Für mich als „Neuling“ in der Zorn-Welt hatte ich zumindest anfänglich große Mühe, den eigentlichen „Fall“ herauszulösen aus dem ganzen für die Ermittlungen irrelevanten Alltags-Wust, der dem Leser breit und ausführlich serviert wird. Das endlos sich wiederholende Geplänkel zwischen dem ewig schwadronierenden egomanischen Chef Claudius Zorn und dem schlau sich durch alle Fettnäpfchen durchlavierenden Schröder ist einerseits durchaus witzig, wird aber durch die sich wiederholenden und einander sehr ähnelnden Dialoge so sehr breitgetreten, dass es zu nerven beginnt. Ein gewisser hinterhältiger Humor zeichnet den Autor aus, was mir durchaus  gefällt, doch weniger wäre mehr gewesen. Der Fall als solcher wird geschickt verwirrend aus verschiedenen Blickwinkeln dargeboten und bleibt für den Leser eine ganze Weile in seinen Zusammenhängen undurchsichtig, auch wenn der Mörder früh bekannt ist. Auch wenn mich das Buch einerseits gut unterhalten hat, lässt mich das nervig-symbiotische Ermittlerpaar und der recht gewaltsam konstruierte Fall andererseits recht zwiegespalten zurück. 

 

 

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Sebastian Fitzek

Der Heimweg

 

·         Gebundene Ausgabe : 400 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3426281550

·         Herausgeber : Droemer HC

#DerHeimweg

 

 

Abstoßend brutales Katz- und Mausspiel

 

Diese Rezension kann man kurz halten. Denn dass Fitzek „es drauf hat“, Thriller zu schreiben, weiß inzwischen wohl jeder. Dass er mit jedem weiteren Erfolgstitel mehr und mehr unter Druck und Leistungszwang gerät und damit zunehmend das verliert, was ihn in seinen frühen Titeln auszeichnete, gibt mir zu denken.

 

Jules Tannberg ist für seinen Freund eingesprungen und hat dessen Schicht beim ehrenamtlichen Telefonbegleitservice übernommen. Es ist nach 22 Uhr und Jules spricht mit Klara, einer Frau, die sich von ihrem brutalen Mann verfolgt fühlt. Mehr Inhalt hier zu erzählen, macht keinen Sinn.

 

 

Es hätte ein faszinierendes, nervenaufreibendes Kammerspiel werden können. Aber statt auf Raffinesse setzt Fitzek auf extreme Brutalität, auf ekelerregende, abstoßend widerliche Szenerien, die übler gar nicht mehr sein könnten. Das Baden in Eiter, Blut und fauligem Gestank allein macht jedoch noch keinen guten Thriller. Klar, Fitzek weiß, wie er die Leser durch den Fleischwolf dreht, wie er sie ins Spiegelkabinett schickt, dass sie nicht mehr aus noch ein wissen vor lauter Twists und Täuschungen. Wer das alles zu schnell liest, fällt vor lauter Schwindelgefühlen von der Couch. Und ja, es gibt auch außerordentlich spannende Sequenzen, die dem Leser den Atem rauben. Und natürlich erleben wir zum Schluss des Buches, dass wir Fitzek wieder auf den Leim gegangen sind. Das ist gekonnt geschrieben, keine Frage. Dennoch fehlt es mir an Feinheiten im Ausgestalten, insbesondere die Protagonisten bleiben technisch-konstruiert künstlich und damit für den Leser fremd und fern. Ganz wunderbar dagegen sind Fitzeks Danksagungen am Ende des Buches: Man sieht beim Lesen sein verschmitztes Lächeln direkt vor sich…  

 

 

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Marc Raabe

Die Hornisse

 

·         Broschiert : 544 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3864931512

·         Herausgeber : Ullstein Paperback

#DieHornisse

 

 

Packende Szenen und ein gemeiner Cliffhanger

 

Wenn ein renommierter LKA-Ermittler wie Tom Babylon mitten beim Babyschwimmen weggerufen wird an einen Tatort, so zeigt sich meiner Meinung nach genau an dieser fast komisch anmutenden Szene sowohl die Stärke als auch die Schwäche des vorliegenden Buches.

 

Der gefeierte Rockstar Brad Galloway ist tot, er liegt ausgeblutet und ans Bett gefesselt in seinem Hotelzimmer. Einzige mögliche Spur: Eine unbekannte Frau hatte Brad Galloway noch während seines Konzertes in Berlin am Abend zuvor einen geheimnisvollen Umschlag überreicht. Tom Babylon nimmt zusammen mit der Psychologin Sita Johanns die Ermittlungen auf. Jemand sinnt auf Rache und will alles zerstören, was Tom Babylon wichtig ist, doch der eigentliche Anfang der Geschichte liegt bereits 30 Jahre zurück.

 

 

Auch in diesem dritten Band rund um den Ermittler Tom Babylon wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Die gegenwärtigen Geschehnisse sind im mühsam zu lesenden Präsens geschrieben, die Rückblicke rund um das Jahr 1989 im flüssigen Imperfekt. Die beiden Zeitebenen verweben sich, je weiter man liest, immer mehr, verknoten sich geradezu, geben Informationen und verwirren gleichzeitig. Es gibt Passagen von großer packender Spannung, insbesondere bei den Rückblicken, die sehr intensiv das Leben in der DDR mit der großen Angst vor dem herrschenden Denunziantentum schildern. Aber leider gibt es im Buch auch gewisse Längen, besonders während der Schilderungen der eher frustranen Ermittlungsarbeit. Und es wurde mir mitunter zu viel an Privatheit, was Tom Babylon da aus seiner Vergangenheit mit sich schleppt. Besonders die Szenen mit seiner vor 20 Jahren verschwundenen kleinen Schwester Viola, die gerne mal neben ihm im Auto sitzt und Kommentare abgibt, gingen mir bald auf die Nerven. Doch grundsätzlich ist auch dieser dritte Band gut und flott zu lesen, mit einer geschickt konstruierten Handlung, lebendigen Dialogen, aber leider mit einem ganz gemeinen Cliffhanger zum Schluss. 

 

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Martin Michaud

Aus dem Schatten des Vergessens

 

·         ISBN-13 : 978-3455010077

·         Herausgeber : HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH

·         Broschiert : 640 Seiten

#AusdemSchattendesVergessens

 

 Überraschend und wendungsreich, aber zu ausufernd

 

Winter in Montreal. Am Tag vor Weihnachten wird die Psychologin Judith Harper bestialisch umgebracht. Etwa zur gleichen Zeit verschwindet der angesehene Anwalt Nathan Lawson, nachdem er in offensichtlicher Panik auf einem Friedhof Dokumente vergraben hatte. Und kurz darauf stürzt ein Obdachloser vom Wolkenkratzer. Er hinterlässt die Brieftaschen von Harper und Lawson. Détective Victor Lessard, der mit der Last seiner Vergangenheit kämpft, versucht zusammen mit seiner Kollegin Jacinthe Taillon den Vorfällen auf den Grund zu gehen. Als den beiden eine Aufnahme mit der Stimme von Lee Harvey Oswald, dem Mörder von J. F. Kennedy, zugespielt wird, bekommen sie eine Ahnung von den Abgründen, in denen sie herumstochern müssen.

630 Seiten, die mir vor allem zu Beginn Einiges abforderten. So viele Szenenwechsel, so viele Personen, so viele angerissene Handlungsstränge. Es dauerte eine Weile, bis ich mich einigermaßen zurecht fand. Der teilweise geradezu originell zu nennende, überraschend kreative Schreibstil forderte ebenso meine volle Aufmerksamkeit wie die oftmals detailreichen Schilderungen. Andererseits blieb der Thriller durchweg kurzweilig und mit unerwarteten Wendungen versehen. Immer wieder tischt uns der Autor ein neues Detail auf, das die Sicht auf die Dinge verändert.

 

Ein Thriller mit unvorhersehbarem Handlungsaufbau, durchaus spannend-unterhaltsam zu lesen, mit einem sympathischen Ermittlerteam, das es sich privat und beruflich nicht gerade leicht macht, dazu mit dem winterlichen kanadischen Ambiente versehen – alles in allem eine gelungene Mischung. Einziger Kritikpunkt ist für mich, dass für meinen Geschmack zu ausufernd erzählt wird, dass unwichtigen Nebensächlichkeiten zu viel Raum gegeben wird und eine vorsichtige Straffung dem Buch gut getan hätte. Und warum nur hat man aus dem schönen französischen Buchtitel „Je me souviens“ solch einen hölzernen deutschen Titel gezimmert? 

 

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Catherine Shepherd

Artiges Mädchen

 

·         Taschenbuch : 332 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3944676272

·         Herausgeber : Kafel Verlag

#ArtigesMädchen

  

Die Barbie-Puppe bringt den Tod

Die Autorin bringt mich immer wieder zum Staunen, denn Band für Band gelingen ihr Thriller, wie sie besser nicht sein könnten!

Rechtsmedizinerin Julia Schwarz wird in ihrem fünften Fall wieder bis an die Grenzen gefordert. Da wird die Leiche einer Frau auf einem Spielplatz abgelegt, herausgeputzt wie ein braves Schulmädchen mit Schleifchen und weißem Rüschenkleid. Todesursache war ein Pfeil mitten durchs Herz. Doch damit nicht genug. Eine weitere weibliche Leiche auf einem nahegelegenen Spielplatz lässt die Ermittlungen von Kommissar Florian Kessler gemeinsam mit Julia Schwarz auf Hochtouren laufen, denn es liegt nahe, dass der Killer weiter morden wird. Doch wie vorgehen, wenn absolut keine Spur zu finden ist?

 

Catherine Shepherd ist eine verlässliche Thriller-Autorin. Verlässlich insofern, da es ihr von Titel zu Titel gelingt, in stets gleicher Weise Spannung in einem solchen Maß aufzubauen, dass man das Buch, einmal begonnen, nicht mehr zur Seite legen kann. Kurze Kapitel und viele Cliffhänger der gemeinsten Sorte treiben den Leser unaufhaltsam voran. Und verlässlich ist die Autorin auch dahingehend, dass sie viele Spuren legt und den Leser zunehmend verwirrt, wobei man mit dem wahren Täter nie gerechnet hätte. Alle Protagonisten sind psychologisch stimmig gezeichnet in ihren Stärken und Schwächen. Geschrieben ist das Buch in einer leicht lesbaren, klaren Sprache ohne vermeintlich künstlerische Sperenzchen. Kurzum: Ein Thriller, wie er besser nicht sein könnte. 

 

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Gerd Schilddorfer

Das Tartarus-Projekt

 

·         Broschiert : 304 Seiten

·         Herausgeber : Carl Ueberreuter Verlag

·         ISBN: 978-3800090013

#DasTartarusProjekt

  

Intelligent, bissig, kurzweilig

 

Der Autor war mir bislang unbekannt. Mir gefällt die kritische Intelligenz des Autors, mir gefällt, wie er mit den Klischees spielt und den Finger durchaus satirisch-humorvoll auf so manche Wunde legt.

Es beginnt mit einer Nobelparty der Reichen und Schönen in Münchens Nobelvorort Grünwald, die mit einem entsetzlichen Mord am Gastgeber endet. Michael Landorff, Journalist und Autor, war völlig überraschend zu dieser Party eingeladen gewesen und beginnt  nun zusammen mit der professionellen Pokerspielerin Alexandra Buschmann auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen. Die beiden stoßen auf ein schier undurchdringliches Geflecht von wirtschaftlichem und politischem Kalkül, von Geheimdienst-Aktivitäten und undurchsichtigen privaten Verstrickungen. Nicht nur Landorff und Buschmann geraten in Lebensgefahr, die ganze Welt ist einer ungeahnten Bedrohung ausgesetzt.

 

Ein bisschen viel an Themen bringt der Autor in diesem Thriller unter. Die teilweise perversen Marketingaktionen der Buchbranche  bekommen ihr Fett weg. Politische reale und aktuelle Geschehnisse werden in ihrer Brisanz benutzt, um fiktive Zukunftsideen zu entwickeln. Technikwahn, Menschenhybris, Schönheits- und Gesundheitsideale, und vor allen Dingen die Macht des Geldes, ach ja, nicht zu vergessen, die ewige Parkplatzsuche – in der Fülle der Themen blieb mir am eindrücklichsten die Entwicklung einer stechmückengroßen Drohne, die mit ihrem Stachel den Menschen gefährliche Viren appliziert... Ja, die Gefahren sind näher als wir glauben, das macht den Thriller besonders spannend. Die humorvoll-sezierende Schreibweise des Autors gefällt mir sehr gut. Er jongliert gekonnt mit geistreichen Gedanken. Allerdings blieben für mich der Protagonist Landorff und die weiteren Akteure im Buch sehr fern, weil sie nüchtern-distanziert und weitgehend emotionslos geschildert werden. Auch die Dialoge wirken mitunter hölzern und  lebensfern. Dennoch in der Summe ein durchaus unterhaltsamer und lesenswerter Thriller. 

 

 

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Veit Etzold

Final Control

 

·         Taschenbuch : 480 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3426307090

·         Herausgeber : Droemer TB

#FinalControl

 

  

Vielleicht eher eine Männer-Lektüre

 

Wenn ein Autor Hochschulprofessor und Redner für Corporate Storytelling ist, überhaupt einen beeindruckenden Lebenslauf vorweist, zudem mit einer Rechtsmedizinerin verheiratet ist, kann man davon ausgehen, dass seine Bücher reichlich mit Hintergrundwissen gefüttert und strategisch raffiniert konstruiert sind. Und so besticht auch in diesem Buch wiederum gründliche Recherche kombiniert mit persönlicher Erfahrung, in Form gebracht in einer  spannenden Erzählweise.

Im vorliegenden Politthriller, der uns inhaltlich näher rückt als wir es wollen, geht es letztlich um die totale digitale Überwachung. Da ist der Milliardär Dairon Arakis, und da ist Tom, der dringend einen Investor braucht. Während die Welt schier vor die Hunde geht, insbesondere Europa direkt vor einem Bürgerkrieg steht, bietet Arakis die scheinbar einzige Lösung an, nämlich eine chinesische Sicherheitstechnologie. Doch hieße das nicht, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben?

 

Als durchschnittlich gebildete Leserin kann ich nicht abschätzen, ob die Bilder, die Veit Etzold hier entwirft, nicht allzu klischeehaft skizziert sind. Zumindest muten sie mich so an. Ist Europa wirklich im Vergleich zur chinesischen Macht so träge-dummdöselig? Und wieso wird ein Bodyguard mit schier überirdischen Karate-Kräften so einfach ausgetrickst? Dies nur zwei kleine Beispiele von Szenen, die mich im Buch nicht überzeugen konnten. Davon gab es etliche. Was mich außerdem nervte, war die Überflutung von Insider-Fachwörtern wie „Non-Disclosure-Agreements“ oder „Pitch“ oder „Heatmaps“ und viele andere. Ich hatte keine Lust, ständig zu googeln, was damit gemeint ist. Der Autor mit dem beeindruckenden Wissenshintergrund  hält sich im Buch mit diesem vielfältigen Wissen nicht zurück. Das macht das Buch besonders, denn es gibt nicht nur Thrillerspannung mit einem Schuss Science Fiction, mit politischer Brisanz garniert. Sondern wir lernen auch zum Beispiel, wie, wo  und warum das Buch „Frankenstein“ von Mary Shelley entstanden ist. Also kurz gefasst: Es gibt allerlei Klischees, unglaubwürdige Szenen, sich wiederholende Bonmots, viele Fachwörter und Wissensüberladung. Aber es gibt durchaus auch realitätsnahe Spannung. Irgendwie habe ich den Verdacht, dass Veit Etzold eher für männliche Leser schreibt…

 

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Arno Strobel

Die App

 

·         ISBN-13 : 978-3596703555

·         Broschiert : 368 Seiten

·         Herausgeber : FISCHER Taschenbuch

#DieApp

 

 

 

Ein leicht lesbarer Thriller zum Entspannen zwischendurch

 

Manchmal habe ich richtig Lust, mich ganz einfach spannend unterhalten zu lassen, ohne großes Nachdenken über Sinn und Folgerichtigkeit, über psychologische Stimmigkeiten und ohne mich dafür entschuldigen zu müssen. Arno Strobel hat mit „Die App“ genau solch ein Buch geschrieben, zum Abschalten, ohne großen Tiefgang, aber spannend, überraschend und unterhaltsam.

Der Chirurg Hendrik hat für sich und seine Verlobte Linda in ihrem gemeinsamen Zuhause Smart Home Adam eingerichtet, ein System, das den Bewohnern absolute Sicherheit verspricht und alles im Haus über eine App steuert, von Türen über Rollläden, über Licht, Musik usw., Kameras und Mikrofone sind überall verteilt. Doch dann passiert es: Linda verschwindet über Nacht spurlos. Es gibt keine Nachricht, keinen Hinweis, nichts. Das System hatte keinen Alarm ausgelöst. Hendrik ist verzweifelt, denn die Polizei mutmaßt, dass Linda freiwillig das Haus bzw. ihren Verlobten verlassen hat. Hendrik lässt jedoch nicht locker auf der verzweifelten Suche nach Linda und findet überraschende Unterstützung.

Ein Teil der immanenten Spannung der Geschichte liegt wohl darin, dass solch ein Geschehen, wie es uns Arno Strobel erzählt, durchaus im Bereich des Vorstellbaren liegt, gerade wegen unserer Faszination für digitale Vernetzungen und technische Neuerungen. Natürlich treibt der Autor die Ereignisse auf die Spitze, aber denkbar wären die Gefahren durchaus. Mich hat das Buch durchweg spannend unterhalten. Auch wenn es teilweise etwas unglaubwürdige Passagen gab, auch wenn man Hendrik manchmal etwas mehr Intelligenz und nüchternen Verstand gewünscht hätte. Vorrangig blieb für mich der große Unterhaltungswert des Buches, der durch die leicht lesbare Schreibweise des Autors noch gefördert wurde. Und überraschend war der Schluss auch, trotz aller Vorhersehbarkeiten. Und dass ein Buch einfach nur spannend unterhält, ohne Grübelattacken auszulösen, darf auch mal sein.

 

Fazit: Ein leicht lesbarer, durchaus spannender Thriller, ohne großen Anspruch, ideal zum Entspannen zwischendurch.

 

 

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Jo Nesbo

Ihr Königreich

 

 ·         Originaltitel : Kingdom

·         Gebundene Ausgabe : 592 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3550050749

·         Herausgeber : Ullstein Hardcover

#IhrKönigreich

 

 

Kunstvoll in Szene gesetztes Familiendrama

 

„Wenn du bis zum Hals in der Scheiße steckst, ist es gut, den Kopf nicht hängen zu lassen.“ Dieser Satz trifft das Buch auf den Punkt. 600 Seiten, deren Inhalt man auf wenige Sätze reduzieren könnte. Ein friedliches Leben führt Roy in den norwegischen Bergen, bescheiden, im Gleichmaß. Bis sein Bruder Carl nach Jahren der Abwesenheit in die Heimat zurückkehrt, in Begleitung seiner schönen Frau. Carl, der jüngere, der charmantere, der scheinbar erfolgreichere Bruder, von Kindheit an von Roy beschützt. Wo Carl auftaucht, gerät das Leben von Roy und so manch anderer Menschen im Ort gewaltig in Bewegung.

 

Jo Nesbo hat einen Kriminalroman geschrieben. So steht es auf dem Cover. Aber vielleicht ist das Buch eher ein Familiendrama. Oder das Psychogramm von Menschen, denen in früher Kindheit Schreckliches widerfahren ist. Oder die verquere Moralanalyse, wie Menschen, selbst wenn sie morden, sich als Opfer der Umstände sehen. Doch egal, welchem Genre man das Buch zuordnen möchte – es ist so gut geschrieben, dass die 600 Seiten an keiner Stelle, trotz der teilweise ausufernden Erzählweise, mühsam oder langweilig zu lesen sind. Im Gegenteil! Es gibt unglaublich schöne bildstarke Textpassagen, fast lyrisch schön, wie zum Beispiel zum Goldregenpfeifer, dem „einsamsten und ernstesten Vogel“. Und es gibt entsetzliche, unerträglich grausame Textpassagen, deren Inhalt ich hier nicht wiederholen möchte. Jo Nesbo beherrscht die gesamte Klaviatur der Schreibkunst perfekt. Und so ist auch der Aufbau des Buches ein schriftstellerischer Kunstgriff der besonderen  Art. Denn es wird nicht wirklich chronologisch erzählt, sondern eher in Kreisen, erst in großen weiten Bögen, dann enger werdend, dabei mehr und mehr offenbarend, wann immer man wieder an die gleichen Geschehnisse herankommt. Bei jeder Kreisumrundung wird deutlicher, was die beiden Brüder verbindet oder trennt. Bei jeder weiteren Drehung tun sich mehr Untiefen auf, Strudel, die den Leser immer weiter hinein ziehen in eine schier ausweglose Geschichte, dramatisch und spannend.

 

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Anders Roslund

Geburtstagskind

 

 ·         Broschiert: 560 Seiten

·         Verlag: Ullstein Paperback

·         ISBN-13: 978-3864931451

·         Originaltitel: Jamåhonleva

  

Ein Prolog, der einem den Atem raubt

 

Kommissar Ewert Grens kennt seit dem Tod seiner Frau Anni nichts anderes mehr als seine Arbeit im Kommissariat in Stockholm. Meist schläft er sogar dort, auf seinem alten Cordsofa, „dessen Bezug keine Längsrippen mehr hat“. Die kurz bevorstehende Pensionierung schürt in ihm tiefe Ängste. Und da ist auch noch der alte ungelöste Fall, der ihn bis heute nicht loslässt. Damals holte er ein 5-jähriges Mädchen aus einem Apartment. Es hatte unmittelbar nach seinem Geburtstag mehrere Tage zwischen seinen erschossenen Eltern und Geschwistern gelebt. Als er 20 Jahre später zu einem seltsamen Einbruch genau in das gleiche Apartment gerufen wird, werden in ihm schreckliche Erinnerungen und schreckliche Vorahnungen gleichermaßen wach…

Nicht nur der Prolog ist atemberaubend, auch die Spannung über das gesamte Buch hinweg baut sich kontinuierlich auf bis zur rasanten letzten Steigerung gegen Ende. Es geht um Rache und Verrat, um verdeckte Ermittler und um neue Identitäten, um Waffen und Ehre, um Trauma und Liebe, also um eine facettenreiche, lebendige Geschichte,  in der der Leser lange, lange im Ungewissen gelassen wird. Die geschilderten Personen sind allesamt authentisch gezeichnete individuelle Persönlichkeiten mit Kanten und Macken, dadurch kommen sie dem Leser erstaunlich nahe, ganz besonders Kommissar Grens in seiner Einsamkeit und ruppigen Art. Zwar musste ich mich anfangs ein wenig an den Schreibstil gewöhnen, der teilweise mit unfertigen Sätzen, oft nur einzelnen Wörtern daherkommt. Doch genau dieser unruhige Schreibstil fördert die Atemlosigkeit beim Lesen.

 

Fazit: Ein packender, sehr spannender Thriller, perfekt konstruiert, mit überraschenden Wendungen. Absolut lesenswert!

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Karin Slaughter

Die verstummte Frau

 

 

·         Gebundene Ausgabe: 672 Seiten

·         Verlag: HarperCollins

·         ISBN-13: 978-3959675338

·         Originaltitel: The Silent Wife

#DieverstummteFrau

 

Mehr Thriller und weniger Seelenpein hätten mir besser gefallen

 

Eine Thriller-Autorin, die seit Jahren gefeiert wird und mit der ich zum ersten Mal anhand des vorliegenden Buches Bekanntschaft machte. Mit hohen Erwartungen zugegebenermaßen. Und offensichtlich mit falschen Erwartungen. Denn, um es kurz zu sagen, die knapp 700 Seiten wurden mir lang, sehr lang…

Zu Tode gequälte, grausam vergewaltigte Frauen – vor 8 Jahren und in der Gegenwart. In zwei Zeitsträngen, zwischen denen die Autorin hin und her springt. Fixpunkt damals und heute ist Gerichtsmedizinerin Sara Linton, damals frisch geschieden vom Ermittlungskollegen Jeffrey Tolliver, heute auf einem schwierigen Annäherungsweg an den Special Agent Will Trent. Will erkennt, dass er im gegenwärtigen Fall nur weiterkommt, wenn er den ersten Fall vor 8 Jahren löst, was schier unmöglich scheint.

 

Einerseits erweckt die detailverliebte Erzählweise von Karin Slaughter die Geschehnisse besonders lebendig und intensiv zum Leben, andererseits wurde es mir teilweise zu viel an unnützem Beiwerk, das nicht dem Vorankommen der Handlung dient. Über die verschiedenen Schließsysteme an teuren Sargmodellen zum Beispiel muss ich nichts wissen, wenn es nicht bei den Ermittlungen hilft. Überhaupt empfand ich den Thriller streckenweise als mühsam lesbar. Die zweideutigen Ausdrucksweisen in den Gesprächen zum Beispiel, die sich auf Filme oder Künstler beziehen, die ich nicht kenne. Bei einem Thriller möchte ich nicht ständig googeln müssen, um einen verbalen Seitenhieb verstehen zu können. Auch die Konflikte vor 8 Jahren zwischen Jeffrey und Sara und genauso in der Gegenwart Sara’s innere Wirrungen, was Will betrifft, wurden mir zu viel, besonders da ich die Problemchen nicht immer nachvollziehen konnte. Zwar gab es viele spannende Stellen, besonders zum letzten  Drittel hin. Auch gefiel mir der scharfzüngige, intelligente Humor. Aber in der Summe hätten mir mehr Krimi  und weniger Seelenpein besser gefallen.

 

 

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Catherine Shepherd

Der Behüter

 

·         Taschenbuch: 334 Seiten

·         Verlag: Kafel Verlag

·         ISBN-13: 978-3944676265

#DerBehüter 

 

Beste Thriller-Unterhaltung

 

Eigentlich könnte ich mich ständig selbst zitieren aus meinen früheren Rezensionen, denn egal welchen Thriller ich von Catherine Shepherd lese, egal aus welcher ihrer Thriller-Reihen,  immer fühle ich mich auf verlässliche Weise auf das Beste und Spannendste unterhalten. So erging es mir auch mit „Der Behüter“, dem neuen Thriller aus der Laura-Kern-Serie.

 

Vor den Mülltonnen eines Krankenhauses wird eine Tote gefunden, eine Frau, die offenbar vor ihrem Tod in der Klinik behandelt worden war und lt. Überwachungskamera mit einem fremden Mann unerlaubt die Klinik verlassen hatte. Eine weitere Patientin verschwindet. Beide Frauen waren von ihren Lebensgefährten misshandelt worden. Und die weiteren Geschehnisse erwecken den Eindruck, der unbekannte Täter wolle die Frauen vor den Misshandlungen retten. Aber warum tötet er sie dann? Laura Kern wird wieder bis an ihre persönlichen Grenzen gefordert, als ihr klar wird, dass sie einen Serientäter jagt. Insbesondere für das letzte Entführungsopfer wird es ein schier hoffnungsloser Kampf gegen die Zeit.

 

Catherine Shepherd spielt wieder gekonnt mit dem Leser. Die Reihe der Verdächtigen, die die Autorin in die Handlung einbringt, ist lang. Viele Spuren werden verfolgt, verlaufen im Sande, rücken durch neue Ermittlungsergebnisse erneut in den Fokus, und der Leser wird immer verwirrter. Catherine Shepherd schreibt so bildhaft, so kurzweilig und ideenreich, so überaus spannend, dass man ohne Pause durch die Seiten jagt. Und es gelingt ihr tatsächlich, zum Schluss die Handlung zu einer Auflösung zu führen, mit der man ganz und gar nicht gerechnet hatte. Die von ihr beschriebenen Personen wirken authentisch, vielschichtig, psychologisch stimmig, in ihren Handlungen nachvollziehbar. Übrigens sehr wohltuend fällt im Buch auf, dass Laura sich immer wieder bei ihren Mitarbeitern bedankt. So eine Geste kommt selten vor in Thrillern. Ungewöhnlich ist auch, dass man für den Täter tatsächlich ein wenig Sympathie oder Mitgefühl entwickelt. Denn die Suche nach aufrichtiger Liebe kennen wir alle…

 

Fazit: Wieder ein überaus spannender und wendungsreicher Thriller von Catherine Shepherd, gekonnt geschrieben. Ein Muss für alle Thriller-Fans!

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Jason Starr

Seitensprung

  

·         Broschiert: 400 Seiten

·         Verlag: Diogenes

·         ISBN-13: 978-3257300505

#Seitensprung

  

 

… der stets das Gute will und stets das Böse schafft…

 

 

Das vorliegende Buch war das erste, das ich von Jason Starr gelesen habe. Deshalb war ich über das erste Drittel hinweg nur mäßig angetan vom Buch und fragte mich immer wieder, wo denn zwischen all den Beziehungskonflikten und Kinderbetreuung der Thriller versteckt sein soll. Ich fühlte mich in einer trüben Geschichte zwischen schlechter Ehe eines erfolglosen Ehemanns mit Sex-Fantasien und einem Sammelsurium an Unwichtigkeiten und entsprechender Langeweile gefangen. Doch es lohnt sich durchzuhalten und weiterzulesen!

 

Kurz zum Inhalt: Jack Harper war einstens ein halbwegs erfolgreicher Rockstar und Alkoholiker. Heute fristet er als desinteressierter, erfolgloser Immobilienmakler sein Dasein und besucht regelmäßig die Gruppentreffen der Anonymen Alkoholiker. Seine Ehe mit Maria ist auf dem Tiefpunkt angelangt. Einziger Lichtblick ist Sohn Jonah, um den sich Jack mit großer Liebe und Aufmerksamkeit kümmert. Das Gespräch mit einem potentiellen Kunden weckt in Jack die Neugier auf eine Seitensprung-Website. Trotz etlicher Bedenken und Vorbehalte siegt schließlich die Neugier, und es beginnt eine schier tödliche Spirale an Fehlern und Missverständnissen.  

 

Es ist schon beeindruckend, wie sich der Protagonist als Opfer sieht, immer und überall. Stets hat er die besten Absichten, macht sich viele Gedanken um diese guten Absichten, und scheitert doch jedes Mal kläglich, ja schlimmer noch, er schwört neue weitere Katastrophen heraus. Von Mal zu Mal werden die fatalen Verstrickungen schlimmer, bis hin zu tödlichen Konsequenzen. Solch einen spiralförmig durchkomponierten Thriller habe ich tatsächlich noch nie gelesen. Unglaublich, wie man als Leser, ausgestattet mit viel Sympathie für den tragischen Helden Jack Harper, hineingerät in ein verzweifeltes inneres Aufschreien, wenn wieder und wieder dem vermeintlich Harmlosen Schlimmeres folgt. Man möchte Goethe zitieren, und zwar in Umkehr des Originals: „Ich (Jack) bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft…“ Ein genial komponierter Thriller, der nach einem langsamen Anfang das Tempo mehr und mehr steigert, bis es vermeintlich keinen Ausweg mehr gibt. So genial komponiert, dass man dem Autor mühelos auf den Leim geht. Denn nichts ist so wie es scheint. Mir fällt kein besseres Wort ein: ein genialer Thriller!

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Mark Roderick

Morbus

 

 

·         Taschenbuch: 448 Seiten

·         Verlag: FISCHER Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3596704101

#Morbus

 

 

Das Beste am Buch ist der Prolog

 

Waren meine Erwartungen zu hoch? Ein Standalone des Bestseller-Autors Mark Roderick – da erwartet man tatsächlich wie vom Verlag angekündigt „knallharte Spannung“. Gut, Spannung war zeitweilig durchaus gegeben, besonders gegen Schluss hin. Aber „knallhart“ war sie nicht, schon gar nicht, wenn man gewohnt ist, bei Büchern, die man liest, mitzudenken.

 

Der Inhalt, kurz gefasst: Die Journalistin Mara Flemming zieht zusammen mit ihrer 5-jährigen Tochter von Frankfurt weg in ein altes, idyllisch gelegenes Gutshaus in den Weinbergen. „Das Unglückshaus“ wird es genannt im Dorf. Allerlei Ungereimtheiten geschehen, Mara fühlt sich beobachtet. Ihre berufsbedingte Neugier wird angestachelt, als sie erfährt, dass vor einigen Jahren ein junges Mädchen spurlos verschwunden war, unmittelbar in der Nähe ihres Hauses. Je mehr sie nachforscht, umso weniger weiß sie, wem sie noch vertrauen kann.  

 

Meine Güte, was wurde da alles zusammengebraut in diesem Thriller. Eine recht weinerliche, aber weitgehend angstfreie Protagonistin, die sich Knall auf Fall in den ortsansässigen Rechtsanwalt verliebt, ein fünfjähriges Kind, das wie ein Erwachsener spricht und Halma spielt, verstaubte Skelettteile, vor Jahren im Keller eingemauert, eine beste Freundin, die überraschend Selbstmord begeht, ein seltsamer Dorfpolizist und ein seltsamer Metzger. Dazu wird ständig Kaffee gekocht oder Rotwein getrunken. Und immer findet sich ein Dummer, der für Umzugs- und Entrümpelungsarbeiten gerne seine Hilfe anbietet. Die Liste der bunt zusammengemischten Thrillerzutaten könnte noch beliebig verlängert werden. Aber ein schmackhaftes Ergebnis kam bei diesem Gebräu nicht zustande. Die Sprache ist spröde-konstruiert und naiv in ihrer Ausdrucksweise. Überhaupt wirkt das gesamte Buch trotz einiger spannender Sequenzen ein wenig schlicht gestrickt, so als hätte sich ein Anfänger an seinem ersten Werk versucht, ohne dass ein Lektor ihm hilfreich zur Seite gestanden hätte. Höchstens als unbedeutende Strandlektüre zu empfehlen – lesen und sofort wieder vergessen. 

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Christa Henning

Halligmord

 

·         Broschiert: 272 Seiten

·         Verlag: Ullstein Paperback

·         ISBN-13: 978-3864931307

#Halligmord

 

 

 

Ein sehr gelungener klassischer Whodunit

 

Schon lange nicht mehr hat mir ein Kriminalroman so viel Spaß gemacht wie dieser hier. Intensiv wie ein Kammerspiel, auf kleinstem Raum spielend und perfekt inszeniert, entwickelt sich die Suche nach dem Schuldigen vor den Augen des rätselnden Lesers.

 

Die Szenerie könnte nicht besser gewählt sein. Auf einer Nordsee-Hallig spült das Meer menschliche Knochen frei, ein Skelett, das schon viele, viele Jahre im Boden gelegen haben muss. Aber wer ist der Tote? Minke van Hoorn, ursprünglich Meeresbiologin, ist in ihre friesische Heimat zurückgekehrt und als Kommissarin in die Fußstapfen ihres verstorbenen Vaters getreten. Doch dieser erste Fall ist alles andere als einfach für sie. Der einzige Kollege ist ausschließlich beschäftigt mit den Festvorbereitungen für seinen Renteneintritt, die zwei alteingesessenen Familien auf Nekpen sind überaus schweigsam, und dann verschwindet auch noch der Sohn des alten Deichgrafen. Minke gerät schwer unter Druck, denn ein gewaltiger Herbststurm rollt auf die Hallig zu…

 

Von der ersten Seite an zieht die Autorin den Leser in ihren Bann, was zu einem ganz großen Teil daran liegt, dass sie außerordentlich intensiv die spezielle Atmosphäre einer Nordsee-Hallig zu schildern versteht. Man hat beim Lesen ständig das Gefühl, die würzig-salzige Meeresluft zu atmen, den Wind auf der Haut zu spüren, die Weite des Horizonts und die Begrenztheit der Hallig vor Augen. Dazu kommt auch die Nähe, die der Leser zu Minke von Hoorn aufbaut, denn ihre verhaltene Trauer um ihren Vater und ihr gelassenes, nachdenkliches Wesen machen sie überaus sympathisch. Überhaupt werden die Menschen auf der Hallig sehr vielschichtig und einfühlsam geschildert, kantig, geradeaus, ein wenig wunderlich. In relativ kurzen Kapiteln, dennoch folgerichtig, mit leisem Humor gewürzt, durchweg spannend erzählt Christa Henning die Geschichte. Wohldosiert, in ganz kleinen Häppchen, bekommt der Leser Informationen, die ihn zum Miträtseln animieren. Wie ein klassisch gestrickter Kriminalroman nach englischem Muster erfolgt in einer eindrücklichen letzten Szene die  überraschende Aufklärung. Ein Lesegenuss!

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Andreas Winkelmann

Der Fahrer

 

 

·         Taschenbuch: 400 Seiten

·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3499000386

#DerFahrer

 

Gekonnt geschriebener Thriller mit kleiner Einschränkung

  

Winkelmann ist zweifellos ein Könner seines Faches. Das haben seine früher erschienenen Bücher von Mal zu Mal überzeugend bewiesen. Insofern hatte ich sehr hohe Erwartungen an „Der Fahrer“. Was vielleicht ein Fehler war. Denn gekonnt konstruiert und in Szene gesetzt ist „Der Fahrer“ auf jeden Fall, spannend zu lesen ist er auch. Und doch erscheint mir der Thriller ein wenig schwächer als die früher erschienenen Titel, zumindest was die erwartete angstauslösende Intensität betrifft. 

 

Im Hamburger Stadtpark wird eine Tote gefunden, das Gesicht mit einer fluoreszierenden Farbe angemalt. Kommissar Jens Kerner und seine Kollegin Rebecca Oswald stehen vor einem Rätsel, auch nachdem sich herausstellt, dass sie es mit einem Serienmörder zu tun haben, der junge Frauen auf perfide Art tötet und mit Leuchtfarbe bemalt zur Schau stellt. Scheinbar wahllos ausgesuchte Opfer, die nachts unterwegs gewesen waren. Die an vielen Orten auftauchenden Hashtags #findemich lassen mehr und mehr erkennen, dass diese Botschaften Jens Kerner persönlich betreffen. Doch nicht nur das: Beide Ermittler haben auch privat allerlei zu bewältigen… 

 

Es gibt in diesem Thriller geniale Szenen, mehrheitlich die, in denen der Täter sich selbst, seine Sicht der Dinge, sein persönliches Erleben schildert. Es sind Sequenzen, die den Leser mitten hinein in die Gedanken- und Gefühlswelt des Mörders führen und eine gruselige Nähe zu ihm aufbauen. Das ist ja die besondere Stärke von Andreas Winkelmann, dieses geschickte Spiel mit Szenen, die dunkle Ängste auslösen und somit den Leser unmittelbar persönlich packen. Auch wieder genial gelöst ist der Aufbau einer sich steigernden Spannung aus wechselnden Perspektiven heraus mittels einer raffinierten überraschungsreichen Geschichte. Und doch blieb ich ein klein wenig enttäuscht zurück. Mag sein, dass ich in diesem Thriller weniger Zugang zu den beiden Ermittlern fand. Gerade weil dem persönlichen Hintergrund von Jens Kerner dieses Mal so viel Raum gegeben wurde. Ebenso dem komplizierten Hin und Her zwischen Rebecca und Jens, jenseits des Beruflichen. Das hätte ich nicht gebraucht, denn die teilweise trivial anmutenden Sequenzen rauben dem Thriller ein wenig die bei Winkelmann gewohnte schaudernde Intensität.

  

Fazit: Wieder ein raffinierter, sehr spannender, gekonnt geschriebener Thriller, jedoch nicht ganz so stark wie seine Vorgängerbände.

 

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 Roz Watkins

 Das kalte Echo

 

 

 ·         Taschenbuch: 512 Seiten

 ·         Verlag: FISCHER Taschenbuch

 ·         ISBN-13: 978-3596299119

 ·         Originaltitel: The Devil’s Dice

 #DaskalteEcho

  

Überlieferter Geisterfluch begegnet nüchternen Ermittlungen

 Zugegeben, es wird viel Tee getrunken in diesem Buch. Mit Zucker oder ohne, mit Milch oder ohne, immer aber mit Teebeutel. Und wenn gar nichts mehr hilft, gibt es Kaffee. Das ging mir zwischendrin schon mal auf die Nerven. Doch insgesamt gesehen hat mich das Buch durchweg gut unterhalten.

 

In einer Höhle mitten in einem unzugänglichen Gebiet von Peak District (es lohnt sich, diese Gegend zu googeln!) wird die Leiche eines Rechtsanwaltes aufgefunden. Gestorben durch Gift. Selbstmord liegt nahe. In der Felswand sind seine Initialen eingemeißelt, dazu ein Bild von einem Sensenmann. Allerdings schon mehr als hundert Jahre alt.  DI Megan Dalton, gehandicapt mit einem Gehfehler und Höhenangst, ermittelt wegen Mord und fühlt sich gefangen in einem Spagat zwischen überliefertem Geisterfluch und rationalen Ermittlungen. Ihre ganz persönlichen Dämonen machen ihr die Arbeit auch nicht gerade leichter. 

 

Mit viel Selbstironie lässt die Autorin Meg Dalton selbst von ihrer „Mission Neustart in Derbyshire“ und ihrem ersten Fall berichten. Durch die sehr anschaulichen, bildhaft vorstellbaren Beschreibungen fühlt man sich als Leser sehr schnell eingesponnen in das Umfeld von Meg. Immer ist es kalt. Oder es regnet. Oder es ist kalt und regnet. Der Kollege Craig ist ein Fiesling, wie er schlimmer nicht sein könnte. Megs Wohnung ist alles andere als ein Wohlfühlort. Und die Menschen, denen Meg begegnet, sind entweder seltsam oder lügen oder sind krank. Also irgendwie eine arg verfrorene Angelegenheit. Und doch hatte das Buch für mich seinen Reiz. Vielleicht weil sich im Verlauf der Seiten immer mehr und nachvollziehbar erklärte, weshalb Meg so ist wie sie ist. Oder weil, tröstlich für den Leser, der  feinfühlige Kollege Jai immer zur rechten Zeit am rechten Ort ist. Vielleicht auch, weil ich immer wieder auflachen musste über witzige Wortscharmützel. Und mir gefielen die eingestreuten intelligenten Verknüpfungen („ein Gebäude wie ein Mondrian-Verschnitt“, „ein Hund, der über den Rand seines Körbchens floß wie Dalis Uhren“), oder auch, wie Sterbehilfe thematisiert wurde. Lange Zeit blieb ich wie Meg ziemlich orientierungslos in den Ermittlungsschritten und in den vielen nicht zueinander passenden Zeichen stecken. Doch das irrsinnig spannende, temporeiche Ende entschädigte mich schließlich voll und ganz für so manche unnütz getrunkene Tasse Tee…

 

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Ragnar Jónasson

Dunkel

 

 

·         Broschiert: 384 Seiten

·         Verlag: btb Verlag

·         ISBN-13: 978-3442758609

·         Originaltitel: DIMMA

#Dunkel

 

 

Überraschende Wendungen, unfassbares Ende

 

Dass der vorliegende Thriller als einer der besten 100 Krimis und Thriller seit 1945 ausgezeichnet wurde, ließ meine Erwartungen auf ein Höchstmaß anwachsen mit nachfolgender, fast zwangsläufiger Enttäuschung. So absurd kann Werbung wirken: Ohne diese Vorschusslorbeeren und meine dadurch hochgeschraubten Hoffnungen hätte mir das Buch durchaus besser gefallen. 

 

Hulda Hermannsdóttir ist altgediente, erfahrene Kommissarin bei der Polizei in Reykjavik. Ihre Arbeit ist ihr Leben. Von jetzt auf gleich wird ihr jedoch nahegelegt, in den Ruhestand zu gehen. Lediglich einen cold case ihrer Wahl könne sie noch für wenige Tage bearbeiten. Sie stürzt sich in die Ermittlungsarbeit eines Falles, der seinerzeit auffällig schlampig bearbeitet worden war. 

 

Sehr lesefreundlich ist dieses Buch, was zum einen an den kurzen Kapiteln liegt, zum anderen aber auch an der großen Schrift und an der relativ einfachen, klaren Sprache. Mit anderen Worten, dieses Buch ist blitzschnell ausgelesen. Auch lässt die wendungsreiche Geschichte dem Leser keine Verschnaufpause. Um wessen Leben es in Rückblicken ging, verstand ich erst nach einer ganzen Weile, ebenso blieben mir die kursiven Einschübe lange unklar. Das entsetzliche Ende der Geschichte lässt den Leser fassungslos zurück.

 

Zunehmend mehr erfährt man im Verlauf des Buches über Hulda Hermannsdóttir selbst, über ihre Vorgeschichte, über all das, was sie so hart gegen sich selbst werden ließ. Ihre Einsamkeit ist auf jeder Buchseite deutlich spürbar. Irgendwann wurden mir die langen, sich ständig wiederholenden Selbstreflexionen allerdings zuviel. Und ich hätte mir lebendigere Darstellung der handelnden Personen gewünscht, sie blieben für mich plakative Karikaturen ihrer selbst.

 

Fazit: Ein blitzschnell zu lesender, wendungsreicher Thriller mit einigen Schwächen, jedoch einem den Atem raubenden, überraschenden Ende.

 

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Steffen Jacobsen

Sühne

 

 

·         Broschiert: 416 Seiten

·         Verlag: Heyne Verlag

·         ISBN-13: 978-3453272675

·         Originaltitel: Ghostwriter

 

Klug in Szene gesetzter Thriller

 

Eine Zufallsentdeckung war für mich diese Neuerscheinung. Der Autor war mir bislang unbekannt gewesen, ich war überrascht, wie viele Titel der ziemlich finster dreinblickende Autor, von Beruf Chirurg, bereits geschrieben hatte. Vielleicht ist das vorliegende Buch nicht unbedingt ein reißerischer Thriller. Er hat auch viele ruhige Elemente, fast wie in einem Krimi, aber dennoch niemals langweilig, immer durchsetzt von unterschwelliger Spannung, die sich zum Ende hin noch erheblich steigert. Wohltuend übrigens die sehr augen- und lesefreundliche Schriftgröße!

  

Frank Linden, Besitzer eines Pharmaunternehmens, ist todkrank. Er möchte vor seinem Tod noch hochbrisante Informationen veröffentlichen und heuert dazu einen Journalisten an. Doch als Linden dem Journalisten das Material übergeben will, werden beide hinterrücks erschossen. Michael Sander, Freund des Journalisten, gelangt in den Besitz des Geheimmaterials und beginnt auf eigene Faust nachzuforschen. Seine Frau, Kommissarin Lene Jensen, soll ganz offiziell die Morde an Linden und dem Journalisten aufklären und stößt dabei im Umfeld des Pharmaunternehmens auf Ungeheuerliches im Bereich der Insulin-Mafia. Doch nicht nur sie, auch Michael Sander gerät in tödliche Gefahr.

 

Steffen Jacobsen schreibt mit wohltuend viel Fachwissen. Das spürt man in allen Sequenzen, in denen es um Details zur Entwicklung von wirksamen Medikamenten geht. Und er schreibt mit großem politischem Engagement, was speziell in den tagebuchartigen Einträgen von Thomas Schmitz aus Äthiopien sehr eindrucksvoll zum Ausdruck kommt. Und Steffen Jacobsen erzählt gekonnt kurzweilig, temporeich die spannende Handlung vorantreibend. Aus verschiedenen Blickwinkeln, aus verschiedenen Puzzleteilen setzen sich mehr und mehr die erschreckenden Machenschaften der Pharma-Industrie zusammen.   Mich hat der virtuose Schreibstil des Autors fasziniert, wie er zum Beispiel die malerische Schilderung eines Ambientes vornimmt, schön, geschmackvoll,  um dann völlig unerwartet in dieses wohltuende Bild weitere Bilder hineinzuschmuggeln, grausame Bilder, verstörende… Zwar konnte ich nicht jedes Verhalten der Protagonisten nachvollziehen, insbesondere nicht das viele Schweigen, das viele Unausgesprochene in der Beziehung zwischen Lene und Michael, aber dennoch hatte ich insgesamt viel Sympathie für die beiden und bangte entsprechend voller Spannung um ihr Überleben. Mir gefiel besonders, dass viel Raum eingeräumt wird den psychologisch vielschichtigen Interaktionen der Menschen untereinander, belauernd, anziehend, misstrauisch, hasserfüllt, hingerissen, kämpferisch und nur selten wahrhaftig, echt. Ein Autor mit viel Feingefühl, wie mir scheint. Eine echte Entdeckung auf jeden Fall.

 

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Christian Kuhn

Nordseedämmerung

 

 

·         Taschenbuch: 320 Seiten

·         Verlag: Heyne Verlag

·         ISBN-13: 978-3453424210

#Nordseedämmerung

 

Ein solider und gut unterhaltender Kriminalroman

 

Einen Debütroman eines jungen Autors aufzuschlagen, ist immer spannend. Ist er gelungen? Welcher Schreibstil, welche Ideen erwarten mich? Kann er mich überraschen? Wenn ich es in fünf Worten zusammenfassen soll: Der Kriminalroman „Nordseedämmerung“ hat mich gut unterhalten, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

  

Welch eine Herausforderung für Kriminalhauptkommissar Tobias Velten, der von Berlin nach Juist gesandt wurde: Der Bundespräsident von Deutschland hat sich in den Kopf gesetzt, auf der Insel Juist seinen Urlaub zu verbringen. Das Sicherheitsteam rund um Tobias Velten gerät schnell an seine Grenzen, als sich die Hinweise mehren, dass ein Mörder auf den Bundespräsidenten angesetzt ist. Doch damit nicht genug. Offenbar gibt es einen Spitzel in den eigenen Reihen, der alle aufwändigen Sicherungsbemühungen zunichtemacht…

  

Gut gefällt mir das Cover, insbesondere dass der Titeldruck so angeraut ist, dass man meinen könnte, beim Darüberstreichen Sand unter den Händen zu spüren. Ärgerlich dagegen ist, dass es relativ viele Fehler im Text gibt. Offensichtlich wurde nicht sorgfältig genug korrekturgelesen.

 

Ja, das Buch hat mich gut unterhalten, mehr aber auch nicht. Die sehr nüchterne, fast möchte ich sagen männlich-emotionsarme Erzählweise packt den Leser nicht wirklich. Die eingestreuten kleinen Exkursionen politischer Art bleiben trocken-theoretisch. Vielleicht hätte mehr wörtliche Rede das Lesen flüssiger gestalten können. Die Spannung ist von Anfang bis Ende mäßig vorhanden, die Aufklärung zum Schluss bleibt nur zum Teil überraschend. Zwar bin ich nach Lektüre des Buches gefühlt nahezu jeden Weg auf Juist gegangen, aber ich konnte keinerlei Gefühl für die Insel gewinnen, konnte nicht seine spezielle Atmosphäre aufnehmen. Der Autor erzählt genau und sorgfältig, aber leider nicht unter Einbeziehung aller Sinne. Doch genau damit könnte Christian Kuhn seinem Schreibstil sehr viel mehr Intensität verleihen. Ein Debütroman, der gut unterhält, ist aber auf jeden Fall ein guter Start. 

 

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Luca Ventura

Mitten im August

 

 

·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 336 Seiten

·         Verlag: Diogenes Verlag AG

·         ISBN: 978-3-257-30076-5

#MittenimAugust

 

Urlaubsfeeling, Klimaschutz und ein Toter

  

Ein gemütlicher Sitzplatz auf der Terrasse, eine duftende Tasse Kaffee und das vorliegende Buch - fertig ist die perfekte Lesestunde. Man wird sofort weggebeamt in das südliche Italien, zu eigenwilligen Protagonisten, zu duftenden Blüten, zu von der Sonne aufgewärmten Steinmäuerchen,  zu schaukelnden Booten… „Mitten im August“ ist der gelungene Auftaktband einer Capri-Serie, deren weitere Bände ich mit Sicherheit gerne lesen werde. 

 

Enrico Rizzi, Inselpolizist auf Capri, nutzt seinen ruhigen Posten, um seinem Vater in dessen Obst- und Gemüsegärten hoch über dem Golf von Neapel zu helfen. Sein beschauliches Leben wird jäh unterbrochen, als ein Toter, von mehreren Messerstichen getötet, in einem Ruderboot liegend an den Strand getrieben wird. Es handelt sich um Jack, den Sohn einer reichen Industriellenfamilie, Student der Ozeanologie. Rizzi gerät mit seinen Ermittlungen in seinem ersten Mordfall zwischen alle Stühle, denn einerseits soll es eine schnelle Aufklärung geben, damit die Touristen nicht wegbleiben, andererseits wird er in seinem Eifer immer wieder ausgebremst durch Kompetenzgerangel und falsche Spuren. Doch Rizzi lässt nicht locker…

  

Das Buch lebt in allererster Linie von seinen malerischen Beschreibungen und von der bilderreichen, atmosphärisch dichten Erzählweise. Man spürt auf jeder Seite, dass der Autor mit Herz und Seele in der Gegend lebt. Doch jenseits der schützenswerten Urlaubsidylle lässt den Autor die Frage nicht los, wie es um die Zukunft der Meere bestellt ist. Wobei es nicht genügt, die Missstände zu konstatieren: „Das Dokumentieren der zunehmenden Zerstörung ist nichts anderes als Sterbebegleitung.“ Dem Autor ist es geschickt gelungen, Informationen über die Versauerung der Ozeane und ihre gravierenden Folgen in die Krimihandlung einzubetten. Die ruhig-unaufgeregt erzählte Krimihandlung mit einer völlig unerwarteten Aufklärung gegen Ende des Buches ist dabei durchweg fesselnd zu lesen und macht Lust auf mehr.

 

Und das sei auch noch erwähnt. Diogenes Bücher sind immer auch ein sinnliches Vergnügen. Feines glattes Papier, gut lesbares Satzlayout, ein stimmiges Cover, dazu die gekonnt geschriebene Geschichte. Perfekt.

 

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Catherine Ryan Howard

Ich bringe dir die Nacht

 

 

·         Taschenbuch: 448 Seiten

·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3499274947

·         Originaltitel: The Liear’s Girl

#IchbringedirdieNacht

 

Mit gewisser Grundspannung solide erzählt

 

 Ist das Buch wirklich ein Thriller? Vielleicht doch eher ein Psychothriller? Wer nägelkauenden Thrill mit viel Blut erwartet, wird enttäuscht sein. Mir hat das Buch dennoch gut gefallen.

  

10 Jahre sitzt Will Hurley, der sogenannte Kanal-Killer von Dublin, bereits im Gefängnis, als erneut die Leiche einer jungen Frau aus dem Wasser gezogen wird, ein Opfer ganz nach dem Muster der Morde, deretwegen er verurteilt worden war. Will setzt nun alles daran, mit Alison, seiner großen Liebe von damals, sprechen zu dürfen, denn er hat Informationen, die er nur ihr mitteilen will. Doch Alison führt seit der Verurteilung von Will ein völlig neues Leben in den Niederlanden. Alles Geschehen von früher hat sie verdrängt und nie mehr ein Wort darüber verloren. Deshalb lehnt sie es zunächst vehement ab, als die Polizei sie um Hilfe bittet. Schließlich begreift sie jedoch, dass Weglaufen keine Lösung ist, und willigt ein, nach Irland zu fliegen und mit ihrem einstigen Freund, dem Serienkiller, zu sprechen, ohne zu ahnen, worauf sie sich einlässt…

  

Drei verschiedene Handlungsstränge führen durch das Buch. Da ist zunächst die Gegenwart, von Alison selbst erzählt. Dann gibt es die Rückblenden, 10 Jahre früher, aus dem Leben von Alison, Liz, ihrer besten Freundin und Will, ihrer großen Liebe. Dazwischen gesetzt gibt es kurze Einschübe des „Stalkers“, ohne dass sich dem Leser erschließt, um wen es sich handelt. Gut gefällt mir, dass die Autorin durch die Kapitelüberschriften „Alison, heute“ und „Alison, damals“  dem Leser stets klare Orientierung gibt, in welchem Zeitabschnitt man sich gerade befindet. Gut gefällt mir auch der Schreibstil, der beeindruckend klar ist, dabei stets präzise und detailliert in den Einzelheiten. Allerdings kann ich nicht jedes Verhalten der Protagonisten nachempfinden. Fremd blieb mir zum Beispiel die Mutter von Aliston, aber auch Aliston selbst, deren Schuldgefühle ich nicht nachvollziehen kann, schon gar nicht ihr Verhalten gegenüber ihren Freundinnen, ihren inneren Rückzug. Leider fehlt auch der große Spannungsbogen. Zwar kann man sich als Leser nicht vorstellen, wohin die Handlung führen wird, und liest daher mit einer gewissen Grundspannung stets weiter und weiter. Als man denkt, man sei bereits am Ende der Geschichte angekommen, alles Ungewisse sei geklärt, wird alles nochmals völlig überraschend komplett auf den Kopf gestellt.

 

Fazit: Nicht übermäßig aufregend, dennoch mit einer gewissen Grundspannung solide geschrieben, gut zu lesen.

 

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 Veit Etzold

 Blutgott

 

 

 ·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 464 Seiten

 ·         Verlag: Knaur

 ·         ISBN: 978-3-426-52408-4

 #Blutgott

  

 Brutal und konstruiert

  

Wenn ein Autor Hochschulprofessor und Redner für Corporate Storytelling ist, zudem mit einer Rechtsmedizinerin verheiratet ist, kann man davon ausgehen, dass seine Bücher mit Hintergrundwissen gefüttert und strategisch raffiniert konstruiert sind. Ich kenne nur das vorliegende Buch, und ja, es ist konstruiert, nicht inspiriert. Es schockt durch brutalste Szenen, der Leser watet in Blut und zertrümmerten Knochen. Dazwischen gibt es viele Seiten der Langeweile.

 

Es handelt sich um den siebten Band rund um die Hauptkommissarin Clara Vidalis. Von einem brutalen Mord in einem IC an einem jungen Mädchen wird in der Einstiegsszene erzählt, und zwar so intensiv, dass der Leser sofort schaudernd ins Buch hineingezogen wird. Es bleibt in der Folge nicht bei diesem einen Mord, eine blutige Spur zieht sich durchs Land. Täter ist offenbar eine Gruppe Minderjähriger, strafunmündig, im Darknet auf satanische Weise angestachelt, sich selbst zu übertreffen.

  

Der Schreibstil gefällt mir in vielen Passagen, er ist witzig-bissig, geistreich, spritzig in den Dialogen. Dass der Autor auch bis ins letzte Detail intensiv beschreiben kann, beweist er allerdings leider nur in den brutalen Szenen. Und dabei geht er so weit, dass der Leser nur noch Ekel und tiefste Abscheu empfindet. Dann folgen wieder lange Passagen mit Diskussionen zwischen den Ermittlern, ohne Progredienz der Handlung. Viel Hintergrundwissen über die Tiefen und Untiefen des Internets, aber auch fraglich nützliches Wissen, wie zum Beispiel, woher der Name „Audi“ kommt und warum bei Leichen, die im Sitzen sterben, nach einiger Zeit der Kopf abfällt, füllen weitere Buchseiten. Leider bleiben auch die handelnden Personen allesamt konstruiert, psychologisch leer, Figuren, die vom Autor auf seinem Schachbrett der Grausamkeiten hin und her geschoben werden. Kann man lesen, muss man aber nicht.

 

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Andrea Di Stefano

Tutto Bene

 

 

·         Broschiert: 288 Seiten

·         Verlag: FISCHER Scherz

·         ISBN-13: 978-3651000681

 

TuttoBene

 

Atmosphäre und Genuss pur

  

Wer beim Lesen eines Krimis mehr Wert auf Lokalkolorit legt, auf atmosphärische Schilderungen, auf die Vermittlung eines besonderen Lebensgefühls, und dem es weniger wichtig ist, spannende Ermittlungsarbeit eines rätselhaften Falles zu verfolgen, der hat große Freude an dem vorliegenden Buch. Hinter dem Autorennamen Andrea Di Stefano verbergen sich zwei Brüder, die ihr Pseudonym (fast) so oft wechseln wie ihre T-Shirts und die offensichtlich ein Faible haben für genussvolles Erzählen.

 

Lukas Albano Geier lebt in einem mittelalterlichen Turm hoch über dem Lago Maggiore. Ohne Treppensteigen geht hier nichts. Nicht bis hoch zum Turm und nicht im Turm selbst zu den einzelnen Zimmern. Lukas kann es sich leisten, seine Tage beschaulich zu verbringen, denn er hatte mit seiner Band einen weltweit erfolgreichen Sommerhit gelandet und daraufhin seinen Job als Zeugenschützer und Erfinder von konstruierten Lebensläufen in München aufgegeben. Doch mit genau dieser Vergangenheit wird er ungewollt konfrontiert, als eine Tote aufgefunden wird, auf deren Arm seine Telefonnummer geschrieben steht..

  

Zu diesem Buch fällt mir das Wort „Genusslesen“ ein. Denn es ist ein Genuss, sich lesend verführen zu lassen in die wunderschöne Gegend rund um den Lago Maggiore, in eine Art  Urlaubsfeeling, in ein Lebensgefühl ohne Eile, mit Zeit für Straßencafés und Wein und Muße. Durch die atmosphärisch dichten Schilderungen meint man als Leser, direkt mit allen Sinnen die Fülle an Farben und Gerüchen aufzunehmen, die Hitze des Tages, die Kühle der Nacht auf der Haut zu spüren. „Der Lago Maggiore ist die Heimat der Sehnsucht.“ Der Schreibstil gefällt mir sehr gut. Er ist klar und bildstark. Hinter den lapidar daherkommenden Sätzen stecken herrlicher Humor und feine Sensibilität gleichermaßen. Und enorm viel Musikverständnis obendrein. Das einzige, das etwas zu kurz kommt, ist die Spannung, die nur gelegentlich aufblitzt. Mir hat sie jedoch nicht gefehlt. Mir hat das Buch ausnehmend gut gefallen.

 

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Jennifer B. Wind

Die Maske der Schuld

 

 

·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 466 Seiten

·         ISBN: 978-2919804153

·         Verlag: Edition M

#DieMaskederSchuld

 

So, genau so soll ein Thriller sein!

 

Von Band 1, Die Maske der Gewalt, war ich begeistert. Von dem jetzt vorliegenden Band 2, Die Maske der Schuld, bin ich noch begeisterter. Oder ich sage es ganz anders: Es ist für eine passionierte und anspruchsvolle Leserin wie mich unfassbar wohltuend, wenn bei einer Autorin wie Jennifer B. Wind Intelligenz, Kreativität und Sensibilität zusammen kommen. Dies wurde mir bei Band 2 noch mehr bewusst als beim ersten Band.

 

Nur ganz kurz zum Inhalt: Aus der Donau wird eine Leiche gefischt, die erhebliche Verletzungen, insbesondere am Schädel, aufweist. Richard Schwarz vom LKA kennt den Toten. Je mehr er in die Ermittlungen eintaucht, umso mehr erkennt er die Gefährlichkeit des Gegners. Die Pharmaindustrie, ominöse Wunderheiler und seine eigene Vergangenheit bringen Richard Schwarz zunehmend an seine Grenzen. Denn der Mörder ist felsenfest überzeugt von der Richtigkeit seines Handelns und lässt sich mit nichts davon abbringen.

 

Der Thriller ist fesselnd und perfekt durchkomponiert, der Spannungsbogen bleibt durchweg hoch, sodass man durch die Seiten jagt. Kurze Szenenwechsel, mitunter gemeine Ciffhanger, überraschende Wendungen, viel wörtliche Rede und gelegentlich aufblitzender Humor zeigen die ganze Bandbreite der Kunstfertigkeit der Autorin. Was mir hier in Band 2 besonders auffällt und was ich als sehr gewinnbringend empfinde, sind die mitunter eingeschobenen sachlichen Informationen, wie z. B. zum Thema Multiple Sklerose oder Cybercrime. Dass die Autorin mit viel Sachverstand und fleißiger Recherche auch an dieses Buch herangegangen ist, spürt man über alle Seiten hinweg sehr wohltuend. Die Personen werden farbig-vielschichtig dargestellt, nachvollziehbar in ihren Handlungen und Gedanken. Gekonnt-souverän leitet Jennifer B. Wind durch die verschiedenen Zeit- und Perspektivebenen, um die Geschichte in einen nervenzerfetzenden Showdown münden zu lassen.

 

So, genau so soll ein Thriller sein: Hart und gefühlvoll gleichermaßen, mit sich steigernder Spannung, psychologisch stimmig, mit einer vielschichtigen Handlung. Besser geht es nicht.

 

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Catherine Shepherd

Todgeweiht

 

·        Seitenzahl der Print-Ausgabe: 340 Seiten

·         Verlag: Kafel Verlag

·         ISBN: 978-3-944676-25-8

#Todgeweiht

 

 

Die mittelalterliche und die moderne Pest

 

Zwei Zeitstränge, 500 Jahre auseinander, und doch irgendwie auf undurchsichtige Weise verbunden. Ein neuer Zons-Thriller, fesselnd wie gewohnt bei dieser Autorin. Auch dieses Mal bin ich atemlos durch das Buch durchgerauscht, habe mich gegruselt, erschreckt, gewundert, geekelt, habe gerätselt, war verwirrt und wurde immer planloser – und am Ende restlos überrascht. Doch bei diesem 10. Zons-Thriller kam noch ein weiteres Element hinzu, nämlich die erschreckende Brisanz durch die Parallelität zwischen geschilderter Pest und Corona! Nie konnten wir die geschilderte „Pestordnung“ besser verstehen als in einer Zeit, in der wir wegen Corona unserer gewohnten Freiheit beraubt sind.

 

Über die Handlung kann man kaum etwas erzählen, ohne zu viel zu verraten. Gegenwart: Der sympathische Kommissar Oliver Bergmann ist wieder reichlich gefordert. Eine angeschwemmte Frauenleiche, laut Autopsie vom Mörder mehrere Tage vor dem Tod gequält, ein abgetrennter Finger, der niemandem zu gehören scheint, mehrere verschwundene junge Frauen, ein Pizzabote, in dessen Lieferung ein Zettel mit „Henkersmahlzeit“ zu finden ist – rätselhafte Geschehnisse, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Vergangenheit: In größter Eile werden Vorbereitungen getroffen, die Pest, die vor den Toren der Stadt Zons lauert, von der Stadt fernzuhalten. Als jedoch innerhalb der Stadtmauern der Wirt Gottfried tot vor seinem Wirtshaus gefunden wird mit einer Pestbeule am Hals, zugleich aber mit merkwürdig verrenkten Gliedern, breitet sich die Angst in der Stadt aus. Bastian Mühlenberg gibt sich jedoch mit dem vermeintlich Offensichtlichen nicht zufrieden, insbesondere als ein weiterer Toter gefunden wird.

 

Es ist bewundernswert, wie Catherine Shephard es mit jedem neuen Buch in unveränderter Bestform  schafft, den Leser zu packen, ihn mit allen Sinnen in die Geschichte hineinzuziehen und ihn mit gemeinen Cliffhangern zu quälen. Man eilt von Kapitel zu Kapitel und tappt in alle von der Autorin ausgelegten Fallen, bis man am Ende durch ein fulminantes Ende restlos überrascht wird. Die Protagonisten sind wie immer absolut stimmig dargestellt, die erzählte Geschichte ist nachvollziehbar. Rundum: Auch dieser neue Titel von Catherine Shepherd lässt den Leser alles um sich herum vergessen – ein Lesevergnügen!

 

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Sophie Kendrick

Das Echo deines Todes

 

 

·         Taschenbuch: 320 Seiten

·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3499000843

#DasEchodeinesTodes

 

Spannendes Kammerspiel

 

 

Den Thriller habe ich an einem Tag durchgelesen. Er liest sich leicht und flüssig und behält über alle Seiten hinweg eine permanente Spannung, zwar nicht nervenzerfetzend, aber doch so intensiv, insbesondere gegen Ende hin, dass man das Buch nicht weglegen möchte.

  

Es geht um vier ehemalige Freundinnen, die vor 16 Jahren direkt nach ihrem Abitur zuletzt einen gemeinsamen Urlaub auf einer einsamen Insel in Schweden verbracht hatten. Dieser Urlaub endete tragisch, denn eine von ihnen verschwand damals spurlos. Die Lebenswege der jungen Frauen gingen im Laufe der Jahre auseinander. 16 Jahre später erhält jede von ihnen einen mysteriösen Brief ohne Absender, in dem sie aufgefordert werden, nach dieser langen Zeit erneut für ein Wochenende zusammen zu kommen, und zwar genau auf dieser einsamen Insel in Schweden, auf der sie damals den Albtraum erlebt hatten. 

 

Die Autorin baut mit diesem Plot eine geschickte Szenerie auf,  in der sie einem Kammerspiel gleich einerseits die sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten und die Interaktionen der ehemaligen Freundinnen lebendig werden lässt, andererseits den Leser immer und immer wieder aufs Neue in die Irre schickt. Die Geschichte kommt erst einmal etwas ruhig daher, nimmt aber dann zunehmend an Fahrt auf. Durch merkwürdige Vorkommnisse auf der Insel wächst das Gefühl einer unerklärlichen Bedrohung bei den Freundinnen und damit die Spannung beim Leser. Die unregelmäßig eingestreuten Vernehmungsprotokolle von damals sind Stück für Stück erhellend, weil sie die psychische Struktur des jeweilig Befragten deutlich werden lassen und Puzzleteile des damaligen Geschehens aufzeigen. Dass Lara, die Ich-Erzählerin, an Asperger leidet und übersensibel auf Reize von außen reagiert, gibt der Geschichte noch einen zusätzlichen Aspekt des Ungewöhnlichen.

  

Fazit: Ein atmosphärisch dichter, spannender, leicht zu lesender Thriller.

 

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Elizabeth Kaye

Sieben Lügen

 

 

·         Broschiert: 384 Seiten

·         Verlag: Lübbe

·         ISBN-13: 978-3785726693

·         Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren

#SiebenLügen

 

Ein Thriller ohne Thrill

 

Warum fällt mir bei diesem Buch als erstes ein, dass es ein großartiges Cover trägt? Schwarz, Silber und blaugrüne Farbschlieren. Nichts aussagend, aber irgendwie gelungen.

 

Die Handlung kann man, ohne zu spoilern, ganz schnell erzählen. Jane und Marnie sind von Kindesbeinen an beste Freundinnen, unzertrennliche Freundinnen, bis ins Erwachsenenalter hinein. Als Marnie heiratet, greift Jane zu ihrer ersten Notlüge. „Natürlich passen du und Charles gut zusammen,“ versichert sie ihrer Freundin Marnie. Bei dieser Lüge bleibt es jedoch nicht.

 

370 Seiten lang fragte ich mich beim Lesen, was ich von diesem Buch halten soll. Ich überlegte, ob mir Theorie weiterhelfen kann. Das Buch trägt die Bezeichnung „Thriller“. Ein Thrill bedeutet Nervenkitzel, und zwar in der Regel durch Bedrohung des einen oder anderen Protagonisten. In einem wirklich gut geschriebenen Thriller nimmt die Bedrohung quasi die Handlung in die Hand, so entsteht ein echter Pageturner. Spätestens wenn man die Definition genauer betrachtet, sind Zweifel angebracht, was das vorliegende Buch betrifft. Denn einen Nervenkitzel hat dieses Buch bei mir wirklich nicht ausgelöst. Auch wenn es sich flüssig und streckenweise auch spannend lesen ließ. Allerdings eben ohne Thrill.

 

Bei Amazon steht immerhin sehr viel passender „Psychothriller“ als Genre-Bezeichnung. Und hier bedeutet die Definition, dass die Spannung weniger durch Taten, als vielmehr durch Gefühle wie Bedrohung, Erschrecken, Irritation hervorgerufen wird. Es wird eine Erwartungshaltung beim Leser aufgebaut, die jedoch völlig überraschend in die Irre geleitet wird. Die Perspektive im Psychothriller ist in der Regel die des Opfers, dessen Wahrnehmung der Machtlosigkeit den eigentlichen Thrill beim Leser auslöst.

 

Diese Bezeichnung ist für das vorliegende Buch stimmiger, aber nur halbherzig, denn – wie bereits gesagt – der Thrill fehlt. Es werden pathologische Beziehungen geschildert, kranke Verhaltensweisen, ohne sie tiefenpsychologisch ernsthaft zu begründen. Die Handlung ist vorhersehbar, sie bietet keine wirklichen Überraschungen. Letztlich watet man 370 Seiten lang anhand durchaus feinsinniger Beobachtungen durch eine Nabelschau der Protagonistin.

  

Ja, das Buch ist wie das Cover: Gut gestaltet, aber nichts aussagend.

 

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Michael Tsokos

Abgefackelt

 

 

·         Broschiert: 352 Seiten

·         Verlag: Knaur TB

·         ISBN-13: 978-3426524404

#Abgefackelt

 

Spannendes Lesefutter

 

Es handelt sich um den zweiten Band über den Rechtsmediziner Paul Herzfeld, der noch sehr angeschlagen ist von seinem letzten Fall. Deshalb versetzt ihn sein Chef von Kiel auf eine ruhigere Stelle in die Pathologie nach Itzehoe. Doch genau dort blickt Herzfeld auf eine Brandruine, in der das Klinikumarchiv mit zahllosen Akten und Gewebeproben dem Feuer zum Opfer gefallen waren, zusammen mit dem Pathologen Doktor Petersen. Ein schrecklicher Suizid, wird Herzfeld erklärt. Aber je mehr Ungereimtheiten Herzfeld entdeckt, umso tiefer gerät er einem Skandal ungeheueren Ausmaßes auf die Spur und er selbst in größte Lebensgefahr.

 

Man muss den ersten Band nicht gelesen haben, es gibt im Verlauf des Buches genügend Hinweise auf die Vorgeschichte Paul Herzfelds. Der Thriller zwingt den Leser von der ersten Seite an in seinen Bann und treibt ihn durch die Seiten. Die kurzen Kapitel verstärken seine Sogwirkung, der man sich, hat man zu lesen begonnen, nicht mehr entziehen kann. Sehr wohltuend habe ich empfunden, dass sich die Szenenwechsel in Grenzen halten, sodass sich das Buch von Anfang bis Ende leicht und flüssig lesen lässt. Der Autor Michael Tsokos ist Professor für Rechtsmedizin. Diese Fachkenntnis spricht aus nahezu jeder Seite des Buches. Die vielen Details bei Obduktionen und Leichenschauen verraten den Mann vom Fach, was dem Leser so manchen Schauer über den Rücken jagt. Gleichzeitig sind gerade diese Szenen besonders interessant, weil man hier von Erfahrungen, nicht von Autorenfantasien ausgehen kann. Gut und Böse mögen ein wenig klischeehaft eingesetzt sein, was aber der Spannung keinen Abbruch tut. Etwas irritiert hat mich die Uneinheitlichkeit des Schreibstils: Da gibt es auf der einen Seite einen spröde, altväterlich wirkenden Satzbau und unnatürlich und konstruiert wirkende wörtliche Reden, dann wieder findet man gekonnt flüssig-spannend geschriebene Sequenzen. So als ob zwei Seelen, ein Wissenschaftler und ein Schriftsteller, gemeinsam abwechselnd geschrieben hätten.

  

Fazit: Absolut spannendes Lesefutter. Die mit großer Fachkenntnis geschriebenen harten und sehr beeindruckenden Szenen bzw. Schilderungen sind allerdings nichts für empfindliche Gemüter.

 

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Christi Daugherty

Die schöne Tote

 

 

·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 405 Seiten

·         Verlag: Rowohlt

·         ISBN: 978-3-499-27337-7

#DieschöneTote

 

Mitreißend geschrieben

 

Ein Thriller, der mit durchgängiger Spannung und einer fesselnden Erzählweise überzeugt.

 

Die Polizeireporterin Harper McClain hatte sich in der Vergangenheit die Abneigung der Polizei von Savannah zugezogen, weil sie ihren früheren Vorgesetzten als Mörder enttarnt hatte. So ist sie bis heute allerlei Schikanen ausgesetzt und kann nur unter Schwierigkeiten ihrem Job gerecht werden. Eines Abends hält sie sich bei ihrer Freundin Bonnie in einer Innenstadt-Bar auf. Auf dem Heimweg entdecken die beiden mit Entsetzen, dass Naomi, bildhübsche, allseits beliebte Studentin und Kollegin von Bonnie, mitten auf der Straße erschossen worden war. Die Polizei ist sich sehr schnell sicher, dass der Täter Naomis Freund ist. Doch sowohl Harper als auch der Vater von Naomi bezweifeln dies. Und so begibt sich Harper auf die Suche nach der Wahrheit….

 

Absolut positiv fiel mir als erstes die Erzählweise von Christi Daugherty auf. Da gibt es kein ewiges Vor und Zurück, kein Springen zwischen Örtlichkeiten und Zeiten. Sie erzählt folgerichtig, logisch, lebendig, mit genau dem richtigen Maß an Details und lebensecht wirkenden Dialogen. So überlässt sie damit den Leser ganz direkt der Handlung, die sich ohne Schnörkel in einer permanenten Spannung aufbaut. Der Leser muss sich nicht mühsam alle paar Seiten neu orientieren. Eine Wohltat! Harper als Polizeireporterin ist eine ungewöhnliche Hauptperson, da ihre Ermittlungsmöglichkeiten als Reporterin natürlich begrenzt sind, umso mehr als sie bei der Polizei aufgrund der Vorgeschichte immer wieder gegen verschlossene Türen rennt. Doch dies ist ein geschickter Schachzug der Autorin, denn genau dadurch geht der Leser Schritt für Schritt mit durch die einzelnen Ermittlungsfortschritte, teils mit überraschenden Wendungen. Die Autorin lässt einige Handlungsstränge offen, sodass man über das vorliegende Buch hinaus neugierig bleibt. Man empfindet viel Sympathie für Harper, da sie empfindsam ist, dabei auch impulsiv und spontan. Dass es eine rätselhafte Geschichte um die Ermordung ihrer eigenen Mutter gibt, macht ihre Persönlichkeit zusätzlich psychologisch verständlicher. 

 

Fazit: Ein mitreißender, lebendig und spannend geschriebener Thriller und bestimmt nicht mein letztes Buch von Christi Daugherty.

 

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Elias Haller

Tod und kein Erbarmen

 

 

·         Format: Kindle Ausgabe

·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 380 Seiten

·         ISBN-Quelle für Seitenzahl: 2496702531

·         Verlag: Edition M

#TodundkeinErbarmen

 

Unkaputtbare Ermittler im Erzgebirge

 

Im Erzgebirge gibt es viel Schnee, es ist kalt und man singt gern und oft das Steiger-Lied. Wenn man dann noch einen Cold Case und sehr merkwürdige Menschen dazumischt, hat man schon das gesamte Szenario des Buches.

  

Vor 10 Jahren war die achtjährige Violetta auf dem Weg zur Schule spurlos verschwunden. Dieser Fall konnte nie aufgeklärt werden. Kriminalhauptkommissar Erik Donner, vom Schicksal gebeutelt, befindet sich 10 Jahre später genau am Ort des Verschwindens von Violetta im Erzgebirge und will nichts anderes als seinen Schmerz im Alkohol ertränken. Violettas Cousine spricht ihn an und hat angeblich neue Hinweise auf den Verbleib von Violetta, doch Erik Donner will nichts davon wissen und suhlt sich in seinem eigenen Elend. Am nächsten Morgen findet er sich blutbesudelt in seinem Pensionszimmer wieder ohne jegliche Erinnerung an die Nacht davor. Plötzlich steht er unter Mordverdacht…

  

Das vorliegende Buch ist bereits der 7. Band rund um den Ermittler Eric Donner. Für mich war es meine erste Begegnung mit ihm, vermutlich wird es auch meine letzte sein. Die Geschichte hat mich durchaus unterhalten, auch wenn spannende und langweilige Stellen sich abwechselten. Die viele wörtliche Rede macht das Lesen kurzweilig ebenso wie die eingestreuten Rückblenden. Auch wird man recht geschickt als Leser durch zahlreiche Wendungen immer wieder in die Irre geschickt. Insofern gut gemacht. Doch mit welch merkwürdigen Protagonisten muss man sich da als Leser herumschlagen? Einer ist seltsamer als der andere. Im Verhalten abstoßend, unsympathisch, in der Ermittlungsarbeit völlig unrealistisch. Und vor allen Dingen sind die Hauptakteure unkaputtbar, sie stapfen unverdrossen mit gebrochenen Gliedern weiter durch den Schnee. Ach neee…

 

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Eva Garcia Sáenz

Das Ritual des Wassers

 

 

·         Broschiert: 544 Seiten

·         Verlag: FISCHER Scherz

·         ISBN-13: 978-3651025844

#DasRitualdesWassers

 

Enttäuschend zähe Lektüre

 

Hatte ich zu hohe Erwartungen? Hätte ich den ersten Band zuerst lesen müssen? Las ich das Buch zum falschen Zeitpunkt? Wie auch immer: Für mich war die Lektüre des vorliegenden zweiten Falles des Inspector Ayala quälend mühsam.

 

Nach einem Kopfschuss leidet Kommissar Ayala, genannt Kraken, an einer Broca-Aphasie und kommuniziert weitgehend schriftlich mit seiner Umwelt. Noch ist er vom Dienst freigestellt, wird jedoch beratend zu Hilfe gezogen, als man eine schwangere Tote findet, kopfüber an einem Ast hängend, mit dem Kopf in einem historischen Wasserkessel steckend. Eine Hinrichtung, die an ein keltisches Ritual denken lässt.  Und es bleibt nicht bei diesem einzigen Mord.

 

In verschiedenen Zeitebenen wird erzählt. Doch dies ist meiner Meinung nach nicht der Grund, weshalb der Thriller so mühsam zu lesen ist. Sondern es liegt an der ausufernden Detailfreude der Autorin. Der Anfang des Buches bereits ist verwirrend. Die vielen Ortsnamen sind verwirrend. Die aufgeführten Namen sind verwirrend, insbesondere da sie nicht einheitlich eingesetzt werden. So heißt der Ich-Erzähler beispielsweise Inspector Ayala, aber auch Unai und auch Kraken. Die Beziehungen zwischen den Ermittler-Kollegen sind ebenso verwirrend, weil nicht überzeugend nachvollziehbar dargestellt. Leblos wirkt auch der Kontakt der früheren Freundesgruppe des Kraken untereinander. Und Inspector Ayala selbst wirkt auf mich wie eine sehr seltsame Person, emotional fern und fremd bleibend, trotz all der vielen, oftmals unnützen Informationen, der geschilderten Gedankenfülle und des vielerlei Geplänkels, was allesamt nicht dazu dient, den Menschen Kraken lebendig werden zu lassen. Die dargestellte Form der Broca-Aphasie dürfte aus medizinischer Sicht auch angreifbar sein. Das Thema rund um keltische Rituale wird langatmig abgehandelt. Dass die Autorin letztlich weit ausholt bis zur Zeit des Hundertjährigen Krieges und zu Gilles de Rais, der tausende von Kindern gefoltert, vergewaltigt und gemordet hat, macht das Buch nicht spannender. Die Handlung dümpelt mehr oder weniger durch die Seiten dahin und erschlägt sich selbst durch die Detailfreude der Erzählerin. Ach ja, den Begriff „Modus operandi“ alle paar Seiten erneut zu benutzen, soll vielleicht intelligent wirken, nervt aber nur.

 

Kurzum: Eine rundum enttäuschend zähe Lektüre.

 

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Sandra Åslund

Verhängnisvolle Provence

 

 

·         Taschenbuch: 328 Seiten

·         Verlag: Midnight

·         ISBN-13: 978-3958192836

      #VerhängnisvolleProvence

    

Nett erzählt, aber langweilig

 

Da ich die Vorgänger-Bände nicht kenne, waren mir die Protagonisten und deren Vorgeschichten neu, was ich beim Lesen jedoch nicht als Nachteil empfand. Die Autorin räumt dem Privatleben der Kommissarin Hannah Richter sehr breiten Raum ein. So wurde sie mir schnell vertraut, ob ich wollte oder nicht.

 

Den Inhalt kann man kurz fassen: Ein in Köln erschossener Franzose, tätig für ein französisches Kosmetikunternehmen, ist Auslöser für die Ermittlungstätigkeit in der Provence durch Hannah und parallel dazu durch ihren Kollegen Michael in Köln. Eine weitere Leiche in der Provence lässt die Gefährlichkeit der geldgierigen Kosmetikkonzerne erahnen.

 

Der vorliegende Kriminalroman hat Stärken und Schwächen. Seine Stärken sind eindeutig die schön ausgearbeiteten Schilderungen und stimmungsvollen Beschreibungen von Landschaften, Ambiente, Menschen und Situationen. Außerdem haben mir gut gefallen die sorgfältig recherchierten Hintergründe, was Naturkosmetik und deren mögliche Tricks in der Zusammensetzung betrifft. Weiterführende Informationen zum Thema findet man im Anhang des Buches. Der Kampf zwischen David und Goliath in der Kosmetikbranche wird ausführlich dargelegt und lässt den Leser durchaus kritischer gegenüber vollmundiger Werbung werden. Doch ist das für einen Kriminalroman genug? Der Autorin gelingt es nicht, den Leser ernsthaft zu fesseln.  Zwar lässt sich die Geschichte einigermaßen kurzweilig lesen, doch Spannung entwickelt sich zu keiner Zeit. Im Gegenteil: Streckenweise habe ich mich herzhaft gelangweilt, insbesondere beim Breittreten all des privaten und oftmals belanglosen „Gedöns“. Schwer genervt haben mich außerdem die ständigen französischen Einschübe. Wozu sollen die gut sein? Um französisches Flair zu vermitteln? Da würde es genügen, gelegentlich mal ein Wort einfließen zu lassen, aber nicht jede wörtliche Rede mit französischen Ausdrücken zu würzen. Glaubt die Autorin tatsächlich, man würde ständig im Glossar nachschauen wollen? Genauso unangenehm habe ich den Berliner Slang des Vorgesetzten empfunden. Was so aufgesetzt wirkt, verfehlt jegliche Wirkung.

 

Kurzum: Ein nett erzählter Roman mit vorhersehbarer Handlung, leider ohne jegliche Spannung.

 

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Irene Matt

Schonungslos offen…

 

 

·         Gebundene Ausgabe: 282 Seiten

·         Verlag: Verlag am Eschbach

·         ISBN-13: 978-3869178011

#Schonungslosoffen

 

Uneingeschränkt zu empfehlen

 

Es gibt Krimis, die sind spannend. Oder humorvoll. Vielleicht geistreich. Oder psychologisch stimmig. Es gibt Krimis, die uns Rätsel aufgeben oder uns überraschen, die den Leser erschauern lassen, ihm durch wendungsreiche Handlung Nerven kosten. Der vorliegende Kriminalroman  vereinigt ungewöhnlich viele dieser Facetten in sich. Welch eine Überraschung!  Denn ich hatte die Autorin mit ihrem Titel „Zauberschön“ als eine feinsinnige Märchenerzählerin kennen gelernt. Aber ja, Krimi kann sie auch!

 

Alexandra Rau ist eine sympathische Kommissarin mit chronischem Schlafmangel. Ihr Mitarbeiter Isidor Rogg unterstützt sie im Kommissariat, wo er nur kann, notfalls auch mit seinem Hobby, der Etymologie. Als ein Serienmörder mehrfach zuschlägt, ohne auch nur die allergeringste Spur zu hinterlassen, wird nach langer, ermüdend-frustraner Ermittlungsarbeit  die Situation für Alexandra und Isidor plötzlich außerordentlich gefährlich…

 

Der Kriminalroman liest sich quasi wie von selbst. Man kann sich der Erzählweise, d. h. der Geschichtenführung der Autorin vertrauensvoll überlassen, denn sie quält den Leser nicht mit willkürlich eingesetzten Zeitverschiebungen oder mit wilden Handlungssprüngen, die so oft als Mittel zur Spannungserhöhung eingesetzt werden. Man bleibt lange Zeit ahnungslos, liest sich mit anhaltender innerer Spannung durch mühselige Ermittlungsarbeit und durch die sich letztlich ergebenden überraschenden Wendungen. Die Autorin schreibt fesselnd, mit ab und zu durchblitzendem geistreichem Humor, gelegentlich dezent  angereichert mit Wissenswertem. Sie hat spürbar Freude daran, die verschiedenen Ebenen ihres Krimis gleichermaßen intensiv zu gestalten. Wenn sie zum Beispiel psychopathologisch ins Extreme geht, indem sie den Täter selbst erzählen lässt, oder wenn sie mit ihrer Geschichte sehr  nah an unseren Alltag rückt und mit unseren ureigensten Ängsten spielt.

 

Kurzum: Es handelt sich um einen raffinierten, nahezu durchweg spannenden Kriminalroman mit einem Schuss Humor, mit realistisch-lebensnahen Szenen, die den Leser packen,  psychologisch schlüssig, in einer ausdrucksstarken und bildhaft-plastischen Sprache geschrieben. Allen Krimi-Fans uneingeschränkt zu empfehlen!

 

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Michael Meisheit

Wir sehen dich sterben

 

 

·         Taschenbuch: 448 Seiten

·         Verlag: Heyne Verlag

·         ISBN-13: 978-3453439825

#Wirsehendichsterben

 

 

Atemlos spannend bis zum fulminanten Ende

 

Mehr Spannung geht kaum noch! Diesen Thriller sollte man nur zu lesen beginnen, wenn man Zeit hat. Denn einmal angefangen, kann man das Buch nicht mehr weglegen.

 

Eine geniale bahnbrechende Erfindung soll in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt werden: Ein Chip wird im Sehnerv eines Menschen implantiert, und in der Folge kann man mithilfe komplexer Software das Blickfeld dieses Menschen live auf einen Bildschirm übertragen. Doch dass diese Erfindung sich in Händen skrupelloser Menschen befindet, wird Nina Kreutzer, einer jungen Wissenschaftlerin und Augenärztin, erst nach und nach klar. Denn es wurden 6 Chips verschiedenen Menschen ohne deren Wissen implantiert. Als einer nach dem anderen dieser Chipträger ermordet wird und Nina in vollem Ausmaß klar wird, mit welch gewaltbereiten gewissenlosen Drahtziehern sie es zu tun hat, nimmt sie zusammen mit dem Polizisten Tim Börde den Kampf auf. Aber ein ums andere Mal kommen sie zu spät, denn es gibt wohl einen Maulwurf bei der Polizei selbst…

Thriller, deren Plot die fiktive Technik und deren Missbrauch zum Thema haben, besitzen eine besonders starke Wirkung auf uns, denn können wir wirklich ausschließen, dass Technologien, die uns komplett überwachen, nicht schon bald, ohne dass wir es merken, die Herrschaft übernehmen? Anfänglich hatte ich ein wenig Mühe, mich einzulesen. Ich empfand den Schreibstil zunächst als etwas schwerfällig, die langen Passagen ohne Absätze erschwerten zusätzlich das Lesen. Auch wirkten die Schilderungen wenig empathisch, sodass mir die Protagonisten allesamt nicht besonders nahe kamen. Dennoch war der Thriller für mich ein Lese-Highlight. Die relativ kurzen Szenen werden ohne vorsätzliches Verzetteln minutiös chronologisch aufeinander folgend beschrieben. Auch wenn die Örtlichkeiten und die Perspektiven wechseln, verhilft die klare zeitliche Linie des Erzählens zu einem enorm intensiven Spannungsaufbau. Der Autor schafft es grandios, die Spannung Seite um Seite kontinuierlich ansteigen zu lassen bis hin zu dem fulminanten Ende. Schließlich legt man erschöpft das Buch weg, aber der fiktive Plot bleibt im Kopf. Denn wer weiß… So ganz unbefangen gehe ich ab sofort nicht mehr zum Augenarzt.

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Jørn Lier Horst

Wisting und der Tag der Vermissten

 

 

·         Broschiert: 464 Seiten

·         Verlag: Piper Paperback

·         ISBN-13: 978-3492061414

·         Originaltitel: Katharina-koden

#WistingundderTagderVermissten

 

Ruhig-gespanntes Katz- und Mausspiel

 

Für mich war dieser Autor eine Entdeckung! Ganz sicher werde ich auch den zweiten Band mit Kommissar Wisting lesen, denn Jørn Lier Horst trägt den Leser absolut sicher und verlässlich durch alle spannenden Geschehnisse des Cold Cases und kommt dabei ganz ohne marktschreierische Effekte aus – eine Wohltat.

 

Jedes Jahr trifft Kommissar William Wisting den Ehemann der vor 24 Jahren verschwundenen Katharina Haugen. Sie treffen sich freundschaftlich zu einem Angelausflug in einer abgelegenen Hütte. Der Fall der verschwundenen Katharina konnte nie gelöst werden. Über die Jahre hinweg hat Wisting die Ermittlungsakten wieder und wieder studiert, ohne weiterzukommen. Doch dieses Jahr wird aus diesem Ausflugsritual eine mehr als gefährliche Situation.

 

Das Lesen dieses perfekt durchkomponierten Kriminalromans habe ich sehr genossen. Der Autor hat es nicht nötig, durch wildes Hin- und Herspringen in den Zeiten und Perspektiven eine Pseudospannung aufzubauen. Er erzählt in ruhigem, folgerichtigem Erzählton auf feine, geradezu feinfühlige Weise und so detailliert, dass man das Gefühl hat, bei jedem einzelnen Ermittlungsschritt, bei jeder sich neu ergebenden Situation dabei zu sein, so intensiv, als würde man selbst jedes Blatt der umfangreichen Ermittlungsakte sichten und neu bewerten. Die relativ kurzen Kapitel machen das Lesen angenehm, die eigene Aufmerksamkeit wird geschickt wechselnd auf die verschiedenen überzeugend dargestellten Protagonisten gelenkt. Man befindet sich als Leser mitten in einem raffinierten Katz- und Mausspiel und wird weiter und weiter in eine seltsam still-gespannte Haltung getrieben, lauernd wie eine Katze vor dem Mauseloch. Genau so soll meiner Meinung nach ein Kriminalroman sein!

 

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Arno Strobel

Offline

 

 

·         Broschiert: 368 Seiten

·         Verlag: FISCHER Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3596703944

#offline

 

Gute Spannungsunterhaltung

  

Manchmal tut es gut, sich einfach nur spannend unterhalten zu lassen, sich unangestrengt durch eine fesselnde Handlung tragen zu lassen. Dafür ist dieser Autor immer gut, und das vorliegende Buch ebenso.

 

Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe ganz unterschiedlicher junger Menschen findet sich in einem einsam gelegenen Berghotel zusammen, um sich auf das Abenteuer einer digitalfreien Zeit einzulassen. In 2000 m Höhe, bei extremem dauerhaftem Schneefall gefangen in einem Hotel, das eigentlich nicht in Betrieb ist, sondern sich in großen Teilen in Renovierung befindet und jenseits aller Möglichkeiten, mit dem Rest der Welt Kontakt aufzunehmen – diese Ausgangssituation allein schon genügt, um unangenehme Gefühle aufkommen zu lassen. Als am zweiten Tag ein Mitglied der Gruppe verschwindet und nach ausgiebiger Suche schwerst misshandelt aufgefunden wird, beginnt der Albtraum immer bedrohlicher zu werden, denn niemand kann zu Hilfe gerufen werden.

 

Hier bedient Arno Strobel eine klassische Thriller-Ausgangssituation: eine Gruppe von Menschen, die sich in einer lebensbedrohlichen Situation befindet, völlig allein auf sich gestellt. Die Digitalabstinenz im vorliegenden Buch ist im Grunde nur „modernes“ Beiwerk. Interessant sind bei solchen Plots immer die unterschiedlichen Reaktionen der Gruppenmitglieder, insbesondere wenn der Leser ebenso wie die Protagonisten völlig im Unklaren gelassen wird, von welcher Seite aus die Bedrohung kommt. Ein paar Seiten benötigte ich, um mich an den etwas spröden Erzählstil zu gewöhnen, aber schnell war ich gerade dank dieses schnörkellosen Schreibstils gefangen in der Handlung, befand mich mitten in der Gruppe, deren Teilnehmer sich unter der nicht fassbaren Bedrohung von Stunde zu Stunde veränderten, als Einzelpersonen ebenso wie auch als Gruppe. Von Schockstarre bis zu blindem Aktionismus, von schutzsuchender Annäherung bis zu generalisiertem Misstrauen – wir erleben als Leser eine große Bandbreite der Reaktion auf die Horrorsituation.

 

Kurzum: Das vorliegende Buch ist ein fesselnd zu lesender, beklemmender Psychothriller mit einem Plot, den man so ähnlich schon öfter gelesen hat. Er ist spannend umgesetzt, sprachlich mitunter ein wenig hölzern-spröde, insbesondere bei den Dialogen, aber als reine Spannungsunterhaltung perfekt.

 

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Camilla Grebe

Tagebuch meines Verschwindens

 

 

·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 609 Seiten

·         Verlag: btb Verlag

·         ISBN: 978-3-442-71881-8

         #TagebuchmeinesVerschwindens

 

Wenn Vergessen die einzige Chance ist

  

600 Seiten Lesefutter, nicht zum Nägelkauen nervenaufreibend, aber so fesselnd, dass man liest und liest und nicht mehr mitbekommt, wie die Zeit um einen herum vergeht…

 

Da gibt es einen Cold Case mit einem vor vielen Jahren gefundenen Skelett an einem einsamen Platz mitten im Wald, und jetzt wiederum eine Tote, genau an dem gleichen Platz abgelegt. Ein Kommissar verschwindet. Und eine wirre Frau ohne Gedächtnis wird im Wald aufgegriffen. Da gibt es einen verunsicherten Jungen, der so gerne Frauenkleider trägt und dies als Krankheit sieht. All dies geschieht im und um den trostlosen Ort Ormberg, der mitten in den finsteren Kiefernwäldern liegt und in dem noch andere eigenbrötlerische Menschen leben, die meisten alt und resigniert. Niemand versteht, dass genau an diesem gottverlassenen Ort Flüchtlinge einquartiert werden, denen von Staats wegen viel geschenkt wird, genau vor den Augen der Bewohner, die selbst nichts haben bis auf ihre eigene heruntergekommene Bleibe.

 

Camilla Grebe schreibt ohne Schnörkel, ohne unnötige Zeitsprünge, ohne die Handlung in Schnipseln zu servieren. All diese „Stilmittel“ hat sie nicht nötig. Sie schreibt aus insgesamt drei Blickwinkeln, aber immer die Handlung klar verfolgend, und das macht das Lesen so überaus angenehm. Sie nimmt sich viel Zeit, die Protagonisten in ihrer jeweiligen Sichtweise, in ihrem jeweiligen Erleben darzustellen, wobei ich persönlich die größte emotionale Nähe zu Jake, dem von vielerlei Problemen gequälten Jungen, empfand. Die junge Polizistin Malin, die in Ormberg aufgewachsen ist, tut sich schwer, erneut mit der Tristesse ihres Heimatortes zu Recht zu kommen. Und Hanne, die Profilerin, spürt zunehmend die Qualen der fortschreitenden Demenz. Durch die Augen dieser drei Personen erleben wir eine lange Zeit auf der Stelle tretende Ermittlungsarbeit, die erst gegen Ende des Buches in einer überraschenden Wendung zur Aufklärung findet. Die Stärke der Autorin liegt eindeutig in der Kraft ihrer Schilderungen der allgewaltigen Natur, deren immenser Sog grenzenlose Hoffnungslosigkeit zurücklässt. Camilla Grebes atmosphärisch dichte Schilderung der mächtigen Wälder und des von der Welt vergessenen Ortes Ormberg lassen die Menschen dort geradezu machtlos wirken, einsam und in ihrer eigenen Verlorenheit ohne Chance des Entkommens. Eisig kalt wird es dem Leser beim Eintauchen in dieses Psychogramm eines Ortes des Schweigens, denn, wie die Autorin im Nachwort schreibt: „Ormberg ist  überall…“

 

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Dervla McTiernan

Todesstrom

 

 

·         Broschiert: 464 Seiten

·         Verlag: Heyne Verlag

·         ISBN-13: 978-3453422612

·         Originaltitel: The Ruin

·         #Todesstrom

 

Menschliche Verstrickungen, spannend erzählt

  

Die Autorin ist für mich eine Neuentdeckung. Mit „Todesstrom“ legt sie einen ruhigen Kriminalroman vor - ruhig, aber keine Sekunde langweilig. Im Gegenteil!

 

Cormac Reilly war erfolgreicher Detective einer Sondereinheit in Dublin, kehrt aber aus Liebe zu Emmy in den normalen Polizeidienst nach Galway zurück. Dort holen ihn Erinnerungen aus seiner Anfangszeit als blutjunger Polizist ein, als er in einem heruntergekommenen Landhaus zwei völlig vernachlässigte, abgemagerte Kinder vorgefunden hatte. Maude war 15 und Jack 5 Jahre. Im Schlafzimmer lag die Mutter, tot, bereits halbverwest. Man ging von Selbstmord der drogensüchtigen Mutter aus und legte den Fall zu den Akten. Jetzt, 20 Jahre später, hat Reilly erhebliche Probleme mit seinen feindseligen Kollegen. Man bürdet ihm allerlei ungelöste frustrierende Fälle auf. Lediglich mit Danny, den er noch aus der Polizeischule kennt, verbindet ihn eine lose Freundschaft. Als aktuell ein Selbstmord eines jungen Mannes zu bearbeiten ist, der sich als der damals von Reilly aufgefundene 5-jährige Jack erweist, ergeben sich für Cormac Reilly merkwürdige, unerklärliche Verbindungen in die Vergangenheit einerseits, aber auch verworrene Verstrickungen in der Gegenwart andererseits. Nichts, aber auch gar nichts passt zueinander…

 

Als erstes fiel mir, als ich das Buch in Händen hielt, die seltsame, samtig wirkende Haptik des Einbandes auf. Schön und absolut unempfindlich! Gleichermaßen fiel mir allerdings auch die schlechte Papierqualität auf. Dessen ungeachtet hat mich der Roman von der ersten Seite an gefesselt, und das bis zum Ende 460 Seiten später. McTiernan erzählt in ruhigem Fluss, aber eindringlich, mit lebendigen Interaktionen. Ihre Protagonisten werden in ihrer jeweiligen Individualität so plastisch vorgestellt, dass der Leser schnell Sympathien und Antipathien verteilt, aber immer wieder auch verunsichert wird, ob diese Gefühle richtig sind. Überhaupt wird man so ins Geschehen eingebunden, dass man ähnlich wie Reilly immer wieder ins Grübeln verfällt und doch keine schlüssigen Erklärungen findet, und dies bis zum fulminanten Ende, das schließlich alle losen Erzählfäden schlüssig verknüpft und so alle Unklarheiten einen Sinn im Gesamten finden.  

 

Fazit: Ein ruhiger Kriminalroman  über Korruption und menschliche Verstrickungen mit gut ausgearbeiteten Charakteren, düster und sehr, sehr unterhaltsam.

 

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Judith Merchant

Atme!

 

 

·         Broschiert: 384 Seiten

·         Verlag: KiWi-Paperback

·         ISBN-13: 978-3462052237

·         #Atme

 

Thriller im Kopf

 

Angelockt von einem großartig gestalteten Cover, minimalistisch und erschreckend gleichermaßen, las ich mich nahezu ohne Pause durch einen besonderen Thriller. Besonders, weil sich die in Thrillern erwarteten brutalen Szenen im Kopf abspielen. Klingt fast ein wenig langweilig für grausamkeitserprobte Thriller-Fans, und doch war ich vom Buch von Anfang bis Ende restlos gefesselt.

 

Nile und Ben – das ist die ganz große Liebe. Ein unzertrennbares Paar, so scheint es. Da verschwindet Ben spurlos während eines Einkaufsbummels und Nile stürzt von einem Gefühlschaos ins andere, von Hoffnung zu Verzweiflung, von Hysterie zu logischem Nachdenken. Was könnte geschehen sein? Niemand will Nile glauben oder ihr gar helfen, nicht die Verkäuferin, nicht Bens Freunde. Lediglich Bens Frau Flo zeigt sich seltsamerweise kooperativ, und beide Frauen stoßen bei ihren Nachforschungen auf merkwürdige Ungereimtheiten in Bens Leben. Die Suche wird zur Jagd, bei der letztlich niemandem zu trauen ist.

 

Mir kommt das Buch vor wie ein sorgsam schön und mehrfach verpacktes Geschenk. Der Leser muss einige Geduld aufbringen, um alle Schleifen, alle Klebestreifen zu entfernen und Stück für Stück das Geschenkpapier zu lösen, bis er schließlich zum Inneren des Buches gelangt. Doch die geduldige Mühe heißt nicht, dass man gelangweilt vorgeht, sondern voller Spannung, was sich wohl hinter all der Verpackung verbirgt, was die Wahrheit hinter allem Geschehen sein könnte. Kurze Kapitel, eindringliche Schilderungen, beunruhigende Vorkommnisse schaffen im Leser eine permanente innere Unruhe, die zum Weiterlesen treibt. Minutiös erzählt die Autorin von feinsten Regungen, Erinnerungen, von Gedanken der Hoffnung und Befürchtung. Und in all dem Chaos scheint Unerklärliches verpackt zu sein.  Wenn Innen- und Außenwelt nicht mehr kongruent sind, wenn Liebe und Angst zu einer gefährlichen explosiven Mischung werden, die die Wirklichkeit verzerrt  - all dies ist in den vielen unvorhersehbaren Wendungen so atemlos erzählt, dass der Titel Atme! wie ein hilfreicher Zuruf an den Leser wirkt.

 

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Camilla Grebe, Asa Träff

Durch Feuer und Wasser

 

·         Taschenbuch: 480 Seiten

·         Verlag: btb Verlag

·         ISBN-13: 978-3442717248

·         Originaltitel:Eld och diupa vatten

·         #DurchFeuerundWasser

 

Sozialkritisch gefärbter Psychothriller

 

Leider hatte ich bislang noch nichts von den Schwestern Camilla Grebe und Asa Träff gelesen.  Die Lektüre des vorliegenden Psychothrillers, dem dritten Band rund um die Profilerin Siri Bergman, hat mich darin bestärkt, unbedingt auch die Vorgängerthriller lesen zu wollen.  Denn ich fühlte mich von Beginn an richtig gut und spannend unterhalten.

 

Zwei Geschwister werden der drogensüchtigen Mutter weggenommen und zu zwei verschiedenen Pflegeeltern gegeben. Kurz nacheinander verschwinden diese Kinder, ohne dass man zunächst einen Zusammenhang finden kann. Ein Foto taucht im Internet auf, auf dem die beiden verschwundenen Kinder zusammen mit einer unbekannten Frau in einer heimelig wirkenden Szenerie zu sehen sind. Genau diese fremde Frau wird einige Tage später tot aufgefunden. Das Ermittlerteam ist völlig ratlos, weil sich jeder Denkansatz, jede vermeintliche Spur im Nichts verliert. Psychotherapeutin und Profilerin Siri Bergman, gerade selbst in einer sehr schwierigen privaten Lebenssituation, ahnt, dass nur noch wenig Zeit bleibt, um die Kinder zu retten bzw. um diesen merkwürdigen Fall aufzuklären.

Der Psychothriller hat einen sozialkritischen Ansatz, der schwer zu ertragen ist. Überhaupt schafft der lebendig-intensive Schreibstil eine sehr dichte Atmosphäre, wobei die psychologische Ebene Grausamkeiten offenbart, die im Grunde schlimmer sind als Szenen brutaler körperlicher Gewalt wie in manch anderen Thrillern. Ein weiterer Misshandlungsfall kreuzt die Haupthandlung, wobei man recht schnell Zusammenhänge ahnt. Dennoch bleibt die Erzählweise immer spannend und kurzweilig. Der Leser bleibt nicht verschont von Gefühlen der Betroffenheit bis hin zu denen des puren Entsetzens. Die Charaktere sind psychologisch gut nachvollziehbar und authentisch in ihrem Denken und Handeln..Lediglich der Darstellung der Protagonistin wurde mir zuviel Raum gewidmet. Denn  durchaus  machen die privaten Probleme von Siri Bergman ihre Figur menschlicher und nachvollziehbarer, aber mir war dieses Thema insgesamt etwas zu breit ausgewalzt. Dennoch habe ich den beklemmenden Psychothriller gern und sehr zügig gelesen.

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Bo Svernström

Opfer

 

 

·         Taschenbuch: 592 Seiten

·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3499276293

·         #Opfer

 

Ein überragendes Thriller-Debüt - allerdings nichts für Zartbesaitete

  

Kommissar Carl Edson wird in eine Scheune in der Nähe von Stockholm gerufen. Dort liegt ein nackter Mann, brutal misshandelt und gefoltert. Der Ermittler entdeckt mit Entsetzen, dass der Mann noch lebt. Das Opfer ist ein Krimineller mit vielen Feinden. Doch er stirbt, bevor er eine Aussage machen kann. Die Journalistin Alexandra Bengtsson berichtet als erste über den Fall und bleibt auch in der Folge am Ball, denn es geschehen weitere entsetzlich grausame Morde. Einen Zusammenhang oder eine konkrete Spur können Carl Edson und sein Team nicht finden, jeder weitere Mord schafft noch mehr Verwirrung…

 

Der Autor Bo Svernström hat mich mit seinem Thriller-Debüt restlos überzeugt, geradezu begeistert. Er hat einen Pageturner geschrieben, bei dem alles, aber auch wirklich alles stimmt. Das Buch hat mich von Anfang bis Ende gefesselt. Passend zum Inhalt würde ich sagen, es hat mich geradezu festgenagelt. Es liest sich wie im Flug, sowohl durch den klaren schnörkellosen Schreibstil als auch durch die leserfreundlichen Kapitellängen. Die in ihren Persönlichkeiten recht unterschiedlichen Protagonisten werden ebenso nüchtern und präzise, auf ihre wesentlichen Merkmale reduziert, geschildert, kurz, aber so treffend, wie einem guten Karikaturisten prägnante Portraits gelingen. Der Buchaufbau und Spannungsaufbau sind besonders. Der Thriller beginnt „normal“, mit diversen Morden, frustraner Ermittlungsarbeit und verwirrenden Spuren. Dann dreht die Handlung überraschend, und wir drehen uns in der Welt des Mörders schwindelig um uns selbst. Ich hatte das Gefühl, der Autor lässt uns beim Lesen keine Zeit zu atmen, weil blutige Grausamkeiten und detailreich geschilderte Nervenkitzel einerseits und wendungsreiche Überraschungen andererseits von Anfang bis Ende Hochspannung und Faszination erzeugen. Perfekt!

 

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Andreas Winkelmann

Tief im Wald und unter der Erde

 

 

·         Taschenbuch: 416 Seiten

·         Verlag: Goldmann Verlag

·         ISBN-13: 978-3442489459

·         #TiefimWaldundunterderErde

 

Atemlose Spannung

 

Da mich in der letzten Zeit drei Thriller von Andreas Winkelmann restlos überzeugt hatten, wagte ich mich mit dem vorliegenden Buch an einen Thriller, der bereits 2009 erschienen war. Und was soll ich sagen: Wieder war ich gezwungen, geradezu atemlos durch das Buch zu jagen, weil es mich nicht eine Sekunde aus der Spannung entließ!

 

So kündigt der Verlag das Buch an: „Eine einsame Bahnschranke im Wald, dunkle Nacht. Seit an diesem Ort vier ihrer Freunde bei einem mysteriösen Unfall ums Leben kamen, wird Melanie von panischer Angst ergriffen, wenn sie hier nachts anhalten muss. Denn jedes Mal scheint es ihr, als krieche eine dunkle, schemenhafte Gestalt vom Waldrand auf ihren Wagen zu. Niemand glaubt ihr – bis die junge Jasmin Dreyer verschwindet, und ihr Fahrrad an der Bahnschranke gefunden wird …“

 

Ein weiteres Mal überzeugte mich Andreas Winkelmann von seiner Gabe, auf perfekte Weise grausiges Schauern, atemlose Spannung, Entsetzen und Abscheu in einen Plot zu verpacken, der schier Unausdenkbares enthält und mitten in unsere tiefsten Ängste eindringt. Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven, nicht nur aus Sicht der sympathischen lesbischen Ermittlerin Nele Kamiter, sondern wir können uns auch mit der zerstörten Persönlichkeit des Täters befassen.

 

Andreas Winkelmann ist für mich einer der besten Thriller-Autoren. Punkt.

 

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Karen Sander

Wenn ich tot bin

 

 

·         Taschenbuch: 288 Seiten

·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3499291593

·        #Wennichtotbin

 

Ein Thriller, der den Leser vor sich herjagt

 

Die Autorin kannte ich bislang nicht, weder unter ihrem richtigen Namen Sabine Klewe noch unter ihrem Pseudonym Karen Sander, und ich war erstaunt, wie viele Thriller aus ihrer Feder bislang ungelesen meiner Aufmerksamkeit entgangen waren. Nach Lektüre des vorliegenden Buches habe ich eine neue Thriller-Lieblings-Autorin gefunden!

 

Welch ein Drama gleich zu Beginn. Die 19-jährige Madelin McFarland wird völlig verängstigt in der Nähe ihres Zuhauses aufgegriffen und zu ihrer überglücklichen Mutter gebracht. Madelin war die Flucht aus 10-jähriger Gefangenschaft eines brutalen Entführers gelungen. Doch wenige Stunden später ist Madelin erneut verschwunden, der Stiefvater Stuart liegt schwer verletzt im Haus und die jüngere Tochter Harper ist völlig verstört und spricht kein Wort. Detective Sergeant Kate Fincher von der Polizei in Edinburgh will zusammen mit ihrem Kollegen Inspector Tom Pine alles daran setzen, Madelin zu finden. Die beiden stoßen auf Spuren einer jungen Frau, die sich Amy nennt…

 

Der Roman spielt in den schottischen Highlands, einer Welt der Mythen und Sagen, mit seinen unendlich scheinenden Wäldern. Ein ideales Szenario für Flucht, Verstecken, Gejagt-Werden. Das Buch ist im Präsens geschrieben, was immer eine besondere Nähe zum Leser schafft. Ein weiterer geschickter Schachzug der Autorin sind die Perspektivwechsel, in denen der Leser das Geschehen aus Sicht der unterschiedlichen Protagonisten miterlebt. Mir gefällt besonders gut, dass der Ermittler Tom nicht der Unfehlbare ist, dass er Fehler macht, dass er etwas übersieht, menschlich eben – eine Wohltat im Vergleich zu den häufig beschriebenen Überfliegern, den überperfekten Ermittlern, die quasi unkaputtbar ihren Weg gehen. Die unterschiedlichen Blickwinkel treiben die Spannung geschickt in die Höhe. Und immer wenn der Leser glaubt, jetzt sei alles klar und würde sich endgültig auflösen, dann schafft es die Autorin, die Handlung so zu drehen, dass das, was sicher zu sein scheint, sich plötzlich ganz anders darstellt und man völlig verwirrt  mit neuen Erkenntnissen dasteht. Das Buch treibt den Leser sozusagen vor sich her, jagt ihn durch die Seiten, besser geht es nicht.

 

Deshalb meine absolute Leseempfehlung für diesen gekonnt geschriebenen Thriller.

 

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Paul Weiler

Tödliche neue Welt

 

 

·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 348 Seiten

·         Verlag: GMEINER Verlag

·         ISBN: 978-3-839224304

·         #TödlicheneueWelt

  

 Beunruhigend nahe

 

Mit hohen Erwartungen begann ich den neuen Kriminalroman von Paul Weiler zu lesen. Und siehe da, bereits nach wenigen Seiten war ich restlos begeistert, allein schon wegen des vorgestellten genialen Taubenvertreibungsgerätes! Meine bisherigen primitiven Wasserspritzpistolenangriffe wirken dagegen geradezu lächerlich… Und genau das ist eine der großartigen Fähigkeiten dieses Autors, uns eine gar nicht so ferne Zukunft mit all ihren technischen und nicht immer nur segensreichen Möglichkeiten so nahe zu rücken, dass ein beunruhigendes Gefühl weit über die Lektüre des Buches hinaus zurückbleibt.

 

In Münster bricht ein weltberühmter Künstler vor seiner Fangemeinde tot zusammen. Innerlich zerfetzt. Rätselhaft. Unerklärlich. Hauptkommissar Ivens dringt bei seinen Ermittlungen staunend  immer weiter ein in die Welt von morgen, in der Smartphones und Drohnen Ungeheueres in sich tragen, in der Hacker eine unfassbare Macht besitzen. Und bei dem einen Toten bleibt es nicht…

 

Auch bei diesem Buch kann ich wiederum nur begeistert feststellen, dass der Autor schreiben kann, und wie! Fesselnd, lebendig, nie oberflächlich seicht, psychologisch stimmig, die Spannung schöpfend aus der Bedrohlichkeit unserer nahen Zukunft. Paul Weiler ist mit diesem Kriminalroman wiederum ein erschreckend realistisches Buch gelungen, geradezu gespenstisch erschreckend, weil dem Leser schnell klar wird, dass die vom Autor erdachten Möglichkeiten in ihrer Fantastik so bedrohlich nahe sind, dass sie quasi schon vor unser aller Türen stehen und wir nur zu gerne bereit sind, sie einzulassen.

 

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Andreas Winkelmann

Die Lieferung

 

 

·         Taschenbuch: 400 Seiten

·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3499275173

·         #DieLieferung

 

Geschicktes Spiel mit unseren eigenen Ängsten

 

Und wieder ein neuer Thriller von Andreas Winkelmann, einem Autor, der mich von Buch zu Buch weiter packt und begeistert. Er spielt auch hier wieder gekonnt mit unseren eigenen Ängsten.

 

Bei dieser Neuerscheinung jongliert Winkelmann in besonderer Weise mit Albträumen, die den Leser deshalb so intensiv packen, weil jeder sie sich in seinem eigenen Leben vorstellen kann. Sich verfolgt zu fühlen. Nichts tatsächlich zu sehen, keinen konkreten Verdacht zu haben. Sondern ausschließlich das Gefühl zu haben, dass da ein Schatten ist, immer da, immer beobachtend, und doch unsichtbar. Und niemand glaubt Viola, der genau dies geschieht.  Der engagierte Kommissar Jens Kerner hat es mit einem seltsamen Vorfall zu tun. Denn es wird eine verstörte und halb verhungerte Frau aufgegriffen. Vermutlich wurde sie jahrelang gefangen gehalten.  Bevor er sie verhören kann, stirbt sie. Es gibt weitere Vermisstenfälle und noch eine Tote. Zusammen mit der scharfsinnigen Kollegin Rebecca und ihrer besonderen Fähigkeit, sich jedes einmal gesehene Gesicht einprägen zu können, gerät Jens Kerner ohne es zu ahnen dem perfiden Täter so nahe, dass alle in unglaubliche Gefahr geraten.

 

Wie immer gelingt es Andreas Winkelmann, von der ersten Seite an den Leser zu packen und nicht mehr loszulassen, bis die letzte Seite umgeschlagen ist. Dunkle, Angst auslösende Szenen oder  durch das Geschehen ausgelöste Schrecksekunden intensivieren zusätzlich das Leseerleben. Überhaupt spielt der Autor gekonnt auf der gesamten Klaviatur der Möglichkeiten eines Autors: Gruselige, humorvolle, nachdenkliche, ernste und extrem spannende, actionreiche Szenen wechseln sich ab und machen das Lesen zu einem besonderen Lesegenuss. Der Autor schreibt fesselnd, flüssig und lebendig und verfällt glücklicherweise nicht dem derzeit so sehr in Mode gekommenen Stilmittel der szenisch zerhackten Erzählweise. Zwar gibt es Perspektivwechsel, aber für den Leser bleibt die Handlung stets folgerichtig nachvollziehbar bis zum fulminanten Ende. Keine aufgeblasene, künstlich konstruierte, unnötig komplizierte Geschichte, keine schrägen oder seelisch beschädigten Ermittler, sondern bedrohlich realistisch geschilderte Geschehnisse, ein geschicktes Spielen mit Ängsten, die wir alle kennen. Absolute Leseempfehlung, allerdings nichts für ängstliche Gemüter.

 

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 Matthias Boll

 Mord am Mandela Square

 

 

 ·         Taschenbuch: 304 Seiten

 ·         Verlag: TiA Verlag Köln

 ·         ISBN-13: 978-3948208028

 ·         #MordamMandelaSquare

  

Leider gar nicht gut

 

„Ein Kriminalroman aus Südafrika“ klingt verlockend, das dazu passende Cover ebenso. Insofern war ich positiv neugierig gestimmt, einen für mich neuen Autor kennen zu lernen. Doch die erste Lesevorfreude wurde schon mal etwas ausgebremst durch das ausgesprochen leseunfreundliche, weil zu klein gestaltete Schriftbild. Das Lesen strengt sehr an. Und durch das billige Papier, das, so hat man das Gefühl, schon während des Lesens vergilbt, macht das Buch auch haptisch keine Freude. Leider erfüllt das vom Autor gelobte Fehlersuchprogramm nicht den Dienst, den ein menschlicher Korrektor perfekt erfüllen würde. So „übersieht“ so ein Programm sehr  gerne die erforderlichen Großschreibungen bei „Sie“ und „Ihnen“. Oder fehlende Wörter bemerkt so ein Programm ebenfalls gerne. Also rundum: Es gibt reichlich Fehler im Text, bis hin sogar auf der Buchrückseite die fehlerhafte Schreibweise von Mfuneni.

 

Doch weg von den Äußerlichkeiten hin zum Inhalt. Der Autor kündigt sein Buch so an: „Johannesburg. Eine Leiche in einer Badewanne, eine weitere in einem angrenzenden Township. Beide arrangiert wie gewöhnliche Todesfälle, tatsächlich aber Morde. Zufällig mitten im Geschehen: Naturwissenschaftler Frank Sattler, der in der Stadt eigentlich nur Urlaub machen wollte. Sattler taucht ein in die Schattenwelt Johannesburgs. Er gerät in die dunkelsten Ecken der Metropole – und trifft dort auf die skrupellosesten Menschen. Die Dinge geraten schnell außer Kontrolle, und Sattler wird zum Gejagten. Zusammen mit Pia und Mfuneni, zwei Aktivisten, tritt er gegen Gegner an, die ihnen in allen Belangen überlegen scheinen…“

 

Klingt gut. Und es gibt durchaus auch spannende, temporeiche Passagen im Buch. Doch dies allein genügt halt nicht, um einen lobenswert guten Kriminalroman vorzulegen. Langatmige technische Details bremsen die Leselust ebenso aus wie unnötige, triviale Textpassagen. Die Protagonisten bleiben blass, fade, psychologisch unglaubwürdig und für den Leser nicht nachvollziehbar. Vollends verloren hat für mich der Roman bereits an der Stelle, als Sattler Pia, die Tochter seines Freundes (!), die er eigentlich retten soll, mal eben nach allen Regeln der Kunst „vernascht“ und  Pia zu ihm anschließend sagt: „Du warst großartig“. Sorry, was haben solche fraglichen Altmännerträume im Buch verloren? Die Handlung als solche ist ein Wirrwarr verschiedener Themen, zusammengewürfelt, teils unlogisch. Verpackt ist das Ganze in einen spröden, zähen, schwerfälligen, uninspirierten Erzählstil. Ach ja, dass mir nach Lektüre des Buches von Südafrika nur der Eindruck stinkender Müllberge  zurückbleibt, ist mir für einen „Kriminalroman aus Südafrika“ leider ein bisschen wenig…

 

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Ingrid Davis

Aachener Untiefen

 

 

·         Taschenbuch: 400 Seiten

·         Verlag: KBV Verlags- & Medien GmbH

·         ISBN: 978-3-95441-459-8

·         #AachenerUntiefen

 

Spritzig-witzige und spannende Krimikost

 

Was tut man nicht alles als Bücher-Besessene! Da spielt ein Kriminalroman während einer mörderischen Hitzewelle, und ich lese das Buch während einer mörderischen Hitzewelle. Mehr Hingabe ans Buch geht gar nicht. Das im Buch geschilderte Ambiente eines Freibades bringt allerdings nicht die erhoffte Abkühlung, im Gegenteil…

 

Worum geht es? In der Detektei Schniedewitz & Schniedewitz reißt ein kleiner Auftrag Britta Sander und Eric Lautenschläger aus ihrer Langeweile. Sie sollen im Freibad Hangeweiher in Aachen den mehrfach gesichteten Spannern auf die Spur kommen. In Bikini und Badehose arbeiten zu dürfen, klingt nach einem der Hitze angemessenen Einsatz, aber der Fund einer Leiche in einer Umkleidekabine, erwürgt und mit zwei Einwegkanülen in den Augen steckend, lässt schnell den Ernst der Situation erkennen. Und bei dieser einen Leiche bleibt es nicht.

 

Da ich noch keinen Kriminalroman von Ingrid Davis gelesen hatte, waren mir die Protagonisten unbekannt. Aber nur wenige Seiten lang, dann die Erzählweise ist so lebendig und frisch, so herrlich spritzig-witzig in den Konversationen, dass mir Britta Sander, die Ich-Erzählerin, und ihre Helfer, aber auch die anderen geschilderten Personen sehr schnell ans Herz wuchsen. Einzig Tahar ging mir tierisch auf die Nerven. Nicht als Person, sondern weil ihm die Autorin einen übertriebenen, nervig-unnötigen, pseudo-französischen Touch mit zig ö in jedem Satz verpasste, und dies konsequent im gesamten Buch. Das war zuviel, blöd zu lesen und ganz und gar nicht französisch! Ansonsten ist der Kriminalroman von der ersten Seite an bis zum rasanten Schlusssprint sehr spannend, sehr wendungsreich, sehr vergnüglich und sehr kurzweilig. Egal wie heiß es ist: Unbefangen in ein Freibad gehen kann ich nach Lektüre dieses Kriminalromans nicht mehr!

 

Fazit: Feines Lesefutter, nicht nur für heiße Tage.

 

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Alexander Hartung

Vom gleichen Blut

 

 

·         Taschenbuch: 307 Seiten

·         Verlag: Edition M

·         ISBN-13: 978-2919806492

·         #VomgleichenBlut

 

Reine Urlaubslektüre

 

Eine Urlaubslektüre ist dieses Buch allemal, denn es lässt sich leicht und flüssig lesen, es unterhält und ist durchaus spannend.

 

Worum geht es? Die 14-jährige Tochter eines reichen Bauunternehmers wird entführt. Dabei wird der Chauffeur erschossen. Die offiziellen Ermittlungen gehen von einem Racheakt aus, und zwar ausgeführt von einem Opfer eines zurückliegenden Bauskandals. Es dringen kaum Informationen an die Öffentlichkeit, was merkwürdig ist. Nik Pohl, ehemaliger Kripoermittler, glaubt an ein Ablenkungsmanöver und geht auf eigenen Wegen erfolglos verschiedenen Spuren nach. Bis er selbst bedroht wird und ein weiterer Jugendlicher verschwindet….

 

Tja, was gibt es zu diesem Buch sonst noch zu sagen außer dass es eine relativ spannende Unterhaltung bietet? Die Protagonisten bleiben mir allesamt fremd, teils sogar befremdlich.  Nik Pohl ist ein knorriger Typ, eigenwillig, mit einem selbstgestrickten Moralverständnis, Gesetze jederzeit missachtend, mal Scharfdenker, mal weinerlich Betrunkener. Jon, Computergenie, und Balthasar, Gerichtsmediziner mit Papagei, helfen Nik mit teilweise überirdisch besonderen Fähigkeiten. Technisches Equipment ist innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung, Geldbündel zum Kauf von Informationen ebenso. Viele Tote, viel Ballerei, viele Verdächtige, viele Spuren, viele Unglaubwürdigkeiten, viele Klischees. Von allem zuviel. Märchenstunde halt. Trotz allem spannend. Gut geschriebene, reine Urlaubslektüre. Nichts für realistisch mitdenkende Leser.   

 

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Jennifer B. Wind

Die Maske der Gewalt

 

 

·         Taschenbuch: 432 Seiten

·         Verlag: Edition M

·         ISBN-13: 978-2919804139

·         #DieMaskederGewalt

 

Perfekt durchkomponierter fesselnder Thriller

 

 

Dieser Auftaktband einer Thriller-Reihe rund um den Wiener Ermittler Richard Schwarz ist nichts für Zartbesaitete. Und wer das Buch zu lesen beginnt, hat für nichts anderes mehr Zeit. Dies sei als Warnung vorweggestellt.

 

Der LKA-Ermittler Richard Schwarz hat als Kind Schreckliches erlebt. Er hatte zusehen müssen, wie seine Mutter brutal ermordet wurde, während er mit schweren Verbrühungen hilflos am Boden lag. Von diesem traumatischen Ereignis sind ihm schlimme körperliche Narben und ebenso schwerwiegende seelische Narben zurückgeblieben. Er wurde von einer Zirkusfamilie liebevoll aufgenommen, trat im Zirkus auf, lernte es, seinen entstellten Körper unter einer Maske zu verbergen. Aber der unbedingte Wille, den Mörder seiner Mutter zu finden, veranlasste ihn schließlich zur Polizei-Laufbahn. Als in Wien zwei Frauenleichen gefunden wurden mit merkwürdig identischen Stichverletzungen auf ihren Körpern, setzt in einer schier aussichtslos erscheinenden Ermittlungsarbeit Richard Schwarz alles daran, den Täter zu finden. Die ebenfalls psychisch angeschlagene Gerichtspsychiaterin Theres Lend gibt Hinweise, die vielleicht weiterhelfen können. Als jedoch Sarah, seine geliebte „Schwester“ aus der Zirkusfamilie, in München entführt wird, jagt Richard Schwarz auch diesen Täter…

 

Der raffiniert aufgebaute Plot hält über das gesamte Buch hinweg den Spannungsbogen hoch. Und so jagt man als Leser durch die Seiten, getrieben von der Schreibekunst der Autorin, die es versteht, durch kurze Szenenwechsel, mitunter mit Cliffhangern, durch überraschende Wendungen, durch viel wörtliche Rede und durch immer wieder durchblitzenden versteckten Witz den Leser an das Buch zu fesseln. Was nur wenigen Autoren gelingt, schafft sie mühelos, nämlich jedem Protagonisten seine eigene Stimme zu verleihen, seinen eigenen Sprachduktus. J. B. Wind spielt mit Sprache, mit Sprachstilen, spielt mit Ausdruck und schafft damit einen besonders intensiven Leseeindruck. Mögen einzelne Protagonisten vielleicht etwas überzeichnet sein und ihre beschädigten Seelen allzu theatralisch und psychologisch nicht unbedingt immer stimmig in Szene zu setzen, so passt dies jedoch zum Gesamtkonzept des Buches, das einer hochdramatischen Oper gleich in einzelnen Akten und wechselnden Bühnenbildern perfekt durchkomponiert ist. Das Buch macht unbedingt Lust auf die in absehbarer Zeit erscheinenden Folgebände.

 

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 Inge Löhnig 

Unbarmherzig

  

 ·         Broschiert: 384 Seiten

 ·         Verlag: Ullstein Taschenbuch

 ·         ISBN-13: 978-3548290973

 ·         #Unbarmherzig

  

Wenn zwei Autorenseelen gemeinsam erzählen

 

Bislang hatte ich aus der Reihe rund um Kommissar Tino Dühnfort und Gina Angelucci nur einen Band gelesen (Sieh nichts Böses), und zwar mit großer Begeisterung. Genauso begeistert hatte ich gelesen Die Vergessenen von Ellen Sandberg, dem Psedonym von Inge Löhnig. Insofern freute ich mich sehr auf das vorliegende Buch.

 

Worum geht es? Gina Angelucci arbeitet in der Abteilung für Cold Cases, während ihr Ehemann Tino Dühnfort die kleine Tochter Chiara betreut. Eine Radfahrerin findet in dem idyllischen Dorf Altbruck in der Nähe von München die Knochenfragmente eines Schädels. Es stellt sich heraus, dass an dieser Stelle die Gebeine von zwei Toten liegen, und zwar schon seit Jahrzehnten. Obwohl Ginas Vorgesetzter weitere Nachforschungen unterbinden will, lässt sie nicht locker, um die Identität der Toten und ihre Todesumstände zu klären. Und sie findet Verbindungen zu einer Munitionsfabrik am Ort, die während der Zeit des Nationalsozialismus Zwangsarbeiter beschäftigte. Je mehr Gina in die Thematik eintaucht, desto mehr stößt sie auf Abwehr, auf Schweigen, auf Lügen…

 

Inge Löhnig erzählt in gewohnt routinierter Weise den gut durchdachten, sorgfältig recherchierten Plot. Die Personen werden psychologisch nachvollziehbar und lebendig geschildert. Insofern habe ich das Buch gerne gelesen. Und doch fehlte mir etwas. Die Geschichte wird als Kriminalroman ausgewiesen, aber ich vermisse einen konstanten, vielleicht sich noch steigernden Spannungsbogen. Ich vermisse eine verwirrende Spurenlage, die den Leser auf der Suche nach dem Täter immer wieder in die Irre führt. Für keinen der Protagonisten konnte ich echte Sympathie entwickeln, sie blieben blass, manchmal sogar unglaubwürdig. So als wären sie ohne echtes Autoren-Herzblut entstanden. In kursiv gesetzten Rückblenden erfahren wir viel über die Ausbeutung der Menschen in der Heeresmunitionsanstalt während des Zweiten Weltkrieges, aber auch Eindringliches über das Schicksal des lettischen Volkes. Das sind für mich die besten Passagen des Buches. Obwohl ich eigentlich kein Freund von Zeitsprüngen bin, passen sie in diesem Buch perfekt, weil gerade sie den Kriminalroman, wenn er denn wirklich einer ist, aus der Beliebigkeit des Krimi-Genres herausheben und mit einer wichtigen politischen Stellungnahme versehen. Mir kommt es ein wenig so vor, als hätten sich Inge Löhnig und Ellen Sandberg bei diesem Buch nicht wirklich einigen können, wer von beiden denn nun eigentlich erzählen soll…



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Stefan Ahnhem

10 Stunden tot

 

 

·         Broschiert: 496 Seiten

·         Verlag: Ullstein Hardcover

·         ISBN-13: 978-3550200052

·         #10Stundentot

 

Gespaltenes Leseerlebnis

 

Insofern gespalten, weil mir das Buch einerseits richtig spannende, packende Leseunterhaltung bot, andererseits die Handlungsstränge unfertig blieben und ich deshalb irgendwie frustriert nach knapp 500 Seiten die Lektüre beende. Liegt es daran, dass ich die Vorgängerbände nicht kenne?  Oder ist das eine besonders fiese Masche des Autors, damit man stets die nachfolgend erscheinenden Bücher des Autors rund um den Ermittler Fabian Risk lesen will?

 

Der Verlag kündigt das Buch so an: „Helsingborg ist nicht mehr der idyllischen Ort an der schwedischen Küste, der er mal war. Während eine Reihe von Morden die Stadt erschüttert, kämpft Kommissar Fabian Risk gegen sein ganz persönliches Leid: Seine Familie droht an seiner Arbeit als Mordermittler zu zerbrechen. Aber sein Job ist sein Leben. Er kann nicht anders und nimmt sich der Aufklärung der Morde an, doch er findet keine Spur. Risk und seine Kollegen ahnen nicht, dass der Täter seine Opfer durch ein Würfelspiel rein zufällig auswählt, genau wie die Mordwaffe und den Tatort. So lassen sich keinerlei Verbindungen zu ihm herstellen. Wird dieser Fall ungelöst bleiben?“

 

Der Autor kann schreiben, und wie! Packend, lebendig, fesselnd, spannend. Eine faszinierende Tätergestalt, die anhand eines komplizierten Würfelsystems Opfer und Mordmethode auswählt, unberechenbar, eiskalt, bedrohlich. Kurze Kapitel, rasche Szenenwechsel halten den Leser permanent in Spannung. Die Zeitsprünge und verschiedene Handlungsstränge fordern den Leser allerdings sehr. Umso ärgerlicher ist es, dass offensichtlich die Kenntnis der Vorgängerbände ratsam ist, was jedoch von Verlagsseite nicht kommuniziert wird. Besonders das offene Buchende habe ich als ärgerlich empfunden.

 

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Nicci French

Blutroter Sonntag

 

 

·         Broschiert: 448 Seiten

·         Verlag: C. Bertelsmann Verlag

·         ISBN-13: 978-3570103166

·         Originaltitel: Sunday Morning Coming Down

 

Professionell geschrieben, guter Plot, mäßige Spannung

 

Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um den siebten und vorletzten Band rund um die Psychotherapeutin Frieda Klein. Für mich war es das erste Buch von Nicci French. Insofern habe ich es ganz unbefangen gelesen. Das Buch wird vom Verlag angekündigt als ein „atemloser Thriller“. Nun, als atemlos habe ich ihn nicht empfunden. Spannend, das ja, aber nicht zum Nägelkauen spannend.

 

Worum geht es? Der Verlag beschreibt es so: „In dem gemütlichen Heim von Psychoanalytikerin Frieda Klein wird die Leiche eines Privatdetektivs gefunden. War Friedas Erzfeind und obskurer Beschützer Dean Reeve der Mörder? Dann überschlagen sich die Ereignisse: Jemand trachtet Frieda nach dem Leben, doch zuvor versucht er sie einzuschüchtern. Ihre Nichte Chloe, Freund Jack, der schwer krebskranke Reuben und Josefs kleiner Sohn – sie alle werden Opfer von Anschlägen. Die Polizei tappt im Dunkeln, aber Frieda ist bald klar, dass die Verbrechen nicht Reeves Handschrift tragen. Doch wer ist der Unbekannte, der ihm nacheifert?“

 

Eigentlich ist der Plot durchaus so angelegt, dass er die versprochene atemlose Spannung auslösen könnte. Aber mir scheint, dass das Autorenduo (Nicci French = Nicci Gerrard und Sean French) sich selbst ausbremst, indem es sich immer wieder verliert in detailverliebte, fast ausufernd zu nennende Beschreibungen der Personen, ihrer Persönlichkeiten und der Örtlichkeiten. So gewinnt man einerseits sehr plastisch-lebendige Kopfbilder, verliert aber andererseits streckenweise den packenden Drang, weiter- und weiterzulesen, wie ich es mir eigentlich von einem Thriller erwarte. Psychologisch präzise wird die Psyche eines Täters gemalt, dessen Hybris auf dem Boden fehlenden Selbstbewusstseins ins Irreale gewachsen war. Dieses Thema hat mir gut gefallen. Und so habe ich das Buch gern und zügig gelesen. Geschickt ist das Ende des Buches so angelegt, dass man unbedingt auch den 8. Band rund um die Psychotherapeutin Frieda Klein lesen möchte.

 

Fazit: Ein professionell geschriebener Thriller mit gutem Plot, aber nur mäßiger Spannung.

 

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Charlotte Link

Die Suche

 

 

·         Audible Hörbuch

·         Spieldauer: 18 Stunden und 41 Minuten

·         Version: Ungekürzte Ausgabe

·         Verlag: Random House Audio, Deutschland

          #DieSuche

 

Ein absoluter Hörgenuss!

 

Die Bücher von Charlotte Link sind für mich seit Jahren eine Garantie auf spannende, gut geschriebene Unterhaltung. Hörbücher dagegen sind seit jeher schwierig für mich, da mich beim Hören oftmals die Konzentration verlässt. Insofern ließ ich mich mit sehr gemischten Gefühlen auf die vor mir liegenden 14 ½ Stunden Hörbuch ein. Und was soll ich sagen: Die Schreibekunst der Autorin ging mit der Lesekunst der Schauspielerin Claudia Michelsen eine so ideale Verbindung ein, dass mich die Spannung und Konzentration von Anfang bis Ende nie verließen.

 

Der Inhalt wird vom Verlag so vorgestellt:  „In den Hochmooren Nordenglands wird die Leiche der ein Jahr zuvor verschwundenen 14-jährigen Saskia Morris gefunden. Kurze Zeit später wird ein weiteres junges Mädchen vermisst, die ebenfalls 14-jährige Amelie Goldsby. Die Polizei in Scarborough ist alarmiert. Treibt ein Serientäter sein Unwesen? In den Medien ist schnell vom Hochmoor-Killer die Rede, was den Druck auf Detective Chief Inspector Caleb Hale erhöht. Auch Detective Sergeant Kate Linville von Scotland Yard ist in der Gegend, um ihr ehemaliges Elternhaus zu verkaufen. Durch Zufall macht sie die Bekanntschaft von Amelies völlig verzweifelter Familie und wird zur unfreiwilligen Ermittlerin in einem Drama, das weder Anfang noch Ende zu haben scheint. Und dann fehlt erneut von einem Mädchen jede Spur...“

 

Das Buch lebt besonders von der detaillierten psychologisch stimmigen Ausgestaltung der Protagonisten, allen voran Kate Linville, Beamtin des Scotland Yard, aber natürlich auch von dem äußerst geschickt komponierten Plot und den atmosphärisch und farbig gezeichneten Landschaften und Stimmungen. Die fesselnde, undurchsichtige Geschichte nimmt so manche überraschende Wendung, und man bleibt sehr, sehr lange völlig im Unklaren. Claudia Michelsen liest klar, einfühlsam und stets so, als sei sie immer wieder selbst überrascht vom Geschehen. Für mich ein rundum empfehlenswertes Hörvergnügen!

 

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Nicola Förg

Wütende Wölfe

 

 

·         Broschiert: 352 Seiten

·         Verlag: Pendo

·         ISBN-13: 978-3866124202

 

Routiniert geschriebener Krimi mit Mehrgewinn

  

Eben erst hatte ich mich mühsam durch einen Möchtegern-Lokalkolorit-Krimi gequält, einen der schlichtesten Sorte. Deshalb schlug ich sehr vorsichtig, fast misstrauisch, die ersten Seiten des vorliegenden Buches auf, begann zu lesen… und schwups, sah ich erst nach 80 Seiten wieder hoch! Bislang hatte ich von Nicola Förg noch kein Buch gelesen. Vermutlich hätte ich mich sonst sehr viel vertrauensvoller auf das Buch eingelassen. Nun aber machte ich Bekanntschaft mit einer Autorin, die es sehr gut versteht, ihr Engagement für Tier- und Umweltschutz in eine durchaus spannende Krimihandlung zu verpacken.

 

Kommissarin Irmi Mangold hat sich ein Sabbatical genehmigt und sich nach langen Überlegungen zum Job einer Almhirtin entschlossen. Sie soll mit mehreren Mitstreitern 25 Milchkühe hüten und Käse herstellen, und zwar auf einer sogenannten Projektalm, bei der junge Wissenschaftler einige Forschungsfragen bearbeiten wollen. So wollten sie studieren, wie sich Kühe verhalten, die bisher nur reine Stallhaltung kannten, und sie wollten untersuchen, ob und wie sich das Beilassen von Hörnern auf die Milchqualität auswirkt. Doch Irmi Mangold bleibt wenig Zeit, sich um die Kühe oder gar um sich selbst zu kümmern. Denn in kurzer Zeitenfolge geschehen einige merkwürdige Ereignisse bis hin zu einem Toten. Und so bleibt Irmi nichts anderes übrig, als mit ihrer gesamten Berufserfahrung doch wieder als Ermittlerin tätig zu werden.

 

Nicola Förg schreibt sehr routiniert. Atmosphärisch schöne Naturschilderungen, lebendige und psychologisch nachvollziehbare Protagonisten, dazu ein verträgliches Maß an Spannung – das alles kombiniert sie perfekt. Was mir persönlich jedoch am allerbesten an dem Buch gefällt, ist der Wissensgewinn. Ich kann mich nicht erinnern, je in einem Krimi so viel dazugelernt zu haben wie hier, über Wölfe, über Kühe, über Almwirtschaft und vieles mehr.  Normale Krimis bringen mal mehr, mal weniger spannende Unterhaltung. Wenn gelesen, dann vorbei. Aber Nicola Förg bereichert durch ihr engagiertes Wissen die reine Krimi-Unterhaltung immens. „Wütende Wölfe“ ist also ein Krimi mit Mehrgewinn. Perfekt!

 

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Catherine Shepherd

Sündenkammer

 

 

·         Taschenbuch: 344 Seiten

·         Verlag: Kafel Verlag

·         ISBN-13: 978-3944676227

 

Fesselndes Lesevergnügen

 

Zwei Zeitstränge, 500 Jahre auseinander, und doch irgendwie auf mystische Weise verbunden. Ein neuer Zons-Thriller, fesselnd wie gewohnt bei dieser Autorin. Auch dieses Mal bin ich atemlos durch das Buch durchgerauscht, habe mich gegruselt, erschreckt, gewundert, geekelt, habe gerätselt, war verwirrt und wurde immer planloser – und am Ende restlos überrascht.

 

Ich zitiere den Klappentext, weil er den Inhalt perfekt darstellt: „Gegenwart: Kommissar Oliver Bergmann wird am frühen Morgen zu einem Tatort mitten im Wald gerufen. Noch bevor er das Opfer sieht, kann er riechen, was passiert ist. Trotzdem erstarrt er beim Anblick des völlig verkohlten Körpers auf einem Scheiterhaufen. Die junge Frau wurde bei lebendigem Leib verbrannt. Die Presse spricht bald von einem Hexenfall, denn die Spurensicherung stößt auf ein rotes Haar. Doch dann erhält Oliver ein Paket mit einer geheimnisvollen Nachricht vom Täter und ahnt, dass viel mehr dahintersteckt. Er hat es mit einem Serienkiller zu tun, der die Welt von der Sünde reinwaschen will.
Zons 1500: Der Novize Balthasar liest nachts heimlich in einem verbotenen Buch aus der Klosterbibliothek. Währenddessen scheint sich der Geist des verstorbenen Totengräbers aus seinem Grab zu erheben und auf dem Kirchhof umherzuirren. Als am nächsten Morgen ein toter Knabe vor den Toren der Stadt liegt, weiß Stadtsoldat Bastian Mühlenberg nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Er verfolgt die Spuren des Mörders bis ins Franziskanerkloster, aber die Mönche schweigen sich aus. Dann wird ein weiterer Knabe ermordet, und Bastian entdeckt eine geheime Kammer sowie ein Buch, das ihn zum Täter führt. Doch er hat keine Idee, wie er das Böse au
fhalten soll.“

 

Es ist bewundernswert, wie Catherine Shepherd es mit jedem neuen Buch in unveränderter Bestform  schafft, den Leser zu packen, ihn mit allen Sinnen in die Geschichte hineinzuziehen und ihn mit gemeinen Cliffhangern zu quälen. Man eilt von Kapitel zu Kapitel und tappt in alle von der Autorin ausgelegten Fallen, bis man am Ende durch ein fulminantes Ende restlos überrascht wird. Die Protagonisten sind wie immer absolut stimmig dargestellt, die erzählte Geschichte ist nachvollziehbar. Rundum: Auch dieser neue Titel von Catherine Shepherd lässt den Leser alles um sich herum vergessen – ein Lesevergnügen!

 

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Volker Dützer

Das Ambrosia-Experiment

 

·         Format: Kindle Ausgabe

·         Dateigröße: 2390 KB

·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 356 Seiten

·         E-Book

 

 

Perfekt durchkomponierter Thriller

 

Er hat es also wieder getan! Mein Lieblings-Autor legt mit dem vorliegenden Titel ein weiteres Buch aus seiner Feder vor, das alles hat, was zu einer überaus spannenden fiktiven Geschichte gehört und dessen dystopische Elemente so nah an der möglichen Realität sind, dass es den Leser auf besondere Weise erschauern lässt.

 

Der Klappentext erzählt nicht zu viel und nicht zu wenig: „Auf der einen Seite: ein Mord in Koblenz. Eine Schönheitsklinik in den Alpen. Und eine Gruppe sehr reicher, sehr mächtiger Männer, die bereit ist, andere sterben zu lassen, um selbst am Leben zu bleiben. Auf der anderen Seite: die junge Laborantin Jule Rahn und der zwangsversetzte Kommissar Lucas Prinz. Beide fest entschlossen herauszufinden, was sich hinter den Machenschaften dieser Männer verbirgt. Gemeinsam kommen die beiden einem Verbrechen auf die Spur, dessen Ausmaß sie fassungslos macht. Und dessen Drahtzieher haben nicht vor, die beiden am Leben zu lassen ...“

 

Mehr muss man über den Inhalt auch nicht berichten. Viel wichtiger ist mir, ein weiteres Mal die Fähigkeit des Autors zu bewundern, einen perfekt durchkomponierten Roman geschrieben zu haben, dessen Spannungsbogen von Anfang bis Ende gehalten bzw. gegen Ende noch gesteigert wird. Mit Jule Rahn lernen wir eine verhuschte, unscheinbare Frau kennen, die sich aufgrund eines Kindheitstraumas mit scheinbar Sicherheit gebenden Zwangshandlungen durch ihren Alltag hangelt. Der Leser entwickelt dank der einfühlsamen Schilderungen des Autors viel Sympathie und Mitgefühl für Jule, insbesondere als sie im Laufe der Handlung von einem entsetzlichen Geschehen ins nächste katapultiert wird, dabei aber auch eine erstaunliche innere Entwicklung erfährt. Kommissar Lucas Prinz dagegen ist so eine Art Schimanski-Verschnitt, auch er im Leben mehrfach gescheitert, ein Nestbeschmutzer mit Schrottkarre. Dennoch gewinnt auch er zunehmend die Sympathie des Lesers, denn seine Handlungen werden letztlich von einer inneren moralischen Instanz bestimmt, die dem Leser Achtung abringt. Insgesamt überaus packend umgesetzt wird das Thema der Sehnsucht des Menschen nach ewiger Jugend, das nur noch übertroffen wird von der Gier nach Geld und Macht.

 

Fazit: Ein rundum gelungener, spannender-packender und perfekt durchkomponierter Thriller rund um ein zwar fiktives, aber dennoch brisantes Thema.

 

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Niklas Natt och Dag

1793

 

 

·         Broschiert: 496 Seiten

·         Verlag: Piper Paperback

·         ISBN-13: 978-3492061315

 

Gewalt, Ekel und Abscheu im Übermaß

 

Das Cover verheißt ein besonderes Buch. Und das ist es in der Tat, ein besonderes Buch. Es gibt Bücher, die liebt man. Und es gibt Bücher, die bewundert man, weil sie „besonders“ sind, aber man liebt sie nicht. So erging es mir mit der vorliegenden Geschichte. Ich war tief beeindruckt von der immensen Kraft, die in den Zeilen steckt, von der gewaltigen Ausdrucksstärke des Autors, die so intensiv war, dass ich mich dabei ertappte, wie ich szenenweise nur noch durch den Mund atmete, um nicht dem beschriebenen Gestank ausgesetzt zu sein.

 

Der Klappentext ist relativ sparsam: „Stockholm im Jahr 1793: Ein verstümmeltes Bündel treibt in der schlammigen Stadtkloake. Es sind die Überreste eines Menschen, fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Der Ruf nach Gerechtigkeit spornt zwei Ermittler an, diesen grausamen Fund aufzuklären: den Juristen Cecil Winge, genialer als Sherlock Holmes und bei der Stockholmer Polizei für »besondere Verbrechen« zuständig, und Jean Michael Cardell, einen traumatisierten Veteranen mit einem Holzarm. Schon bald finden sie heraus, dass das Opfer mit chirurgischer Präzision gefoltert wurde, doch das ist nur einer von vielen Abgründen, die auf sie warten …“

 

Cecil, der unheilbar an Tuberkulose erkrankte geniale Ermittler, und sein traumatisierter einarmiger Mitstreiter Jean Michael scheinen in diesem Roman die einzig Guten zu sein in einer Welt, die nur Abschaum beherbergt, in der Brutalität, Ausbeutung und Bestechung die geltende Währung darstellen und in deren Abgründen man nichts als stinkende Exkremente zu finden scheint. Der Kriminalfall, der nicht sonderlich spannend ist, tritt in den Hintergrund, denn die schier grenzenlose Brutalität, die Gewalt in all ihren Erscheinungsformen nimmt den größten, beeindruckend abstoßenden Raum ein, doch außer grenzenlosem Ekel bleibt beim Leser nicht viel in Erinnerung. Ich hätte mir mehr differenzierte Atmosphäre gewünscht, denn auch diese brutale Zeit hatte sicher mehr zu bieten als nur bestialisch stinkende Abgründe in den Straßen und in den Köpfen. Beim Lesen fühlte ich mich, als sei ich in unterirdischen, gefährlich dunklen Katakomben unterwegs, deren abzweigende Gänge immer wieder neue Geschichten der Brutalität eröffneten, sodass ich Mühe hatte, mich darin nicht hoffnungslos zu verirren. Und letztlich war ich erleichtert, als das Buch beendet war und ich wieder frische Luft atmen konnte…

 

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Yvonne Schwegler, July Sjöberg

Eiskalt weggewischt

 

 

·         Taschenbuch: 284 Seiten

·         Verlag: Pfefferkorn-Verlag

·         ISBN-13: 978-3944160276

 

 

Ein recht schlichtes Lesevergnügen

 

Meine Leseerwartungen an ein Buch, dessen Untertitel „Ein Putzfrauen-Krimi“ lautet, waren auf heitere Spannung ausgerichtet. Denn die Verlagsankündigung klingt verlockend: „Da prallen Welten aufeinander: Theres Fugger, Reinigungskraft in der Polizeidirektion Heidelberg, genoss bislang ein sehr entspanntes Dasein. Doch dann wird ihr eine neue Kollegin zur Seite gestellt – Frau Schäufele, eine Schwäbin mit manischem Putzzwang und mehr als pingelig! Da gerät plötzlich deren Tochter unter Mordverdacht. Sie soll in den dunklen Gängen des Heidelberger Schlosses ihren Kunstprofessor getötet haben. Nun müssen sich die beiden unterschiedlichen Putzkräfte zusammenraufen und beginnen, auf eigene Faust zu ermitteln. Beherzt begeben sie sich in Gefahr, um den Ruf von Frau Schäufeles Tochter reinzuwaschen …“

 

Doch meine Erwartungen wurden leider, leider schnell enttäuscht. Theres und Frau Schäufele sind Figuren wie aus dem Kölner Karneval. Gleich steigen sie in die Bütt und schwingen Feudel und dumme Sprüche, denkt man. Und doch wollen sie eigentlich als Protagonisten in einem Krimi ernst genommen werden. Und genau in dieser gletscherspaltentiefen Diskrepanz liegt meines Erachtens das Problem dieses Büchleins. Durch die teilweise geradezu grotesken Überzeichnungen, durch die Bedienung aller nur denkbaren Klischees und Oberflächlichkeiten sackt die Geschichte so tief, dass die leidlich spannende Krimi-Handlung gar nicht zum Zuge kommt. Beim Lesen schweiften meine Gedanken immer wieder ab: Warum so viele beim Lesen auf die Nerven gehende schwäbische Original-Laute aus dem Mund von Frau Schäufele, ihrer Tochter und dem Beinahe-Schwiegersohn und warum redet stattdessen eine kurpfälzische Putzfrau astreines Hochdeutsch? Was soll uns das sagen? Warum haben alle Protagonisten, egal ob mit oder ohne Putzlappen, allesamt so ganz und gar nichts Sympathisches an sich (außer die beiden Hunde Bonny und Clyde, die einzig „Echten“ in diesem Buch)? Und wo bleibt der vom Verlag versprochene Humor? Wer hat beim Korrigieren der sprachlichen Unsauberkeiten versagt? Das ging mir durch den Kopf, während ich mich beim Lesen langweilte. Erst gegen Ende nimmt die Geschichte glücklicherweise etwas Fahrt auf, alles löst sich letztlich in Wohlgefallen auf. Spätestens jetzt ist dem Leser klar: Dies war der Auftakt zu einer Krimi-Reihe. Oweh! Wer leichte Kost mag und wen Klischee-Ansammlungen und schwäbischer Dialekt erheitern, dem mag das Buch gefallen. Mir leider gar nicht.

 

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Meike Dannenberg

Gefährdet

 

 

·         Taschenbuch: 416 Seiten

·         Verlag: btb Verlag

·         ISBN-13: 978-3442715640

 

 

Gekonnt geschriebenes Lesevergnügen

  

Ein Kriminalroman, der mich von Beginn an gepackt hat und mich bis zur letzten Seite nicht mehr losließ.

 

Nora Klerner wird als Spezialistin des BKA für Verbrechen an Minderjährigen nach Hamburg beordert. Beide Kinder des arrogant-unzugänglichen Reeders und Lokalpolitikers Justus Stein sind unauffindbar verschwunden. Seltsam jedoch, dass es keine Lösegeldforderungen gibt. Seltsam auch, dass Nora in der Familie Stein nicht, wie erwartet, auf Tränen und Verzweiflung stößt, sondern auf eine kalte Fassade des Schweigens und Misstrauens. Gleichzeitig wirft der gewaltsame Tod eines russischen Ex-Zuhälters verwirrende weitere Fragen auf. Gibt es eine Verbindung zum Entführungsfall?

 

Leicht lesbar ist dieses Buch, allein schon aufgrund der relativ kurzen Kapitel, die häufig wechseln zwischen verschiedenen Örtlichkeiten und Perspektiven, zwischen Rückblicken und kontinuierlicher Erzählweise. In spannend und abwechslungsreich zu lesenden Sequenzen entwirft die Autorin sehr beunruhigend-erschreckende Einblicke in die Welt der Reichen wie auch in die Welt der Zuhälterei und des Drogenhandels, Welten, die die Protagonisten jeglicher Menschlichkeit beraubt hat. Aber auch Nora selbst trägt schwer an einem frühen Trauma, dessen Andeutungen bzw. Noras Reflexionen darüber mir zugegebenermaßen manchmal etwas zuviel wurden. Was mir besonders gut gefiel, sind jedoch die wunderbar detailreichen Beschreibungen auf der einen Seite, die feine psychologische Beobachtungsgabe auf der anderen Seite, und dies alles in einem klaren, pointierten, präzisen Schreibstil, ohne unnötige Ausschweifungen. Die Protagonisten werden weitgehend wertfrei, psychologisch stimmig dargestellt und eignen sich damit zur freien Projektionsfläche des Lesers. Genau das halte ich für eine große Schreibekunst! Die Spannung wird über das ganze Buch hinweg aufrecht erhalten und steigert sich gegen Ende ganz erheblich. Alle angefangenen Fäden verweben sich letztlich in einem stimmigen Muster.

 

Fazit: Ein durchdachter, logisch aufgebauter, in klarer Sprache geschriebener und durchweg spannender Krimi mit vielen sehr bildhaften Szenen. Besser könnte ein Krimi gar nicht sein.

 

Romy Hausmann

Liebes Kind

 

 

·         Broschiert: 432 Seiten

·         Verlag: dtv Verlagsgesellschaft

·         ISBN-13: 978-3423262293

 

Ein genial durchkomponierter Thriller

 

 

Ein Thriller der besonderen Art! So viel Spannung, so viel direkte und indirekte Grausamkeit, so viel Überraschendes! Dieses Buch lässt dem Leser keinen Moment der Erholung. Man jagt durch die Seiten und liegt mit all seinen Gedanken und Vermutungen regelmäßig falsch.

 

Ausnahmsweise erscheint es mir geradezu unmöglich, irgendetwas über die Handlung zu erzählen, ohne Wesentliches zu verraten. Der Klappentext schafft das jedoch ganz gut: Eine fensterlose Hütte im Wald. Lenas Leben und das ihrer zwei Kinder folgt strengen Regeln: Mahlzeiten, Toilettengänge, Lernzeiten werden minutiös eingehalten. Sauerstoff bekommen sie über einen »Zirkulationsapparat«. Der Vater versorgt seine Familie mit Lebensmitteln, er beschützt sie vor den Gefahren der Welt da draußen, er kümmert sich darum, dass seine Kinder immer eine Mutter haben. Doch eines Tages gelingt ihnen die Flucht – und nun geht der Albtraum erst richtig los. Denn vieles deutet darauf hin, dass der Entführer sich zurückholen will, was ihm gehört.“

 

Das Buch ist ein genial durchkomponierter Thriller, und zwar ist er komponiert wie ein Gesang, wie ein Kanon, in den immer mehr Stimmen einfallen, immer mehr Sichtweisen, Meinungen, Deutungen, bis er zu einem perfekten Musikstück herangereift ist, zu einer Sinfonie des Entsetzlichen, Unvorstellbaren und der Leser mittendrin. Dass die Protagonisten wechselnd selbst erzählen, vom Geschehen ebenso wie von ihren Empfindungen, lässt emotionale Nähe entstehen. Ein sehr geschickter Dreh der Autorin, denn gerade durch die berührenden Schilderungen wird der Leser noch viel stärker in die Handlung hineingezogen, kann sich des Grauens kaum mehr erwehren. Unbedingte Leseempfehlung!

 

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Andree Metzler

Der Unfall

 

 

Acabus Verlag (digitale Ausgabe) 

 

 

Ein Lektorat hätte dem Buch gut getan

 

 

 

Dass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe, spricht für einen flüssigen, durchaus spannenden Erzählstil. Aber…

 

So wird der Inhalt von Verlagsseite beschrieben: Meli van Bergen ist eine erfolgreiche Immobilienmaklerin. Sie führt ein Leben auf der Überholspur, bis ein Unfall sie jäh ausbremst: Querschnittslähmung. Rollstuhl. Depression. In der Reha lernt sie den fröhlichen Therapeuten Tom kennen, der ihr zeigt, dass das Leben noch immer lebenswert ist. Sie verlieben sich, heiraten und ziehen in ein einsames Haus am See. In der freien Natur, ohne Telefon und Internet, lebt Meli wieder auf. Doch unmerklich holt die Vergangenheit sie wieder ein. Die perfekte Idylle bekommt Risse und Meli muss plötzlich um ihr Leben kämpfen …“

 

Das Buch ist weitgehend im Präsens geschrieben, ausgenommen Erinnerungen. Das macht das Geschehen intensiver, auch die detailreichen Beschreibungen tragen zur Lebendigkeit des Miterlebens bei. Besonders eindringlich fand ich z. B. Melis Traumsequenz auf der Intensivstation. Und schön wie Aquarellzeichnungen wirken die Naturbeschreibungen. All das gefiel mir sehr gut, auch dass es dem Autor gelingt, beim Leser ein unheimliches Gefühl aufziehen zu lassen, das sich zunehmend verstärkt. Aber – jetzt kommt das große Aber. Die positiven Eindrücke sind nicht konstant. Der Schreibstil wirkt in manchen Passagen geradezu ungelenk, gewollt, die Handlung sowohl vorhersehbar als auch letztlich unglaubwürdig, zu sehr konstruiert und in eigentlich wichtigen Sequenzen nicht ausgearbeitet. So bleibt dem Leser zum Beispiel letztlich verborgen, auf welche Weise es Tom gelungen ist, Meli von einer autarken, starken Persönlichkeit zu einem ängstlichen, abhängigen Mäuschen zu verwandeln. Es fehlt an psychologisch nachvollziehbaren Mechanismen, die dies verständlich gemacht hätten. Überhaupt wirken die Protagonisten meist puppenhaft, konstruiert, unecht. Die „eingestreuten“ Träume verwirren den Leser. Die detailliert beschriebene sexuelle Szene ist unnötig, dient in keiner Weise der Handlung. Gab es kein Lektorat? Und gab es keinen Korrektor, dem die Rechtschreibfehler aufgefallen wären (wie z. B. Spint statt richtig Spind)?  Fazit: Unterhaltsam zu lesen, aber verbesserungsfähig.

 

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Anna Simons

Verborgen

 

 

·         Taschenbuch: 432 Seiten

·         Verlag: Penguin Verlag

·         ISBN-13: 978-3328102892

 

 

Intensiv-spannend

 

Den ersten Fall für die Gefängnisärztin Eva Korell habe ich sehr gerne gelesen. Das Buch war leicht lesbar, dabei durchweg spannend und macht mir durchaus Neugier auf die weiteren Bücher, verfasst von Anna Schneider alias Anna Martens alias Anna Simons.

 

Eva beginnt in einer neuen Stadt einen neuen Job, um die bösen Schatten ihrer Vergangenheit hinter sich zu lassen. Sie startet als Gefängnisärztin in einer Münchner Haftanstalt ihr neues Leben, doch noch bevor sie ihren ersten Arbeitstag mit all den neuen, teils beunruhigenden Erfahrungen antritt, wird sie in eine merkwürdige Geschichte hineingezogen. Die Frau eines Inhaftierten bittet sie flehentlich um Hilfe, was Eva ablehnt, um nicht in Konflikt zwischen Beruf und Privat zu geraten. Doch am nächsten Tag ist genau diese Frau verschwunden. Eva macht sich große Vorwürfe und versucht, auf eigene Faust die seltsame Geschichte aufzuklären, wobei sie, ohne es zu ahnen, selbst in allergrößte Gefahr gerät.

 

Die Geschichte ist insgesamt sehr gut ausgearbeitet und wird kurzweilig und schlüssig erzählt. Sie hält von Anfang bis Ende einen konstanten Spannungsbogen aufrecht, der sich zum Schluss hin nochmals intensiviert. Die Protagonisten wirken authentisch und realistisch, insbesondere Eva stellt sich in ihrer unbeirrbar ehrlichen Haltung als sehr sympathisch dar. Die Autorin kennt sich überraschend gut aus in der Welt der Gefängnisse, in der Welt der Borderline-Erkrankten, in der Welt der unterdrückten und männlicher Gewalt ausgesetzten Frauen und beschreibt all dies bildhaft und für den Leser intensiv nachvollziehbar. Mitunter wurde mir das viele Gedankenkreisen einzelner Protagonisten zu lang, zu ausufernd, insbesondere bei Eva. Auch wird der Ehrenkodex, dem Eva unterliegt etwas zu oft breitgetreten. Hier wäre die eine oder andere Straffung des Textes dem Buch dienlich gewesen. Insgesamt handelt es sich jedoch um einen Krimi, den ich gerne und zügig gelesen habe und der, ohne blutrünstig zu werden, dennoch intensiv-spannend geschrieben ist.

 

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Andreas Gruber

Rachewinter

 

 

·         Taschenbuch: 592 Seiten

·         Verlag: Goldmann Verlag

·         ISBN-13: 978-3442486557

 

 

Gekonnt geschriebener Pageturner

 

 Das vorliegende Buch war mein erstes von Andreas Gruber – und es war ganz sicher nicht mein letztes! 580 Seiten, die mich fesselten, die mich zwar an manchen Stellen aufregten oder ärgerten, aber niemals langweilten, ganz im Gegenteil

 

Allein schon der Prolog hat es in sich: Zwei Dachdecker beobachten im Penthouse  gegenüber Sexspiele, anschließend einen Mord und filmen schockiert das Geschehen. In verschiedenen Städten kommen mehrere vermögende Geschäftsleute auf unerklärliche Weise zu Tode. Eine geheimnisvolle Frau im roten Kleid taucht auf und verschwindet wieder. Die Anwältin Evelyn Meyers soll eine Verteidigung übernehmen, was sich zunehmend zur Farce entwickelt. Und Kommissar Walter Pulaski bleibt hartnäckig daran, die Einzelteile der angeblichen Unglücksfälle oder Selbstmorde zu sammeln, weil er Mord wittert. Obwohl er von seinem Vorgesetzten zurückgepfiffen wird, verbeißt er sich in die Fälle und gerät zusammen mit Evelyn schließlich in allerhöchste Gefahr.

 

Trotz Unkenntnis der Vorgänger-Bücher hatte ich keinerlei Mühe, mit den Protagonisten Kommissar Walter Pulaski und der Anwältin Evelyn Meyers schnell vertraut zu werden. Auch die verschiedenen Handlungsstränge führten mich nicht in Verwirrung, sondern verbreiteten vielmehr bereits von Anfang an eine unterschwellige Spannung. Die permanent wach gehaltene Neugier treibt zum Weiterlesen, zum Einsammeln der vielen Puzzle-Teile und zum unermüdlichen Rätseln. Mir gefällt der Schreibstil des Autors sehr gut. Er erzählt lebendig und fesselnd. Manchmal wird seine Fähigkeit, intensive Kopfbilder zu erzeugen, kaum erträglich durch allzu viel spritzendes Blut. Durch permanenten Szenenwechsel bleibt der Spannungsbogen durchweg erhalten. Im letzten Viertel des Buches wächst die Spannung nochmals von Seite zu Seite ins Unerträgliche, bis man schließlich atemlos und erschöpft zum Ende gelangt.

 

Das Thema Transgender bzw. Geschlechtsumwandlung, das mehr oder weniger pseudowissenschaftlich beleuchtet wird, und die Grausamkeit einzelner Szenen kann man kontrovers diskutieren. Was ich jedoch mehr als unpassend, unglaubwürdig und indiskutabel finde, ist die Einbeziehung von zwei halbwüchsigen Mädchen in die Ermittlungen, zwar erst heimlich, dann aber unter Absegnung von Walter Pulaski. Dafür fehlt mir jegliches Verständnis. Dennoch bleibt mein positives Gesamturteil: Ein in der Summe überaus spannender Pageturner, gekonnt geschrieben, durchdacht und stimmig konstruiert.

 

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Angelika Felenda

Herbststurm

 

 

·         Broschiert: 437 Seiten

·         Verlag: Suhrkamp Verlag

·         ISBN-13: 978-3518469231

 

 

Nicht Fisch und nicht Fleisch

 

 

 

Dies war mein erstes Buch von Angelika Felenda. Zweifellos zeichnet sich das Buch aus durch einen gekonnt-routinierten Schreibstil, dennoch habe ich zweimal mit längeren Pausen das Lesen unterbrochen und erst nach einer Weile neu gestartet. Etwas, was mir nur ganz selten passiert. Und was ich mir nicht wirklich erklären kann, denn eigentlich ist das Buch flüssig zu lesen.

 

Der Kriminalroman spielt in den Kreisen russischer Exil-Monarchisten, die sich nach der Oktoberrevolution in München niedergelassen haben. Diese Zeit der galoppierenden Inflation und der stets drohenden Gefahr von Anschlägen bietet eine nicht einschätzbare und durchaus gefährliche Kulisse für die Ermittlungen des Kommissar Reitmeyer in zwei Mordfällen. Seinem jungen Assistenten Rattler, eigentlich klug und kriminalistisch sehr geschickt, wird von einer schönen Deutschbaltin der Kopf verdreht. Dazu ist zeitgleich Reitmeyers bester Freund, der Rechtsanwalt Leitner, im Auftrag einer russischen Emigrantin auf der Suche nach deren verschwundener Tochter Anja Alexandrowa. Was haben die beiden Morde mit dem Verschwinden der Russin zu tun? Und welche Rolle spielt die verführerische Deutschbaltin? Die Ermittlungen führen immer tiefer in verschiedene Milieus, in die der Armen und der ganz Reichen, die der Spelunken, der Bars, die der aufflammenden rechtsorientierten Gruppierungen und in die der Musikkonzerte für Privilegierte. Eine Auflösung bietet der Kriminalroman erst zum spektakulären Schluss.

 

Die Autorin fängt das Lebensgefühl dieser Zeit sehr gut ein. Sie zeichnet anschaulich und lebendig, wie die Inflation das tägliche Leben der Menschen zusehends beeinträchtigt, wie aufkeimende Fremdenfeindlichkeit und rechte Gesinnung Fuß fassen. Dennoch konnte mich das Buch nicht packen. Die Protagonisten blieben für mich bis zum Schluss blass und distanziert-fremd. Die Handlung mäandert zwischen Politik und Krimi etwas unentschlossen hin und her und geht daher weder im politischen Zeitbild noch im Krimigeschehen noch in der Psychologie der Protagonisten wirklich in die Tiefe. Manche Handlungsstränge verlaufen im Nichts. Über viele, viele Seiten hinweg fehlt jegliche Spannung. Die Vermischung von Kriminalroman und geschichtlichem Roman ist meiner Meinung nach nicht geglückt, da keines der beiden Genres optimal bedient wird: die Kriminalgeschichte wird zu langatmig dargestellt, sie wird von den geschichtlichen Aspekten fast verschluckt. Und die historisch-politische Romangestaltung bleibt letztlich zu oberflächlich, wird durch das Krimigeschehen gewissermaßen als Kulisse missbraucht. Ein Buch, das gewissermaßen nicht Fisch und nicht Fleisch ist.

 

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 Un-Su Kim

 Die Plotter

 

 

         Gebundene Ausgabe: 360 Seiten

          Verlag: Europa Verlag

          ISBN-13: 978-3958902329

 

Verspricht viel, ohne es zu halten

 

 

Das Gute zuerst: Die Buchgestaltung ist ein absoluter Blickfang! Auf dem Cover sieht man eine weiße Pompondahlie auf schwarzem Grund, ein Bild, das Reinheit suggeriert. Jedoch diese Reinheit wird zerstört, indem das gesamte Buch einschließlich Cover und Seitenschnitt dicht übersät ist mit leuchtend roten Blutspritzern. Perfekter gestalterischer Einstieg also für einen Thriller. 

 

Für den Inhalt bemühe ich ausnahmsweise den Klappentext: Raeseng ist Killer von Beruf, seit ihn Old Raccoon als Kind bei sich aufnahm und ausbildete. Aufgewachsen an einem geheimen Rückzugsort in Seoul, einer Bibliothek voller alter Bücher, gehört er zur Killer-Elite Koreas. Denn Old Raccoon ist ein Plotter. Als Kopf der Organisation »Library of Dogs« hat er seit Jahrzehnten alle politisch gewollten Exekutionen in Korea geplant. Doch als die Macht der Diktatur schwindet, gerät auch der Einfluss der Plotter ins Wanken – und eine neue Generation beginnt, ihr eigenes tödliches Netzwerk aufzuziehen. Als Raeseng vom Plan der Plotter bei der Ausführung eines Auftrags abweicht, geraten die Dinge außer Kontrolle – und Raeseng rückt selbst an die erste Stelle der Todesliste …

 

Die Leseprobe, der Einstieg ins Buch, hatte mich fasziniert. Die Schreibweise wirkte auf mich ruhig und intensiv und dadurch sehr, sehr eindringlich. Allein schon die Walgeschichte, die in der Leseprobe erzählt wird, lässt den Leser nicht mehr los. Tja, das war es aber dann auch. Je weiter ich las, desto mehr verlor ich das Interesse. Ich empfand das Buch zunehmend als langweilig, schleppend – und am Ende fragte ich mich, was das ganze Buch eigentlich soll. Auch der Schreibstil, der mich zu Beginn des Buches so fasziniert hatte, verlor im weiteren Verlauf zunehmend an Intensität, wirkte teilweise fast holprig. Mag sein, dass ich aufgrund meiner mangelnden Kenntnis, Südkorea betreffend, den Sinn des Buches nicht verstehe. Vielleicht liest jemand mit entsprechendem politischen Hintergrundwissen das Buch mit mehr Gewinn. Wie auch immer -  als Thriller würde ich das Buch nicht bezeichnen. Damit weckt man, wie ich glaube, völlig falsche Erwartungen.

 

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Tatjana Kruse

Stick oder stirb

 

 

·         Taschenbuch: 272 Seiten

·         Verlag: Haymon Verlag

·         ISBN-13: 978-3709979044

 

Und wieder eine Krimödie in Vollendung

 

Vorweg: Langsam gehen mir die Worte aus. Denn ich habe schon alles Lob über die bisher von mir gelesenen Bücher meiner Lieblingsautorin ausgeschüttet, dessen ich fähig bin. Eigentlich brauche ich nur noch von mir selber abzuschreiben, denn auch dieses Buch hat mich wiederum voll und ganz begeistert. Ich kenne keinen Autor, der Krimödien in dieser Vollendung schreiben kann.

 

Der im Ruhestand befindliche Ex-Kommissar Siegfried Seifferheld tut Gutes. Er bringt einem erlesenen Grüppchen an Insassen der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall das Sticken bei. Welch eine begeisternde Auswahl an Stickmotiven hier ihrer Fertigstellung harrt, lässt tief in die Seelen der Knastbrüder blicken. Doch in die heile Welt des Stickkränzchens dringt das eigentlich gar nicht so Böse in Person eines russischen Mafiabosses, der für eine spektakuläre Flucht Seifferheld als Geisel mitgehen lässt. Und der ist und bleibt verschwunden samt seinem Schnüffler-Kompagnon, dem Hovawart Onis.

 

Die Handlung in all ihren herrlichen Details, urkomischen Windungen und Verwicklungen nüchtern zu erzählen, macht in meinen Augen wenig Sinn. Denn egal wie viele Turbulenzen uns handlungstechnisch aufgetischt werden – was auch dieses Buch wiederum auszeichnet, ist sein grandioser Ideenreichtum, das Jonglieren mit schrägen Wortschöpfungen und Gags. Dass Seifferheld in jungen Jahren das Küssen an harten Eiern geübt hatte, ist noch eine der harmloseren Pointen. Was ich an der Autorin ganz besonders liebe und schätze, ist der hinter all den vordergründig slapstickartigen Schilderungen liegender intelligenter Humor, der aus Wissen und scharfer Beobachtungsgabe resultiert und mit gekonnter Feder daraus Krimödien in Vollendung schafft.

 

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Tessa Korber

Schweig wie ein Grab

 

 

·         Taschenbuch: 256 Seiten

·         Verlag: btb Verlag

·         ISBN-13: 978-3442715954

 

Geschmackloses Detail verleidet das Lesen

 

 

Da ich die zwei Vorgänger-Bände in der Reihe der Bestatter-Krimis der Autorin nicht kenne, kann ich nicht klar sagen, welche Ursachen meine streckenweise beim Lesen entstandene Verwirrung hatte. Unkenntnis der früheren Geschichten? Vielleicht. Das sollte jedoch ein Schriftsteller bei Folgebänden berücksichtigen und notwendige Informationen einstreuen. Oder lag es an der Fülle von Namen, dem Auftreten von Personen, die letztlich keine wirkliche Relevanz für das Geschehen hatten? Auf jeden Fall ist angebracht, das Buch zügig durchzulesen, um nichts durcheinander zu bringen. 

 

Die Handlung klingt schauriger als sie tatsächlich ist: Die Bestatter Anders & Anders, Onkel und Neffe, haben eine Vereinbarung mit dem örtlichen Kloster. Eine gestorbene Nonne muss allein vom Bestatter auf dem klostereigenen Friedhof begraben werden ohne Beisein anderer. Aber beim Ausheben des Grabes findet der Bestatter Viktor darin eine „frische“ Leiche…

  

Das Buch hat sich leicht und schnell lesen lassen, bis auf meine gelegentlich oben erwähnten Verwirrungen. Eigentlich habe ich die ganze Geschichte viel eher als eine Persiflage auf das Krimi-Genre empfunden denn als ernst zu nehmenden Spannungsroman. Dazu wird einfach alles, egal ob Personen oder Geschehnisse, viel zu sehr übertrieben, vom Extrem- Autisten bis zur Kommissarin mit Lust auf Marihuana. Hervorstechend ist für mich eine gute Mischung zwischen humoresken Situationen, schlagfertig-fränkischen Dialogen und spannend bis merkwürdigen Ereignissen. Die einzelnen Charaktere haben mich allerdings psychologisch nicht wirklich überzeugt und waren mir allesamt nicht sympathisch, trotz des permanent durchscheinenden makabren Humors. Was ich jedoch gänzlich ablehne bzw. was mich empört, ist die absolute Geschmacklosigkeit der Autorin, wenn sie Protagonisten Katzen aus dem Fenster werfen lässt, und das mehrfach. Das ist für mich Grund genug, kein weiteres Buch der Autorin zu lesen!

 

 

 

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Rebecca Fleet

Das andere Haus

 

 

·         Broschiert: 352 Seiten

·         Verlag: Goldmann Verlag

·         ISBN-13: 978-3442205592

·         Originaltitel: The House Swap

 

 

Zuviel vom Gleichen

 

Caroline und Francis haben eine schwere Zeit in ihrer Ehe hinter sich. Ein Urlaub soll auf dem neuen Weg zueinander hilfreich sein. Als sie ein Angebot zu einem Haustausch erhalten, greifen sie zu und beziehen voller Pläne für eine Woche das angebotene Haus in der Nähe von London. Caroline jedoch fallen während des Aufenthaltes immer mehr beunruhigende Details im Haus auf, und zwar eigentlich harmlose Gegenstände, die jedoch in Caroline machtvolle  Erinnerungen auslösen. Dazu kommt noch die Angst auslösende Frage, wer der Mensch ist, der nun stattdessen in ihrem eigenen Haus wohnt. Sind Caroline und Francis in eine mysteriöse Falle geraten?

 

Das mit einer interessanten Haptik gestaltete Cover hatte es mir angetan, ebenso der spannend wirkende Plot. Auch entdecke ich stets gerne und offen-neugierig Erstlingswerke. Aber was fand ich vor?

 

In wechselnden Sequenzen erzählen Caroline und Francis in Gegenwart und Rückblenden, also in einem schriftstellerischen Kunstgriff, um Spannung zu erhöhen. Das ist insofern gelungen, als immer wieder in die einzelnen Szenen brotkrumenartige Spuren setzen, ohne dass es dem Leser lange Zeit hinweg gelingt, einen Zusammenhang herzustellen. Auch ist die Autorin zu bewundern, wie sie es schafft, die geschilderten Befindlichkeiten in tausend Bruchstücke zu zerlegen und zu immer neuen Mustern wieder zusammenzusetzen, einer Laterna magica gleich. Das Gute ist aber auch zugleich das Negative. Denn spätestens, allerspätestens nach 100 Seiten beginnt das Buch zu langweilen. Es wird ohne Ende dasselbe erzählt, nämlich eine seelische Verstörung, die sich bei jedem der Beteiligten anders zeigt. Nein, ich mag nicht in endloser Wiederholungsschleife darüber lesen, wie Caroline sich schminkt und Francis im Tablettensumpf dümpelt. Vor allen Dingen mag ich nicht Caroline’s weinerliches Suhlen in Gefühlswirrnissen in zig Variationen lesen. Das Psychogramm eines Betruges hätte viel Potenzial in sich gehabt, aber leider erstickt es sich selbst im Zuviel von Gleichem.

 

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André Georgi

Die letzte Terroristin

 

 

·         Broschiert: 361 Seiten

·         Verlag: Suhrkamp Verlag

·         ISBN-13: 978-3518467800

 

 

 

Kein Buch für mich

 

 

 

Gegen dieses Buch entwickelte ich, je weiter ich las, eine zunehmende Abneigung. Ein komisches Urteil: „Ich mag dieses Buch nicht.“ Man kann ein Buch langweilig finden oder schlecht geschrieben, aber zu sagen, dass man das Buch nicht mag, klingt nicht unbedingt „literarisch korrekt“.  Und doch trifft es für mich genau auf den Punkt. 

 

Ich halte mich deshalb mit Wiedergabe des Inhalts nicht auf. Es ist überall nachzulesen, welche realen Vorbilder der Autor hatte, um die Welt des Terrorismus Anfang der Neunziger in seinen Thriller zu verpacken. Und genau da beginnt bereits meine Abneigung gegen das Buch. Entweder schreibe ich ein bestmöglich recherchiertes Sachbuch zum Thema „dritte Generation RAF“. Oder ich schreibe einen Thriller, schöpferisch erdacht, frei erfunden, vielleicht mit Zeitbezügen, aber ganz bestimmt nicht unter „Benutzung“ realer menschlicher Vorbilder, damit insbesondere Täter und Opfer gleichermaßen degradierend zu Unterhaltungsobjekten.

 

Die harte, mitunter geradezu expressionistisch anmutende Sprache des Autors gefiel mir zu Anfang: „… der Abspann eines Jahrhunderts, das immer noch an Deutschland herumkaute…“ Aber je weiter ich las, desto mehr ging mir der manirierte Schreibstil auf die Nerven, ich sehnte mich geradezu nach schlichten Sätzen.

 

Spannend ist das Buch, keine Frage, es ist auch kritisch, durchaus stellenweise böse kritisch. Vielleicht für Viele lesenswert. Für mich war es nichts.

 

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James Oswald

Am Anfang die Schuld

 

 

·         Taschenbuch: 464 Seiten

·         Verlag: Goldmann Verlag

·         ISBN-13: 978-3442485598

·         Originaltitel: The Damage Done

 

 

Eine große Enttäuschung

 

 

Bislang war ich ein Fan der Bücher von James Oswald, speziell von der von ihm geschaffenen Figur des Inspector Tony McLean. Das vorliegende Buch jedoch war für mich und meine zugegebenermaßen hohen Erwartungen eine einzige Enttäuschung.

 

Tony McLean leitet eine Razzia in einem vermeintlichen Bordell, was sich jedoch als Reinfall herausstellt. Dennoch hat der Inspektor bei Durchsuchung des Hauses vage Erinnerungen an ein Etablissement, aus dem er in seiner Dienst-Anfangszeit ein entführtes Mädchen rettete. Ein ungeheurer Verdacht beschleicht McLean…

 

Beginnen muss ich mit Wechsel der Übersetzerin. Sigrun Zühlke wurde leider, leider in diesem 6. Band abgelöst von Conny Lösch, die den bestimmten „Oswald-Sound“ einfach nicht trifft. Die Sprache wirkt etwas verquast, langatmig, nicht pointiert, was sich besonders darin zeigt, dass der gelegentlich eingestreute böse Humor von James Oswald völlig untergeht, nicht „aufblitzt“ wie bei Sigrun Zühlke.

 

Aber auch der Plot konnte mich überhaupt nicht überzeugen. Die Geschichte wirkt auf mich nicht wirklich schlüssig, irgendwie nicht „bis Ende erzählt“, es bleiben viele Fragen offen. Und sowohl durch den seltsamen Plot als auch durch die schlechte Übersetzung bleibt die Spannung auf der Strecke. Ich quälte mich regelrecht durch die Seiten. So schade!

 

 

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 Graeme Macrae Burnet

 Der Unfall auf der A35

 

 

 ·         Taschenbuch: 304 Seiten

 ·         Verlag: Europa Verlag

 ·         ISBN-13: 978-3958901544

  

 

 

 

  

Viele Zigaretten, viel Alkohol, sehr französisch

 

 Nur wenige Kilometer von meinem jetzigen Wohnort verläuft die A35 im Elsass. Genau deswegen fand das Buch mein Interesse, zugegebenermaßen ein etwas seltsamer Grund für eine Leseentscheidung. Denn vom Autor hatte ich bislang nichts gehört und nichts gelesen. Aber vom Verlag dafür umso mehr.

  

In der Handlung geht es in der Tat um einen Autounfall auf der A35, nahe des verschlafenen Städtchens Saint Louis. Bertrand Barthelme, der Fahrer, ist nachts frontal gegen einen Baum gefahren und dabei umgekommen. Nicht besonders spektakulär. Aber da gibt es den schrulligen Kommissar Georges Gorski, der sich ein ganz eigenes Bild von dem Toten und seinem Vorleben macht. Und auch Barthelmes 17-jähriger Sohn Raymond beginnt, Geheimnissen im Leben seines verstorbenen Vaters auf die Spur zu kommen…

 

Langweilig ist es nicht, das Buch. Spannend ist es auch nicht. Seltsam ist es, und in seiner Seltsamkeit wiederum fesselnd. Wird eine fiktive Geschichte erzählt, eine Geschichte, die sich nur aus Vermutungen ernährt, oder lesen wir doch einen klassischen Kriminalroman mit der üblichen Aufklärung am Ende? Es bleibt verwirrend. An den etwas spröden Sprachfluss musste ich mich erst einmal gewöhnen, an die ausufernd geschilderten Barbesuche auch. Und an dieses endlos höfliche Miteinander unter Kollegen oder im Umgang mit Zeugen, diese konfliktvermeidenden Konversationen, die nie auf den Punkt kommen und doch erhellend sind. Weitschweifig wird erzählt. Bis ins letzte Detail versehene Schilderungen, mit scharfer Beobachtungsgabe wahrgenommen, füllen die Seiten und haben mir Einiges an Geduld abverlangt. Das Buch verhält sich oft seitenlang so, als wolle es gar nicht gelesen werden, als entziehe es sich dem Leser willentlich. Der Autor schafft es zum Beispiel, eine halbe Buchseite lang allein darüber zu referieren, welche Gedanken und Mutmaßungen ein offener Schnürsenkel bei Gorski hervorruft. Und entwickelt aus solchen Schilderungen heraus klammheimlich ein intensives Psychogramm des Betreffenden. Das ist kunstvoll, aber auch anstrengend.

 

Das Buch mutet mich an wie einer dieser französischen Spielfilme, die langsam, sehr langsam eine Geschichte in vielen Facetten erzählen, aber nicht wirklich von der Stelle kommen. Viele Zigaretten, viel Alkohol – und die Frage, wie ein Schotte so schreiben kann, als sei er ein Franzose, und zwar einer der alten Schule?

 

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Joe Fischler

 Veilchens Show

  Taschenbuch: 328 Seiten

 Verlag: Haymon Verlag

 

I      ISBN-13: 978-3709979075

  

Nicht der stärkste Titel aus der Veilchen-Reihe

 

In Band 5 der Reihe um die coole LKA-Ermittlerin Valerie (Veilchen) geht es dieses Mal um die Welt der Fernsehshows, speziell um die Kuppelshow „Bauerlorette“, in der fünf Bauern um die Gunst einer Frau und um 1 Million Euro Preisgeld kämpfen. Veilchen findet solche Shows abstoßend, aber als kurz nacheinander zwei der Kandidaten auf mysteriöse Weise ein tragisches Ende finden, wird sie ganz wider Willen in das alpine Fernsehspektakel hineingezogen.

 

Valerie ist schlau, aber auch sensibel und lässt sich nicht so leicht in die Irre führen. Und sie hat ihr zweites Ich, die böse Souffleuse, auch in Band 5 wieder auf der Schulter sitzen, mit Einflüsterungen, die wir alle so oder ähnlich auch bei uns kennen. Die Vorgeschichten nicht gelesen zu haben, mindert  übrigens zu keiner Zeit das Lesevergnügen. Valerie und ihrem Lieblingskollegen Stolwerk offenbart sich im Rahmen der Ermittlungen hinter den Kulissen der Show eine rundum verlogene, morbide Welt. Nichts von dem, was den Zuschauern vorgegaukelt wird, entspricht der Wahrheit. Hier findet Joe Fischer, wie üblich in seinen Büchern, einen kritischen Realbezug, geschickt in vergnügliche Szenen verpackt. Der Kampf um Zuschauer, um Quote, lässt die Fernsehmacher im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen gehen.

 

Die Stärke des Buches ist wie auch in früheren Bänden eine spannende Handlung, die den Leser bis zum Schluss in die Irre führt, und starke Protagonisten, die in überzeichneter Darstellung dem Leser naherücken und im Buch für viele skurrile und komische Situationen sorgen. Joe Fischer erzählt in wohlig-österreichischem Wortwitz und mit spürbar eigenem Spaß eine völlig abstruse Geschichte, der man als Leser mit vielen Lachern folgt. Die Stärke der Erzählkunst von Joe Fischer ist allerdings in diesem Band 5 gleichzeitig auch die Schwäche: Joe Fischer schießt hier gelegentlich über das Ziel hinaus. Streckenweise verkommt die Geschichte zur Klamotte, der Witz verkommt zum Klamauk. Band 5 ist demnach nicht der stärkste Titel in der Veilchen-Reihe, aber dennoch habe ich auch dieses Buch sehr gern und oftmals laut lachend gelesen.

 

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Lars Schütz

Der Alphabetmörder

 

 

·         Taschenbuch: 384 Seiten

·         Verlag: Ullstein Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3548289304

  

 

Ein spannendes Geflecht aus Wahnsinn und Schuld

 

Was für eine Geschichte: In einem Wildparkgehege wird eine entstellte, zertrampelte Leiche gefunden, mit einem tätowierten A auf der Brust. Kurz darauf werden weitere Tote entdeckt, stets mit tätowierten Buchstaben, ein B, ein C. Da die Ermittler völlig im Dunkeln tappen, werden die beiden Fallanalytiker Jan Grall und Rabea Wyler zur Unterstützung hinzugezogen – für Jan Grall eine besondere Herausforderung, da er deshalb von Mainz in seine frühere Heimat in den Westerwald zurückkehren muss und nicht nur mit dem rätselhaften Mörder, sondern auch mit den Rätseln seiner eigenen Vergangenheit zu kämpfen hat, umso mehr, als der oder die Täter es offenbar tatsächlich auch auf ihn abgesehen haben…

  

Spannend ist dieser Thriller von Anfang bis Ende, gar keine Frage. Der Leser steckt sofort mitten in der erzählten Geschichte und erlebt aus verschiedenen Perspektiven das Geschehen. Geschickte Wendungen führen in die Irre oder auch nicht. Man bleibt als Leser stets in innerer Habacht-Stellung, damit nichts der eigenen Aufmerksamkeit entgeht. Unter diesem Spannungsaspekt also ist das Buch wirklich gut geschrieben. Dennoch hat es mich nicht restlos überzeugt. Einer meiner Kritikpunkte ist die Sprache, bei der ich mir mehr Sorgfalt gewünscht hätte. Weniger schlampig-umgangssprachliche Begriffe in beschreibenden, erzählenden Passagen zum Beispiel hätten dem Sprachstil insgesamt gut getan. Aber auch die Darstellung der einzelnen Protagonisten ist für mich nicht optimal gelungen. Das Täter-Psychogramm kommt viel zu kurz, um nachollziehbar zu sein. Auch andere Personen bleiben in ihrer Darstellung blass, wenig lebendig. Jan Grall mit seiner Hypersensibilität und seiner dadurch speziellen Wahrnehmung der Umwelt wäre eigentlich ein überaus interessanter Hauptakteur, dem man sehr viel mehr psychologische Aufmerksamkeit hätte zukommen lassen können. Ihn in Stresssituationen Cannabis rauchen zu lassen, reicht mir hierfür nicht.

 

Mein Urteil: Absolut spannend geschrieben, aber im Detail nicht ausgereift genug.

 

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Gin Phillips

Nachtwild

 

 

·         Broschiert: 304 Seiten

·         Verlag: dtv Verlagsgesellschaft

·         ISBN-13: 978-3423261968

 

Originaltitel: Fierce Kingdom

 

 Ein leiser, ein feinsinniger Thriller

 

Nein, das ist kein Buch zum Thema Attentäter oder Amoklauf oder ein Beitrag zur Diskussion über Amerikas freiheitlichen Umgang mit Waffen. Ein Thriller ist dieses ungewöhnliche Buch jedoch ohne Zweifel, denn es erfüllt alle Kriterien, die ein Thriller per definitionem haben muss: Dauerhafte Spannung über das gesamte Buch hinweg und einen Helden, der sich gegen Gewalteinwirkung seines Gegenspielers behaupten muss. Jedoch glaube ich, dass es der Autorin um etwas ganz anderes ging…

 

Das Buch beschreibt vier Stunden im Leben von Joan und ihrem vierjährigen Sohn Lincoln. Sie verbringen einen schönen Tag im Zoo. Als sie sich gerade auf den Weg zum Ausgang machen, fallen plötzlich Schüsse. Joan sieht in der Ferne Tote auf dem Boden liegen und flüchtet sofort mit Lincoln in ein unbewohntes Tiergehege. Ihrer beider Überleben hängt nun davon ab, dass sie unsichtbar und unhörbar bleiben. Aber wie gelingt das mit einem wissbegierigen, lebhaften vierjährigen Jungen?

 

Der Autorin ist etwas Besonderes gelungen, wie ich finde. Denn der packende Thriller lebt nicht von vielen Aktionen, nicht von angehäuften Grausamkeiten, von in die Irre führenden Täterspuren, sondern ist angefüllt mit der facettenreichen Schilderung einer Mutterliebe, die über sich hinauswächst, mit der Darstellung der geradezu symbiotischen Verbindung zwischen Joan und Lincoln. Die überaus dichte, extrem detaillierte Schreibweise lässt uns tief eintauchen in das Psychogramm einer Über-Mutter, die ihrem fantasievollen Jungen alles mitgeben will, dessen sie fähig ist und die Löwenkräfte entwickelt, als es darum geht, ihren Sohn zu beschützen.

Ein leiser, ein feinsinniger Thriller ist der Autorin da gelungen. Mit Herzklopfenspannung liest man sich durch die Seiten und wagt kaum zu atmen, weil man zusammen mit Joan und Lincoln vier Stunden feststeckt in Beklemmung und Angst mit dem Wissen, dass Flüstern schon zu laut ist.

 

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Andreas Winkelmann

Das Haus der Mädchen

  

·         Taschenbuch: 400 Seiten

·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag

·         ISBN-13: 978-3499275166

 

  

Grundsolider fesselnder Thriller

 

 

Eine Warnung vorab: Beginnen Sie dieses Buch erst dann zu lesen, wenn Sie genug zu essen im Haus haben und kein Besuch droht (oder stellen Sie die Klingel ab)! Denn einmal begonnen, können Sie das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

 

Für ein Praktikum in einem kleinen Verlag kommt Leni nach Hamburg. Leni ist eine introvertierte junge Frau mit vielen Unsicherheiten und Ängsten. Glücklicherweise findet sie im teuren Hamburg ein bezahlbares Zimmer in einer alten Villa am Kanal. Der unkomplizierten Zimmernachbarin und ihren freundschaftlichen Annäherungen kann sich Leni kaum entziehen, doch am nächsten Morgen ist diese neue Freundin spurlos verschwunden. Zeitgleich beobachtet der Obdachlose Freddy Förster, einst erfolgreicher Geschäftsmann, wie jemand einen Mann am Steuer seines Autos erschießt…

 

Dieser Thriller hat mir rundum ausnehmend gut gefallen. Von den ersten Seiten an wird eine große Spannung aufgebaut, die über das gesamte Buch hinweg gleichbleibend hoch ist, und so liest man und liest man und will nicht aufhören. Dunkle, Angst auslösende Szenen oder  durch das Geschehen ausgelöste Schrecksekunden intensivieren zusätzlich das Leseerleben. Der Autor schreibt fesselnd, flüssig und lebendig und verfällt glücklicherweise nicht dem derzeit so sehr in Mode gekommenen Stilmittel der szenisch zerhackten Erzählweise. Zwar gibt es Perspektivwechsel, aber für den Leser bleibt die Handlung stets folgerichtig nachvollziehbar.  Dabei wird man bei seinen Täter-Vermutungen mehrfach hinters Licht geführt bis zum völlig überraschenden Ende. Keine aufgeblasene, künstlich konstruierte, allzu komplizierte Geschichte, keine schrägen oder seelisch beschädigten Ermittler, sondern bedrohlich realistisch geschilderte Geschehnisse, ein geschicktes Spielen mit Ängsten, die wir alle kennen.

Rundum ein durchweg fesselnder und sehr gut lesbarer Thriller – die ideale Spannungslektüre für Mußestunden.

 

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Uwe Wilhelm

Die 7 Kreise der Hölle

 

 

·         Taschenbuch: 448 Seiten

·         Verlag: Blanvalet Taschenbuch Verlag

·         ISBN-13: 978-3734103452

 

 

 

 

Ein Thriller von schmerzhafter Härte

 

Der Inhalt lässt sich in Kürze zusammenfassen:  Vor den Augen der Staatsanwältin Helena Faber werden ihre beiden Töchter Katharina und Sophie entführt. Und es beginnt eine rasende Jagd von Saigon über Istanbul bis Berlin und jenseits aller legalen Wege, tief hinein in die zynische Welt des Kinderhandels mit mafiöser Struktur, in der fern jeglicher moralischer Bedenken Millionen verdient werden an Kindern, meistbietend verkauft an scheinbar normale Bürger, an harmlos erscheinende Nachbarn, an als Kunstliebhaber getarnte Pädophile.

Die Story musste nicht erfunden werden. Ganz aktuell zeigt sich in der gerichtlichen  Aufarbeitung des Staufener Missbrauchsfalles die Spitze eines gewaltigen Eisbergs der Widerwärtigkeiten, und Uwe Wilhelm macht eigentlich nichts anderes, als die abstoßendste Seite der Wirklichkeit komprimiert in ein Buch zu verpacken und uns mit Rasanz durch die verstörende Handlung zu jagen. Es ist spürbar, dass der Autor vom Film kommt. Er schreibt quasi in Bildsequenzen, jedoch ohne Bildbeschreibung. Sein Sprachstil wirkt atemlos, mitunter durch Einschub von Sätzen, die keine sind, ohne Verb, ohne Adjektiv. Spannend ja, abstoßend auch.  Aber trotz des rasanten Erzähltempos und der grausamen Details hat mich der Thriller nicht richtig gepackt. Vielleicht wegen seiner nüchtern-distanziert beschriebenen Protagonisten, die mich an keiner Stelle emotional erreichten. Oder weil mir die wütend-gehetzte Sprache nicht gefällt. Oder weil zu viele Gesichter zu Brei geschlagen werden. Ein Thriller von schmerzhafter Härte, nicht für jeden zu empfehlen.

 

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Catherine Shepherd

Der Flüstermann

 

 

·         Taschenbuch: 334 Seiten

·         Verlag: Kafel Verlag

·         ISBN-13: 978-3944676203

 

 

Höchste Erwartungen in Perfektion erfüllt

 

Meine Erwartungen an jedes neue Buch von Catherine Shepherd sind hoch, höher, am höchsten. Und jedes Mal erfüllt Catherine Shepherd diese meine höchsten Erwartungen aufs Neue in Perfektion.  Allein schon für diese Verlässlichkeit in puncto Thrillerspannung pur schätze ich die Autorin sehr. Auch bei dem vorliegenden Buch geht es mir so: Ich beginne zu lesen und habe das Gefühl, vor Spannung den Atem anzuhalten, bis ich am Ende angelangt bin, nach Luft schnappend…

Um nicht zuviel vom Inhalt zu verraten, nutze ich dieses Mal den Klappentext zur Einstimmung: Ein grauenvolles Video taucht im Internet auf. Eine junge Frau wird vor den Augen aller Welt ermordet. Der Täter flüstert ihr vorher etwas ins Ohr, das Laura Kern zutiefst schockiert. Die Spezialermittlerin arbeitet auf Hochtouren, doch bereits nach kurzer Zeit wird ein neues Video veröffentlicht. Der Killer scheint seine Opfer wahllos von der Straße zu holen. Bevor er tötet, testet er sie. Laura jagt ein Monster, das ihr immer einen Schritt voraus ist. Erst viel zu spät entdeckt sie ein dunkles Geheimnis, das sie auf die Spur des Serienmörders bringt. Aber der hat das nächste Opfer längst in seiner Gewalt, und niemand vermag zu sagen, ob Laura ihn rechtzeitig stoppen kann.“

 

Die Meisterschaft von Catherine Shepherd liegt darin, durch schnelle Perspektiv- und Zeitenwechsel den Leser durchs Buch zu jagen. Perfekt gesetzte Cliffhanger hangeln ihre Fangarme nach dem Leser und halten ihn fest, sodass ihm nichts anderes übrig bleibt, als weiter von Kapitel zu Kapitel zu eilen, in alle von der Autorin als verlockend angezeigten Fallen zu tappen, sich wieder aufzurappeln und weiter und weiter zu lesen bis zum Herzschlagfinale. Die Protagonisten sind wie immer absolut stimmig dargestellt, die erzählte Geschichte eines die Jahre überdauernden Racheverlangens ist nachvollziehbar. Alle Zutaten werden in gekonnter Weise zu einem atemberaubend spannenden Thriller gemixt. Aber seien Sie gewarnt: Beginnen Sie das Buch nur, wenn nichts und niemand auf Sie wartet, denn Sie werden, solange Sie lesen, Ihr Umfeld restlos vergessen!

 

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James Grippando

Zwischen Wahrheit und Lüge

 

 

·         Broschüre: 432 Seiten

·         Verlag: HarperCollins

·         ISBN-13: 978-3959672139

 

 

 

Ein nicht endendes Vexierspiel

 

Was für ein Albtraum! Isabelle Bornelli und Ehemann Keith, reicher Bankenmanager, fliegen von ihrem Wohnort Hongkong nach Miami zusammen mit ihrer fünfjährigen tauben Tochter Melany, der in Miami  von durch eine Operation im Ohr geholfen werden soll. Jack Swyteck, Strafverteidiger und alter Freund von Keith, erwartet die Familie am Flughafen. Er muss miterleben, wie Isabelle unmittelbar nach Ankunft noch im Flughafengebäude verhaftet und in Handschellen abgeführt wird. Anklage Mord! Jack übernimmt den Fall und wird damit hineingezogen in ein nicht endendes Vexierspiel zwischen Wahrheit und Lüge.

 

Der Einstieg in das Buch ist sehr spannend und emotional eindringlich geschrieben. Das gesamte Buch ist flott zu lesen. Insbesondere die reichlich angewandte Methode der  wörtlichen Rede macht die dargestellten Charaktere lebendig und lässt den Leser unmittelbar am Geschehen teilhaben. Der eigentliche Spannungsbogen des Buches entsteht aus der Tatsache heraus, dass man bis zum Ende, das in relativ unspektakulärer Weise  Aufklärung bringt, nicht wirklich weiß, ob Isabelle schuldig ist oder nicht. Jedes Gespräch, jeder neue Zeuge, jede neue Verteidigungsstrategie bringt zwar ein weiteres Mosaiksteinchen des damaligen Geschehens an den Tag, aber der Leser bleibt dennoch weiter im Ungewissen. Und genau diese Tatsache, zwar brillant beschrieben, brachte für mich jedoch mit sich, dass ich das nicht enden wollende Justiz- und Gerichtsgeplänkel streckenweise satt hatte. Mir fehlte außerdem, abgesehen vom Buchanfang, der emotionale Draht zu den Akteuren, sodass ich oft nur wie ein unbeteiligter Zuschauer weiterlas. Der Autor, selbst ehemals Strafverteidiger, jongliert sich mit dem amerikanischen Justizsystem, mit der Frage Opfer oder Täter, gekonnt durch die Buchseiten, mir jedoch mitunter allzu nüchtern und streckenweise ermüdend.

 

Leider sehr störend sind die vielen Fehler im Buch. Häufig wird die Großschreibung von Sie, Ihr oder Ihnen nicht beachtet. Oder „erschrocken“ und „erschreckt“ wird verwechselt. Und was ist das für ein Wort: „hemdsfrei“?

 

Fazit: Ein gekonnt und routiniert geschriebener Justizthriller, sehr amerikanisch, flott zu lesen, mit einem mäßig-gleichbleibenden Spannungsbogen, der die Frage offen lässt, wie genau Schuld zu definieren wäre.

 

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Terr Gerritsen

Sag niemals stirb

 

·         Broschüre: 304 Seiten

·         Verlag: HarperCollins

·         ISBN-13: 978-3959671842

·         Originaltitel: Never say die

  

Dschungel-Thriller

 

1970: Der Pilot Wild Bill Maitland stürzt nach einer Explosion an Bord seines Transportflugzeugs über dem Dschungel von Vietnam ab. Seine Leiche wird nie gefunden. 20 Jahre später: Seine Tochter, Willy Jane Maitland, will einen letzten Wunsch ihrer krebskranken Mutter erfüllen und macht sich auf die Suche nach dem verschollenen Vater. Sie reist nach Vietnam und trifft dort auf Guy Barnard, einen ortskundigen Paläontologen, der ihr seine Hilfe anbietet. Doch die Suche entwickelt sich schnell zu einer lebensgefährlichen Mission…

 

Dass Tess Gerritsen schreiben kann, dass sie Meisterin darin ist, Spannung aufzubauen, weiß man zur Genüge. Insofern waren meine Erwartungen an dieses Buch hoch. Und in der Tat schafft es die Autorin, mich in die mir fremde Welt Vietnams tief eintauchen zu lassen, die besondere Atmosphäre so intensiv und lebendig zu beschreiben, dass ich mitunter das Gefühl hatte, Hitze, Regen, Moskitos auf meiner eigenen Haut zu spüren. Und sie lässt mich in packender Weise teilnehmen an einer immer gefährlicher und bedrohlicher werdenden Suche. Jeder neue Kontakt, jedes neue Gespräch wirft neue Fragen auf, und der Leser wird immer mehr in ein geschicktes Verwirrspiel hineingezogen. Wer Freund oder Feind ist, wer Wahrheit spricht oder lügt, ändert sich nahezu bei jedem Schritt, den Willy tiefer hinein in das Gespinst der Vergangenheit macht. Willy, die sich mutig, aber auch recht naiv auf die Suche gemacht hatte, wird zunehmend selbst zur Gejagten, und so steigert sich der Spannungsbogen kontinuierlich bis zum rasanten Ende.

 

Auch wenn mich streckenweise das allzu breit ausgewalzte Hin und Her, dieses wenig nachvollziehbare „Beziehungsgedöns“ zwischen Guy und Willy nervte, hat mich der Thriller, der im Original bereits 1992 erschien, insgesamt bestens unterhalten. Es mag nicht das beste Buch von Tess Gerritsen sein, aber lesenswert ist es dank des ungewöhnlichen Plots auf jeden Fall.

 

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Emily Elgar

 

Schweige nun still

 

·         Taschenbuch: 448 Seiten

·         Verlag: Goldmann Verlag

·         ISBN-13: 978-3442486861

 

·         Originaltitel: If you knew her

 

   

Sehr gemächlich erzählt

 

Der Klappentext zog mich magisch an und ließ mich ein hohes Spannungspotential erwarten: Eine junge Frau wird in die Station für Koma-Patienten des St. Catherine Hospital eingeliefert, nachdem man sie bewusstlos in einem Straßengraben gefunden hat. Ein tragischer Unfall mit Fahrerflucht? Im Bett neben Cassie liegt Frank, der am Locked-in-Syndrom leidet: Er nimmt alles wahr, kann sich aber nicht mitteilen. Die Menschen um ihn herum verhalten sich so, als wäre Frank gar nicht da. Und so ist er es, der als einziger die Puzzleteile von Cassies Vergangenheit zusammensetzt und erkennt, dass sie noch immer in tödlicher Gefahr schwebt. Denn jemand aus ihrer nächsten Nähe würde alles tun, damit das Schweigen gewahrt bleibt, niemals ans Licht kommt, was wirklich geschehen ist …

  

Leider wurden meine Erwartungen nicht erfüllt. Obwohl der Plot alles hat, was zu einem Psychothriller gehört, kann sich durch die extrem gemächliche, ausschweifende, fast betuliche  Erzählweise keine Spannung aufbauen. Der eigentlich geschickte Schachzug, die Geschichte aus drei verschiedenen Sichtweisen zu erzählen, verliert im Verlauf der Seiten immer mehr an Reiz, umso mehr, als die dargestellten Personen nicht wirklich psychologisch nachvollziehbar denken und handeln. Streckenweise kamen mir die geschilderten Szenarien vor wie eine Mischung aus „Chicago Hope“ und „Barnaby“, was zwar durchaus seinen Reiz hat, aber doch weit weg ist von einem Psychothriller. Viele, viele Seiten lang geschieht im Grunde nichts, man liest und liest, fühlt sich mäßig unterhalten, macht sich so seine Gedanken und Vorstellungen, hat Vermutungen, aber bleibt weitgehend unberührt. Erst auf den letzten 50 Seiten passiert alles auf einmal. Das Geschehen explodiert quasi. Und schon ist das Buch zu Ende und man fühlt sich als Leser wie nach einem überraschenden Gewitter: erschreckt und froh, es hinter sich zu haben.

 

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Volker Klüpfl, Michael Kobr

Kluftinger

·         Gebundene Ausgabe: 480 Seiten

·         Verlag: Ullstein Hardcover

·         ISBN-13: 978-3550081798

 

 

Wie er wurde was er ist

 

Ein sehr geschickter Coup ist den Autoren da gelungen!

 In seinem Jubiläumsfall wird Kluftinger subtil bedroht und er ahnt, dass diese Bedrohung etwas mit seiner Vergangenheit zu tun hat. Bruchstückweise kommt in Rückblenden die Erinnerung an ein Ereignis zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn zurück. Gleichzeitig wächst in der Gegenwart die Bedrohung, wird zur realen Gefahr, denn es wird immer deutlicher, dass es jemand auf Klufti persönlich abgesehen hat. Aber Kluftinger wäre nicht Kluftinger, wenn er nicht gleichermaßen mit dem Alltag zu kämpfen hätte. Denn wie transportiert man eine große Trommel in einem rosa Smart? Oder wie wird man fertig mit der Tatsache, dass der eigene Kosename Butzele plötzlich dem Enkelkind gehört?

Kluftinger in seiner gewohnt knorzigen Art und seine nicht minder eigenwilligen Kollegen erfreuen wie eh und je mit ihrem deftigen Umgangston. Die lockere Erzählweise, das perfekt getroffene Lokalkolorit und die Wichtigkeit von regelmäßiger Nahrungsaufnahme ist man bei dem Autorenteam schon gewohnt. Man schmunzelt sich sozusagen durch die Seiten und löst mit Kluftinger zusammen ganz locker nebenbei den aktuellen Fall. Aber dieses Mal gibt es noch eine weitere Dimension im Buch. Wir lernen Kluftinger näher kennen, wir erfahren, wie er zu dem wurde, was er ist. Die zahlreichen Rückblenden, verständnisfreudig in einer anderen Schrift gedruckt, erzählen uns viel Intimes über Kluftinger. Es wird berichtet über seine Jugend, über seine Berufskarriere, wie er seine spätere Frau Erika kennenlernt und erzählt auch von einem dunklen Geheimnis, das nun bis in die Gegenwart hinein seinen Schatten wirft. Durch diesen genialen schriftstellerischen Clou ist Kluftinger nicht länger nur eine durchaus gelungen gestaltete Kunstfigur, Mittelpunkt vieler komischer Szenen, sondern er wird vollständiger, echter, mehr Mensch, möchte man fast sagen. Und vor allen Dingen noch  liebenswerter.

 

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Sandra Aslund

Tödliche Provence

 

 

·         Taschenbuch: 296 Seiten

·         Verlag: Midnight

·         ISBN-13: 978-3958199217

 

  

 

Atmosphärisch schöner, gemütlicher Krimi

 

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den zweiten Band rund um die Ermittlerin Hannah Richter. Da es nur wenige „Rückblicke“ gibt, lässt sich der Folgeband gut lesen, auch wenn man den ersten Band nicht kennen sollte. 

Hannah Richter gönnt sich 4 Wochen Urlaub und fährt in die Provence, um im Häuschen ihrer Freundin Penelope entspannte Ferienwochen zu verbringen. Doch daraus wird nichts. Penelopes Nachbar, ein feiner älterer Herr, wird tot aufgefunden, sein Arbeitszimmer ist durchwühlt worden. Emma, eine ehemalige Kollegin von Hannah, bittet diese um Mithilfe. Und so wird offenkundig, dass der Tote vor seinem Tod noch Andeutungen gemacht hatte über ein dunkles Geheimnis aus seiner Vergangenheit… 

Ich habe dieses Buch gern gelesen. Nicht weil es spannend wäre. Die Handlung plätschert relativ gemütlich dahin, die Erzählweise ist gemächlich. Allenfalls im letzten Drittel zieht das Tempo ein wenig an, aber eben auch nur ein wenig. Ich habe das Buch gern gelesen aus zwei Gründen: Zum einen ist mir die Kommissarin Hannah sehr sympathisch. Ihre gewisse Zögerlichkeit, insbesondere was Beziehungen betrifft, kann ich gut nachempfinden, und ich finde es sehr angenehm, dass sie seelisch relativ stabil ist, nicht mit alten Traumata zu kämpfen hat, wie es derzeit in den Krimis Mode zu sein scheint. Der zweite Grund war für mich, dass die Autorin ganz wunderbar die Landschaft der Provence und die Mentalität der dort lebenden Menschen zu schildern versteht, und dass nicht zuletzt das leckere regionale Essen und Trinken in schwelgerischer Weise viel Platz im Buch einnimmt.  Ein umfangreiches Glossar der vielen französischen Begriffe und Redewendungen, ein angefügter Stammbaum der verzweigten Familie des Toten, eine Übersicht der im Buch erwähnten Musikstücke und ein Rezept für Badekugeln runden das Buch in perfekter Weise ab.

 Fazit: Ein sanfter, atmosphärisch schöner, unaufgeregter Krimi mit Urlaubsfeeling.

 

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Catherine Shepherd

Knochenschrei

 

Taschenbuch: 348 Seiten

Verlag: Kafel Verlag

Sprache: Deutsch

ISBN-13: 978-3944676104

 

 

Wieder ein gekonnt-rasant geschriebener Thriller

  

 

Dies war mein drittes gelesenes Buch von Catherine Shepherd. Und was soll ich sagen – meine Bewunderung wächst und wächst. Die Autorin schafft es, bei jedem Buch ein extrem hohes  Spannungsniveau zu halten oder gar noch zu steigern. Sie schreibt so bildhaft intensiv, dass der Leser das Gefühl hat, die Handlung hautnah mitzuerleben, sich dem Grauen persönlich ausgesetzt zu fühlen…

 

Zwei Handlungsstränge in zwei Zeitzonen: Da ist Zons in der Jetzt-Zeit. Beim Abriss einer Kellerwand wird ein Skelett entdeckt, wie es scheint eine Nonne aus dem Mittelalter. Schlimm genug. Doch Kommissar Oliver Bergmann entdeckt hinter einer weiteren Kellerwand eine weitere Frauenleiche, die vor noch nicht allzu kurzer Zeit lebendig eingemauert worden war.

 

Und da ist Zons im Jahr 1497. Mitten in der Nacht verschwindet die junge Nonne Brunhilde spurlos. Es wird vermutet, sie sei davongelaufen. Bald darauf wird eine Ordensschwester getötet. Das Kloster ist in heller Aufregung. Bastian Mühlenberg setzt alles daran, Brunhilde noch lebend zu finden und einen Serienmörder zu Fall zu bringen. Seine Suche führt ihn tief in ein Labyrinth von Kellergewölben unterhalb des Klosters.

 

In diesem Thriller spielt die Autorin gekonnt mit den verschiedenen Zeitsträngen, erhöht von Seite zu Seite das Tempo, überlässt den Leser erst seinen Vermutungen, um dann neue Verwirrung zu stiften und damit neue Vermutungen zu provozieren. Der geschickte Aufbau des gesamten Buches, in dem oftmals Cliffhanger zu Ende eines Kapitels die Spannung auf raffinierte Weise konstant hoch halten, lässt den Leser atemlos durch die Seiten jagen. Dazu kommt die besondere Fähigkeit von Catherine Shepherd, so quälend intensiv zu erzählen, dass man als Leser glaubt, den Geruch von frischem Mörtel zu riechen, die kriechende Kellerkälte auf der Haut zu spüren und schmerzhaft zu spüren, wie die eigenen Schleimhäute austrocknen zu Schmirgelpapier. Besser geht es nicht! 

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Michael Gerwien

Gründerjahr

 

 

Taschenbuch: 343 Seiten

Verlag: Gmeiner-Verlag

ISBN-13: 978-3839222140

 

 

Perverse Mahlzeiten, leider etwas fade angerichtet

  

100 Jahre Bayern, 100 Jahre München, 100 Jahre entsetzliche, geradezu bestialische Mordfälle, 3 Generationen Ermittler. Einen großen Bogen schlägt der Autor in diesem Kriminalroman.

 

Im Jahr 1918 werden kurz hintereinander drei blauäugige, junge blonde Frauen ermordet aufgefunden, alle drei regelrecht „ausgeweidet“. Die Ermittlungen des Kriminaloberinspektor Karl Weinberger und seiner Kollegen verlaufen letztlich erfolglos, dem Täter gelingt die Flucht.

 

Im Jahr 1948 werden wieder blonde blauäugige Frauen ermordet, auf die gleiche Weise wie 1918 ihrer Innereien beraubt. Jetzt ermittelt der Enkel von Karl Weinberger, Oberinspektor Hans Weinberger, zusammen mit der amerikanischen Polizei in München.

 

Im Jahr 2017 macht sich Julia Weinberger, Enkelin von Hans Weinberger, daran, die Fälle von 1918 und 1948 für einen Zeitungsartikel aufzubereiten und gerät damit in höchste Lebensgefahr.

 

In zwischengeschobenen Episoden sehen wir mit den Augen des Täters die Welt, lernen seine verwirrten Gedanken kennen und seine ekelerregenden Handlungsweisen. Diese Episoden empfand ich als sehr intensiv abstoßend beschrieben.

 

Ansonsten wird die Geschichte folgerichtig erzählt, mit über die Seiten hinweg mäßiger Spannung. Zwar habe ich das Buch gerne gelesen, aber insgesamt habe ich das Gefühl und die Lebendigkeit im Schreibstil vermisst. Es wird berichtet, nüchtern, sachlich, und so bleiben die dargestellten Personen blutleer. Mir haben farbige, weniger nüchterne Schilderungen der Menschen, mit allen Sinnen wahrgenommene Beschreibungen von Örtlichkeiten und Ambiente  gefehlt. Der interessante Plot hätte meiner Meinung nach viel mehr ausgearbeitet werden müssen, auch die zeitgeschichtlichen Unterschiede hätten größere Aufmerksamkeit verdient. Kurzum: Ein gut zu lesendes Buch, dem jedoch das Herzblut des Autors fehlt. 

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Olivia Kiernan

Zu nah

Seitenzahl der Print-Ausgabe: 368 Seiten

Verlag: HarperCollins

ISBN: 978-3-95967-183-5

  

 

Erschauernd spannend

 

Dass sich hinter dem wenig aussagekräftigen Cover ein rundum gelungenes Autorendebut verbirgt, war für mich eine positive Überraschung. 

Eleonor Costello, eine Wissenschaftlerin, wird erhängt in ihrem Schlafzimmer aufgefunden. Detective Frankie Sheehan von der Dubliner Polizei, selbst noch schwer unter den Folgen ihres letzten Falles körperlich und seelisch leidend, spürt intuitiv, dass sehr viel mehr hinter diesem vermeintlichen Selbstmord steckt. Kurz darauf wird eine zweite tote Frau gefunden, grausam zu Tode gefoltert. Und spätestens jetzt beginnt eine Tätersuche, die tief hinabführt in eine Welt des Quälens, in eine Spirale der Gewalt als Lustgewinn.

Olivia Kiernan schreibt im Präsens. Zudem hat sie Frankie Sheehan als Ich-Erzählerin gewählt. Allein schon diese Stilform macht das Geschehen hautnah erlebbar. Wir tauchen tief ein in das erlittene Trauma von Frankie, in die Panikattacken und in ihren Kampf, sich selbst immer wieder neu zu überwinden. Feinste Beobachtungen, detaillierte Nuancen des inneren Erlebens machen die Handlung zu einem atmosphärisch und psychologisch dichten Thriller. Dazu kommen noch Dialoge mit teils beißendem Humor und insgesamt der in der Bildwahl mitunter fast expressionistisch anmutende Schreibstil. Und ein Plot, in dem vergangenes und neues Grauen sich wie zwei Schlangen lautlos und unaufhaltsam aufeinander zubewegen. All dies ergibt einen großartigen Thriller, erschauernd spannend. 

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Alexander Bálly

Tod im Hopfengarten

Taschenbuch: 256 Seiten

Verlag: Emons Verlag

ISBN-13: 978-3740800345

 

Nackerd oder bemalt

 

Normalerweise liest man einen Krimi, indem man die Protagonisten kennenlernt, es einen oder mehrere Leichen gibt, und dann das Ermittlerteam, mehr oder weniger sympathisch, seine Arbeit beginnt. Der Leser denkt mit, denkt sich sein Teil und behält am Ende recht oder auch nicht. Das alles war bei „Tod im Hopfengarten“ ebenso, und doch ganz anders.

 

Zwei Geschehnisse beschäftigen die Münchener Polizei: eine Serie von Kunstdiebstählen und eine zufällig aufgefundene bereits skelettierte Leiche. In Wolnzach, einem Marktflecken im idyllischen Landstrich der Holledau gelegen, gibt es zwar viele Mutmaßungen, aber man spricht nicht mit Fremden, schon gar nicht mit evangelischen Fremden. Da ist es gut, dass der Ludwig Wimmer, Metzgermeister im Ruhestand und Hobbydetektiv, auf seine ganz eigene Weise den Leuten beim „Brauchtümeln“ zuschaut…

 

Die wild ausgekippten Puzzle-Teile des Krimi-Geschehens waren jedes für sich gesehen bereits so urkomisch, so bayerisch sturschädelig oder schwäbisch sparsam, so hinterkünftig, dass es mir streckenweise gar nicht mehr wichtig war, ein stimmiges Gesamtbild zu erstellen. Ich verlor mich in der Technik eines zerlegten uralten Fleischwolfs oder im Sortieren von Heiligen, nackerd oder bemalt. Ich folgte den Irrwegen eines plattgefahrenen Heilands und ging auch sonst dem Autor immer wieder auf den Leim. Ich grantelte auf bayerisch und forschte auf schwäbisch, dabei kicherte ich mich durch die Seiten. Und am Ende war das zusammengepuzzelte Bild doch ein sehr stimmiges Ganzes geworden, ohne dass ich etwas anstrengen musste außer meine Lachmuskeln.

 

Ich ziehe meinen Hut vor diesem Autor, der es versteht, fundiertes Wissen, kritisches Denken, scharf-liebevolle Beobachtungsgabe und blühende Fantasie zu einem Buch zusammenzu“binden“, das zu lesen vordergründig einen Heidenspaß bereitet und hintergründig der Bigotterie, der weit verbreiteten Welt der Vorurteile und rechtsgerichtetem Denken den Spiegel vorhält.

 

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Thomas Baum

Tödliche Fälschung

Taschenbuch: 312 Seiten

Verlag: Haymon Verlag

ISBN-13: 978-3709978887

 

 

Krimi auf österreichisch

Zwei Erzählstränge, zwei rätselhafte Fälle und ein Ermittlerteam der besonderen Art: Daraus ist dieses Buch gestrickt, und zwar in einem speziellen österreichischen Strickmuster, das mich zu Beginn etwas befremdete, mir aber schlussendlich sehr gefiel.

Kommissar Worschädl besucht mit seiner holden Gattin Karoline ein Cellokonzert, das nicht stattfindet, weil der Bratschist hinter der Bühne tot aufgefunden wird. Und es wird bei einer Joggingrunde mit ihrem Blindenhund ein blindes junges Mädchen entführt. Dazu kommt auch noch jede Menge Falschgeld. Worschädl und seine Kollegin Schinagl, die mit einer schwer pubertierenden Tochter geschlagen ist, ermitteln von Linz bis nach Italien, mitunter bis hin zur persönlichen Schmerzgrenze, bei der auch Bachblüten nicht mehr helfen können…

Wenn man sich erst einmal in den intelligenten, aber etwas sperrigen Sprachstil eingelesen hat, macht das Buch richtig Spaß. Denn abgesehen von den durchaus spannend aufbereiteten Geschehnissen besticht der Krimi durch seinen teils bissigen, teils liebevollen, immer und überall ganz leise durchblitzenden Humor. Auf eine Fortsetzung darf man hoffen.

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Marc Raabe

Schlüssel 17

Broschiert: 512 Seiten

Verlag: Ullstein Taschenbuch

ISBN-13: 978-3548289137

 

 

Packender Reihenauftakt

 

Der Domorganist Winkler betritt den Berliner Dom und findet die Pfarrerin hoch in der Kuppel aufgehängt wie ein Engel, den Körper böse entstellt, um den Hals einen Schlüssel mit der Nr. 17 eingraviert. Der LKA-Ermittler Tom Babylon vertieft sich in den Fall mehr als ihm guttut, denn vor 20 Jahren Jahren verschwand seine kleine Schwester Viola, die genau solch einen Schlüssel mit der Zahl 17 bei sich hatte. Tom ist nicht begeistert, dass er die Psychologin Sita Johanns an die Seite bekommt, die seine gewohnten Alleingänge immer wieder zu unterbinden weiß. Mögliche Spuren führen in die Psychiatrie, aber auch zurück in die ehemalige DDR bzw. zur Stasi…

 

 

 

Erzählt wird in zwei Handlungssträngen, in Vergangenheit (1998) und Gegenwart (2017). Diese beiden Zeitebenen verweben sich, je weiter man liest, immer mehr, sie verknoten sich geradezu, verschaffen dem Leser keine Klarheit, im Gegenteil, sie führen zu mehr und mehr Verwirrung. Bis zum temporeichen Ende geht man dem Autor in seinem raffinierten Plot auf den Leim bei der Frage, wer zu den Guten und wer zu den Bösen gehört. Tom Babylon ist ein sympathischer Ermittler mit schmerzhafter Vergangenheit, idealer Gegenpart zu Dr. Sita Johanns, der Psychologin ebenfalls mit schmerzhafter Vergangenheit. Man spürt, dass die beiden Personen noch viel Erzählpotential in sich tragen…

 

Das Buch ist durchgängig spannend, geradezu packend erzählt, in einem knackigen Sprachstil, dadurch flott zu lesen. Personen und Geschehnisse sind lebendig und nachvollziehbar geschildert, die Handlung äußerst geschickt konstruiert und durch die zwei Zeitebenen doppelt fesselnd. Glücklicherweise lässt das Ende dieses Buches auf ein Wiederlesen mit Tom und Sita hoffen.

 

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Silvia Stolzenburg

Das dunkle Netz

Taschenbuch: 277 Seiten

Verlag: Gmeiner-Verlag

ISBN-13: 978-3839222805

 

 

Leichte, spannende Kost

 

 

 

Als bekennender Gmeiner-Verlag-Fan gehe ich auf jedes Buch aus diesem Verlag mit gespannter positiver Erwartung zu. So auch in diesem Fall.

 

  

Die Handlung ist gemäß Klappentext schnell erzählt: Mark Becker, Feldjäger, findet auf seine Mailbox die Nachricht eines ehemaligen Kameraden mit der dringenden Bitte um ein Treffen, da er Beweise für ihn habe. Als Mark ein paar Stunden später zu ihm fährt, ist der Mann jedoch spurlos verschwunden. Ein paar Tage später wird eine verkohlte Leiche im Wald aufgefunden. Lisa Schäfer von der Kriminalpolizei beginnt ihre Ermittlungen.

  

Dank der kurzen Kapitel und der authentisch wirkenden, lebendigen Dialoge liest sich das Buch sehr schnell. Es ist Seite um Seite spannend, mitunter etwas klischeehaft in den Darstellungen von Situationen und Personen. Der Plot weist nicht gerade die allergrößte Raffinesse auf, aber dennoch löst er allerlei Rätselraten aus. Was absolut stört, sind die vielen Abkürzungen. Zwar gibt es am Ende ein Abkürzungsverzeichnis, das jedoch nur einen geringeren Teil der tatsächlich vorkommenden Abkürzungen enthält.

 

Fazit: Ein durchaus spannend geschriebenes Buch für Lese-Stunden, in denen leicht lesbare Kost ohne besondere Tiefe angebracht ist. 

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Rex Stout

Zu viele Köche

Gebundene Ausgabe: 340 Seiten

Verlag: Klett-Cotta

Sprache: Deutsch

ISBN-13: 978-3608981131

Originaltitel: Too many cooks

 

 

  

 

 

Unbedingt mit dem Nachwort beginnen!

 

Mir wurde erst durch das Nachwort klar, wie geschickt Rex Stout eine politische Botschaft in seinen Kriminalroman eingearbeitet hatte und welch immense Tragweite Nero Wolfe’s im Roman beschriebenes Verhalten gegenüber den Schwarzen im Erscheinungsjahr des Buches 1938 hat. Er erweist ihnen Respekt,  ja, er dankt ihnen sogar für ihre Gastfreundschaft in ihrem Land! Wunderbar, dass Klett-Cotta das Werk Rex Stout‘s wieder auflegt, noch dazu in einer sehr schönen Ausstattung.

 

Erzähler in diesem feinen kriminalistischen Kabinettstück ist Archie Godwins, der von sich selbst sehr überzeugte Sekretär von Nero Wolfe, jenem überaus berühmten und ausgesprochen dickleibigen Detektiv, der seine Fälle durch intelligentes Beobachten und Nachdenken zu lösen pflegt. Nero Wolfe wird als Ehrengast nach West-Virginia eingeladen zu einem Treffen der 14 namhaftesten Köche, die allesamt in Neid und Missgunst miteinander verbunden sind. Als einer dieser Köche mit einem Tranchiermesser erstochen wird und ein rassistischer Sheriff und ein unerfahrener Staatsanwalt ihre Unfähigkeit unter Beweis stellen, erklärt sich Nero Wolfe bereit, die Lösung des Falls selbst herbeizuführen.

 

Der Kriminalroman wurde zwar neu übersetzt, aber dennoch brauchte ich eine Weile, bis ich mich einfinden konnte in die etwas umständliche und den damaligen Konventionen genügende, gemächliche Sprache. Nach wenigen Seiten jedoch wurden mir die Dialoge selbstverständlich und die langsame Erzählweise zum Genuss. Insbesondere die kleinen, feinen Bösartigkeiten der Konkurrenten untereinander und so manch raffiniert versteckter Witz machten mir Freude, dazu die geschilderten Persönlichkeiten in ihren teils recht absonderlichen Verhaltensweisen, teils dem Zeitgeist geschuldet, teils als Marotte einzuschätzen. Es lohnt sich, Rex Stout als intelligenten, politischen und bissig-witzigen Autor neu zu entdecken.

 

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Dirk M. Staats

Auf dem Totenberg

Taschenbuch: 330 Seiten

Verlag: KBV

Sprache: Deutsch

ISBN-13: 978-3954413904

 

 

In voller Fahrt durch das Buch gekurvt

 

 

 

Hauptkommissar Max Leitner, mit Magenschmerzen geplagt, und sein Assistent Tobias Heuward, der seine Unerfahrenheit mit vorlautem Auftreten wettmacht, treten auf der Stelle: Der Fund einer zerstückelten Leiche, die schon seit vielen Jahren im Wald liegt, gibt schier unlösbare Rätsel auf. Schließlich sollen die Ermittlungen eingestellt werden. Aber Max Leitner gibt nicht auf. Im Gegenteil, er verbeißt sich immer mehr in den Fall und verfolgt akribisch mögliche Spuren für seine zunehmend konkreter werdende Idee des Tathergangs…

 

Der Autor spielt gekonnt mit zwei Handlungssträngen, die 12 Jahre auseinander liegen und scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Beiden gemeinsam ist eine ständig wachsende Spannung, vom Prolog beginnend bis zum fulminanten Ende. Mit großer Raffinesse entwickeln sich die zwei Erzählstränge aufeinander zu bis zum schlüssigen Ende. Es wird mit großer Geschwindigkeit erzählt, und als Leser hat man das Gefühl, in hohem Tempo durch die Handlungskurven zu rasen, laufend zwischen den Zeiten und den Protagonisten die Spur zu wechseln, ohne anhalten zu können, um schließlich aus voller Fahrt heraus ans Ziel zu gelangen.

 

Was für ein umwerfendes Debüt!

 

Ein Autor, der Orgel und Klavier spielt. Man darf also davon ausgehen, dass es sich um einen feinsinnigen, musischen Menschen handelt. Die Hände, die sensibel Musik hervorrufen, halten nun also auch die Feder, aus der so viel böses, blutiges, dramatisches, grausames und intelligentes Geschehen hervorquillt – wie ist das möglich? Und wie ist es möglich, dass dieses Erstlingswerk so routiniert daherkommt, als wäre es eines von vielen vorausgegangenen Veröffentlichungen? Aber lesen Sie selbst!!!

 

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 Volker Dützer

 NEXX Die Spur

 Taschenbuch: 384 Seiten

 Verlag: Knaur TB

 Sprache: Deutsch

 ISBN-13: 978-3426520727

  

 

 

 

Unbedingt lesen!!!

 

Wenn Sie gute Nerven haben, beginnen Sie das Lesen mit dem Nachwort des Autors. Denn dann können Sie sich im Verlauf der Geschichte nicht mehr damit selbst beruhigen, dass dieser Thriller reine Fiktion ist.

 

Die Journalistin Valerie de Crécy steht unter Erfolgszwang. Um die sinkenden Einschaltquoten zu erhöhen, entschließt sie sich, den medienscheuen und praktisch unfehlbar erfolgreichen Wahrsager Nexx zu einem Interview zu bewegen. Bei einer Pressekonferenz rettet sie ihm bei einem Anschlag in letzter Minute das Leben. Ab da wird Valerie zum Objekt seiner Begierde, mehr noch, zu seinem erklärten Besitz, obwohl Valerie seine Annäherungen vehement zurückweist. In ihrem Umfeld sterben Menschen auf bizarre Weise. Valerie ist sich sicher, dass Nexx dahinter steckt, aber sie kann nichts beweisen. Schließlich findet sie in dem Ermittler Lenny Koriadis Unterstützung auf der akribischen Suche nach dem Geheimnis von Nexx. Dieser prophezeit jedoch öffentlich ihren baldigen Tod…

 

Zunächst: Wenn ich ein Buch von Volker Dützer in die Hand nehme, weiß ich, dass mich gut geschriebene, spannende Handlung erwartet. Insofern öffnete ich auch dieses Buch mit einem inneren wohligen Zurücklehnen und Genießen-Wollen. Was aber dann tatsächlich passierte, ist schwer beschreibbar. Das Buch packte mich, saugte mich ein. Ich geriet in eine Art Schleudergang wie in der Waschmaschine, bis ich atemlos und schwindelig wieder ausgespuckt wurde. Ich geriet auf eine emotionale Achterbahn mit Bangen und Zittern um Menschen, die mir nahe gingen. Hinreißende sprachliche Feinheiten wie z. B. „Die See trug ein zerknittertes Kleid aus zornigen grau-grünen Wellen“ ließen mich für Momente innehalten, dann wiederum erlag ich wehrlos der grenzenlosen Spannung, die über das gesamte Buch hinweg kein einziges Mal nachließ, im Gegenteil, die sich ins fast Unerträgliche steigerte.

Fazit: Perfekt geschriebener, unermesslich spannender Thriller, dessen Realitätsnähe das Grauen direkt in unsere private Welt schickt.

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Peter Braukmann

Falsche Engel küsst man nicht

Taschenbuch: 290 Seiten

Verlag: Nova MD

ISBN-13: 978-3961112807

 

 

 

 

Noch viel Platz nach oben

 

Ratlos stehe ich vor der Aufgabe, über dieses Buch eine Rezension zu schreiben. Da mir das Buch zur Verfügung gestellt wurde, sollte ich dankbar sein und ein wohlwollendes Urteil abgeben. Da der Autor mitliest, sollte ich bemüht sein, ihm ein Feedback zu geben, das ihn nicht ärgert oder gar verletzt. Das alles sollte ich. Aber das kann ich nicht. Denn ich habe das Buch wirklich gelesen, von der ersten bis zur letzten Seite, aufmerksam und fachlich-kritisch. Und ich gebe immer, immer, in meinen Rezensionen meine ehrliche ungeschminkte Meinung wieder, verfüge nicht über Gefälligkeits-Textbausteine, die zu jedem Buch nahezu das Gleiche erzählen. Tja, was mache ich nun…

Der Inhalt ist in Kurzform schnell erzählt gemäß Klappentext: Von einer internationalen Stadtentwicklungsfirma soll in Meißen ein Großprojekt umgesetzt werden. Der Oberbürgermeister, der diesem Plan im Weg stand, wird ermordet. Steffen Schröder wird beauftragt, anhand eines ähnlichen Bauprojektes, das auf Mallorca bereits realisiert wurde, gegen diese Stadtentwicklungsfirma zu ermitteln. Völlig unerwartet gerät Steffen Schröder in große Gefahr…Klingt gut, nicht wahr? Dazu ein ansprechendes Cover, wenngleich ohne jeglichen Bezug zum Buchinhalt.

 

Und was schreibe ich jetzt als Fazit? Vielleicht geht es anhand positiver Empfehlungen: Als Autor soll man sein Handwerkszeug, die Sprache, perfekt beherrschen. Oder einen Lektor bemühen, der alle sprachlichen und grammatikalischen sowie Zeichensetzungs-Fehler und sämtliche  inhaltlich-logischen Unrichtigkeiten ausmerzt. Zudem ist immer empfehlenswert, sich die Grundlagen kreativen Schreibens vor Augen zu führen. Einen Krimi, einen Roman, eine Erzählung zu schreiben, ist etwas ganz anderes als einen Zeitungsartikel, einen Erfahrungsbericht oder einen Aufsatz zu verfassen. Erzählend muss es gelingen, den Leser (auch) emotional zu erreichen. Dazu genügt es nicht, wenn mehr oder weniger geschickt Fakten nüchtern und verkopft aneinandergehängt werden. Sondern es braucht das Einbeziehen aller Sinne. Geschehnisse und Protagonisten werden erst lebendig, wenn der Leser sie hören, fühlen, riechen und schmecken kann. Also noch viel Platz nach oben…

 

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J. D. Barker

The Fourth Monkey

Broschiert: 544 Seiten

Verlag: Blanvalet Verlag

Sprache: Deutsch

ISBN-13: 978-3764506247

 

 

 

 

Brutal! Grausam! Raffiniert! Unsäglich spannend!

 

Der perfekte Klappentext sagt genug über den Inhalt aus: 5 Jahre, unzählige Opfer und ein Serienkiller, der auch nach seinem Tod nicht ruht … Tue nichts Böses, sonst wird er dich bestrafen. Zuerst wird er einen Menschen entführen, den du liebst. Dann wird er dir ein Ohr des Opfers in einem weißen Geschenkkarton schicken. Daraufhin ein Auge, dann die Zunge. Du kannst versuchen, ihn zu stoppen, aber du wirst es nicht schaffen. Denn er ist der Four Monkey Killer, und er kennt kein Erbarmen. Du kannst nur hoffen, dass er nicht weiß, wer du bist, und dass er es nie erfährt …

 

Es macht wenig Sinn, den Inhalt detaillierter und mit eigenen Worten nachzuerzählen. Lesen Sie selbst, wie der Autor in brillanter Form zwei verschiedene und doch zusammengehörende Handlungsstränge mit einer jeweils eigenen zunehmend extremen Spannung versieht und wir Leser hin und her irren zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Schaudern und Hoffen. Häppchenweise enthüllt sich scheinbar beiläufig ein unfassbares Maß an Grausamkeit. Dazwischen eingestreut sind durchaus witzige Dialoge, die uns kurz Atem holen lassen, und schon geht es weiter in einem Rausch von Ekel und Grauen und der unbedingten Faszination eines genial durchkonstruierten Thrillers. Wir sitzen bei diesem Buch wie in einem außer Kontrolle geratenen Schnellzug, der stets sein Tempo erhöht. Wir rasen durch die Seiten, glauben das Ende zu wissen und ahnen doch nichts, gar nichts…

 

Eine eindeutige Warnung sei deutlich ausgesprochen: Dieses Buch ist nicht geeignet für empfindsame Gemüter, so brillant es auch geschrieben ist!

 

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Martin Krist

Böses Kind

Taschenbuch: 324 Seiten

Verlag: epubli

ISBN-13: 978-3745035292

 

 

Legen Sie die Blutdrucktabletten bereit!

 

Ich habe in diesem Jahr zahlreiche Krimis und Thriller gelesen, sehr viele von ihnen waren gut, viele waren spannend, etliche waren sehr spannend – aber nicht ein einziges Buch war so intensiv, so quälend spannend wie „Böses Kind“. Absolut distanzlos versank ich in die gnadenlose Buchwelt des Martin Krist, ich roch die Angst, ich wurde niedergestreckt von der permanenten Überforderung einzelner Protagonisten, ich fühlte mich gejagt und verlor mich aufgrund der vielen Wendungen in völliger Orientierungslosigkeit.

 

Suse ist eine alleinerziehende, überforderte Mutter von 3 Kindern. Ihre Älteste, die 14-jährige Jacqueline, ist verschwunden und der Familienhund wird mit grausamsten Verletzungen in einer nahegelegenen brachliegenden Baustelle tot aufgefunden. Etwa zeitgleich wird in einer billigen Absteige eine strangulierte Leiche, die Gattin eines berühmten Fernsehpredigers, entdeckt. Kommissar Frei, ein zwanghafter, aber sympathischer Pedant, und seine Kollegin Albers, wegen ihres Babys chronisch übermüdet, irren in ihren Ermittlungen durch eine Fülle von Spuren, die letztlich doch keine sind.

 

In kurzen, knackigen Kapiteln schafft es der Autor, seine Leser zum atemlosen, gejagten Lesen zu verführen. Die durchschießenden Gedanken der Protagonisten, deren nachvollziehbares Handeln, deren Verwirrung, deren eigenes gehetztes Leben legen sich ungefiltert auf den Leser. Die vielen unvollständigen Sätze haben mich oftmals genervt, fast aggressiv gemacht, aber letztlich sind sie ein perfektes Stilmittel, um die Spannung noch weiter zu erhöhen.

 

Das offene Ende jedoch löst in mir den gewaltigen Reflex aus, den Autor zu würgen… Seine einzige Rettung ist, schnell, ganz ganz schnell die Fortsetzung zu liefern!

 

 

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Und das schreibt die Autorin Petra K. Gungl selbst zu meiner Rezension:

 

 

 

Wie glücklich ein Autor sein kann, der solch mitfühlende Leser hat.
Aufrichtigen Dank für die tolle Rezension, so einladend, dass ich fast selbst wieder Tannenglühen lesen will!

 

Petra K. Gungl

Tannenglühen

Taschenbuch: 408 Seiten

Verlag: Gmeiner-Verlag

ISBN-13: 978-3839221228

 

 

 

Ganzjahrestaugliches Lesevergnügen

 

Irgendwie habe ich immer Mitleid mit Büchern, die sich auf bestimmte Feiertage oder Jahreszeiten festlegen. So auch mit „Tannenglühen“ und dem Untertitel „Bitterböse Weihnachten“. Wer wird das Buch als Ostergeschenk oder als Sommerlektüre kaufen? Und dabei wäre es dem Buch so sehr zu wünschen, dass es das ganze Jahr gekauft und gelesen und verschenkt wird!

 

Franziska Ferstl, 60,  will sich eigentlich nach schwerer Erkrankung von ihrem Job als Strafverteidigerin zurückziehen. Aber da wird einer der Kanzlei-Partner, mit einer Lichterkette erdrosselt, aufgefunden. Da Max, ihr bester Freund und ebenfalls Kompagnon in der Kanzlei, des Mordes verdächtigt wird, bleibt ihr nichts anderes übrig, als wieder voll anzupacken. Und das macht sie auf die ihr ganz eigene, direkte, unverblümte, oft auch unkontrollierte Art und Weise. Der Sound ihrer Harley Davidson ist ihr näher als menschliche, allzu menschliche Regungen, und mit ihrer harten, auch sich selbst nicht schonenden Vorgehensweise sticht sie mitten hinein in Offshore-Geschäfte mit der gefährlichen Russen-Mafia, deckt Hass- und Liebesbeziehungen auf und trägt doch selbst schwer an alten Wunden.

 

Petra K. Gungl hat mich mit ihrem Buch völlig gefangengenommen. Ihr Schreibstil, der nicht nur plastisch-farbig ist, sondern auch über die Maßen intelligent, enthält eine Fülle von großartig geglückten bildhaften Schilderungen, die mir im Gedächtnis bleiben. „Gedanken, die sich wie Holzwürmer im Fressrausch in ihrem Kopf zu schaffen machten“  ist so ein Beisiel, oder „vernetzt wie eine Kreuzspinne im Herbst“ oder der Händedruck, der sich wie eine tote Forelle anfühlt. Ich könnte noch viele Sätze anführen, die mich begeistert haben. Die Protagonisten sind sehr detailreich und psychologisch präzise-stimmig ausgearbeitet. Man spürt an vielen Stellen, dass die Autorin, die selbst promovierte Juristin ist, weiß, wovon sie schreibt, auch bringt sie so manche versteckte Kritik am Rechtswesen unter. Dabei blitzt aber stets ein feiner Humor durch, oftmals verpackt in kleine Ausflüge in den österreichischen Sprachductus. Ich fühlte mich das gesamte Buch über gleichmäßig spannend und geistreich unterhalten. Deshalb wünsche ich dem Buch viele, viele Leser an Neujahr, an Pfingsten, an heißen Sommertagen, egal wann, Hauptsache nicht nur an Weihnachten!

 

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Candice Fox

Crimson Lake

Seitenzahl der Print-Ausgabe: 380 Seiten

Verlag: Suhrkamp Verlag

ISBN: 978-3518-46810-4

 

 

Super. Spannend. Unbedingt lesen.

 


Ted Conkaffey, ehemaliger Polizist, hat sich nach einem falschen Verdacht und langer Untersuchungshaft weit weg von seinem früheren Leben zurückgezogen nach Crimson Lake, ganz im Norden Australiens. Dort hofft er sicher zu sein vor vorverurteilenden Bürgern und der Presse. Er lernt Amanda kennen, eine angebliche Mörderin, die ihre Haftstrafe bereits verbüßt hat. Die beiden beginnen ihre Zusammenarbeit als Privatdetektive und machen sich auf die Suche nach einem verschwundenen Schriftsteller, wobei die örtliche Polizei die beiden in ihrer Arbeit behindert, wo es nur geht. Und während das Inkognito von Conkaffey platzt und der Mob sich gegen ihn formiert, versucht er den Fall von Amanda wieder aufzurollen, aber auch sein eigener Fall beschäftigt ihn weiter…

 

Die Story ist großartig, denn eigentlich werden uns drei verschiedene Geschichten gleichzeitig erzählt. Wir durchwandern vielerlei Wendungen in jedem der drei Handlungsstränge und jagen voller Spannung durch die Seiten. Ich war von Anfang an voller   Sympathie für Conkaffey, der unschuldig sein bisheriges Leben auf so perfide Art verliert und seither nachvollziehbar unter Angst- und Panikattacken leidet. Sein innerer und äußerer Rückzug ging mir sehr nahe, deshalb war für mich der Thriller ein besonders intensives Leseerlebnis. Als gesellschaftskritische Frage steht hinter allem Geschehen, wie bereitwillig schnell Menschen reine Verdachtsmomente als Tatsache annehmen und ihr Urteil sprechen, wie leicht Medien und Vorverurteilung ein Menschenleben zerstören können.

 

Ein Thriller, in dem einfach alles stimmt: Plot, Protagonisten, Gesellschaftskritik, immense Spannung. Alles perfekt verpackt und in einer fesselnden, intensiven Sprache erzählt.

 

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V. S. Gerling

Die Farm

Taschenbuch: 450 Seiten

Verlag: Bookspot Verlag

ISBN-13: 978-3956690884

 

 

 

Vom Buch verschlungen

 

Dass es sich beim vorliegenden Buch bereits um den 4. Band rund um das Ermittlerpaar Nicolas Eichborn und Helen Wagner handelt, erfuhr ich erst, als ich das Buch in Händen hielt. Die beruhigende Nachricht: Man muss die Bände 1 – 3 nicht gelesen haben, um dennoch restlos dieser neuen Geschichte zu verfallen.

 

Der Plot hat es in sich. Da verschwinden in ganz Deutschland Ehepaare, ohne Lösegeldforderungen, ohne Leichenfund. Und es werden Geldtransporte überfallen – und zwar durchgeführt von den verschwundenen Ehemännern, wie Überwachungskameras offenbaren. Wo ist die gemeinsame Schnittstelle, an der man mit den Ermittlungen ansetzen könnte? Damit jedoch nicht genug. Nicolas Eichborn selbst gerät ins Fadenkreuz der Obrigkeit und wird konfrontiert mit Korruption, mit unersättlicher Geldgier – bis in die höchsten Kreise.

 

Das Buch ist so spannend, dass ich das Gefühl hatte, das Buch verschlingt mich, nicht umgekehrt. Es ist großartig geschrieben, zieht alle Register eines guten Thrillers, ist kurzweilig, spielt mit Ungewissheiten, Wendungen, mit Spuren, die keine sind. Die Protagonisten werden lebendig dargestellt, sympathisch, in ihren Dialogen stets mit einer Prise Humor ausgestattet. Manchmal hatte ich zwar das Gefühl, der Autor schießt mit seiner Lust am Fabulieren etwas übers Ziel hinaus und verliert dabei etwas an Bodenhaftung, aber die gelegentlich sehr skurrilen Einfälle nahmen mir zu keinem Zeitpunkt die unbandige Lesefreude.

 

Ein Autor mit Suchtfaktor!

 

 

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Jo NesbØ

Durst

Gebundene Ausgabe: 624 Seiten

Verlag: Ullstein Hardcover

ISBN-13: 978-3550081729

  

 

Atemloses Lesevergnügen

 

Bereits der 11. Fall für Harry Hole? Unglaublich, denn ich hatte bisher noch nicht die Bekanntschaft mit ihm gemacht. Leider – muss ich jetzt nach der Lektüre dieses  Bandes sagen!

 

Harry Hole hat es nicht leicht. Seine geliebte Frau Rakel ist ernsthaft erkrankt. Und der Alkohol ist Harry‘s besonderer Feind-Freund. Harry trägt schwer an seiner Vergangenheit, auch wenn er nicht mehr im aktiven Polizeidienst tätig ist. Und aufgrund dieser Vergangenheit  wird er ein Erpressungsopfer seines früheren Chefs Bellmann, der ihn zu einer erneuten Mitarbeit zwingt. Ein Killer sucht und findet seine Opfer über die Dating-Plattform Tinder, beißt und trinkt ihr Blut wie ein Vampir. Eine junge Frau aus dem Bekanntenkreis von Harry verschwindet – und es geht gar nicht anders: Harry muss aktiv werden!

 

Meine Erwartungen an das Buch waren sehr hoch aufgrund der vollmundigen Werbung vorab. Und meine Erwartungen wurden in der Tat voll erfüllt! Denn das Buch ist spannend, spannend, spannend. Es gibt so viele falsche Fährten, immer neue Wendungen, in kurzen Kapiteln steigert sich die Spannung mehr und mehr bis zum grandiosen Ende. Und das Buch ist grausig, blutig, hart, nichts für zarte Gemüter. Dichte Interaktion zwischen den detailreich geschilderten Personen, ein eindringlicher, unverschnörkelter Sprachstil und ein grausiger Plot, all dies zusammen ergibt atemloses Lesevergnügen.

 

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Rainer Löffler

Der Näher

Taschenbuch: 464 Seiten

Verlag: Bastei Lübbe

ISBN-13: 978-3404174546

 

 

Erschreckend, bizarr, Spannung pur

  

Was für ein Buch! Was für eine Spannung! Was für Grausamkeiten! Was für bizarre Ideen! Unfassbar!

 

Der Fallanalytiker Martin Abel aus Stuttgart sollte eigentlich nach seinem letzten gefährlichen Fall eine etwas ruhigere Kugel schieben, bis er wegen Personalmangel  in Gummersbach zur Unterstützung der dortigen Polizei bei neuen Ermittlungen um Hilfe gebeten wird. Zwei Frauen sind verschwunden. Eine tote Frau mit einem gerade geborenen toten Baby wird einbetoniert aufgefunden. Nachdem der Chef der Gummersbacher Polizei alles andere als kooperativ ist, fühlt sich Abel dazu berufen, mehr und mehr im Alleingang in den Fall einzutauchen. Und auf was er da stößt, entwickelt sich von Buchseite zu Buchseite mehr und mehr zu einem einzigen Albtraum.

 

Der Autor schafft es, in einer unglaublich intensiven Weise die Innenwelt eines Psychopathen zu schildern. Basierend auf einem sehr, sehr seltenen medizinischen Phänomen (es gibt entsprechende Fachliteratur dazu) entwickelt Rainer Löffler eine unfassbar spannende Story rund um eine schaurige psychische Fehlentwicklung. Genau die Tatsache, dass die Grundlage der Story nicht allein einer kruden Autorenphantasie entsprungen ist, macht das Buch noch intensiver. Für zart besaitete Leser ist dieses Buch nichts, aber es ist ein Muss für alle, die Lesegenuss mit atemloser Spannung verbinden.