{unbezahlte Werbung}

Frank Goldammer

Bruch – Durch finstere Zeiten

 

  • Herausgeber ‏ : ‎ Wunderlich
  • Broschiert ‏ : ‎ 384 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3805201131

 

Unkritisch dargestellter Plot, nerviger psychisch kranker Ermittler

 Tatsächlich hatte ich vollkommen vergessen, dass ich bereits ein Buch dieses Autors gelesen hatte – leider damals bereits ohne größeres Vergnügen, im Gegenteil…. Der nun vorliegende neue Band mit Bruch hat leider, leider meine damalige Enttäuschung wiederholen lassen. Wirklich schade, denn ich war aufgrund meiner Erinnerungslücke ganz neugierig-neutral auf dieses Buch zugegangen.

Der Beginn ist durchaus packend: Zwei Polizisten werden auf einer abgelegenen Landstraße erschossen aufgefunden. Ein Grund für diesen Mord ist nicht zu finden, insbesondere ist rätselhaft, was die junge Beamtin und der Familienvater weit entfernt von ihrem eigentlichen Revier zu suchen hatten. Die mühsamen, langwierigen Ermittlungen führen Felix Bruch und Nicole Schauer tief in die Welt der Prepper und Reichsbürger. Eine weitere Leiche wird im Wald gefunden und gibt neue Rätsel auf. Vor allen Dingen geraten Bruch und Schauer zunehmend in bedrohliche Gefahr.

Der Plot gibt tatsächlich einiges her, insbesondere wenn man von einer guten Recherchearbeit ausgeht. Das abstruse Denken und Verhalten von Preppern, Reichsbürgern und Querdenkern bekommt in diesem Kriminalroman sehr viel Raum. Dank der detailfreudigen Erzählweise sind die geschilderten Situationen gut vorstellbar und hilfreich für das Kopfkino. Gleichzeitig aber ist das Buch dadurch passagenweise ermüdend langweilig zu lesen. Allein schon bei den Diskussionen mit dem Prepper Götze habe ich mich des Öfteren gefragt, mit welchem Hintergrund der Autor den Selbstdarstellungen der Reichsbürger und Querdenker unwidersprochen so viel Raum lässt. Bruchs Kollegin Nicole Schauer wird als eine Art unbefangene Plaudertasche dargestellt, die zwar durchaus strukturierte Überlegungen anstellt, oft aber auch recht unbedacht handelt. Bruch jedoch wird schlimmer denn je geschildert. Seine psychische Erkrankung macht ihn stumm, regungslos, tatenlos, beziehungsunfähig – überraschend jedoch seine verborgenen Gedankengänge, die ganz selten aufblitzen. Wieder frage ich mich, warum es unbedingt immer öfter Ermittler sein müssen, die hochgradig gestört sind, durch psychische Störungen beeinträchtigt sind und durch unverständliches Handeln bzw. Nicht-Handeln den Leser permanent aufregen. In diesem Band wird wenigstens ansatzweise das frühe Trauma, das Bruch seelisch zerstört hat, angedeutet. Dennoch gehen mir zunehmend solche kaputten Ermittler auf die Nerven. Dies war definitiv mein letztes Buch mit Bruch.

Fazit: Ein absolut unsympathischer, hochgradig psychisch kranker Ermittler, dessen breitgetretene Defizite den eigentlich guten aber unkritisch dargestellten Plot vollends kaputt machen.

 

{unbezahlte Werbung}

Kuhl + Sandrock

Das Dickicht

 

  • Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 336 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499014284

 

 

Perfekte Krimi-Unterhaltung

Angesprungen hat mich dieser Titel, weil ich auf der Innenseite des Covers las, dass einer der Ermittler gebürtiger Finne ist. Das machte ich neugierig, weil ich eine gute Bekannte habe, die aus Finnland stammt. Und neugierig machte mich auch das Autorenpaar, das „auf keinen Fall“ einen Krimi schreiben wollte. PR vom Feinsten und genau mein Humor. Und in der Tat hat mich dieser Kriminalroman bestens unterhalten. Meine Erwartungen wurden allesamt mehr als erfüllt.

Worum geht es: Im Buch lernt man ein sehr besonderes Ermittler-Duo kennen, denen das Autoren-Duo genau im richtigen Maß Farbe und Persönlichkeit verliehen hat, nicht zu viel und nicht zu wenig. Es passiert mir selten, dass ich echte Sympathie für die jeweiligen Ermittler hege. Doch in diesem Roman habe ich mein Herz sofort verloren an Juha Korhonen, einen jungen, engagierten ehemaligen Fernspäher aus Finnland. An seinen gelegentlichen finnischsprachlichen Einwürfe hatte ich besonderen Spaß. Interessant fand ich auch seinen dunkelhäutigen Kollegen Lukas alias Lux Adisa, dem es erstaunlich gut gelingt, mit seiner bipolaren Störung zurecht zu kommen. Die beiden, nun zusammen tätig im LKA Hamburg, sollen sich um einen aktuellen Entführungsfall kümmern. Juha fallen seltsame Parallelen auf zu einem viele Jahre zurückliegenden Cold Case, einem Verbrechen, das Juha bis heute nicht loslässt. Der Junge Daniel wurde in einer Kiste im Wald vergraben und konnte schließlich nur noch tot geborgen werden. Der Täter hatte Suizid begangen. Und tatsächlich, je mehr die beiden Ermittler in der Vergangenheit graben und Unstimmigkeiten entdecken in der damaligen Tragödie, umso mehr wandeln sich auch in der Gegenwart die Vorzeichen von Gut und Böse…

Der Kriminalroman ist gekonnt geschrieben. Zwar war für mich anfangs ein wenig gewöhnungsbedürftig der sprachliche Wechsel zwischen Präsens und Imperfekt. Doch gerade die Perspektivwechsel machen die Spannung aus. Das Tempo des Romans wird nicht nur durch die geschilderte Handlung zunehmend höher. Die Szenen wechseln auch mehr und mehr zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Und je näher sich die beiden Ermittler persönlich kommen, desto rasanter entwickeln sich auch die Entdeckungen – die von früher und die gegenwärtigen. Nicht zu vergessen der rasante Twist am Ende.

Kurzum: Gekonnt konstruiert, mit durchgehendem Spannungsbogen, menschlich sympathisch, psychologisch nachvollziehbar, sprachlich lebendig, mit leisem Humor – für mich die perfekte Krimi-Unterhaltung!

 

{unbezahlte Werbung}

Andreas Winkelmann

Hast du Zeit

 

  • Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch
  • Taschenbuch : 416 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499013300

 

Meisterhaft erzählt mit einem nachdenkenswerten Thema

Diese Frage wird uns allen oftmals gestellt: Hast du Zeit? „Na klar“, sagt man oder „morgen vielleicht“ oder „nee, ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht“ usw. Zeit als Thema für einen außerordentlich spannenden Thriller zu wählen, hat durchaus auch etwas Philosophisches, Vieldeutiges. Auf jeden Fall ist es reizvoll, darüber nachzudenken, was oder wer uns Zeit stiehlt. Können wir uns dagegen wehren? Oder verrinnt sie ganz einfach, egal was wir tun? Können wir Zeit überhaupt „besitzen“? Andreas Winkelmann, für mich einer der aufregendsten Thriller-Autoren, hat einen Protagonisten in Szene gesetzt, der alles daran setzt, genau an den Menschen, die ihm Zeit gestohlen haben, Rache zu üben auf schlimmste Weise. Diese Hauptperson hat sich selbst eine unermesslich große Aufgabe gestellt, denn es finden sich immer neue Zeitdiebe, deren Bestrafung unvermeidbar ist. Doch welch frühe Erlebnisse machen einen durchschnittlichen Menschen zum Serienmörder mit einem überdimensional großen Sendungsbewusstsein, diesen Zeitdieben der Welt eine tödliche Lehre zu erteilen?

Vor mehreren Jahren wartet Maren Liefers, eine Bestatterin, auf Kundschaft. Denn ihr Geschäft geht nur schleppend. Bis sie unerwarteten Besuch erhält… Jahre später fühlt sich die Krankenschwester Conny Goldmann angstvoll verfolgt. Der Vater ihrer besten Freundin Lars Erik Grotheer, ehemaliger Polizist, will ihr helfen. Doch Conny ist völlig überraschend tot. Kurze Zeit später wird die Schornsteinfegerin Felicitas Möller entführt und verschwindet spurlos. Deren Partnerin, die Fotografin Lilly Costanzo, versucht gemeinsam mit Grotheer, der seltsamen Serie von Todesfällen und der verschwundenen Felicitas Möller, auf die Spur zu kommen. Denn sie entdecken eine ganze Reihe unaufgeklärter Todesfälle, die nichts, aber auch gar nichts, miteinander zu tun haben.

Als Leser ist man von der ersten Seite an, wie gewohnt bei Winkelmann, gefesselt von der Geschichte, die aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird. Besonders faszinierend sind dabei die Sequenzen, in denen man den kruden Gedanken des Täters folgen kann und die im Verlaufe des Buches zunehmend die Persönlichkeit des Täters in seiner Tiefe aufdecken. Lange bleibt dennoch vorherrschend das Gefühl der Verwirrung, weil man trotz vielfältiger Ermittlungsschritte und aufmerksamster Lektüre den roten Faden nicht entdecken kann, der zum Täter führen könnte. Statt dessen gerät man beim Lesen immer wieder in komische Verständnisprobleme, weil der Hund namens Jemand zwar herrlich geschildert wird, aber durch seinen Namen die Lektüre seltsam komisch wird.

Fazit: Ein meisterhaft erzählter, nervenaufreibender Thriller mit einer Prise Humor, der zum Nachdenken über die Zeit animiert.

 

{unbezahlte Werbung}

Philipp Gravenbach

Das falsche Blut

 

  • Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Taschenbuch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 320 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3548067421

 

Ein actionreicher Thriller in emotionsarmem Schreibstil

Der vorliegende Thriller wird allgemein wegen seines Spannungspotenzials hochgelobt. Ich hatte allerdings beim Lesen sehr gemischte Gefühle. Vielleicht lag es daran, dass ich den ersten Band nicht kenne. Ich hatte jedenfalls große Mühe, mich unter den handelnden Personen zurecht zu finden. Die Namen waren mir nicht eingängig und dadurch schlecht zu merken, auch fehlten mir detailliertere Personenbeschreibungen, die mir geholfen hätten, ein inneres Bild der Protagonisten zu entwickeln. Mir erging es beim Lesen dieses Thrillers ähnlich wie beim Anschauen komplexer Geheimdienstfilme: Unterhaltsam, eine Fülle spannender (filmreifer) Szenen, aber ein Mitdenken, ein Vermuten, ein Mitforschen, ein Mitfühlen, ein inneres Verbinden mit den Personen und den Ereignissen blieben aus.

Zum Inhalt in Kurzform: Hauptperson ist Ishikli Carner, einst Auftragskillerin, jetzt Agentin des deutschen militärischen Abschirmdienstes MAD. Ihr neuer Auftrag ist besonders schwierig, denn es geht um ein stummes Kind, dessen Mutter vor den Augen des Kindes brutal getötet wurde. Dieses Kind hütet ein Geheimnis, weshalb es sowohl vom französischen Staatsschutz gejagt wird, als auch Ziel eines Killer ist, dessen Auftraggeber, ein Pharmakonzern, ohne jegliche Skrupel bereit ist, zum Schlimmsten zu greifen…

Der Plot bietet reichlich Potenzial für Spannung. Aber, wie weiter oben bereits beschrieben, fehlte mir im Schreibstil die Kraft der bildhaften Beschreibung, was die Darstellung der Personen betrifft. So lief die Handlung vor meinen lesenden Augen einfach ganz neutral  ab, unterhaltsam, streckenweise spannend, aber ohne jegliche gefühlsmäßige Verknüpfung. Aufregende Actionszenen finden viel Platz. Es treten viele Personen auf und wieder ab, die mich verwirrten. Und es geht, wen wundert’s, um Geld, sowohl beim Pharmakonzern als auch bei den korrupten Entscheidungsträgern.

Kurzum gesagt: Für mich ist dieses Buch ein actionreicher Thriller, dessen Lektüre weitgehend emotionslos an mir vorüberzog. Das mag an mir liegen, aber zu einem gewissen Maß ganz sicher auch an dem emotionsarmen Schreibstil..

 

{unbezahlte Werbung}

Benjamin Cors

Krähentage

 

  • Herausgeber ‏ : ‎ dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 400 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3423220552

 

Atemberaubender und brillant geschriebener Thriller

Dieser Thriller ragt aus der unüberschaubaren Menge an laufend neu erscheinenden Thrillern überaus wohltuend hervor. Natürlich verfügt er über alle Kriterien, die ein guter Thriller besitzen muss. Aber darüber hinaus ist er, und das zeichnet ihn ganz besonders aus, in einer großartigen Sprache verfasst. Er ist geschrieben in teils wunderbaren Wortbildern, die mühelos zu plastischen Kopfbildern werden. Damit ist er in doppelter Hinsicht ein wahres Lesevergnügen: Ungewöhnlich, atemberaubend spannend und brillant geschrieben. Was will man mehr!

Eine neue Ermittlungseinheit soll sich mit Serientätern befassen. Jakob Krogh wird nach längerer Auszeit zusammen mit Mila Weiss zur Leitung dieser neuen Einheit berufen. Jakob, verheiratet, mit kleinem Sohn, hat den unbedingten Willen zum Erfolg. Und genau in seiner Familienkonstellation liegt sein dunkles Geheimnis. Mila ist zurückhaltend, verbissen, gibt nichts von sich preis. Ein alter ungelöster Fall aus ihrer Zeit in Wien treibt sie nach wie vor um. Die beiden bekommen es mit seltsamen Mordfällen zu tun, denn die Toten wurden noch Tage nach ihrem Tod lebendig von glaubwürdigen Zeugen gesehen und gesprochen. Und was haben die ausgehungerten Krähen und die seltsame Botschaft „Sieh nach oben“ damit zu tun?

Der Thriller ist hart, er ist brutal, er ist grausam und man braucht als Leser wahrlich gute Nerven. Denn es mangelt nicht an detaillierten Beschreibungen all der Entsetzlichkeiten, die den Opfern widerfahren sind. Die Story ist großartig konstruiert, denn obwohl man als Leser bald eine Ahnung hat, wer der Serienkiller sein könnte, erfährt man doch erst zum überraschenden Schluss, wie alles zusammenhängt. Die Spannung wird über alle 400 Seiten hinweg hochgehalten, steigert sich aber über die letzten 100 Seiten nochmals bis zum letzten Twist. Und, um es noch einmal zu wiederholen, für mich hat dieser Thriller noch einen besonderen Bonus, den die wenigsten Romane dieses Genres aufweisen können: Nämlich einen großartigen bildhaften Sprachstil, der das Lesen abgesehen von der atemberaubenden Spannung zum echten Lesegenuss macht.

Deshalb aus meiner Sicht uneingeschränkt empfehlenswert!

 

{unbezahlte Werbung}

Emily Rudolf

Die Auszeit

  

  • Herausgeber ‏ : ‎ FISCHER Scherz
  • Broschiert ‏ : ‎ 480 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3651001282

 

 

Mehr Schein als Sein

 Dieser Thriller wurde bereits im Vorfeld sehr intensiv beworben, was natürlich große Erwartungen geweckt hatte. Eine bislang unbekannte Autorin mit ihrem Thriller-Debut kennen zu lernen, ließ mich mit großer Neugierde das Buch in die Hand nehmen, ein Buch, das in seiner Gesamtgestaltung einschließlich Farbschnitt hervorsticht. Leider jedoch musste ich feststellen: Das Marketing ist besser als der Buchinhalt.

 

Die Geschichte kann man in wenigen Worten erzählen: Die erfolgreiche Influencerin Viktoria Kaplan erwartet in Kürze einen neuen Meilenstein ihres Erfolges, nämlich das Überschreiten der 2-Millionen-Schwelle an Followern. Dies will sie im kleinen Kreis mit fünf Menschen aus ihrer vertrauten Clique feiern, und zwar in einem ganz versteckt und einsam gelegenen neu erbauten Luxus-Retreat in den Alpen. Der Besitzer des Retreats und sein Team erwarten sich als Gegenleistung dafür einen großen Werbeschub. Ein brutaler Mord geschieht. Und ein Sturm schneidet das Retreat vollkommen von der Außenwelt ab. Der Mörder kann also nicht entkommen. Die Ausnahmesituation, in der sich die Gruppe dadurch befindet, entfernt mehr und mehr den schönen Schein der künstlichen Welt der Influencerin und legt tief verankerte animalische Regungen frei.

Es gibt bereits viele Thriller und Krimis, die eine ähnliche Ausgangssituation gewählt haben. Was den vorliegenden Thriller vielleicht von früheren Spannungsbüchern unterscheidet, ist die Wahl der Autorin, die Geschichte durch die ständig wechselnden Erzählebenen zu zergliedern, in viele unterschiedliche Facetten zu zerteilen, stets aber im Präsens und in Ich-Form zu erzählen, sodass der Leser irgendwie künstlich verwirrt wird. Wer erzählt gerade? War das vor dem Mord oder danach? Außerdem wird die Scheinwelt auf Social Media zum Hintergrund gewählt, in der sich die handelnden Personen gekonnt künstlich bewegen. Alle dargestellten Personen wirken glatt und wie aus dem 3-D-Drucker gefertigt, auch wenn es hunderte von Seiten lang um angebliche Gefühlsschwankungen geht. Man liest und liest, schüttelt ab und zu den Kopf über Klischees, über Oberflächlichkeiten, freut sich über gelegentliche Twists, ahnt bereits früh, wer der Mörder ist und stellt mehr und mehr fest, dass dem Thriller jegliche Spannung fehlt. Anfang und Ende sind gut und packend, aber die mittleren 200 Seiten mit den endlos ausufernden Beschreibungen von sehr fraglichen Beziehungsversuchen untereinander langweilen nur noch. Eigentlich hätte der Plot viel Chancen geboten, um psychologisch stimmige Facetten fragiler mitmenschlicher Beziehungen aufzudecken, aber die Handlung verliert sich in Sex und Alkoholexzessen und ist entsprechend unglaubwürdig und langweilig. Leider nerven auch die häufigen Fehler, z. B. durch Verwechslung von „dass“ und „das“.

Kurzum: Das Debut dieser Autorin zeigt durchaus Potenzial. So sind Anfang und Ende des Buches durchaus packend geschrieben. Aber leider verliert sich Emily Rudolf im mittleren Drittel des Buches in endlos wirkender Oberflächlichkeit, sowohl was die Protagonisten als auch deren Tun und Sprache betrifft. Das passt zwar gut zur Welt der Influencer, aber nicht zur Welt der Leser eines Thrillers, wo durchweg Spannung und Aufregung erwartet wird, getragen von Protagonisten, die Mitempfinden auslösen.

 

                      {unbezahlte Werbung}            

                      Andreas Gruber

                  Last Line of Defense -  Der Angriff

  • Herausgeber ‏ : ‎ Ravensburger Verlag GmbH
  • Broschiert ‏ : ‎ 416 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3473586363

 

Reißerischer, atemlos spannender Action-Thriller

Dass dieser Titel als Jugendbuch konzipiert ist, war mir vorab nicht klar gewesen. Mich hatte schlichtweg die Ankündigung auf „touphe Helden, rasante Action und coolen Showdown“ verlockt, in Verbindung mit dem genial gestalteten temporeich wirkenden Cover. Und, was soll ich sagen, auch mit meinem Alter von 70+ entwickelte der Roman für mich seine volle Wirkung. Die Spannung war durchgehend hoch, deshalb verführte mich das Buch dazu, ohne Unterbrechung immer weiter und weiter zu lesen bis zum (leider zu schnell) erreichten Ende.

Jayden, 16 Jahre jung, verdiente sich ein wenig Geld durch die Teilnahme an illegalen Boxkämpfen, die ohne jegliche Regeln und entsprechend brutal durchgeführt wurden. Eines Tages wird er angeworben für eine sehr harte, langwierige Ausbildung zum Geheimagenten. Jayden wird zu einer ganz besonderen Geheimwaffe. In seinem allerersten Undercover-Einsatz als Agent der Last Line of Defense arbeitet er in der Britischen Botschaft in Buenos Aires. Dorthin rettet sich nach einer abenteuerlichen Hetzjagd in letzter Minute Sophia, eine junge Journalistin. Sie hatte brisante Unterlagen aus einer High-Tech-Firma gestohlen, um damit ihren Vater zu entlasten, der einen Korruptionsskandal entdeckt hatte, aber stattdessen selbst der Geldunterschlagung angeklagt wurde. Sophia bittet um Asyl. Kurz darauf wird jedoch die Botschaft insgesamt angegriffen und in Schutt und Asche gelegt. Jayden muss nun all seine erworbenen Fähigkeiten einsetzen, um Sophia und sich selbst zu schützen. Doch sie werden von den Angreifern in einer wilden, rasanten Hetzjagd durch Buenes Aires getrieben, immer wieder erneut den Tod vor Augen….

Dieser Action-Thriller ist sehr gekonnt für jugendliche Leser geschrieben und ist durchweg von höchster Spannung. Man rast sozusagen atemlos durch die Seiten. Das Buch ist also ein Pageturner im wahrsten Sinne des Wortes. Geschickt wird in wiederkehrenden Rückblenden die Kindheit und Jugend von Jayden vorgestellt und schließlich die brutal harte Ausbildung zum Agenten der Last Line of Defense. Wie immer bei solchen Action-Thrillers, ob geschrieben, ob verfilmt, darf man an die geschilderten Geschehnisse nicht die Maßstäbe der Realität anlegen. Zugunsten der hohen Spannung werden mitunter irreale Möglichkeiten und Fähigkeiten beschrieben, was ich deshalb jedoch akzeptieren kann. Schade jedoch finde ich, dass die Personen, ausgenommen Jayden, sehr flach dargestellt werden. Insbesondere Sophie zeigt so viele verschiedene, teilweise sogar konträre Charakterzüge, die psychologisch nicht möglich sind. Man hat das Gefühl, die Figur Sophie wird stets gerade so eingesetzt, wie es die Handlung gerade erfordert, mal klug, mal naiv, mal vorlaut, mal ängstlich, mal zupackend, mal lethargisch. Nichts passt wirklich zusammen. Das finde ich schade.

Fazit: Wer auf detaillierte, psychologisch schlüssige Persönlichkeitsdarstellungen verzichten kann, findet in diesem Buch einen wirklich reißerischen, atemlos spannenden Action-Thriller, also einen Pageturner im besten Sinne. Auf die Fortsetzungsbände darf man gespannt sein.

 

{unbezahlte Werbung}

 

Ulf Kvensler

Der Ausflug

 

  • Herausgeber ‏ : ‎ Penguin Verlag; Deutsche Erstausgabe Edition
  • Broschiert ‏ : ‎ 464 Seiten
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3328110811
  • Originaltitel ‏ : ‎ SAREK
 
Spannung von der ersten bis zur letzten Seite
 
Dieses Buch fällt schon vom Äußeren in jeder Buchhandlung auf. Denn es ist grün, total grün, vorne, hinten, oben, unten, alles grün, sehr sehr grün. Ein geschickter Werbe-Gag, und ein verdienter Werbe-Gag, denn meiner Meinung nach ist dieser Thriller absolut empfehlenswert für alle, die fingernägelkauende Spannung mögen.

Wie jedes Jahr wollen die Anwältin Anna, ihr Verlobter Henrik und ihre beste Freundin Milena bei einem mehrtägigen Wanderausflug in der wilden Natur von Schwedens Norden Abstand von ihrem Alltag gewinnen. Kurz vor Abreise bittet Milena ihre Freunde darum, erstmalig ihre noch ganz frische Liebesbeziehung, den klettererfahrenen und sportlichen Jakob, mitzunehmen. Nach einigen Diskussionen erklären sich Anna und Henrik dazu bereit, obwohl sie Jakob nicht kennen. Das erste Kennenlernen verläuft einigermaßen problemlos. Doch was im Verlaufe der Wanderung geschieht, ist unfassbar und tödlich.

Wer dieses Buch zu lesen beginnt, sollte die Türklingel, Handy und Telefon auf stumm stellen und ausreichend Verpflegung neben dem Leseplatz zurecht legen. Denn der Thriller ist atemberaubend spannend, und dies von der ersten bis zur letzten Seite! Diese Spannung baut sich aber nicht allein durch die erzählten Geschehnisse auf. Sondern der Roman ist grundsätzlich genial konstruiert. Erzählt wird aus dem Blickwinkel von Anna, einer trainierten und taffen Frau, die mit großer Sensibilität ihre Mitwanderer und sich selbst wahrnimmt und das Verhalten deutet. Und der Leser erlebt beim Lesen tatsächlich selbst eine Fülle von starken Gefühlen: Überforderung, Sieg über sich selbst, Todesangst, Wut, narzisstische Empfindlichkeit, Aggression, Zuneigung und abgrundtiefer Hass - nichts wird ausgelassen. Durch eingefügte spätere polizeiliche Vernehmungsprotokolle werden in winzigen Schritten dem Leser aus völlig anderen Perspektiven weitere Informationen zum Verlauf der Wanderung vermittelt. Diese Twists lassen den Leser immer wieder neu zweifeln an den eigenen Vermutungen. Das schwedische Lappland, insbesondere der Nationalpark Sarek, in seiner einzigartigen beeindruckenden, nahezu unberührten Natur, der häufige Wetterwechsel, die Kälte der Gletscher und die extremen Herausforderungen, die dort an Wanderer gestellt werden, finden auf außerordentlich intensive Weise bildhaft den eiskalten Hintergrund des Thrillers.

Kurzum: Besser kann man einen Thriller nicht schreiben.

{unbezahlte Werbung}

 

Zoe Beck

Memoria

Herausgeber ‏ : ‎ Suhrkamp Verlag; Originalausgabe Edition 2023

Broschiert ‏ : ‎ 280 Seiten

ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3518472927

 

Unerwartet und sehr, sehr spannend

 Das Cover zeigt gewaltiges Feuer und Hitzeentwicklung. Dies und auch die kurzen Angaben auf der Buchrückseite ließen mich mit völlig falschen Erwartungen in das Buch starten. Denn mit Science Fiction in seiner per definitionem eigenen Art hat der Thriller nicht wirklich etwas zu tun. Eher sehe ich den Roman als eine Gratwanderung zwischen unserer vertrauten Welt und einem Blick über diesen Rand hinaus in die nahe mögliche Zukunft. Und so kommt bei der Lektüre immer wieder neu die Frage auf, was Dystopie ist und was die Realität, die uns schneller einholen wird als wir denken können.

Harriet gerät unerwartet in eine Feuersbrunst vor den Toren Frankfurts und rettet in letzter Sekunde mit Hilfe zweier unbekannter Frauen eine ältere Dame aus ihrem brennenden Haus. Dass Harriet, die nie Autofahren konnte, es schafft, alle Personen in rasender Fahrt in einem Auto vor dem Feuer in Sicherheit zu bringen, ist ein erstes Rätsel, das Harriet und den Leser verwirrt. Und so verwirrt uns die Autorin weiter durch aufblitzende Erinnerungen und Träume, die Harriet unverständlich und unerklärlich sind. Doch Harriet macht sich beharrlich auf den Weg, sich selbst auf die Spur zu kommen.

Im Präsens geschrieben, wird die Handlung und damit der Leser in großem Tempo durch die Seiten getrieben. Mich hat der Thriller völlig überrascht. Denn Zoe Beck spielt mit unseren Ängsten genauso wie mit allen denkbaren Möglichkeiten der Manipulation. Das menschliche Gehirn ist noch lange nicht wirklich erforscht. Und es gibt so viele denkbare Wege, dystopisch oder nicht, unsere Gedanken, unsere inneren Bilder, unsere Erinnerungen manipulativ zu steuern, zu löschen, neu zu programmieren. Die Suche nach ihrer eigenen Vergangenheit, auf die sich Harriet unverdrossen und mutig macht und dabei in Lebensgefahr gerät, ist sehr, sehr spannend erzählt. Ich las das Buch in kürzester Zeit durch, getrieben von der Erwartung eines fulminanten Endes, einer Aufklärung mit einer überraschenden Wendung.

Doch leider beraubte mich die Autorin dieser Hoffnung. Denn das Ende ist vorhersehbar und allzu glatt und wohlgefällig. So glatt und wohlgefällig, wie auch die Hauptperson geschildert wird. Harriet, eine Pianistin, ein Wunderkind – diese hätte eine tiefergehende psychologische Schilderung verdient. Und so wären die weiteren Entwicklungen auch nicht so oberflächlich geblieben. Hier hat die Autorin, wie ich finde, das Potenzial dieses Thrillers nicht völlig ausgeschöpft. Das ist sehr schade. Aber ein spannendes Leseabenteuer war es für mich allemal.

 

{unbezahlte Werbung}

Eva Björg Aegisdottir

Verlogen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ KiWi-Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 368 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3462002966

·        Originaltitel ‏ : ‎ Stelpur sem ljuìga

#Verlogen 

 

Ein rundum gelungener Kriminalroman

 Ein Hochgenuss war für mich die Lektüre dieses Kriminalromans. Denn er enthält alles, was das Leserherz erfreut: einen über die Seiten hinweg andauernden Spannungsbogen, eine geschickt und mehrbödig sich entwickelnde Story, psychologisch logisch nachvollziehbare Protagonisten und einen flüssig-lebendigen Sprachstil.

 

Marianna, eine völlig überforderte alleinerziehende Mutter, verschwindet spurlos. Alle vermuten Selbstmord. Doch sieben Monate später wird ihre Leiche in einem Lavafeld vollkommen verwest entdeckt. Marianna war zweifelsfrei ermordet worden. Kommissarin Elma und ihr Team beginnen den damalig vermuteten Suizid neu aufzurollen und entdecken völlig Unerwartetes…

 

Zu Beginn der Lektüre hatte ich einige Schwierigkeiten, die Fülle an Namen zeitlich und in ihren Beziehungen zueinander geordnet in meinem Kopf zu sortieren, da die Autorin immer wieder die Zeitperspektive wechselt. Vermutlich hätte die Kenntnis des ersten Bandes diese Schwierigkeiten zu vermeiden geholfen. Das hilfreiche Personenverzeichnis entdeckte ich leider erst ganz zum Schluss der Lektüre. Dennoch war ich sehr schnell von der raffiniert sich entwickelnden Geschichte fasziniert. Immer wieder gab es neue Wendungen, immer wieder wurde ich als Leserin völlig überrascht. Immer wieder ergaben sich neue Sichtweisen, sodass ich mit meinen Vermutungen und Überlegungen immer wieder in Sackgassen geriet. Die Autorin versteht es perfekt, durch einen gekonnt flüssig-lebendigen Sprachstil und die raffiniert gestrickte Geschichte den Spannungsbogen stets hoch zu halten. In die psychologisch klug dargestellten Protagonisten konnte ich mich gut einfinden. Ganz besonders beeindruckt war ich jedoch von den feinen Schilderungen der isländischen Landschaft, die den idealen Rahmen bildeten zu diesem rundum empfehlenswerten Kriminalroman.    

 

 

{unbezahlte Werbung}

Petra Ivanov

Kryo – Die Verheißung

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Unionsverlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 352 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3293005969

 

 

Ist Leben ohne Tod möglich?

 

Auf diesen vorliegenden Thriller, den ersten Band einer geplanten Trilogie, war ich sehr gespannt. Die Autorin ist Gerichtsreporterin und Journalistin, kann also sowohl gut beobachten als auch gut schreiben. Zudem ist sorgfältige Recherche Grundlage ihres Berufes. Genau deshalb hatte ich durchaus hohe Erwartungen an dieses Buch, insbesondere wegen des brisanten Themas.

Zum Inhalt: Nichts lässt größeren Umsatz erwarten als das Versprechen auf Überwindung des Todes. So arbeiten große Unternehmen weltweit auf ganz unterschiedlichen Wegen an der Erforschung, das menschliche Leben zu verlängern. Doch welche Forschungswege sind ethisch vertretbar, welche nicht? Können Maschinen tatsächlich menschliches Bewusstsein übernehmen? Der angehende Arzt und Journalist Michael Wild stellt solche und weitere Fragen. Sein plötzliches Verschwinden zwingt Julia, seine Mutter, eine Frau mit brisanter Vergangenheit, aus ihrem zurückgezogenen Leben herauszutreten. Ihre Nachforschungen bringen sie jedoch in allergrößte Gefahr.

Glücklicherweise wurde dem Buch ein Personenverzeichnis vorangestellt. Denn durch die Zeitsprünge und die vielen Personen kommt man beim Lesen leicht durcheinander, auch wenn der Schreibstil als solcher leicht und gut lesbar ist. Mir persönlich fehlte irgendwie die Möglichkeit, mich emotional mit den Protagonisten zu verbinden. Zu nüchtern, zu verstandesmäßig orientiert wurden die handelnden Personen dargestellt. Den Schwerpunkt legte die Autorin ganz offensichtlich auf wissenschaftliche Erläuterungen, auf die Ergebnisse ihrer durchaus fundiert wirkenden Recherchen. Interessant einerseits und eigene Überlegungen anregend, den Spannungsbogen andererseits jedoch immer wieder unterbrechend.

Fazit: Ein Thriller, der mit seiner brisanten Thematik, wissenschaftlich gut recherchiert, punktet, dabei jedoch die erzählerisch-emotionale und Spannung gebende Seite eines Thrillers ein wenig vernachlässigt.

 

 

{unbezahlte Werbung}

John Ajvide Lindqvist

Refugium

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 528 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3423283649

·        Originaltitel ‏ : ‎ Skriften i vattnet

#Refugium

 

 Faszinierende Thriller-Erzählkunst

 

„Lindqvist ist unglaublich gut“ steht auf dem Buchrücken. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Denn dieser erste Band der „Stormland-Trilogie“ zeigt sich als brillant geschriebener, in feinen Nuancen ausgearbeiteter, internationaler agierender und psychologisch höchst interessanter Thriller. Kein Haudrauf- oder Blutgemetzel-Thriller, sondern ein in allen Details stimmiger, detailliert erzählter Thriller, dessen durchgehende Spannung der Schreibekunst des Autors zuzuschreiben ist.

 

Die ehemalige Polizistin und Schriftstellerin Julia Malmros soll eine Fortsetzung der  Millenium-Trilogie schreiben. Kim Ribbing, ein Mann außergewöhnlich in seiner äußeren Erscheinung, soll ihr dabei mit seinem Fachwissen helfen. Doch unweit von Julias Ferienhaus wird die komplette Gästeschar während eines Mitsommerfestes unerbittlich hingerichtet. Nur ein junges Mädchen, posttraumatisch verstummt, überlebt. Julias Exmann Johnny wird mit den Ermittlungen betraut. Julia und Kim machen sich daran, die Täter zu verfolgen, und zwar sowohl im Word-Wide-Web als auch real um den Globus.Die Jagd auf die Auftragskiller und deren Hintermänner gestaltet sich als äußerst schwierig, auch weil Kim mit seinen Alleingängen Julia immer wieder vor neue offene Fragen stellt.

 

Der Thriller ist trotz vieler Drehungen und Wendungen und Perspektivwechsel überraschend leicht lesbar. Das mag zum einen an den kurzen Kapiteln liegen, zum anderen aber auch und vor allem an der faszinierenden Erzählkunst des Autors. Die beiden Protagonisten Julia und Kim werden so empathisch und psychologisch tiefgründig geschildert, dass man sich als Leser gefühlsmäßig mit ihnen verbunden fühlt. Insbesondere die schillernde Persönlichkeit des Kim Ribbing übt eine ganz eigene Faszination aus. Die Handlung dreht und wendet sich, überrascht, schockiert und berührt den Leser.

Kurzum, wie ich oben schon zitierte: „Lindqvist ist unglaublich gut.“

 

 

{unbezahlte Werbung}

Andreas Winkelmann

Nicht ein Wort zu viel

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 400 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499007521

#NichteinWortzuviel

 

 Rezensenten, hütet euch vor unbedachten Worten

 

Als bekennender Winkelmann-Fan öffnete ich seinen neuesten Thriller mit hohen Erwartungen. Und war bereits nach den ersten Seiten hoffnungslos gefangen im Spinnennetz seiner neuesten Geschichte, die mich bis zum Ende nicht mehr losließ. Denn die Welt der Wörter, der Schriftsteller, der Buchhändler, der Buchblogger, der Rezensenten ist eine mir vertraute Welt mit all ihren Highlights, aber auch mit ihren Schatten und Eitelkeiten, die Winkelmann perfekt in seine Thriller-Szene verpackt hat.

 

Faja, Buchhändlerin, erhält eine verstörende Aufgabe, mit deren Erfüllung sie ihren Kollegen Claas retten könnte, der in Todesangst gefesselt, in Folie verpackt, dem Tode nahe ist. „Erzähl mir eine spannende Geschichte. Sie darf fünf Wörter haben. Sonst muss dein Freund sterben.“ Doch ist wirklich sie gemeint? Sie zögert. Ein weiteres Opfer unterstreicht den Ernst dieses perfiden Spiels. Das Schwarmwissen der Buchblogger-Community ist gefragt. Aber auch die beiden Ermittler Simon Schierling und Jaroslav Schrader stoßen bei ihren sehr unterschiedlichen Nachforschungen an ihre Grenzen.

 

Die Geschichte wird geschickt aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Die Handlung besteht aus verschiedenen Strängen, die sich im Laufe der Lektüre mehrfach kreuzen, sich unerwartet aufeinander zubewegen und auf diese Weise das raffinierte Spinnennetz entstehen lassen, das den Thriller zum unausweichlichen Pageturner macht. Der kluge und raffinierte Plot packte mich. Der Autor hat eine besondere Fähigkeit, seine Protagonisten so differenziert, feinfühlig und psychologisch nachvollziehbar zu schildern, dass man glaubt, sie zu verstehen. Und eine ihm wichtige Botschaft hat Winkelmann ganz unauffällig in der Handlung versteckt als Kämpfer für die Leisen und gegen die Schreihälse in der Branche: „Bücher brauchen keinen Krawall, keine Marktschreierei…. Ihr Inhalt schleicht sich auf leisen Sohlen in die Gedanken der Menschen … hinterlässt Spuren, die niemals verwischen…“

 

Fazit: Ein kluger, ein raffinierter und durchweg spannender Thriller, der die Kraft der Wörter gekonnt in Szene setzt.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Chris Meyer

Der Follower

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3548066387

#DerFollower

 

 

 

Vorsicht: Abgrundtief grausam und brutal

 

Wer den Prolog nervlich schafft, kann getrost weiterlesen. Denn der Thriller lässt nichts aus an Szenen äußerster Brutalität und abgrundtiefer Bosheit, die bis ins letzte Detail beschrieben werden. Mich hat das Buch durchgehend sehr, sehr gut unterhalten, auch wenn die Handlung nicht unbedingt immer logisch-plausibel nachzuvollziehen war.

 

Tom Bachmann mit seinen besonderen Seelenleser-Fähigkeiten, der mit gewissen Schatten aus seiner Vergangenheit belastet ist, wird von einer Bekannten um Hilfe gebeten, deren Freundin verschwunden ist. Da die Vermisste weiterhin Fotos von sich auf Instagram hochlädt, nimmt niemand die Sorge der Freundin ernst. Tom jedoch erkennt, dass die Fotos eine Tote zeigen und ahnt sehr schnell, dass er einem Serienmörder auf der Spur ist.

 

Die Autorin schreibt von der ersten Seite an bis zum Ende hinreißend spannend. Ihr klarer Schreibstil, der ohne jegliche lyrische Schnörkel nüchtern und deutlich erzählt, packt den Leser und reißt ihn mit in diesen Strudel aus in der Kindheit erlittenen Seelenverletzungen und den psychologisch nachvollziehbaren qualvollen Versuchen, den früheren Traumata zu entfliehen. Rasant und in einem sich stetig weiter aufbauenden Spannungsbogen wird die Handlung vorangetrieben, wobei deren Vielschichtigkeit die Spannung auf keiner Seite schmälert, im Gegenteil. Die außerordentlich stark und eindrücklich gezeichneten Charaktere lassen ins tiefste Innere blicken und den Leser erschaudern.

 

Fazit: Ein unglaublich gut geschriebener, unglaublich grausam-brutaler und unglaublich spannender Thriller!

 

 

{unbezahlte Werbung}

Anthony Horowitz

Wenn Worte töten

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Insel Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 333 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3458643739

·        Originaltitel ‏ : ‎ A Line to Kill

#WennWortetöten

 

 Gemächliche Erzählweise einer geschickt verschachtelten Handlung

 

Große Lesefreude hatte ich mit dem Kriminalroman „Der Tote aus Zimmer 12“ von Anthony Horowitz, in dem der Autor auf raffinierte und exzellente Weise den modernen englischen Kriminalroman ins Extreme führte. Ich zumindest hatte Spaß an den raffinierten Wegen langsam-schleichender Aufklärung. An dem vorliegenden Kriminalroman hatte ich allerdings völlig unerwartet nicht so viel Freude.

Auf der Kanalinsel Alderney findet ein Literaturfestival statt, zu dem der Ex-Polizist Daniel Hawthorne zusammen mit Anthony Horowitz, seinem „Assistenten“, eingeladen sind. Horowitz möchte seinen neuesten Roman vorstellen, einen weiteren Kriminalfall mit Hawthorne. Doch der Mäzen des Festivals wird brutal ermordet, und so bleibt Hawthorne und Horowitz nichts anderes übrig, als eigene Nachforschungen zu betreiben, umso mehr, als ein weiterer Mord die beschauliche Insel erschüttert.

Langsam, sehr langsam wird erzählt. Zwar lässt sich der Roman flüssig und abwechslungsreich lesen, aber es braucht schon eine große Portion innerer Gelassenheit, um dem Kriminalroman in alle Winkel hin zu folgen. Die Fülle detailreicher, atmosphärisch gut nachspürbarer Schilderungen und allerlei sich öffnender Nebenschauplätze lassen nach einer Weile die Neugier auf das Buch kleiner und kleiner werden. Zumindest ging es mir so, weil ich nicht genug entspannte Lesezeit hatte, um mich auf den Facettenreichtum und die gemächliche Erzählweise wirklich einzulassen. Eine interessante Idee ist es ja durchaus, dass sich der Autor selbst in die Geschichte einbaut. Aber wie die beiden Hauptakteure miteinander umgehen, störte mich, fand ich stellenweise sogar recht unschön. Falls das englischer Humor sein sollte, habe ich ihn leider nicht verstanden. Für den Leser ist es fast unmöglich, dem Mörder auf die Spur zu kommen. Viel zu raffiniert mit vielen Irrwegen wird erzählt. Das ist schon besondere Schreibekunst. Dennoch hat mich das Buch nicht wirklich überzeugt, was jedoch an mir liegen mag.

 

Fazit: Ein sehr langsam erzählter und dadurch nur mäßig spannender Kriminalroman mit geschickt verschachtelter Handlung.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Jonas Wagner

Diabolisch

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ HarperCollins Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 320 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3365003039

#Diabolisch

 

 Das teuflisch Böse im Menschen

Bei diesem Thriller stand für mich an erster Stelle der Plot, dessen Ausgangssituation von Beginn an für Entsetzen sorgte. Das Buch ist leicht und schnell lesbar und alles in allem sehr spannend. Und doch gibt es negative Anmerkungen, die mir jedoch das packende Leseerlebnis nicht wirklich schmälerten.

Zwei Kinder, Alex 6-jährig und seine wenig ältere Schwester Lotte, werden von ihrem Vater nach dem Turnen nicht abgeholt. Es ist Winter, es beginnt zu schneien, die Kinder frieren. Etliche Erwachsene sehen die Kinder in der Kälte stehen, kümmern sich jedoch nicht. So machen sich die Beiden schließlich im Finstern zu Fuß auf den langen Heimweg. Lotte kommt zuhause an, Alex nicht. 27 Jahre später geschieht ein brutales Verbrechen nach dem anderen im ehemaligen Heimatdorf von Lotte und Alex. Oberkommissarin Larissa Flaucher stößt bei ihren Ermittlungen im Laufe der Zeit mehr und mehr auf unerwartete und entsetzliche Zusammenhänge.

Das Cover ist genial gestaltet, auch wenn ich erst auf den zweiten Blick erkannte, dass es sich um die im Thriller so wichtige Straße mit Bushaltestelle handelt. Die Handlung switcht in kurzen Kapiteln zwischen den Jahren 1995 und 2022 hin und her. Dazwischen eingefügt sind die kindlich-naiven und ans Herz gehenden Tagebuchnotizen von Lotte. Auch wenn ich recht schnell vermutete, welche Zusammenhänge hinter den gehäuften Morden stehen, las ich das Buch in einem Rutsch durch, weil mir Aufbau und Erzählstil spannende Lesekost servierten. Erst nach Beendigung der Lektüre wurde mir bewusst, dass uns der Autor hier einen Thriller serviert, der böse ist, teuflisch böse. Insofern hat das Buch den perfekten Titel. Es gibt keine einzige Person, die als Sympathieträger taugt oder gar dem Bösen versucht Einhalt zu gebieten. Abstoßende, widerwärtige, egoistische, ekelerregende, grausame Protagonisten und brutal-teuflische Rache bestimmen die Handlung. Es hätte dem Thriller sicher gut getan, wenn er die Welt nicht nur Schwarz gemalt hätte, sondern auch Platz gelassen hätte für Grau und Weiß. Erst im Kontrast wäre das eigentlich Diabolische, das abgrundtiefe Schlechte im Menschen, glaubwürdig geworden.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Andrea Bonetto

Abschied auf Italienisch

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Droemer HC

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 304 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426284100

#AbschiedaufItalienisch

 

 

Ein wahres Lesevergnügen mit viel Lokalkolorit

 

Kriminalromane, die in mir unbekannten Gegenden spielen, mag ich sehr. Ligurien war mir bislang völlig fremd. Im Internet holte ich mir das nötige Wissen rund um diesen Landstrich und durch Fotos zusätzlich einen visuellen Eindruck. Mit dieser Vorbereitung konnte ich sehr viel besser die beeindruckenden Landschaftsschilderungen im Buch nachvollziehen: Häuser, die an Felskanten kleben, mit winzigen Gärten, dem Fels abgetrotzt. Wirklich etwas ganz Besonderes, diese Reise nach Ligurien, die ich mit Andrea Bonetto unternehmen durfte.

 

Commissario Vito Grassi verlässt seine Dienststelle in Rom. Er hatte sich in die Provinz versetzen lassen, denn sein Vater, zu dem er relativ wenig Kontakt hatte, war gestorben und hatte ihm das über Jahre hinweg selbst gebaute Landhaus in Ligurien vererbt, ein Haus mit atemberaubender Aussicht auf die Küste der Cinque Terre. Im Haus findet er Toni vor, eine streitbare Mitbewohnerin des Vaters, die sich bislang um das Anwesen und wohl auch um den Vater gekümmert hatte und keine Absichten zeigt auszuziehen. Zwei Morde halten den Commissario sofort in Trab. Zusammen mit seiner neuen jungen Kollegin muss  Vito Grassi seine besonderen Fähigkeiten unter Beweis stellen und tritt dabei in so manches Fettnäpfchen.

 

Dieser erste Band einer neuen Kriminalroman-Reihe rund um den feinfühligen Commissario Vito Grassi nahm mich von Anfang an gefangen, denn die Lektüre ließ mich einen Krimi entdecken, wie ich ihn liebe: Viel Lokalkolorit, was farbig und atmosphärisch intensiv geschildert wird. Dazu psychologisch nachvollziehbar und fein gezeichnete Protagonisten,  die ganz ohne die derzeit so oft in Krimis üblichen Traumata auskommen, aber auch keine Überhelden sind, sondern die sich menschlich nah anfühlen und denen man mit Sympathie oder zumindest Verständnis begegnet. So menschelt es auch in den Dialogen unter den Kollegen, die humorvoll und teilweise mit spitzer Zunge geschrieben sind. Wohltuend empfand ich ganz besonders die folgerichtige Erzählweise, die den Spannungsbogen stets aufrecht erhält.

 

Fazit: Ein ruhiger, durchaus spannender, komplexer, mit viel Lokalkolorit geschriebener Kriminalroman mit einem sympathischen Commissario, von dem ich gerne mehr lesen möchte.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Marc Raabe

Der Morgen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Paperback

·        Sprache ‏ : ‎ Deutsch

·        Broschiert ‏ : ‎ 592 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3864932052

#DerMorgen

  

Ein echter Pageturner ohne Wenn und Aber

 

Tiefschwarzer Buchschnitt und magentaroter Einband mit weißer Schrift – besser kann man nicht auf sich aufmerksam machen! Und zu Recht macht der Thriller auf sich aufmerksam, denn er hat mir durchwegs spannendes Lesevergnügen bereitet. Wie ich es auch gar nicht anders erwartet habe von diesem Autor.

 

Art Mayer hatte sich verkrochen, doch sein früherer Chef holt ihn in den Dienst des BKA zurück, denn er braucht ihn dringend zur Klärung eines brisanten Falls. Man hatte in einem verlassenen Kleinlaster die Leiche einer halbnackten Toten gefunden, auf deren Körper die Privatadresse des Bundeskanzlers geschrieben stand. Und das kurz bevor der G20-Gipfel beginnt. Art Mayer ist berüchtigt für seine unnahbare Art, seine Alleingänge, aber auch für seine Ermittlungserfolge. Ihm zur Seite gestellt wird Nele Tschaikowski, eine Neue im Team. Ihre Unerfahrenheit macht sie wett durch Mut und Klugheit. Je tiefer sie in die Ermittlungen eintauchen und je gefährlicher die Situation wird, desto besser gelingt die Zusammenarbeit der beiden.

 

Von der ersten Seite an baut Marc Raabe an einem spannenden Szenario. In zwei Zeitebenen wird erzählt, aber was Vergangenheit ist und was Gegenwart, wird dem Leser nur puzzleartig serviert. Und so bleibt die Spannung permanent erhalten. Immer wieder tauchen neue Videos oder Fotos auf, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.  Man rät und vermutet und liegt letzten Endes doch falsch. Wobei ich persönlich als zusätzlichen Spannungseffekt das Interagieren des so unterschiedlichen Ermittlerduos empfand. Mir gefiel sehr, dass der Autor keine überspitzten Dialoge bemühen muss, sondern die Protagonisten so realitäts- und alltagsnah kommunizieren lässt mit ein wenig Bissigkeit und mit ein wenig Witz, wie man es selbst aus dem Arbeitsleben mit Kollegen kennt.

 

Fazit: Ein echter Pageturner ohne Wenn und Aber!

 

 

{unbezahlte Werbung}

Jean-Christophe Grangé

Die marmornen Träume

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Tropen

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 688 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3608501711

·        Originaltitel ‏ : ‎ Les Promises

#DiemarmornenTräume

  

Ein Thriller der Enttäuschungen

 

Hohe Erwartungen hatte ich an dieses 700 Seiten starke Werk vom „Meister der französischen Spannung“. Hmmm… Vermutlich habe ich den Begriff „französische Spannung“ falsch verstanden. Aber dem Buch wurde auch nachgesagt, dass es ein „Donnerschlag“ sei, eine „Meisterleistung“ mit „Suchtfaktor“. Warum nur war ich so maßlos enttäuscht?

Der Thriller spielt in einer sehr dunklen Zeit, nämlich im Berlin um 1939. Der Zirkel der Ehefrauen der Nazi-Elite trifft sich beim Champagner. Der angesagte Psychoanalytiker Simon Kraus befasst sich auf gerissene Weise mit eben diesen Damen, verführt und erpresst sie. Als eine aufs Grausamste zugerichtete Frauenleiche gefunden wird, führt die Spur des Täters bis in die obersten Führungskreise des Regimes. Simon Kraus, die alkoholkranke Minna von Hassel und der Nazi Franz Beween versuchen gemeinsam, den Täter zu stellen, um nicht selbst in die Fänge der Gestapo zu geraten. So könnte man den Inhalt in Kürzestform in Worte fassen.

Natürlich passiert sehr viel mehr auf diesen 700 Seiten. Und doch musste ich mich durch die Seiten schleppen. Denn ich empfand das Buch mindestens bis zur Hälfte einfach nur langweilig. Es geschieht dies und das und doch nichts, was fesseln könnte. Personen tauchen auf und tauchen wieder ab. Weniger wäre mehr gewesen, hätte ich gerne dem Autor zugerufen. Ganz und gar nicht gefiel mir der Sprachstil, insbesondere in den Dialogen. Eine seltsame Mischung von seltsam geschraubten Fremdwörtern, die man zu jener Zeit vermutlich niemals benutzte und dann wieder ungewöhnlich locker-flapsig, was ich ebenfalls oftmals als sehr unpassend empfand. Das könnte natürlich möglicherweise auch der Übersetzung geschuldet sein. Die Schwarz-Weiß-Darstellung der Protagonisten wirkt auf mich nicht nur unsympathisch, sondern auch völlig unglaubwürdig, überzeichnet wie Karikaturen, hohl und psychologisch überhaupt nicht überzeugend. Die Handlung hatte für mich keine klare Struktur, der man als Leser hätte ernsthaft folgen wollen und können. Da helfen auch nicht eingestreute extrem brutale Szenen. Denn reißerische Brutalität und Perversität allein ohne Zusammenhang, sei es politischer, sei es psychologischer Natur, dient keineswegs dazu, den Leser zu fesseln, im Gegenteil.

Kurzum: Dieser Thriller war für mich eine Enttäuschung, denn ich langweilte mich über lange Strecken. Und der Rest überzeugte mich nicht, wie oben ausgeführt.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Sarah Pearse

Das Sanatorium

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 512 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442206353

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Sanatorium

#DasSanatorium

  

Starker Beginn, der sich ins Unlogische verliert

 

Hat Reese Witherspoon tatsächlich den Thriller von Sarah Pearse gelesen, dem sie „Gänsehaut pur!“ attestiert? Ich glaube nicht.

„Le Sommet“ war einstens ein Sanatorium für Tuberkulosekranke, bis es schließlich mehr und mehr verfiel und zu einem typischen Lost Place wurde. Nach Jahren des Leerstands fanden jedoch zwei befreundete Architekten Gefallen an dem riesengroßen Gebäude, das mit seiner Lage, teils tief versteckt im Wald und überragt von drohenden Berggipfeln, ideal zu sein schien für ein Luxushotel der Extraklasse. Nach vielen Jahren der Planung und des Baus, oftmals angefeindet von Naturschützern und überschattet vom rätselhaften Verschwinden des Daniel Lemaitre, dem Architekten mit Visionen, ist das Fünf-Sterne-Hotel nun fertiggestellt. Elin Warner, ein Detective Inspector, derzeit beruflich freigestellt, reist zur Verlobungsfeier ihres Bruders Isaac an. Für Elin ist die Beziehung zu ihrem Bruder durch ein früheres, unausgesprochenes Drama belastet. Sie hat Angst vor der Begegnung. Da verschwindet Isaacs Verlobte, dann geschieht ein Mord. Und ein gewaltiger Schneesturm mit Lawinenabgang schneidet das Hotel von der Außenwelt ab. Die Gäste sind in dem riesigen Gebäude mit einem Killer gefangen.

Ein Plot also, der alles bietet, was ein atemberaubender Thriller braucht. Und so startet das Buch auch: Mit viel atmosphärisch geschilderter wachsender Spannung. Der Autorin gelingt es, ihre Schilderungen, insbesondere die der Umgebung und Natur, mit allen Sinnen zu schildern. Ebenso detailfreudig werden die Gestimmtheiten der handelnden Personen in allen Feinheiten beschrieben. Insbesondere die Gefühle von Elin werden geradezu seismographisch erspürt und in Worte gefasst. Diese Feinfühligkeit der Autorin ist ihre Stärke, aber auch ihre Schwäche. Denn je weiter der Thriller voranschreitet, desto mehr verlieren sich die Schilderungen in sich selbst, werden unlogisch, dienen nicht mehr dazu, die Handlung voranzubringen. Und damit verlieren die Protagonisten, allen voran Elin, an Glaubwürdigkeit. Aber auch die Sprache wird zunehmend nüchterner und emotionsärmer. Dadurch gelingt es dem Leser immer schwerer, sich lesend in die Handlung hineinzufinden. Die Spannung verliert sich.

 

Fazit: Ein starker Plot, ein starker Beginn, aber im Verlauf stetig schwächer, unlogischer und spannungsärmer werdend.

 

{unbezahlte Werbung}

Martin Krüger

Wintersterben

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ HarperCollins Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3365001189

·        #Wintersterben

  

Spannend-gruselige Lektüre mit kleinen Schwächen

Sowohl Titel als auch Cover kommen meiner Meinung nach zu harmlos daher, denn dieser Thriller hat es in sich. Im Guten wie im Schlechten.

Wir befinden uns in einem abgelegenen Dorf in den Walliser Alpen. Viele Häuser im Dorf haben vernagelte Fenster. Die Menschen leben in eisiger und schweigsamer  Abgeschiedenheit. Als eine schrecklich zugerichtete Leiche mitten im Nirgendwo gefunden wird und klar wird, dass der Tote ein deutscher BKA-Mann war, entsendet Interpol seine beste Ermittlerin, Valeria Ravelli, zur Aufklärung in die verschneite Bergwelt. Zusammen mit ihrem neuen Kollegen versuchen sie auf getrennten Wegen, den Spuren des toten BKA-Mannes zu folgen, die auf rätselhafte Weise weit in die Vergangenheit reichen. Ravelli ahnt nicht, in welch tödliche Gefahr sie sich dabei begibt.

Allem sei voran gesetzt: Dieser Thriller hat mich von Anfang bis Ende großartig unterhalten. Die durchweg spannende Handlung nahm mich derart gefangen, dass ich das Buch kaum weglegen wollte. Dadurch störte es mich letztlich wenig, dass der Thriller nicht konsequent durchkomponiert war. Es gab einige lose Handlungsfäden, die nicht weiter bearbeitet wurden. Es gab Unglaubwürdigkeiten und Hinweise auf eine Vorgeschichte, die nicht erklärt wurden. Überhaupt bleiben etliche Fragen offen, auch beim fulminant inszenierten Schluss. Aber die eindrücklichen, atmosphärisch dichten und den Leser packenden Natur- und Situationsschilderungen ließen so manche Ungereimtheit beim Lesen vergessen. Bildhaft und intensiv ließ der Roman an so manchen Stellen ein schauderndes Gefühl von Horror und Bedrohung entstehen.

 

Fazit: Sehr spannender, fast gruselig zu nennender Thriller, dessen kleine Schwächen mein Lesevergnügen nicht minderten.

 

{unbezahlte Werbung}

Jens Henrik Jensen

EAST – Welt ohne Seele

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3423220248

·        Originaltitel ‏ : ‎ Kjaellingen i Krakow

#EastWeltohneSeele

  

Habe ich mit großer Abneigung gelesen

Nun, ich gebe zu, ich habe das Buch von Anfang an mit sehr gemischten Gefühlen gelesen. Und diese uneinheitlichen Gefühle haben sich im Laufe der Lektüre zu einer distanzierten, emotionsarmen, rein beobachtenden Haltung verändert. Daran änderte auch die zugegebenermaßen streckenweise spannungsreiche Erzählweise nichts. Erst später las ich, dass es sich bei diesem Buch und die nachfolgenden zwei Bände, die 2023 erscheinen werden, um frühere Manuskripte des Autors handelt. Das erklärt vielleicht noch am ehesten meine Enttäuschung über dieses Buch und den so hochgelobten Autor.

Hauptperson CIA-Agent Jan Jordi Kazanski kann ohne Alkohol keine Stunde überstehen, seit seine Frau und seine Tochter eines gewaltsamen Todes gestorben sind. Ein rundum kaputter Typ, natürlich dienstunfähig. Da seine Fähigkeiten jedoch unbestritten sind, wird er Undercover nach Krakau entsandt, um dort jemanden ausfindig zu machen, von dem er nur den Decknamen kennt, der die größte Verbrecherorganisation Krakaus anführt und dessen wahre Identität niemand kennt. Doch kaum ist Kazanski in Krakau angekommen, entgeht er nur knapp einem Mordanschlag. Krakau Ende der Neunziger Jahre bietet den idealen Schauplatz für alles, was in einem Agententhriller Platz hat, allem voran einen Sumpf an Korruption.

Begonnen hat meine Abneigung gegen das Buch mit der grausam-abstrusen Idee, einen gutmütigen, gehorsamen Golden Retriever als lebende Bombe zu benutzen. Diese Art von perverser Grausamkeit ist in der Geschichte immer wieder zu finden. Mag ich nicht. Aber ich bin es auch langsam überdrüssig, von Protagonisten zu lesen, die seelisch und/oder körperlich kaputt sind, weil sie von früheren Traumata verfolgt werden und deren einzige Lebensbewältigung übermäßiger Alkoholkonsum ist wie bei Kazanski. Zwar ist der Thriller durchaus spannend aufgebaut, aber dennoch blieb ich innerlich völlig distanziert, was vermutlich an dem kühlen, distanzierten Schreibstil liegt. Auch gab es so einige Handlungsfäden, die sich im Verlauf der Geschichte ins Nichts auflösten.

Kurzum: Ein Thriller, an dem es für mich nichts gab, was ich mochte.

 

{unbezahlte Werbung}

Yrsa Sigurdardóttir

Schnee

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ btb Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 352 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442759521

#Schnee

 

 

Was ist Realität, was sind aus Angst geborene Halluzinationen?

 

Das minimalistische Cover wirkt auf mich sehr anziehend und passt perfekt zum Buchinhalt. Der Name der Autorin spricht für Spannung. Und das Setting im isländischen Winter noch viel mehr. Rundum: Für mich war dieser Thriller ein sehr gelungenes, schaurig-spannendes Leseerlebnis, weil es psychologisch außerordentlich gekonnt die Grenzen verwischt zwischen der nüchternen Realität und den durch Ausnahmesituationen ausgelösten, angstinduzierten Halluzinationen. Was so oder ähnlich tatsächlich geschehen kann und nichts mit Mystik oder Übersinnlichem zu tun hat. Denn unser Gehirn unterliegt sehr leicht Trugbildern, wenn es an seine Grenzen gebracht wird.

 

Der fesselnde Prolog nimmt den Leser sofort gefangen. Ein halb verrotteter Kinderschuh mit einem kaum lesbaren eingestickten Namen wird gefunden und gibt Rätsel auf. Ein weiterer Handlungsstrang öffnet sich und erzählt von vier Freunden, die aus Lust am Abenteuer zu einer Wanderung starten durch den tiefsten Schnee im Hochland Islands, weit ab von jeglicher Zivilisation. Und wir erfahren von einer einsamen Radarstation, in der ein einsamer Mitarbeiter in einsamen Stunden Seltsames erlebt.

 

Der Thriller braucht eine Weile, bis er die einzelnen Perspektiven und Protagonisten ins Spiel gebracht hat.  Aber dennoch liegt bereits von Beginn an eine kalt-gefährliche Stimmung über allem und allen. Als sich eine Suchmannschaft  auf den Weg macht, die inzwischen vermissten vier Freunde in dem riesigen Gebiet der Schneewildnis zu suchen, nimmt der Thriller zunehmend Fahrt auf. Und es kroch beim Lesen die eisige Kälte und das Grauen tiefer und tiefer in mich hinein, was die gekonnt gesetzten Cliffhänger noch verstärkten. Faszinierend gestrickt von der Autorin ist der Plot, in dem letztlich scheinbar Unzusammenhängendes doch noch eine Erklärung findet.

 

Für mich war das Buch ein psychologisch kluger, aufregend konstruierter Thriller, der mir so manchen eiskalten Schauer bescherte.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Frank Goldammer

Bruch – Ein dunkler Ort

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Wunderlich

·        Broschiert ‏ : ‎ 368 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3805200905

#BruchEindunklerOrt

 

 

Auf die Nerven gehende psychisch gestörte Ermittler langweilen

 

Vom Autor hatte ich bislang keines seiner Bücher gelesen. Insofern war ich unvoreingenommen neugierig. Und am Ende des Buches, das bis zu Ende zu lesen mir viel Überwindung kostete, blieb nichts als Enttäuschung und die Gewissheit, von Frank Goldammer nichts mehr lesen zu wollen.

 

Der erste Fall um die Ermittler Bruch und Schauer wird als „spannend, beklemmend, einzigartig“ angepriesen. „Einzigartig“ war jedoch das einzige Adjektiv, das ich als zutreffend bezeichnen würde. Der Kriminalroman war für mich einzigartig langweilig, einzigartig abstoßend und einzigartig unglaubwürdig. Felix Bruch ist ein undurchsichtiger, ungewaschener, ungehobelter Ermittler, der stumm und eigenbrötlerisch sein Ding macht. Seine neue Partnerin Nicole Schauer fällt durch vieles Reden auf (aus Sicht von Bruch) und bringt, wie könnte es anders sein, ebenfalls schwerwiegende private Probleme mit. Offensichtlich gibt es in der aktuellen Thriller- und Kriminalliteratur nur noch ge- und verstörte, durch frühere oder akute Traumata beeinträchtigte Ermittler. Der aktuelle Fall eines verschwundenen Mädchens mit Parallelen zu einem früheren Geschehnis, in dem ein ebenfalls verschwundenes Mädchen nach zwei Wochen zurückgekehrt war, würde eigentlich die Zusammenarbeit zwischen Bruch und Schauer erfordern, aber der völlig empathielose, sich mit Tabletten durch den Tag bringende Bruch und die unbeherrschte, aggressive Schauer schaffen es, dass mir als Leser der Fall irgendwann völlig egal wurde. Zu lang, zu breit und dennoch Hintergründe oder Ursachen nicht erläuternd, wurden die seelischen und sozialen Defizite der beiden Ermittler breit getreten und in immer neuen unmöglichen Situationen „eingearbeitet“. Langweiliger und unsympathischer ging es nicht mehr! Erst gegen Schluss kam Fahrt in die eigentliche Krimi-Handlung – für mich jedoch zu spät.

 

Fazit: Zwei unsympathische Ermittler, die durch ihre breitgetretenen psychischen Defizite dem Leser auf die Nerven gehen, was den eigentlich guten Plot des Kriminalromans insgesamt langweilig und unglaubwürdig macht.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Stacy Willingham

Das siebte Mädchen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 448 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499006609

·        Originaltitel ‏ : ‎ A Flicker In The Dark

#DassiebteMädchen

  

Moderate Spannung, handwerklich gut geschrieben

 

Ein Debüt ist für mich stets generell eine spannende Lektüre. Was habe ich von der Autorin zu erwarten? Bietet sie Neues, Ungewöhnliches? Oder betritt sie mehr oder weniger gekonnt bereits ausgetretene Pfade? Alles ist offen bei einem Debüt.

 

Journalistisch geschult schreibt Stacy Willingham gekonnt, mit atmosphärisch dichten Schilderungen, leicht lesbar und schlüssig in der Handlung. Sehr beeindruckt hat mich die Beschreibung der Kulisse der undurchdringlich sumpfigen Natur rund um Louisiana, die auf unheimliche Weise ihre Geheimnisse verborgen hält. Das Thriller-Debüt ist kein Buch, das mit der Tür ins Haus fällt. Langsam entwickelt sich die Handlung, man erfährt nur schrittweise mehr. Doch leider,  ärgerlich und unnötig, bedient die Autorin mit der Hauptperson Chloe, einer promovierten Psychologin in eigener Praxis, die landläufige Klischeemeinung, dass Psychiater oder Psychologen selbst therapiebedürftig seien. Denn Chloe, nach außen hin perfekt, kann ein tiefliegendes Trauma nur mit Tabletten aus ihrem Alltagsbewusstsein heraushalten. Ihr Vater, an den sie nur positive Erinnerungen hat, sitzt im Gefängnis, verurteilt als Serienmörder. Er hatte gestanden, für das Verschwinden von sechs Teenagern verantwortlich zu sein, obwohl deren Leichen nie gefunden worden waren. Exakt 20 Jahre später verschwindet eine von Chloe’s Patientinnen. Ein Bewunderer des Vaters, der ihn zum Jahrestag nachahmt? Oder der wahre Täter, der immer noch frei ist?

Meisterlich schafft es die Autorin, auf intensive Weise innerste Regungen der handelnden Personen zu beschreiben und nachspürbar werden zu lassen. Trotz der oft kleinzelligen Beschreibungen von Umfeld und anderen äußeren Gegebenheiten wächst dadurch ganz leise, fast unbemerkt, die Spannung an, um schließlich gegen Ende des Buches sich geradezu zu überschlagen und das Geschehene in Vergangenheit und Gegenwart aufzulösen – allerdings für den aufmerksamen Leser leider ohne wirkliche Überraschung.

 

Fazit: Das Debüt hat mir weitgehend gut gefallen, wobei zu hoffen ist, dass die Autorin in Zukunft zu ungewöhnlicheren Plots ohne Klischees findet.



{unbezahlte Werbung}

Jennifer Mentges

Elternhaus

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ FISCHER Scherz

·        Broschiert ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-10 ‏ : ‎ 3651025551

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3651025554

#Elternhaus

  

Drohendes Unheil von der ersten Seite an

 

Allein schon die Szenerie einer seit Jahren leer stehenden Villa, dunkel und irgendwie abweisend, vermittelt unangenehme Gefühle, so wie sie das Cover perfekt einfängt. Der Barpianist Tobias Hansen beobachtet seit Jahren, im Auto sitzend, das Haus im noblen Hamburger Vorort. Jahre vergehen. Schließlich verliebt sich Yvette Winkler in die Villa, träumt sich weg aus ihrem von der Schwiegermutter bevormundeten Leben in Österreich hin in ihre frühere Heimatstadt, in der sie für ihre Familie das ideale Nest gefunden zu haben glaubt. Viel Platz für ihre vier Kinder, viel Platz für geschmackvolle Neugestaltung. Ihr Mann stimmt dem Umzug zu. Doch was ist mit Tobias Hansen? Er freundet sich mit der Familie an, gibt den Kindern Klavierunterricht. Doch was will er wirklich und warum?

 

Aus verschiedenen Perspektiven erzählt die Autorin eine Geschichte, die ihre Spannung schöpft aus der nicht greifbaren, aber immanent vorhandenen Bedrohung, die über viele Seiten hinweg nicht erklärbar ist und damit die Spannung immer aufrecht erhält. Für mich ist der Roman eher ein Psychothriller als ein Thriller. Zumindest legt die Autorin sehr viel Wert auf die psychologisch nachvollziehbare Ausgestaltung der Protagonisten, die allesamt auf ganz unterschiedliche Weise beschädigte Seelen sind und im Aufeinandertreffen der Eskalation nicht mehr entkommen können. Dieses schicksalhafte und fast unaufhaltsam wirkende Aufeinander-Zubewegen der ganz unterschiedlichen Menschen mit ihren verborgenen Sehnsüchten, Defiziten und Traumata löst im Leser von Seite zu Seite wachsende spannend-bedrohliche unheilvolle Gefühle aus. Gerade dadurch, dass sich erst im Laufe des Lesens die einzelnen Szenen zu einem Gesamtbild zusammenfügen, dass sich erst nach und nach die Psychogramme der Protagonisten erschließen, wird die unaufhaltsam wachsende Gefahr real.

 

 

Fazit: Psychothriller mit sehr spannendem Aufbau, leicht lesbarem und schönem Sprachstil, mit psychologisch interessant dargestellten Protagonisten, dem ich allerdings etwas mehr Tiefe  gewünscht hätte. Auf jeden Fall eine ideale fesselnde Sommerlektüre.

 

{unbezahlte Werbung}

Amy McCulloch

Der Aufstieg

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Piper

·        Broschiert ‏ : ‎ 496 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3492063432

·        Originaltitel ‏ : ‎ Breathless

#DerAufstieg

 

  

Eiskalter, authentisch erzählter Bergsteiger-Thriller

 

Einen besseren Zeitpunkt zur Lektüre dieses Thrillers hätte ich kaum finden können. Extreme Hitzetage, die nach Abkühlung verlangen. Und dieses Bergsteigerdrama schafft Gänsehautmomente. Eisige Kälte birgt Lebensgefahr, aber auch ein gefährlicher Mörder. Trotz der Hitze um mich herum war mir oftmals kalt, sehr kalt…

 

Cecily, eine ehrgeizige Journalistin, setzt alles daran, ein Interview mit dem berühmten Bergsteiger Charles McVeigh führen zu dürfen. Seine Bedingung: Cecily muss mit ihm erfolgreich den Achttausender Manaslu besteigen. Erst danach bekommt sie das Interview, das ihrer Karriere größten Erfolg bringen wird. Doch Cecily hat nicht nur mit ihren eigenen Unsicherheiten und ihrer bergsteigerischen Unerfahrenheit zu kämpfen. Denn bereits im Basislager kommt es zu einem tödlichen Unfall. Ein Zettel an Cecilys Zelt schafft weitere Zweifel. „Ein Mörder ist am Berg. Bring dich in Sicherheit.“ Doch Cecily überwindet sich und steigt weiter und weiter auf, bis in die Höhen der Todeszone, wo nicht nur der Berg Lebensgefahr birgt…

 

Zwar habe ich nicht die geringste Ahnung vom Klettern oder Bergsteigen, geschweige denn von den unfassbaren Anforderungen, die das Besteigen eines Achttausenders den Mutigen, oder soll ich sagen den Besessenen, abfordert. Doch die Tatsache, dass die Autorin selbst den Manaslu mit 8.163 m Höhe in Nepal bestiegen hat, und nicht nur den, sondern auch den Aconcagua, den höchsten Berg Amerikas mit knapp 7.000 m Höhe, ließ mich den Thriller viel intensiver lesen als einen x-beliebigen erdachten Reißer. Die überaus authentisch geschilderten Anforderungen an Körper und Geist bei solch einem Aufstieg schildert die Autorin hinreißend intensiv, insbesondere die Tatsache, dass der mögliche Tod der stete Begleiter ist. Dass Amy McCulloch die Todesgefahr durch einen Mörder am Berg noch intensiviert, gibt der Lektüre eine zusätzliche Würze, allerdings auch mitunter ein paar unrealistische Momente. Doch insgesamt war ich dem fesselnd-spannenden Thriller und der fantastischen Bergwelt völlig verfallen und konnte das Buch nicht mehr weglegen.

 

{unbezahlte Werbung}

Elizabeth George

Was im Verborgenen ruht

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 800 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442316205

·        Originaltitel ‏ : ‎ Something to Hide

#WasimVerborgenenruht

 

 

Diese Lektüre ist nur etwas für tapfere Leser

 

Tapfer muss man sein, weil die Autorin es geschafft hat, auf 800 Seiten ähnliche Szenen, ähnliche Dialoge, ähnliche Klischees, ähnliche Themen zu wiederholen und zu wiederholen und zu wiederholen. Und nur tapferen Lesern gelingt es, diesen seltsamen Wiederholungs-Wust von Anfang bis Ende zu lesen. Ich war so tapfer…

 

Die Inhaltsangabe wurde vielfach veröffentlicht, deshalb erspare ich mir die Wiedergabe mit eigenen Worten. Im Zentrum steht das Thema der Beschneidung, das tief im Bewusstsein der afrikanischen Kultur verankert ist und sogar heute noch im aufgeschlossenen London im Verborgenen praktiziert wird.

 

Die Diskussion rund um dieses Thema nimmt viel Raum im Roman ein neben Mord, brutaler häuslicher Gewalt und dem Zusammenprall von moderner privilegierter Lebensform und der Lebensvorstellung von ethnischen Minderheiten. So weit so gut. Doch was macht Elizabeth George daraus? Eine endlose Tirade, ohne wirklich in die Tiefe der Thematik einzutauchen. Ich habe stattdessen das Gefühl, im Auto, im Taxi, zu Fuß, mit der Metro durch halb London gefahren und gelaufen zu sein.  Ich lernte zig Gegenden kennen, lernte zig Menschen verschiedenster ethnischer Herkunft kennen, habe zig verschiedene Gerichte und reichlich Junkfood gegessen, wurde schier erschlagen von all den angerissenen unterschiedlichen Lebensstationen, von den vielen, teils undurchsichtigen Verknüpfungen, deren einzige Basis die richtige Hautfarbe zu sein scheint. Detailverliebt taucht die Autorin immer und immer wieder in ähnliche Situationen und Dialoge ein und malt dabei immer wieder die gleichen Feindbilder. Klischeehaft werden Andersdenkende verbal oder real niedergeprügelt. Für keinen der Protagonisten konnte ich auch nur einen Funken der Sympathie entwickeln. Dazu waren sie viel zu blutleer und langweilig geschildert. Langeweile ist überhaupt das einzig treffliche Wort zu diesem Roman. 800 Seiten angefüllt mit zu viel Wiederholung und mit zu wenig Gehalt.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Andreas Winkelmann

Das Letzte, was du hörst

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 368 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499007514

#Dasletztewasduhörst

 

  

Für mich einer der besten Thriller-Autoren

 

Eigentlich könnte ich es ganz kurz machen: Andreas Winkelmann ist für mich einer der besten Thriller-Autoren. Punkt.

Und dies ist er nahezu gleichbleibend von Buch zu Buch. Immer wieder ein neues Grundthema, immer wieder neue und bemerkenswerte Protagonisten. Und immer wieder ein atemloses Jagen durch die Seiten, weil die Spannung von Anfang bis Ende hoch ist.

 

Im vorliegenden Thriller geht es um einen Podcast, um süchtig machende Manipulationen, um Trost versprechende Kraft weicher Worte. Der vermeintliche Selbstmord von Martina nach einem Hilferuf, ein folgenschwerer Autounfall der Journalistin Roya, Sarah, die sich von der Stimme des Podcasters Marc Maria Hagen durchs Leben tragen lässt und die unangepasste, spröde Kommissarin Carole Barreis, sie alle tragen eine Handlung, wie sie spannender nicht sein könnte. Denn die Gefahren im Internet, die Gefahren, die von Influencern ausgehen, sind vielfältig und genauso todbringend wie häusliche Gewalt im realen Leben.

 

Ein weiteres Mal überzeugte mich Andreas Winkelmann mit seiner Gabe, auf perfekte Weise und ohne komplizierende Szenen- und Perspektivwechselspiele den Leser zu packen. Seine Protagonisten werden psychologisch durchdacht geschildert und rücken uns insbesondere mit ihren Unsicherheiten sehr nahe. Grausiges Schauern, atemlose Spannung, Entsetzen und Abscheu werden in einem für lange Zeit undurchsichtigen Plot verpackt. Mehr als einmal wird der Leser völlig überrascht, denn nichts ist so wie es zu sein scheint. Der Autor stochert wieder einmal tief in unseren eigenen Ängsten und Sehnsüchten herum und führt uns einmal mehr die möglichen Abgründe unserer Zeit vor Augen.

 

Deshalb auch bei diesem Buch das Fazit: Andreas Winkelmann ist für mich einer der besten Thriller-Autoren. Punkt.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Nora Luttmer

Tiefergrund

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499007118

#Tiefergrund

 

 

Bildhaft-eindrücklich und durchweg spannend

 

Auch Band  2 der Krimiserie um die Ermittlerin Bette Hansen habe ich sehr gerne gelesen. Denn er hat mich durchweg gut unterhalten. Während Band 1 erst langsam „in die Gänge“ kam, packte mich Band 2 gleich von Anfang an, und das durchweg bis zum Ende.  Außerdem weiß ich jetzt, wo Hamburg-Ochsenwerder liegt, eine ländlich-ruhige Gegend, in der ich gerne wohnen würde, wenn ich Google glauben darf. Band 2 lässt sich auch ohne Vorkenntnisse von Band 1 uneingeschränkt gut lesen.

 

Worum geht es? Bette Hansen, eine ehemalige Kommissarin, ist zurück nach Ochsenwerder gezogen, einer idyllischen Gegend, in der Bette ihre Kindheit verbracht hatte. Da sie unter Narkolepsie leidet, kann sie ihren Beruf nicht mehr ausüben, denn die plötzlich eintretenden Schlafattacken wären zu gefährlich für sie. Als ein junges Mädchen verschwindet, bricht eine alte Wunde auf,  denn bereits im Jahr 1986 gab es einen ungeklärten Mord an einem jungen Mädchen, einer damaligen Freundin von Bette. Da kann Bette gar nicht anders als auf eigene Faust zu ermitteln.

 

Nora Luttmer gelingt es sehr eindrücklich, das Lokalkolorit des ländlichen Hinterlandes nahe Hamburg atmosphärisch dicht und vorstellbar einzufangen. Sie erzählt in relativ kurzen Kapiteln und aus verschiedenen Perspektiven sehr kurzweilig über früheres und gegenwärtiges Geschehen. Der Spannungsbogen bleibt über das gesamte Buch hinweg von Anfang bis Ende konstant, sodass man nicht aufhören kann zu lesen. Geschickt werden die einzelnen Handlungsstränge, die erst sehr undurchsichtig wirken, mehr und mehr miteinander verwoben, wobei der Leser dennoch lange im Ungewissen bleibt. Die Charaktere werden plausibel und nachvollziehbar geschildert. Dennoch bleibt für mich auch beim Lesen des zweiten Bandes ein Zweifel bestehen: Vielleicht sollte das enge Zeitraster, das sich aufgrund der krankheitsbedingt erforderlichen Ruhezeiten von Bette ergibt, zusätzlich die Spannung erhöhen. Bei mir jedoch hatte das im Laufe der Seiten einen gegenteiligen Effekt, denn es begann mich zunehmend mehr zu nerven. Ich bin mir deshalb unsicher, ob eine solche Erkrankung, die ständig präsent und handlungsbestimmend ist, in einem Kriminalroman wirklich gut platziert ist.

 

Dennoch bleibt mein Fazit: Ein lesenswerter, unterhaltsamer Kriminalroman mit vielschichtigen Figuren und bildhaft-eindrücklichem Lokalkolorit.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Cathrin Moeller

Todesglut

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 528 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499008047

#Todesglut

 

 

Beste Krimi-Unterhaltung

 

Welch ein außergewöhnliches, interessantes Szenario: Eine „Privat-Akademie des Verbrechens“ auf Rügen, deren auserlesene Studenten sich zu Übungszwecken an alten ungelösten Fällen ausprobieren können. Cathrin Moeller hat nun den ersten Fall vorgelegt, einen Kriminalroman, der ihr wunderbar gelungen ist: Über 500 Seiten, die von Anfang bis Ende fesseln und die den Leser immer wieder in die Irre führen. Ein rundum spannendes Lesevergnügen!

 

Wir lernen den ehemaligen Kommissar Henry Zornik kennen, dessen Aufgabe es ist, als Dozent den Studierenden beizubringen, mit welchem Handwerkszeug man ein erfolgreicher Ermittler wird. „Denkt wie die Mörder!“ Obwohl es dem eigenwilligen Henry sehr schwer fällt, sich im Hörsaal durchzusetzen,  entschließt er sich dazu, eine Art von Wettbewerb auszurufen unter den Studierenden, und zwar anhand eines seit Jahren ungelösten Falles, einer scheußlich verbrannten Leiche in der Stadtbibliothek von Bergen. Der Feuereifer, mit dem die Studenten vorangehen, lockt den unbekannten Straftäter von damals aus seiner Reserve, und aus der Theorie wird plötzlich tödlicher Ernst.

 

Allein schon das ungewöhnliche Szenario und die sehr ausgefeilt und psychologisch nachvollziehbar dargestellten Protagonisten machen den Kriminalroman sehr lesenswert. Gut recherchiertes Fachwissen trägt zur Glaubwürdigkeit bei. Mehrmals kam mir beim Lesen der Gedanke, dass genau diese strukturierte Vorgehensweise der Ermittlungen, wie Henry es den Studierenden im Buch vermitteln will, eine großartige Fortbildung für so manchen Krimi-Autor wäre, damit die leider immer wieder in so manchen Krimis zu findenden unlogischen und irritierenden Sequenzen vermieden werden könnten. Cathrin Moeller legt wie bei einer Schnitzeljagd  nach und nach einzelne Köder dem Leser vor Augen. Und immer wenn man glaubt, jetzt der Lösung nahe zu sein, dreht sich die Geschichte um sich selbst, und das Überlegen kann von vorn beginnen. Der erfrischende, lebendige Schreibstil lässt sich leicht und flott lesen, wobei ich mir manchmal eine etwas geschliffenere Sprache gewünscht hätte. Besonders im letzten Drittel wird unzählige Male der Ausruf „Verfluchte!“ eingefügt. Das ist nervig und unnötig und sprachlich arm. Auch hätte ich mir gelegentlich etwas mehr Lokalkolorit erhofft, denn atmosphärisch nachspürbare Schilderungen  sind rar gesät. Dennoch bleibt das Gesamtfazit, dass mich dieser Kriminalroman dank seiner ungewöhnlichen Grundidee und seiner raffiniert konstruierten Geschichte durchweg sehr, sehr gut unterhalten hat.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Sam Lloyd

Sturmopfer

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Broschiert ‏ : ‎ 448 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499008221

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Rising Tide

#Sturmopfer

  

Erbarmungsloser, bildgewaltiger Nervenkitzel

 

Durch die Lektüre des Debüts „Märchenwald“ verwöhnt, hatte ich sehr hohe Erwartungen an diesen zweiten Thriller. Zwar brauchte ich ein wenig, bis ich mich an den beschriebenen Örtlichkeiten und vielen Detailbeschreibungen ohne Übersichtsplan zurecht fand, doch je weiter ich las, desto mehr wurde ich gefangen in der Welt der intensiven Bilder, die Sam Lloyd in „Sturmopfer“ vor mir ausbreitete.

 

Mortis Point ist ein altes großes Haus, hoch auf den Klippen gelegen, mit Blick auf den gefährlichen sturmumtosten Atlantik. Lucy und Daniel leben dort mit ihren beiden Kindern in liebevoller Harmonie. Doch eines Tages – ein Jahrhundertsturm zieht heran – wird Daniels Boot herrenlos im Wasser treibend gefunden, von Daniel selbst keine Spur. Doch damit nicht genug. Lucy muss erfahren, dass sich offenbar auch ihre beiden Kinder Billie und Fin an Bord befunden haben. Auch sie sind verschwunden. Der todkranke Detective Abraham Rose vermutet zunächst einen erweiterten Suizid, doch Lucy glaubt nicht an diese Erklärung und versucht zusammen mit Abraham fieberhaft herauszufinden, was wirklich an Bord geschah. Der entsetzliche Sturm wütet wie rasend und Lucy gerät in einen unvorstellbaren Albtraum…

 

Anfangs empfand ich die Sprache etwas sperrig, musste mich erst einlesen und mich einlassen auf die unfassbar intensiven Bilder sowohl von der Außen- als auch von der Innenwelt, die der Autor in einer beeindruckend intelligenten und expressiven Weise schildert. Der Autor scheint bis in das tiefste Innere von Lucy hineingekrochen zu sein, um auch den hintersten Winkel ihres Selbst zu beschreiben. Und er scheint sich den Naturgewalten so sehr ausgeliefert zu haben, dass man als Leser dem lebensbedrohlich wirkenden Grollen von Meer und Wind, der beißenden, nassen Kälte nicht mehr entkommt. Der Thriller schlägt mit voller Wucht auf den Leser ein wie die turmhohen Wasserberge auf dem aufgewühlten Ozean. Ich fühlte mich als Leserin geradezu geprügelt, in die Knie gezwungen von den Urgewalten, wie sie auch in den eingestreuten Texten des Alten Testaments hervorbrechen, und von den Brutalitäten, die Menschen anderen Lebewesen antun bis an die Grenze des Erträglichen.

 

Fazit: Ein erbarmungsloser und bildgewaltiger Nervenkitzel-Thriller, der den Leser völlig ausgelaugt und erschöpft zurücklässt.

 

 

{unbezahlte Werbung}

T. J. Newman

Flug 416

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442492763

·        Originaltitel ‏ : ‎ Falling

#Flug416

 

 

Atemlose, unfassbar dramatische Spannung

 

Wer einen Thriller sucht, der von der ersten Seite bis zum Schluss den Leser so sehr gefangen nimmt, dass er von seiner Umwelt nichts mehr wahrnimmt und zeitweilig fast vergisst zu atmen, der ist mit diesem Debüt bestens bedient.

 

Der Inhalt in Kürze: Flugkapitän Bill Hoffman hat soeben mit seiner Maschine den Flughafen von Los Angeles Richtung New York verlassen,  als er einen Anruf erhält, dass ein Entführer seine gesamte Familie in seine Gewalt gebracht hat. Der Entführer fordert, Bill solle die Maschine mit den 149 Menschen an Bord zum Absturz bringen, oder seine Familie würde sterben. Ein Komplize des Entführers sei an Bord und würde alle Rettungsversuche verhindern. Was tun? Diese hoffnungslose Patt-Situation ist der Ausgangspunkt des Thrillers. Bill liebt seine Familie über alles. Aber er ist auch über die Maßen verantwortungsbewusst. Egal wie er sich entscheidet, am Ende steht immer der Tod.

 

Unfassbar spannend und an Dramatik nicht zu überbieten – dieser Thriller hat alles, was einen echten Pageturner ausmacht. Packend geschrieben, wendungsreich zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit mäandernd wird man als Leser in 10.000 Metern Höhe in eine völlig hilflose Situation versetzt und hat sehr schnell das Gefühl, kaum mehr atmen zu können. Man spürt, dass die Autorin, selbst jahrelang Flugbegleiterin, weiß wovon sie schreibt. Vielleicht könnte man ein paar kleine Kritikpunkte anbringen, was Logik und  Verwendung von Klischees betrifft, aber die temporeiche Hochspannung macht das Ganze mehr als wett.

Im Grunde braucht es über dieses Buch nur diesen einen Satz in Fettschrift:

Absolute Leseempfehlung für diesen genial konstruierten und unfassbar spannenden Thriller!!!

 

 

{unbezahlte Werbung}

Henri Faber

Kaltherz

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

·        Broschiert ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3423220125

#Kaltherz

 

 

Großartig geschrieben, wendungsreich und fesselnd

 

Endlich wieder einmal ein Thriller, der mich von Anfang an gefangen nahm und mich erst wieder freigab, als die letzte Seite gelesen war. Da ich den Autor bislang nicht kannte, war das Buch für mich eine grandiose Überraschung.

 

Die eigenwillige Kommissarin Kim Lansky bekommt in der Vermisstenabteilung der Kripo München noch eine letzte Chance, sich zu beweisen. Die fünfjährige Marie ist verschwunden, aus dem Auto verschwunden, während ihre Mutter für wenige Minuten auf der Toilette war. Die Ermittlungen von Kim Lansky bleiben über Monate erfolglos. Sie führen nur  tiefer und tiefer hinein in eine Vielzahl ungelöster Fälle von verschwundenen Kindern. Und in die eigene dunkle Vergangenheit von Kim.

 

Am meisten hat mich die Schreibekunst des Autors fasziniert. Henri Faber schreibt so, wie ein großer Schauspieler agiert: Extrem wandlungsfähig in verschiedensten Rollen (bzw. Sprachstilen), um dem jeweiligen Geschehen Ausdruck zu verleihen. Jedem Erzähler verleiht er seine eigene Sprache. So differenziert unterschiedliche Sprachstile haben nur wenige Autoren in ihrem Repertoire! Überhaupt lebt der Thriller von der Sprache. Mit starker, fast expressionistischer Ausdruckskraft liest man fesselnde Szenenbeschreibungen, impulsiv und explosiv, eindringlich sich einwühlend ins eigene Kopfkino. Die eher kurzen Kapitel der verschiedenen Erzählerperspektiven enden oftmals mit Cliffhängern oder einem unerwarteten Überraschungsmoment. Der Thriller ist in seiner Gesamtheit gekonnt komponiert. Die einzelnen Kapitel brechen überraschend ab, setzen wenig später wieder ein und erhöhen von Mal zu Mal die Spannung. Alle Protagonisten werden psychologisch klug und eindringlich geschildert. Und als man schließlich ziemlich sicher ist, die Lösung zu kennen – da wird man noch einmal kräftig überrascht!

 

Fazit: Ein großartig geschriebener, durchweg spannender, wendungsreicher Thriller.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Anthony Horowitz

Der Tote aus Zimmer 12

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Insel Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 601 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3458642879

·        Originaltitel ‏ : ‎ Moonflower Murders

#DerToteausZimmer12

 

 Raffiniert konstruierter „Roman im Roman“

 

Der moderne englische Kriminalroman, wie u. a. von Agatha Christie perfekt in Szene gesetzt, wird durch den Autor Anthony Horowitz ins Extreme geführt, und zwar auf exzellente und faszinierende Weise.  600 Seiten pure Lesefreude bietet das vorliegende Buch für den, der Spaß an den raffinierten Wegen langsam-schleichender Aufklärung hat.

 

Susan Ryeland lebt mit ihrem Lebensgefährten auf Kreta und führt ein kleines Hotel, der Alltag ist voll von viel anstrengender Arbeit und wenig Ertrag. Gelegentlich denkt sie mit Sehnsucht zurück an ihr Leben in London mit und für Bücher als Lektorin. Der überraschende Besuch des Ehepaares Treheme mit der Bitte, bei der Suche nach der verschwundenen Tochter Cecily zu helfen, kommt ihr deshalb gerade recht. Möglicherweise ist eine Spur zu finden in dem Roman „Atticus unterwegs“, den Susan seinerzeit lektoriert hatte. Zusätzlich werden ihr 10.000 Pfund angeboten, Geld, das das Hotel dringend benötigt. Susan nimmt den Auftrag an, fährt nach England und gerät in einen Wirrwarr von Lügen und lebensgefährlichen Intrigen.

 

Das Raffinierte an diesem im klassischen Whodonit-Stil geschriebenen Kriminalroman ist, dass ein fiktiver Kriminalroman Wege zur Aufklärung des tatsächlich geschehenen Verbrechens auf versteckte Weise enthalten soll. Dieser fiktive Roman ist komplett abgedruckt. Man liest also sozusagen einen „Roman im Roman“ und versucht dabei, selbst auf die Lösung zu kommen, woran ich übrigens kläglich scheiterte. Anstrengend und verwirrend war für mich die Herausforderung, aus zwei Romanen die Protagonisten auseinander zu halten. Auch störten mich mitunter die längeren Einschübe von Mail- und Telefonat-Verläufen. Die Spannung bleibt über beide Romane hinweg relativ gleich und mäßig hoch. Die lebendige Erzählweise macht dies jedoch mehr als wett, denn ich hatte bei der Lektüre insgesamt gesehen ganz großes Vergnügen. Schon allein die wunderbar eindrücklich-lebendige Sprache des Autors ist ein Genuss. Sätze wie „mit der Nagelschere zurechtgeschnitten“ oder wenn Kräne dem „Gerippe der Stadt das Fleisch von den Knochen reißen“ zeigen die bildliche Sprachkraft des Autors. Mit allergrösster Raffinesse werden zwei Kriminalromane auserzählt und letztlich miteinander so verwoben, dass Anagramme und andere Entsprechungen auf äußerst komplizierte Weise zur Aufklärung führen.

 

Fazit: Ein raffiniert konstruierter Kriminalroman im klassischen Whodunit-Stil – ein Lesevergnügen für alle, die gerne an verschlungenen Ermittlungswegen mittüfteln mögen.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Jacob Ross

Die Knochenleser

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Suhrkamp Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 376 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3518472361

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Bone Readers

#DieKnochenleser

  

Ein sozialkritischer Kriminalroman, hart und farbig

 

Einen Kriminalroman zu lesen, der in einer exotischen Gegend spielt, ist sehr reizvoll, keine Frage. Und so ist eine der besonderen Stärken des Buches, dass der Autor, der in der Karibik geboren ist und heute in England lebt, das Umfeld der Handlung, die auf einer Insel in den Kleinen Antillen spielt, sehr genau trifft. Misslungen ist meiner Meinung nach jedoch, den Slang der Einheimischen ins Deutsche zu „übersetzen“. Das wirkt gekünstelt bis unfreiwillig komisch und behindert das ansonsten sehr flüssige Lesen.

 

Worum es geht: Auf einer Insel der Kleinen Antillen lebt der junge Digger in hoffnungsloser Armut. Detective Superintendent Chilman erkennt jedoch die Intelligenz und Wachheit dieses jungen Mannes und wirbt ihn für die Polizeiarbeit an. Digger sieht dies trotz aller inneren Widerstände als Chance, um nach seiner verschollenen Mutter zu suchen. Gesetzesferne Methoden sind üblich. Doch Digger geht seinen Weg, wird ausgebildet zum außerordentlich fähigen Forensiker und kommt bei seinen Ermittlungen zusammen mit Miss Stanislaus, der Tochter von Chilman, bis an seine äußersten Grenzen.

 

Gut liest sich der Kriminalroman, abgesehen von den verunglückten Slang-Übersetzungen. Geschrieben ist er in einer bildhaft-intensiven Sprache, voller Farben und Gerüche, aber auch mit lethargischen Bildern von verletzten Seelen. Es fehlt zwar an einem sich steigernden Spannungsbogen, doch die Welt, in der sich die Polizeiarbeit abspielt, ist eine solch grausame, sexistische, männerdominierte Welt  voll von Mord und Totschlag, Machtmissbrauch, Korruption, Terror, Pädophilie und fanatisch-religiösen Auswüchsen, dass man als Leser schaudert. Jacob Ross zeichnet ein gesellschaftskritisches Bild weit, weit weg von der Postkarten-Urlaubs-Idylle der Karibik, wie wir sie kennen. Dies macht meines Erachtens die besondere Qualität des Kriminalromans aus. Irgendwie tröstlich, den Entwicklungsweg von Digger aus diesem Sumpf heraus hin zu einem glühenden Verfechter von Gerechtigkeit zu verfolgen.

 

Fazit: Ein sozialkritischer Kriminalroman, der uns den Postkartenkitsch der Karibik in unseren Köpfen gründlich vermiest.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Leona Deakin

Lost – Du darfst dich nicht erinnern

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 464 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442491742

·        Originaltitel ‏ : ‎ Lost

#LostDudarfstDichnichterinnern

 

 

Solide, fesselnd, unterhaltsam

 

Die Autorin spricht es in ihrer Danksagung selbst an: „Das schwere zweite Buch.“ Sie berichtet über ihre Unsicherheiten, ob es ihr ein zweites Mal gelingen könnte, Verlag und Leserschaft zu beeindrucken. Verständlich. Und ich kann allen Lesewilligen raten, unbedingt Band 1 „Mind Games“ vorab zu lesen, damit es ihnen nicht ergeht wie mir, die ich Band 1 nicht kenne und deshalb keinen Vergleich anstellen kann. Zwar werden zu Anfang des 2. Bandes etliche Informationen über den ersten Fall der beiden Ermittler Bloom und Jameson eingestreut, aber sie sind nicht ausreichend, um die tiefgreifenden Differenzen zwischen den Beiden vollständig zu verstehen oder gar das überraschende Auftauchen einer Person aus dieser Vergangenheit im neuen Fall und die gesamte Tragweite dessen einordnen zu können.

 

Kurz zum Inhalt: Eine Gala auf einer Militärbasis, auf der eine schwere Bombenexplosion mit wenigen Verletzten und Toten das Fest beendet. Captain Harry Peterson wird erst wenige Tage nach diesem Vorfall in einer weiter entfernten Klinik aufgefunden – ohne jegliche Erinnerung an das Geschehen. Schlimmer noch, es fehlen ihm vollständig die Erinnerungen an die vier letzten Jahre. Profilerin Dr. Augusta Bloom wird gebeten, der Sache auf den Grund zu gehen. Was war Zufall, was war Absicht?

 

Leicht und flüssig zu lesen ist dieser grundsolide geschriebene Psychothriller. Die meist kurzen Kapitel einschließlich der eingestreuten Rückblenden halten den Spannungspegel gleichmäßig hoch. Kurzweilig und abwechslungsreich in gemäßigtem Tempo wird erzählt.. Dass die Autorin Psychologin bzw. Psychotherapeutin ist, kann man spüren, denn sie beschreibt klug und differenzierend die für die Handlung wichtigen Personen, wobei sie ihr Augenmerk eher auf die Interaktionen zwischen den Akteuren legt, weniger auf individuell persönliche, mehr in die Tiefe gehende Beobachtungen. Auf die geschilderten militärischen Details hätte ich verzichten können, insbesondere da sie meines Erachtens für die Handlung nicht relevant waren. Mit meinen eigenen Vermutungen lag ich nicht richtig, doch trotz einiger überraschender Elemente zog sich das Ende zu lange hin. Es fügt sich zwar alles folgerichtig zusammen, aber die Autorin benötigt gleich mehrere Kapitel, um die Schlüssigkeit der Geschehnisse zu erläutern.

 

 

Fazit: Solide, fesselnd, unterhaltsam – aber bitte Band 1 zuerst lesen!

 

{unbezahlte Werbung}

Camilla Läckberg, Henrik Fexeus

Schwarzlicht

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Knaur HC

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 624 Seite

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426227626

·        Originaltitel ‏ : ‎ Box

#Schwarzlicht

 

Psychologisch schlau die Grenzen zwischen Schein und Sein überschreitend

 

Ob ich jemals ein Buch mit mehr als 600 Seiten in 3 Tagen gelesen habe? Ich glaube nicht. Der vorliegende Kriminalroman hat es geschafft, dass ich alle täglichen Verpflichtungen zurückstellte und mich vom Buch vollständig gefangen nehmen ließ. Die fast bibeldruckpapierdünnen Seiten und die relativ kleine Schrift machten es mir erst einmal nicht leicht, aber schnell waren diese äußeren Bedingungen vergessen und ich war verloren an die Erzählkunst der beiden Autoren. Welch eine interessante Zusammenarbeit: Die wohl erfolgreichste schwedische Autorin Camilla Läckberg und der Mentalist und Fachmann für nonverbale Kommunikation Henrik Fexeus haben gemeinsam einen fulminanten Start einer neuen Krimireihe, die ihresgleichen sucht, der Dabiri-Walder-Trilogie“.

 

Eine tote Frau wird auf einem öffentlichen Platz in Stockholm gefunden, eingesperrt in eine Kiste, durchbohrt von mehreren Schwertern. Es sieht nach einem verunglückten Zaubertrick aus. Aber warum so öffentlich dargestellt? Rund um Kommissarin Mina Dabiri wird eine Ermittlergruppe zusammengestellt, die als Besonderheit Vincent Walder mit einschließt, einen Mentalisten mit extrem scharfer Beobachtungsgabe. Eine weitere Leiche wird gefunden, erste Zeichen werden entschlüsselt und man beginnt zu ahnen, dass ein tödlicher Countdown begonnen hat, dessen Fokus auf Mina und Vincent liegt…

 

Düster, rätselhaft, raffiniert, komplex, ungewöhnlich, fesselnd – ich könnte die Reihe an Adjektiven fortsetzen, die ich diesem Kriminalroman zuordnen möchte. Die geschickte Erzählweise fordert den Leser heraus, denn man bleibt lange in völliger Unsicherheit, was, wie und warum geschieht und geschehen ist. Rückblicke in die Vergangenheit verwirren zusätzlich. Was sind deutungswürdige Metaphern, wo ist nüchterner Blick gefragt? Was sind geschickte Verknüpfungen, was sind gedankliche Irrwege? Die beiden Protagonisten sind ungewöhnlich in jeder Hinsicht. Mina mit ihrer ausgeprägten Zwangsstörung, ihrem extremen Verlangen nach Reinlichkeit, was ihren beruflichen Alltag zu einer hochkomplizierten Aufgabe werden lässt, wirkte auf mich dennoch gewinnend sympathisch. Vincent, der autistische Züge hat und über Sonderbegabungen verfügt, lässt den Leser tief in seine Stärken und Schwächen Einblick nehmen. Zusammen sind diese beiden Ausnahme-Charaktere aufgrund ihrer Besonderheiten unschlagbar. Ziemlich auf die Nerven ging mir dagegen Vincent’s Frau Maria, deren Eifersucht (unnötig, wie ich finde) sehr viel Platz im Roman beanspruchte. Auch wenn immer wieder leiser, feiner Humor spürbar wird.

 

 

Fazit: Brillant geschriebener, düster-spannender und komplex-raffiniert konstruierter  Kriminalroman, psychologisch schlau die Grenzen zwischen Schein und Sein überschreitend. Intelligente und höchst unterhaltsame Krimikost!

 

{unbezahlte Werbung}

Anna Schneider

Grenzfall – Ihr Schrei in der Nacht

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ FISCHER Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 432 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3596705467

#GrenzfallIhrSchreiinderNacht

 

 

Kurzweilig, spannend – beste Krimiunterhaltung

 

Leider habe ich versäumt, Band 1 zu lesen, was ich unbedingt baldmöglichst nachholen will. Denn der vorliegende Band 2 hat mir sehr, sehr gut gefallen. Jeden Tag habe ich mich erneut auf meine Lesezeit mit diesem Kriminalroman gefreut, sodass ich unbedingt alles, was die Autorin herausbringt, verfolgen werde. Auch ohne Kenntnis von Band 1 konnte ich mühelos einsteigen in die jetzige Geschichte, hatte auch keine Schwierigkeiten, mich mit den Protagonisten vertraut zu machen.

 

Das deutsch-österreichische Ermittlerteam Alexa Jahn und Bernhard Krammer müssen grenzübergreifend zusammenarbeiten, weil sich gleich mehrere Vermisstenfälle überschneiden. In der Jachenau verschwindet eine junge Frau im Chaos einer Schneesturmnacht auf dem Weg zu ihrem Elternhaus, in Innsbruck werden zwei Studentinnen vermisst. Als zwei weitere Vermisstenfälle gemeldet werden, wird langsam klar, dass die Fälle irgendwie zusammen hängen müssen, ja vielleicht sogar mit einem älteren Fall in Verbindung stehen und dass eine sehr gefährliche Bedrohung näherrückt…

 

Mir persönlich gefällt es sehr, dass dieser Kriminalroman nach allen Regeln der Kunst grundsolide geschrieben ist und weit entfernt ist von einem seichten Regionalkrimi.  Anna Schneider verzichtet dankenswerterweise auf die „modernen“ Verwirrspiele durch willkürlich eingestreute Zeitwechselschnippsel, sondern sie erzählt die Handlung folgerichtig und plausibel.  Sie hat damit richtig gute Krimiunterhaltung geschaffen mit allem, was dazugehört: Sympathie, Abscheu, Schaudern, Verwirrung, psychisch fehlgeleitete Weltsichten, private Einsichten und vor allen Dingen ein über die Seiten hinweg stetig vorhandenes Spannungspotenzial, das sich zum Ende hin noch steigert. Die Sprache ist eingängig, einfühlsam und bildhaft beschreibend und vor allen Dingen sehr gut lesbar.

 

Fazit: Ein spannender, unterhaltsamer und kurzweilig- gut lesbarer Kriminalroman mit sympathischen Ermittlern, angesiedelt in einer der schönsten Gegenden Bayerns.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Rebecca Fleet

Die Stiefmutter

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 448 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442492220

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Second Wife

#DieStiefmutter

  

Guter Plot, aber wenig Spannung durch zu viel Selbstreflexionen

 

Eigentlich hätte ich wissen müssen, was mich bei dieser Autorin erwartet. Denn bereits bei ihrem Buch „Das andere Haus“ schrieb ich in meiner Rezension: „… ist die Autorin zu bewundern, wie sie es schafft, die geschilderten Befindlichkeiten in tausend Bruchstücke zu zerlegen und zu immer neuen Mustern wieder zusammenzusetzen, einer Laterna magica gleich…. Spätestens, allerspätestens nach 100 Seiten beginnt das Buch zu langweilen.“ Ja, genau das gleiche Gefühl stellte sich mir beim Lesen des vorliegenden Thrillers ein.

Diesmal deshalb das Fazit gleich zu Beginn: Guter Plot mit viel Spannungspotenzial, der jedoch mit seziererischer Akribie in die Langeweile  geschrieben wird.

 

Ein nächtliches Feuer lässt das Haus von Alex und Natalie niederbrennen. Die Tochter Jade, 14, wird in letzter Minute von der Feuerwehr aus den Flammen gerettet. Im Krankenhaus spricht Jade davon, vor Ausbruch des Feuers im Haus einen Mann im Dunklen gesehen zu haben. Alex liebt seine Tochter abgöttisch, und er liebt seine Frau Natalie, die ihm sehr über den Tod seiner ersten Frau, der Mutter von Jade, hinweggeholfen hatte. Irritierend nur, dass Alex Natalie vor dem brennenden Haus vorgefunden hatte mit der Behauptung, Jade trotz Suche im gesamten Haus nicht entdeckt zu haben und sich dann selbst ins Freie hätte retten müssen. Das wachsendes Misstrauen zwingt Alex dazu, Nachforschungen anzustellen…

 

 

Die Geschichte besitzt tatsächlich alle Zutaten für einen spannenden Thriller. Doch was macht Rebecca Fleet daraus? Sie seziert wortreich jede innere Regung, jede kleinste Beobachtung, jeden geringsten Impuls, jede unbedeutende Interaktion und zerlegt Gefühle und Gedanken in mikrokleine Einzelstücke. Das gesamte Buch wirkt dadurch auf mich wie eine nicht enden wollende Sitzung bei einem Psychoanalytiker, wie ein unendliches Kreisen um innere Befindlichkeiten.  Dass die Hauptpersonen aus ihrer jeweiligen Sicht die Gegebenheiten schildern, macht die Sache nicht besser, im Gegenteil. Diese seitenlangen Reflexionen sind sehr anstrengend und nach einer Weile auch langweilig zu lesen. Selbst die raffinierten Twists in der Geschichte retten den Thriller in seiner Gesamtheit nicht. Denn kaum kommt so etwas wie Spannung auf, wird sie von der Autorin wieder kaputt seziert. Schade.

 

{unbezahlte Werbung}

Anne Mette Hancock

Grabesstern

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ FISCHER Scherz

·        Broschiert ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3651000957

·        Originaltitel ‏ : ‎ Pitbull

#Grabesstern

  

 

Weitschweifig erzählt, erst gegen Ende überzeugend

 

Die Autorin war mir bislang nicht bekannt, deshalb startete ich neugierig und unbefangen die Lektüre des vorliegenden Thrillers, des 3. Bandes rund um Kommissar Schäfer und die Journalistin Heloise Kaldan. Glücklicherweise verlangte diese neue Folge keinerlei Vorkenntnisse, sodass mir der Einstieg in die Geschichte mühelos gelang.

 

Zum Inhalt: Heloise beabsichtigt, einen Artikel über Sterbebegleitung zu schreiben. Sie begleitet den todkranken Jan Fischhof, entwickelt freundschaftliche Gefühle für ihn und beginnt, anhand seiner Hinweise einem lange zurückliegenden Fall nachzugehen, denn Jan scheint etwas aus dieser vergangenen Zeit sehr zu belasten. Kommissar Erik Schäfer, der Freund von Heloise, ist besorgt, denn Heloise begibt sich mit ihren Nachforschungen auf äußerst gefährliches Gebiet…

 

Das Buch liest sich angenehm  leicht, weil die Geschichte folgerichtig,  ohne wirre Zeitsprünge, erzählt wird. Die Sprache ist eingängig, Menschen und Landschaften werden sehr detailliert und vorstellbar geschildert. Ja, und genau diese detaillierten Schilderungen, die zwar das Kopfkino anstoßen, sind aber letztlich schuld daran, dass die Geschichte relativ spannungsarm vor sich hin plätschert. Meine Gedanken schweiften beim Lesen oftmals ab, insbesondere wenn lange Befragungen oder Dialoge hin und her gingen, ohne die Handlung wirklich weiter voranzubringen. Auch die atmosphärisch durchaus schönen Schilderungen der Örtlichkeiten wurden mir irgendwann zu viel. Von einem Thriller erwarte ich eine eher stringente, fokussierte Erzählweise, nicht weitschweifiges und damit ermüdendes Beschreiben. Erst gegen Ende nimmt die Handlung glücklicherweise Fahrt auf und zeigt, insbesondere durch das überraschende und doch schlüssige Ende, dass der Thriller im Grunde genial durchkonstruiert ist.

 

 

Fazit: Über lange Passagen hinweg ein relativ spannungsarmer Thriller, der erst zum Schluss hin Fahrt aufnimmt und die zugrunde liegende, perfekt durchkomponierte Handlung erkennen lässt.

 

{unbezahlte Werbung}

Maria Grund

Fuchsmädchen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Penguin Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3328107057

·        Originaltitel ‏ : ‎ Dödssynden

#Fuchsmädchen

 

 

Ein vielversprechendes Debüt

 

Thriller- und Krimi-Debüts zu entdecken, finde ich immer besonders interessant. Entsprechend neugierig war ich auf das vorliegende Buch. Es handelt sich um einen Thriller, der es mir als Leserin erst einmal nicht ganz leicht machte aufgrund des Schreibstils. Erst nach ungefähr einem Drittel fanden wir wirklich zueinander.

 

In eisiger Kälte wird auf einer Insel vor der Küste Schwedens die Leiche eines jungen Mädchens entdeckt. Die Tote ist mit einer unheimlich wirkenden Fuchsmaske ausgestattet. Die Ermittlerin Sanna Berling wohnt in einer Garage und kämpft sich trotz eines erlittenen Traumas durch die Tage. Und sie muss sich bei diesem aktuellen Fall an ihre neue Kollegin Eir Pedersen gewöhnen, die es ihrer Umwelt nicht gerade leicht macht. Wenige Tage später wird eine weitere tote Frau aufgefunden, und wieder gibt es eine Maske in der Wohnung der Toten. Es scheint, als ob ein Serienmörder auf der Insel ein grausames Spiel treibt. Sanna gerät zudem aufgrund ihrer Vergangenheit in einen abgrundtiefen Strudel.

 

Die Geschichte ist wendungsreich konstruiert und lange Zeit für den Leser nicht wirklich durchschaubar. Dass die Autorin Drehbuchautorin ist, spürt man, wie ich meine. Denn sie erzählt die Geschichte in wirkungsvoll filmisch inszenierten Szenen. Dass sich für mich die Spannung insgesamt dennoch in Grenzen hielt, mag vielleicht am Schreibstil liegen. Einerseits rücken im Präsens erzählte Handlungen dem Leser nahe, andererseits fehlt es dadurch jedoch etwas an wortgewandter Geschmeidigkeit und damit flüssigerer Lesbarkeit.   Mir gefällt sehr, dass die Autorin die für mich fremde Landschaft sehr bildhaft, ja geradezu liebevoll skizziert und damit anschaulich macht. Das individuell-eigenwillige Ermittlerinnen-Paar wird psychologisch nachvollziehbar beschrieben, obwohl es mir in den Verhaltensweisen nicht unbedingt sympathisch näher kommt.

 

 

Fazit: Ein vielversprechendes Debut mit einem originellen Plot und originellen Protagonisten.

 

{unbezahlte Werbung}

Line Holm, Stine Bolther

Gefrorenes Herz

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag; Deutsche Erstausgabe Edition

·        Broschiert ‏ : ‎ 576 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453441460

·        Originaltitel ‏ : ‎ For Barnets Bedste (1)

#GefrorenesHerz

 

 

Detailreicher Kriminalroman mit Niveau

 

Auch wenn dem Kriminalroman der beiden dänischen Autorinnen, die von Beruf Journalistinnen sind, eine sorgfältige Kürzung gut getan hätte, habe ich ihn insgesamt gesehen sehr gerne gelesen.

 

Maria Just ist Polizeihistorikerin, übrigens ein Beruf, von dessen Existenz ich bislang nichts wusste. Maria sucht noch den richtigen „Aufhänger“ für eine geplante Ausstellung zum Thema „100 Jahre ungelöste Mordfälle“ im Polizeimuseum von Kopenhagen. Da erschüttert ein bestialischer Mord die Stadt. Der Generalsekretär des Roten Kreuzes hängt wie gekreuzigt an einem Geländer, seine Haut versehen mit rätselhaften eingeritzten Zeichen. Maria entdeckt einen 50 Jahre zurückliegenden ungeklärten Doppelmord, der eine seltsame Verbindung zum aktuellen Mord an dem Generalsekretär aufweist. Die Ermittler Mikael Dirk und sein neuer Kollege Frederik Dahlin werden in ihrem Bemühen, dem Mörder auf die Spur zu kommen, mitten hineingezogen in ein ganz finsteres Kapitel der dänischen Geschichte und in einen Rachefeldzug ohnegleichen.

 

 

Der intelligente, herausfordernde Schreibstil von Line Holm und Stine Bolther gefällt mir sehr. Allerdings wird mir der Hang der beiden Autorinnen, alles, wirklich alles außerordentlich detailreich, geradezu ausufernd detailreich zu schildern, manchmal zu viel. Zwar konnte ich so ganz präzise der mühseligen, kleinteiligen Ermittlungsarbeit minutiös folgen, doch es nahm dem Kriminalroman mitunter auch die Spannung. Jedem Fahrweg, der mit dem Auto zurückgelegt wird, kann der Leser en detail verfolgen. Bewundernswert empfand ich dennoch die Schilderungskraft der Autorinnen. Bestes Beispiel hierfür ist die Schilderung der Szene mit der Wohnsituation und der Kunst von Marias Bruder Jakob. Auch die Protagonisten werden bis ins kleinste beschrieben, was sie in der Fantasie des Lesers sehr lebendig werden lässt. Abstoßende Einblicke in die Hasstiraden im Internet, erschreckende Darstellung von Politikern, die gleichermaßen feige und machtgeil  agieren und so manch nachdenkliche Passagen über ethische Fragen heben diesen Kriminalroman weit heraus aus der Masse der üblichen Romane aus dem Whodonit-Genre. 

 

{unbezahlte Werbung}

Tessa Wegert

Thousand Islands – Die Geister von Swanton

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 336 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453424425

·        Originaltitel ‏ : ‎ Black Sheep

#Thousand Islands

 

 

Habe mich schon lange nicht mehr so gelangweilt beim Lesen eines Kriminalromans

 

Schon klar, es handelt sich um einen Kriminalroman, nicht um einen Thriller. Dennoch ist es wohl nicht zu viel verlangt, dass auch ein Kriminalroman über einen gewissen Spannungsaufbau verfügt und die geschilderten Wege des Ermittelns den Leser mitnehmen, bestenfalls fesseln.

 

Aber was ich hier über 300 Seiten lang verfolgen durfte, war pure Langeweile. Da ist Shana Merchant, die – wohl geschildert im ersten Band von Thousand Islands – von einem Serienkiller gefangen gehalten worden war und nun unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet  und deshalb vom Dienst suspendiert ist. Sie hat vor, sich in ihrer alten Heimat etwas zurückzuziehen, um psychisch wieder stabil und damit berufsfähig zu werden. Doch es werden die Gebeine ihres seit vielen Jahren verschollenen Onkels gefunden. Nahezu zeitgleich verschwindet ein kleiner Junge. Klar wird, dass jemand offensichtlich auf die Rückkehr Shanas gewartet hatte und nun ihre Verfolgung aufnimmt.

 

So ungefähr kann ich die Handlung andeuten. Denn recht viel mehr passiert eigentlich nicht. Die Autorin schreibt in teils langen, mit Einschüben versehenen Sätzen, was ermüdend zu lesen ist. Und noch ermüdender ist der Inhalt des Geschriebenen. Denn im Grunde wird wieder und wieder mal von vorne, mal von hinten, mal von rechts und mal von links beleuchtet, wer mit wem wann und warum und wie Kontakt hatte. Und ob es Verbindungen zur Vergangenheit gibt, denn auch von dieser Vergangenheit wird in größter Akribie erzählt, wer mit wem wann und warum Kontakt hatte. Die Protagonistin Shana fasst sich sehr häufig an ihre Gesichtsnarbe, die der Täter ihr seinerzeit verpasste. Sehr viel mehr Persönlichkeit konnte ich in all den vielen langen Sätzen nicht entdecken. Weitschweifige Landschaftsberichte, weitschweifige Berichte über Autofahrten, weitschweifige Berichte über Befragungen ohne Ergebnis, gesichtslose Protagonisten – alles unendlich langweilig zu lesen. Schade!

 

 

Fazit: Weitschweifiger, unendlich langweiliger Kriminalroman.

 

{unbezahlte Werbung}

Romy Hausmann

Perfect day

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ dtv Verlagsgesellschaft

·        Broschiert ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3423263153

#Perfectday

 

  

Hypnotisch fesselnd

 

Ann muss miterleben, wie ihr über alles geliebter, stets fürsorglicher Vater, der renommierte Philosophieprofessor Walter Lesniak, verhaftet wird. Ihm wird vorgeworfen, 10 junge Mädchen ermordet zu haben. Seit Jahren verschwinden kleine Mädchen, und immer weisen rote Schleifen den Weg zu deren Leichen. „Professor Tod“ wird Ann’s Vater in der Presse genannt. Nach dem ersten Schock wird Ann klar, dass es an ihr liegt, die Unschuld ihres Vaters zu beweisen. In welche Hölle sie damit sich (und die Leser) bringt, muss man selbst lesend erfahren.

 

Auch mit diesem Buch hat mir Romy Hausmann ein überaus fesselndes Leseerlebnis beschert. Im Präsens geschrieben, von Ann selbst erzählt, bleibt man stets hautnah am Geschehen. Wie bei der Autorin üblich, gibt es mehrere Perspektivwechsel, die aber nicht dazu dienen, beim Leser Verwirrung zu schaffen, sondern vielmehr immer tiefer in das Seelen- und Gefühlsleben des Betreffenden hineinführen, sich geradezu in sie hineinbohren. Besonders geschickt empfand ich die eingestreuten, von der 7-jährigen Ann notierten kindlich-analytischen Erklärungen zu verschiedenen Gefühlswahrnehmungen. Gekonnt auch, wie viele der jeweiligen Kapitelenden einen Blick gewähren auf Unerwartetes und Schreckliches und zum sofortigen Weiterlesen zwingen. Viele Fragen eröffneten sich mir beim Lesen: Steuern Gefühle unser Leben? Und was ist, wenn nicht? Schreiben wir alle unser Leben in der Erinnerung so um, dass es „passt“? Ist das Böse vererbbar oder eine bewusste Entscheidung oder gar Zufall? Es gibt für dieses Buch wahrlich keinen besseren Leitsatz als den von René Décartes: „Alles, was lediglich wahrscheinlich ist, ist wahrscheinlich falsch.“

 

Fazit: Ein Psychothriller der besonderen Art, der mir ein hypnotisch fesselndes Leseerlebnis bescherte.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Daniel Holbe

Strahlentod

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Knaur TB

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426525906

#Strahlentod

 

 

Gut lesbar, aber mäßig spannend und insgesamt zu konstruiert

 

Der vorliegende Kriminalroman ist bereits der 6. Fall für Ralph Angersbach und Sabine Kaufmann, was mich sehr überraschte. Denn vom Autor Daniel Holbe hatte ich bislang noch nichts gehört und gelesen. Umso neugieriger war ich auf das vorliegende Buch.

 

Wir befinden uns mitten im hessischen Knüllwald und mitten in einer Protestaktion gegen Atommüll-Transporte. Als dort plötzlich ein alter VW-Camper explodiert und der Fahrer bis zur Unkenntlichkeit verbrennt, ist das Entsetzen groß, ganz besonders bei dem Ermittler Ralph Angersbach. Denn sein Vater, ein Alt-Hippie, besitzt genau einen solchen VW-Bus! Handelt es sich um einen persönlichen Racheakt gegenüber Ralph Angersbach oder um eine Eskalation im Kampf der Befürworter und Gegner zum Thema Atomkraft und Endlagersuche? Ein weiterer brutaler Mord und die nachfolgenden Ermittlungen führen direkt zu einem tödlichen Vorfall vor 10 Jahren und zu verwirrenden Verstrickungen menschlicher und politischer Art.

 

Diesen Kriminalroman habe ich durchaus gerne gelesen, insbesondere da mich die befürchteten fehlenden Vorkenntnisse aus den früheren Bänden überhaupt nicht störten. Die zeitlichen Perspektivwechsel, auf die der Autor zurückgreift, sind glücklicherweise typographisch deutlich abgesetzt, sodass keinerlei Verwirrung oder Unklarheit beim Lesen entstehen konnte. Dass dennoch für mich insgesamt gesehen der Funke nicht wirklich übersprang, lag zum einen an der dauerhaft recht mäßigen Spannung, hauptsächlich jedoch am Sprachstil, der an vielen Stellen sehr hölzern und bemüht wirkt, nicht fließend  oder gar inspiriert, sondern konstruiert, sowohl was den Satzbau betrifft als auch die Dialoge. Auch konnte ich mit dem Holzklotz Angersbach nichts anfangen, aber auch Sabine Kaufmann, seine Kollegin, war mir nicht wirklich sympathisch. Das ewige Hin und Her zwischen ihr, Holger Rahn, einem weiteren Kollegen, und Ralph Angersbach wirkte ermüdend. Überhaupt wirkte das Beziehungsproblem unter diesen drei Protagonisten aufgesetzt, konstruiert, wirklichkeitsfern. Irritierend übrigens auch, dass im Text „Ralph“ und „Holger“ mit Vornamen erwähnt werden, Sabine jedoch nur mit „Kaufmann“. Einen Sinn dahinter konnte ich nicht entdecken.

 

 

Fazit: Ein mäßig spannender Kriminalroman mit aktuellem Thema, aber leider in hölzern-konstruiertem Sprachstil verfasst, mit nicht überzeugenden Protagonisten.

 

{unbezahlte Werbung}

Candice Fox

606

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Suhrkamp Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 467 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3518471821

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Chase

#606

  

Wenn ein Thriller an sich selbst erstickt

 

Wie ist es möglich, dass sich eine Leseprobe außerordentlich verlockend und spannend zeigt und dass die Lektüre des gesamten Buches dann jedoch die Erwartung auf einen fesselnden Thriller Seite um Seite mehr enttäuscht?

 

Dabei ist die Ausgangsszenerie spektakulär: Es wird durch einen raffinierten Coup der Massenausbruch aus einem Hochsicherheitsgefängnis mit Todestrakt mitten in der Wüste von Nevada von 606 Schwerverbrechern ermöglicht. Mörder, Psychopathen, Wahnsinnige, die gefährlichsten Gewalttäter flüchten in alle Richtungen, und eine Menschenjagd ohnegleichen beginnt.

 

Candice Fox kann rasant gut schreiben. Das hat sie inzwischen mehrfach bewiesen. Doch bei diesem Thriller ist ihr, wie ich finde, jegliches Maß verloren gegangen. Brutalität allein macht noch keinen Thriller. Gossensprache auch nicht. Und dass sich im Buch nicht ein einziger Protagonist finden lässt, der wenigstens ansatzweise gewisse Sympathien beim Leser weckt, macht es nicht besser. Eine Ansammlung von menschlichem Abschaum, von kaputten Typen mit brutalen Macken, von verachtend-abstoßenden Dialogen macht einfach noch keinen Thriller. Die anfänglich so gut aufgebaute Spannung verliert sich zunehmend im wilden Hin- und Herspringen zwischen Handlungsorten und Zeiten. Es verlangt vom Leser größte Anstrengung, bei diesem wilden Perspektivwechsel nicht die Orientierung zu verlieren. Auf jeden Fall jedoch verliert man mehr und mehr die Lust am Weiterlesen. Denn das sinnlose Szenengehopse, die nur angerissenen und für die eigentliche Handlung irrelevanten Einschübe, die abstoßende Sprache der Dialoge und die Szenen von außerordentlicher Brutalität  - diese ganze Ansammlung von ekelerregenden Widerwärtigkeiten, verpackt in einem Wirrwarr wahllos zusammengesetzter Szenen, haben dem Thriller jegliche Spannung weggenommen, und mir jegliche Leselust.

 

 

Fazit: Ein Thriller, der gewissermaßen an sich selbst erstickt und den ich deshalb nicht empfehlen kann.  

 

{unbezahlte Werbung}

Karin Slaughter

Die falsche Zeugin

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ HarperCollins

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 592 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3749902194

·        Originaltitel ‏ : ‎ False Witness

#DiefalscheZeugin

 

 

Von ungeheurer Brutalität und Grausamkeit

 

Von diesem neuen Thriller von Karin Slaughter bin ich hin- und hergerissen. Einerseits bewundere ich die Fähigkeit der Autorin, bis in die hintersten Seelenwinkel eines Menschen vorzudringen, um seine Zerstörtheit aufzudecken. Andererseits bin ich abgestoßen von der ungefilterten Brutalität und  der damit verbundenen primitiv-ordinären Sprache.

 

Leigh und Callie sind Schwestern, aufgewachsen unter der Willkür einer psychisch kranken Mutter. Leigh, die Ältere, wird Anwältin, führt ein einigermaßen gefestigtes Leben. Callie jedoch verliert sich an Drogen. Die beiden Geschwister sind trotz ihrer Unterschiedlichkeit untrennbar verbunden – durch ein dunkles, sehr dunkles, 20 Jahre altes Kapitel ihrer beider Vergangenheit. Als Leigh einen mutmaßlichen Vergewaltiger verteidigen soll, bricht auf höchst gefährliche Weise alles auf, was so lange vergessen schien.

 

Unerwartet anstrengend empfand ich das Lesen dieses Thrillers. So wechseln schon mal  die Namen der handelnden Personen. Die Perspektivwechsel sind überraschend eingestreut, sodass man nicht immer sofort weiß, ob man sich in der Vergangenheit oder in der Gegenwart befindet.  Der Schreibstil mit oftmals unvollständigen Sätzen wirkt einerseits besonders intensiv, andererseits aber auch den Lesefluss störend. Der Spannungsbogen wechselt extrem, ich empfand ihn über das Buch hinweg wie eine andauernde Berg- und Talfahrt, die erst zum Schluss des Romans zu einem Spannungshöhepunkt führt.  Dass die Autorin geradezu hineinkriecht in die beschriebenen Personen und deren feinste Gefühlsregungen zu beschreiben weiß, bewundere ich, aber gleichzeitig wurde es mir mitunter auch zu viel, zu lang, zu detailliert, zu oft wiederholt. Noch nie habe ich so verständlich gelesen, wie Opioide den Körper besetzen und welchen Terror die Rezeptoren im Gehirn veranstalten, wenn sie neues Futter haben möchten. Noch nie habe ich so entsetzlich detailliert  und unverblümt brutale Vergewaltigungsszenen gelesen. Gekonnt geschrieben, ja. Aber will ich wirklich so tief in menschlichen Abschaum abtauchen? Mich verlieren in eine Welt, geschaffen von der Autorin, in der es letztlich nur widerwärtig und dreckig zugeht?

 

 

Fazit: Ein gekonnt geschriebener Thriller, der mir allerdings statt erhoffter spannender Unterhaltung nur Ekel und Abscheu bescherte. Deshalb aus meiner Sicht nicht empfehlenswert.

 

{unbezahlte Werbung}

Sabine Thiesler

Im Versteck

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 592 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453272903

#ImVersteck

 

 

Das Innenleben eines Getriebenen

 

Dies war das erste Buch, das ich von Sabine Thiesler gelesen habe. Und es hat mich so sehr gepackt, dass ich mitunter eine Pause beim Lesen einlegen musste. Denn dieser Thriller ist absolut harter Tobak! Noch nie habe ich ein Buch gelesen, das den Leser so sehr zwingt, völlig einzutauchen in die verstörende Vorstellungs- und Gedankenwelt eines Serienmörders, in das schier unentrinnbare Ausgeliefertsein eines Pädophilen an die Macht des eigenen Triebes und der damit verbundenen unendlichen Verzweiflung des Täters an sich selbst.

 

Der anerkannte Fotograf Paul Böger kündigt seinen Job in Hamburg und kauft ein völlig heruntergekommenes Haus in den toskanischen Bergen, weitab jeglicher Zivilisation. Hier erhofft sich der attraktive, aber bindungsunfähige Mann Ruhe und Frieden, Ruhe vor den Menschen, aber auch vor sich selbst. Doch dann verschwindet ein kleines Mädchen aus der Nähe …

 

 

Die Autorin erzählt geradlinig, ohne verwirrende Zeit- oder Personenperspektivwechsel. Lediglich kurze Rückblicke aus der Kindheit von Paul Böger, aus der Zeit also, als seine Seele zerstört wurde, offenbaren Einblicke in die möglichen Gründe einer unumkehrbaren Fehlentwicklung. Ansonsten bleibt die Erzählweise linear und folgerichtig. Sabine Thiesler beschreibt gekonnt farbig und lebendig italienisches Leben. Die Dialoge wirken so, als würde man mitten dazwischen stehen, wenn rings um einen herum mit Händen und Füßen palavert wird. Die eingestreuten italienischen Sprachbrocken lassen die Gespräche besonders authentisch wirken. Genauso intensiv tief wie in die italienische Lebensart taucht Sabine Thiesler ein in die Seele des Täters. Ich bin fasziniert von der immensen Kraft des Schreibstils, der von der Autorin ausgeht in diesen Szenen. Der Thriller rückt den Täter dem Leser in einer fast körperlich spürbaren Weise unerträglich nahe. So eindringlich und entsetzlich, dass mir beim Lesen oftmals die Luft wegblieb. Hier liegt die grauenvolle Stärke des Thrillers. Auch wenn das Spannungsniveau nicht immer gleichbleibend hoch ist, auch wenn das Ende etwas glatt geraten ist – für mich war dieser Thriller ein atemberaubendes Leseerlebnis, erschütternd und entsetzlich.   

 

{unbezahlte Werbung}

Stefan Ahnhem

Meeressarg

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 512 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3864931727

·        Originaltitel ‏ : ‎ Den sista spiken

#Meeressarg

  

Spannend, fesselnd, temporeich

Allem voran: Der Autor kann schreiben, und wie! Packend, lebendig, fesselnd, spannend. Vermutlich wäre es ratsam gewesen, die Vorgängerbände um Fabian Risk zu kennen, was jedoch von Verlagsseite nicht kommuniziert wird.

Kim Sleizner ist der skrupellose Polizeichef von Kopenhagen und der absolute Erzfeind von Kommissar Fabian Risk. Fabians ehemalige Kollegin Dunja Hougard ist seit Monaten untergetaucht und ermittelt verdeckt gegen Kim Sleizner. Mit Unterstützung von zwei Bekannten und mittels perfekter technischer Ausstattung überwacht sie ihn rund um die Uhr. Fabian Risk unterstützt sie bei der Suche nach Beweisen. Als in einem Auto, das unter Wasser im Hafen von Kopenhagen gefunden wird, die Leichen von einem Mann und einer Frau entdeckt werden, sieht sich Kim Sleizner in akuter Gefahr…

 

Vermutlich hätte ich zu Dunja Hougard und Fabian Risk einen besseren, wohl auch emotionaleren Zugang gefunden, wenn ich die Vorgängerbände gelesen hätte. Doch auch ohne diese Kenntnisse nahm mich die Handlung von Anfang an gefangen. Der Kriminalroman ist ein echter Lesegenuss, spannend aufgebaut und perfekt konstruiert. . Kurze Kapitel und rasche Szenenwechsel halten den Leser permanent in Spannung. Die Zeitsprünge und verschiedenen Handlungsstränge fordern den Leser allerdings sehr. Und der durchaus anspruchsvolle Schreibstil erfordert ein sehr aufmerksames Lesen. Die Person des Ermittlers Fabian Risk, der mit dem Tod seines Sohnes zurechtkommen muss,  wird meiner Meinung nach in den Beschreibungen ein wenig zu sehr vernachlässigt im Vergleich zu der undercover ermittelnden Dunja Hougard. Doch dies mag wirklich damit zusammenhängen, dass ich die Vorgängerbände nicht kenne. Dennoch hat mich alles in allem dieser Kriminalroman völlig überzeugt, denn die temporeiche und farbig-lebendig-spannende Erzählweise macht echte Lesefreude.

 

{unbezahlte Werbung}

Samantha Downing

Meine geliebte Schwester

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 480 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442491322

·        Originaltitel ‏ : ‎ He Started It

#MeinegeliebteSchwester

 

 

Ein Thriller, der keiner ist

 

Ein Thriller, der keiner ist, denn er ist weit entfernt von dem, was ich von einem Thriller an Spannung und überraschenden Wendungen erwarte. Und das Ende hat mir die Laune vollends verdorben.

 

Die Geschwister Beth, Portia und Eddie, die sich nicht wirklich mögen, werden durch das Testament ihres Großvaters gezwungen, sich mit dem Auto zu einer gemeinsamen Reise quer durch Amerika zu begeben. Erst wenn alle geforderten Zielpunkte erreicht und die Asche des Großvaters am Zielort verstreut ist, wartet ein nicht unerhebliches Erbe auf jeden der drei Geschwister. Es ist die gleiche Route, die sie bereits 20 Jahre zuvor zusammen mit ihrem Großvater unternahmen. Damals war noch Nikki, die ältere Schwester, dabei, die jedoch auf mysteriöse Weise bei der Reise verschwand. Die neuerliche Fahrt quer durch die USA beginnt harmlos, aber …

 

Die Geschichte wird ausschließlich von Beth erzählt. „Jede Familie braucht eine taube Nuss“ sagt Beth und meint damit sich selbst, sie, die Unsichtbare. Der Bericht über die Reise wird immer wieder unterbrochen durch Erinnerungen an den Trip vor 20 Jahren. Der Sprachstil wirkt tatsächlich so, wie man es Beth zutrauen könnte: Direkt, scharf beobachtend, aber auch irgendwie durchtrieben, raffiniert, in kurzen, manchmal unvollständigen Sätzen formulierend und erschreckend emotionslos-nüchtern. Die Fahrt ist lang, mit beunruhigenden, gefährlichen Zwischenfällen, wodurch sich eine leise Spannung aufbaut. Man lernt viele Formen von abstoßenden Motels und billigen Absteigen kennen, es gibt viel Alkohol und von Fett triefendes Essen. Doch als ich in Erwartung eines finalen Paukenschlags am Ende des Buches angekommen war, hätte ich es am liebsten aus dem Fenster geworfen. Den Grund dafür kann ich nicht nennen, ohne zu spoilern.

 

 

Fazit: Ein Thriller, der keiner ist,  mit einem frustrierenden Ende.

 

{unbezahlte Werbung}

Paula Hawkins

Wer das Feuer entfacht

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Blanvalet Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 416 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3764507824

·        Originaltitel ‏ : ‎ A Slow Fire Burning

#WerdasFeuerentfacht

 

 

Verwirrend geschriebener, spannungsarmer Roman über kaputte Menschen

 

Zwar kannte ich die Autorin bislang nicht, doch „Wer das Feuer entfacht“ wurde sehr viel beworben und weckte damit meine Neugier. So freute ich mich sehr auf die Lektüre dieses Thrillers. Was ich jedoch vorfand, war kein Thriller. Es war, für mich jedenfalls, ein Roman über Menschen, die das Leben auf unterschiedliche Weise beschädigt hatte. Gut lesbar, aber ohne wirkliche Spannung.

 

Miriam wohnt auf einem Hausboot. Sie ist neugierig, macht sich über alles, was sie beobachtet, Notizen. So stößt sie auf dem Nachbarboot auf die Leiche des brutal ermordeten jungen Daniel. Bei den polizeilichen Ermittlungen gerät Laura, eine junge, ziemlich verstörte Frau, ins Visier, da sie die Nacht zuvor mit Daniel verbracht hatte. Und da gibt es auch noch Carla, die Tante von Daniel, die kurz zuvor erst einen Angehörigen verloren hatte. Diese drei Frauen sind, jede auf ihre Weise traumatisch verletzt, suchen Rache und Vergeltung für früher Erlittenes. Aber wer hat Daniel ermordet?

 

Eigentlich hätte die Geschichte durchaus das Potential zu einem Thriller. Aber die Autorin hat es vorgezogen, durch katastrophal verwirrende Perspektiv- und Zeitenwechsel dem Leser erst die Orientierung und dann die Neugier wegzunehmen. Zwar bemühte ich mich um Klarheit, machte mir beim Lesen Notizen, um den Faden nicht zu verlieren, aber von einem Thriller ist dieses Buch weit entfernt. Bei den vielen kaputten Menschen, die im Roman eine Rolle spielen, konnte ich nicht zu einem einzigen eine gewisse Nähe aufbauen. Die Personen bleiben in ihren Darstellungen viel zu flach, ihre Interaktionen nicht immer nachvollziehbar. Es fehlten mir lebendige Dialoge und mit allen Sinnen wahrgenommene Beschreibungen. Dafür spielte überreichlich Alkohol eine Rolle. Was Paula Hawkins jedoch gut gelang, waren die Szenen, in denen sich Theo oder Laura oder Carla in ihren eigenen Gedankenwelten völlig verloren. Doch dies allein macht noch keinen Thriller.

 

Fazit: Ein in verwirrend gestückelten Perspektivwechseln und blassen Figuren ausgestatteter Roman, weit entfernt von einem spannenden Thriller.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Tanja Weber

Betongold       

               

.              Herausgeber ‏ : ‎ HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH

·                        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 240 Seiten

·                        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3455012149

#Betongold

 

 

Münchnern aufs Maul gschaut

 

Der Smokey, der Schani und der Moni sind seit ewigen Zeiten Freunde. Als der Schani, von Beruf Immobilienhai, tot in einer Baugrube liegt, wird Smokey unruhig. Denn er war bis vor 5 Jahren Mordermittler, bis ihn „der alte Russe“, der Morbus Bechterew, zum vorzeitigen Ruhestand zwang. Mit legalem Cannabis und langen Spaziergängen durch München versucht er, Herr der Schmerzen und Herr der dunklen Gedanken zu werden. Wir erfahren aus Erinnerungen und gegenwärtigem Geschehen, also auf zwei Zeitebenen, was der Smokey und seine Freunde so erlebt haben, wie sie auseinandergedriftet sind und doch bis heute irgendwie Freunde geblieben sind. Smokey ist schon allein von Berufs wegen auf der Suche nach der Wahrheit, denn ganz einfach so kann der Schani nicht in die Baugrube reingefallen sein. Der Wirt Moni und seine Kneipe sind die verlässliche Anlaufstation von Smokey. Aber nix bleibt wie es war.

  

Zwar steht unter dem Buchtitel „Kriminalroman“. Aber der Kriminalfall ist eigentlich nur eine Nebensache. Denn es geht doch sehr viel mehr um die „Großkopferten“ von München und die Stadtteilganoven und Spekulierer und wie sie alle Dreck am Stecken haben. Und dass die Gabi vom Smokey weggegangen ist zum Klausi hin. Und alle haben sie es nicht leicht. Geschrieben ist das Buch fast wie eine Art Drehbuch. Die Handlung wird gespielt von waschechten Münchner Spezln, äh, Akteuren, die den Dialekt wirklich beherrschen, mit all seinem hinterkünftigen Humor und seiner sparsam-direkten Ausdrucksweise. Die Autorin hat das Lokalkolorit von Giesing perfekt eingefangen. Das Buch hat dadurch einen ganz eigenen Charme. Viel Trauriges, viel Komisches, und das alles so frappierend echt beschrieben, dass man meint, mitten in München im Wirtshaus zu sitzen zwischen den Grantlern und Ganoven, mit all den zerdepperten Lebenshoffnungen und den traurigen Versuchen, etwas Besonderes darzustellen und sich dabei dennoch zu fühlen wie eine ausgezuzelte Weißwurst.

 

{unbezahlte Werbung}

Santiago Diaz

Talión

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag

·         Broschiert ‏ : ‎ 544 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453424470

#TaliondieGerechte 

 

Blutig-brutale pornographische Männerfantasien

Ein Sensationsthriller, über 500 Seiten stark? Eine Hauptperson mit Hirntumor? Da erwartete ich nicht nur Spannung pur, sondern auch ein völliges Eintauchen in das Geschehen. Was ich jedoch fand, waren Alkohol, Drogen, Gewalt und Sex in allen Variationen. Abtörnend und letztlich langweilig.

Marta Aguilera ist eine engagierte Journalistin. Als sie die Diagnose Hirntumor erhält, dreht sie ihre eigene Welt auf links und kennt kein Halten mehr in ihrem Engagement, die Welt zu verbessern. Inspectora Daniela Gutiérrez, von einem lebensbestimmenden Trauma behaftet und dem Alkohol verfallen, hat Ermittlungen zu führen, die sie mitten hinein führen in die Frage, ob Talión, der Rachefeldzug Auge um Auge, Zahn um Zahn, eine Rechtfertigung verdient.

Ich hätte erwartet, dass im Buch eine kluge Auseinandersetzung zwischen Rechtsstaatlichkeit, Gerechtigkeit, Selbstjustiz, Rache, Schuld und Bestrafung erfolgt. Doch der Autor benutzt diese Thematik ausschließlich dazu, eine Brutalität nach der anderen aufzulisten, und zwar auf eine solch abstoßende Weise, dass man nur noch kopfschüttelnd die Seiten oberflächlich überblättert. Der Rest des Romans ist blutig-brutale Pornographie. Es mag Männer geben, denen dieses Buch gefällt. Von mir gibt es keine Leseempfehlung. 

 

   

{unbezahlte Werbung}

Carolina Conrad

Stürmische Algarve

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·         Taschenbuch ‏ : ‎ 304 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499007569

#StürmischeAlgarve 

 

Kurzweiliger Kriminalroman mit verlockendem Lokalkolorit

 

Die Autorin war mir bislang unbekannt. Die Algarve ebenso. Das Kennenlernen der beiden war für mich sehr bereichernd, denn Carolina Conrad schreibt leicht, locker und doch fesselnd. Es gelingt ihr, Lokalkolorit und einen wendungsreichen Plot schriftstellerisch perfekt unter einen Hut zu bringen und damit eine wunderbare Urlaubslektüre vorzulegen.

 

Das stürmisch-kalte, regnerische Wetter passt zur Stimmung. Denn die Journalistin Anabela Silva und ihre Mutter haben an der Pflege des dementen Vaters schwer zu tragen. Da bleibt nur wenig Zeit für den Freund, den Chefinspektor Joao Almeida. Als eine Österreicherin tot in ihrem Wohnmobil gefunden wird, scheinbar durch Kohlenmonoxid-Vergiftung gestorben, erinnert sich Anabela an eine frühere Begegnung mit dieser Touristin und glaubt deshalb nicht an einen tragischen Unfall. Ihre Zweifel mit Joao teilend, beginnt eine mühsame Spurensuche in einem mehr als rätselhaften Fall…

 

Carolina Conrad hat einen ruhigen Kriminalroman geschrieben, dessen Stärke die Darstellung der sympathischen Protagonisten Anabela und Joao sind. Von deren Privatleben erfahren wir genug, um die beiden gut zu verstehen, ohne dass die eigentliche Handlung aus den Augen gerät. Besonders gut gelungen sind der Autorin die sehr, sehr verlockenden Beschreibungen von Land und Leuten – so verlockend, dass man gerne sofort an die Algarve reisen möchte. Das ruhige Spannungsniveau ist an keiner Stelle langweilig, denn die Autorin schreibt kurzweilig, lebensecht und ist authentisch in ihren Schilderungen der jeweiligen Geschehnisse und Örtlichkeiten. Die vielen Dialoge machen das Lesen lebendig und locker-leicht. Die Handlung als solche weist mehrere überraschende Wendungen auf und hält den Leser deshalb bis zum Schluss gefangen.

 

Fazit: Gekonnt geschriebene Urlaubslektüre mit verlockendem Lokalkolorit.

 

{unbezahlte Werbung}

Judith Merchant

Schweig!

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ KiWi-Paperback

·         Broschiert ‏ : ‎ 352 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3462001334

#Schweig

  

Ein grandioses Kammerspiel der verletzten Seelen

 

Angelockt von einem großartig gestalteten Cover, minimalistisch und erschreckend gleichermaßen, las ich mich nahezu ohne Pause durch diesen ganz besonderen Thriller, der eigentlich eher ein Kammerspiel, ein Psychogramm der verletzten Seelen ist.

 

Zwei Schwestern. Esther ist die ältere. Sie hat Mann und zwei Kinder. Sie will es stets perfekt. Sie rackert sich ab. Ihr Wille ist wie ein Rammbock. Und sie ist die Verantwortliche. Für alles, nur nicht für sich selbst. Sue ist die jüngere. Sie lebt allein in einem viel zu großen Haus mitten im Wald. Sie ist die Schwache, Schutzbedürftige, die Kindgebliebene. So scheint es. Am Tag vor Weihnachten fühlt sich Esther verpflichtet, zu Sue, der Einsamen, zu fahren. Was sich dort abspielt, muss man lesen!

 

300 Seiten lang hält uns die Autorin gefangen, indem sie aus wechselnden Perspektiven sowohl Esther, als auch Sue aus ihrer jeweilig ganz eigenen Sicht der Dinge berichten lässt. Erst gegen Ende kommt auch Martin, der Mann von Esther, zu Wort. 300 Seiten lang lese ich und kann nicht aufhören, obwohl ich zunehmend aggressiv werde. Diese toxische Schwester-Schwester-Beziehung, manipulativ, übergriffig, besitzergreifend, dramatisierend macht mich wütend, denn eigentlich möchte ich mich auf die Seite einer der Schwestern stellen. Aber kaum habe ich einen Funken Verständnis für eine von beiden entwickelt, verändert sich die Konstellation wieder völlig. 300 Seiten lang gerate ich permanent zwischen die Fronten, werde geradezu aufgerieben zwischen den Sichtweisen, hin und her. Körnchenweise und sehr subtil streut die Autorin dazu erhellende Informationen aus der Vergangenheit der beiden Schwestern ein. Gekonnt geschrieben ist dieser Thriller, minutiös eintauchend in zwei Menschen, die ihre jeweiligen Traumata nie wirklich verarbeitet haben. Die Spannung bleibt von Anfang bis Ende auf hohem Niveau und spitzt sich schließlich noch zu – bis nach 300 Seiten endlich den  Worten Taten folgen, zu einem explosionsartigen, völlig überraschenden Ende führen und man völlig erschöpft das Buch schließt.

 

 

Fazit: Völlig anders, aber mindestens genau so großartig geschrieben wie der erste Thriller Atme! von Judith Merchant. Absolut lesenswert!

 

{unbezahlte Werbung}

A.K. Turner

Tote schweigen nie

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Droemer HC

·         Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 400 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426282489

·         Originaltitel ‏ : ‎ Body Language

#ToteSchweigennie

 

 

Faszinierend, geistreich, begeisternd – Forensic-Crime vom Feinsten

 

Das ist mir ja noch nie passiert: Ich las und las, und als ich das Buch zuschlug, bemerkte ich, dass ich völlig vergessen hatte, mir wie sonst üblich während des Lesens Notizen für die spätere Rezension zu machen. Ein begeisternder Thriller-Reihenauftakt hatte mich völlig in seinen Bann geschlagen!

 

Cassie Raven ist Assistentin der Rechtsmedizin. Ihr Gothic-Look und ihre Tattoos wirken durchaus etwas befremdlich, und doch besitzt Cassie eine besonders ausgeprägte Sensibilität. Nicht nur, dass sie bei einer Begegnung mit Trauernden ihre zahlreichen Piercings vorher abnimmt, um die Angehörigen nicht allzu sehr zu verstören. Nein, sie geht mit den „Gästen“, wie sie die Toten bezeichnet, sehr achtungsvoll um, spricht mit ihnen und manchmal, ja manchmal erhält sie sogar eine Antwort. Wie zum Beispiel, als sie ihre überaus geschätzte Mentorin auf den Seziertisch bekommt. Angeblich sei sie in ihrer Badewanne ertrunken. Doch Cassie hört genau hin: „Meine Zeit ist noch nicht gekommen“ raunt ihr der Leichnam von Mrs. Edwards zu. Doch wie soll Cassie den Mord, von dem sie überzeugt ist, beweisen? Erst als die Einäscherung kurz bevorsteht, findet sie unerwartet Unterstützung durch die nüchtern-kühle DS Phyllida Flyte.

 

A.K. Turner ist es gelungen, jenseits der üblichen Thriller-Szenarien eine sehr eigene und damit faszinierende Welt zu schaffen. Cassie Raven und Phyllida Flyte sind jeweils auf ihre Art besondere Menschen. Ihr schwieriges Zueinanderfinden in diesem ersten Band lässt für die Folgebände auf äußerst aufregende weitere Ermittlungsfälle hoffen. Von Anfang bis Ende sehr spannend, abwechslungsreich und lebendig erzählt die Autorin in einem leicht eingängigen, dabei aber sensibel-geistreichen Schreibstil. Der Plot ist schlau und letztlich überraschend konzipiert. Dass sorgfältige Recherche-Arbeit dem Thriller zugrunde liegt, spürt man in allen Details.

 

Kurzum: Ein begeisternder, überraschend ungewöhnlicher und durchweg spannender Forensic-Thriller.

 

{unbezahlte Werbung}

Jan Beck

Die Nacht – Wirst du morgen noch leben?

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Penguin Verlag

·         Broschiert ‏ : ‎ 464 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3328106678

#DieNachtWirstdumorgennochleben

 

 Perfide, raffiniert, rasant und sehr, sehr spannend

 

Der Autor Jan Beck alias Joe Fischler war mir bislang unbekannt. Umso überraschender begeisterte mich der vorliegende Thriller, und zwar so sehr, dass ich mich auf jeden Fall durch die Backlist lesen möchte.

 

Schon der Einstieg ist packend: Hanna, eigentlich eine unerschrockene Frau, verläuft sich während eines Gewitters auf ihrer Wandertour im finsteren Wald. Es erwartet sie Schreckliches… Und es tritt über das Internet einTäter an die Öffentlichkeit. Mit dem Lösen von perfiden Aufgaben bzw. dem Erfüllen seiner Forderungen könnte das Leben seiner in Gefangenschaft genommenen Menschen angeblich gerettet werden. Diese fünf Menschen, zu denen auch Hanna gehört, stecken bewegungsunfähig in engen Glasbehältern. Um sie herum läuft eine Kettenreaktion mit Dominosteinen ab, die jeden Tag einen dieser Menschen auf grausamste und äußerst raffinierte Weise zu Tode bringt. Europol-Ermittlerin Inga Björk, die zuständig ist für Serienverbrechen, versucht zusammen mit Christian Brand den Täter aufzuspüren. Ein geradezu hoffnungsloses Unterfangen, da lange nicht der geringste Anhaltspunkt zu finden ist. Doch der Tod weiterer Menschen treibt die beiden Ermittler an…

 

Welch ein beeindruckend gelungener, mitreißender Thriller ist Jan Beck hier gelungen! Aus wechselnden Perspektiven verfolgt man das Geschehen, wobei diese häufigen Blickrichtungswechsel beim Leser jedoch nicht zur Verwirrung führen, wie in so manch anderen Thrillern, sondern sie schaffen im Gegenteil eine besondere Transparenz. Besonders anrührend und gekonnt  in Worte gefasst sind die kindlichen Berichte des 7-jährigen Benjamin. Unerwartete Twists machen geradezu schwindelig beim Lesen. In Maßen gesetzte Cliffhanger treiben die Spannung und das Lesen voran. Am völlig unerwarteten Ende wird der Leser noch ein weiteres Mal völlig überrascht.

 

 

Fazit: Dieser Thriller ist packend, rasant, perfide, temporeich und sehr, sehr spannend – absolute Leseempfehlung!

 

{unbezahlte Werbung}

Saskia Noort

Bonuskind

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Europa Verlag

·         Taschenbuch ‏ : ‎ 272 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3958903913

#Bonuskind

  

Düstere Suche nach der Wahrheit

 

Ist das vorliegende Buch wirklich ein Thriller? Möglicherweise ein Psychothriller oder doch eher ein Roman? Auf jeden Fall ist es keine Coming-of-Age-Geschichte, wie vom Verlag angekündigt, denn ich sehe im Buch keine Entwicklung in der Person Lies. Eher mutet sie mich von Beginn an wie die einzige reife Erwachsene unter lauter mehr oder weniger gestörten Familienmitgliedern.

Die 15-jährige Lies und ihr kleiner Bruder Luuk werden seit der Trennung ihrer Eltern zwischen Mutter und Vater hin- und hergereicht und müssen den permanenten hasserfüllten Streit zwischen den Eltern ertragen. Der Vater Peter lebt mit einer jüngeren Frau zusammen, die Mutter Jet ist ihren extremen Gefühlsschwankungen ausgeliefert. Als die Mutter plötzlich verschwindet und schließlich ihre Leiche gefunden wird, sind sich alle einig, dass Jet Selbstmord begangen hat. Schließlich kannten alle ihre psychische Instabilität. Nur Lies als Einzige ist sich sicher, dass die Mutter niemals ihre Kinder im Stich gelassen hätte. Sie findet das Tagebuch von Jet mit außerordentlich verstörenden Details…

Das Buch nimmt den Leser gefangen, weil es so raffiniert und klug konstruiert ist, dass man nie so recht weiß, wem man Glauben schenken darf. Und es nimmt gefangen im Miterleben, welchem psychischen Elend Kinder ausgesetzt sind, wenn Eltern sich in permanentem Hass nur um sich selbst drehen und die Kinder instrumentalisiert werden. Die Autorin wechselt zwischen dem Bericht aus der Sicht von Lies und den in kursiver Schrift gesetzten Abschnitten aus den tagebuchartigen Notizen von Mutter Jet. Sehr eindrücklich ist es Saskia Noort gelungen, in der Person Lies das Wandern auf der Grenze zwischen Kindheit und Erwachsenenwelt darzustellen. Lies hat mich sehr beeindruckt mit ihrer inneren Stärke und geistigen Klarheit, mit der sie durch Wut und Trauer hindurch auf der Suche nach der Wahrheit ist und die Menschen ihrer Umgebung mit feinem Gespür analysiert. Sehr viel schwächer und weniger nachvollziehbar ist für mich die Schilderung der Mutter Jet gelungen. Auch frage ich mich, ob die breit ausgewalzten erotischen Szenen nicht glaubwürdiger und eindringlicher gewirkt hätten, wenn sie etwas zurückhaltender beschrieben worden wären. Mit dem Ende der Geschichte setzt die Autorin noch einen unerwarteten Überraschungseffekt.

Fazit: Ein ungewöhnlich konstruierter, durchweg packend zu lesender, psychologisch düsterer Roman. 

{unbezahlte Werbung}

Catherine Ryan Howard

The Nothing Man

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·         Taschenbuch ‏ : ‎ 400 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499005367

#TheNothingMan

 

 Raffiniert, intelligent, bedrohlich-fesselnd

 

Bewundernswert, was Catherine Ryan Howard hier gelungen ist. Ein Thriller der Extraklasse, der mich von Anfang bis Ende fasziniert hat, nicht nur der Handlung wegen, sondern ganz besonders wegen der Raffinesse des gesamten Konstrukts des Buches.

Vor zwanzig Jahren tötete ein Mann die gesamte Familie von Eve Black, ohne auch nur die geringsten Spuren zu hinterlassen. Eve, damals zwölfjährig, überlebt als Einzige, und schreibt 20 Jahre später ein Buch über dieses traumatische Erlebnis. „Ich war das Mädchen, das den Nothing Man überlebte. Jetzt bin ich die Frau, die ihn fassen wird.“ Jim Doyle übt den langweiligen Job eines Wachmanns in einem Supermarkt aus. Er beginnt, das Buch von Eve Black zu lesen. Und ihm wird klar, dass er keine andere Wahl hat, als Eve zu töten. Denn er ist der Nothing Man. Mehr kann man über den Inhalt nicht verraten, ohne Spannung wegzunehmen.

Mit unglaublicher Raffinesse schafft es die Autorin, dass man von Anfang an das Gefühl hat, zwei Bücher gleichzeitig zu lesen, und zwar beide mit der gleichen aufregenden Spannung. Zwei Geschichten, die sich im Schriftbild unterscheiden, was dem Leser hilft, die Orientierung zu behalten. Zwei Geschichten, die sich unaufhaltsam aufeinander zu bewegen. Je näher sie sich kommen, desto mehr wachsen Angst und Beklemmung beim Lesen. Solch ein geniales Thriller-Konstrukt habe ich noch nie erlebt. Wir lernen den Serienkiller von seinen intimsten Seiten kennen. Und wir erfahren, wie Eve niemals, niemals aufgehört hat, dem Killer auf die Spur kommen zu wollen. Zwei Geschichten, die sich zwischen den Genres True Crime und fiktivem Thriller hin und her bewegen und mit den jeweiligen Klischees spielen. Zwei Geschichten über das Anschleichen von Jäger und Gejagtem. Zwei Geschichten, die durch mehrere Wendungen letztlich überraschen.

 

Fazit: Ein überzeugend schlau durchdachtes, durchweg spannend-bedrohliches Lesevergnügen!

 

{unbezahlte Werbung}

Ruth Lillegraven

Tiefer Fjord

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ List Hardcover

·         Broschiert ‏ : ‎ 400 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3471360415

·         Originaltitel ‏ : ‎ Alt er mitt

#Tiefer Fjord

 

Ein starker Spannungsroman, überraschend und beeindruckend

 

Ein Spannungsroman ist „Tiefer Fjord“, ein Debütroman und der erste Band einer Trilogie. Drei Gründe, um das Buch mit besonderer Neugier zu lesen. Und in der Tat, die Autorin bietet überraschendes und durchweg spannendes Lesefutter.

 

Haavard ist Klinikarzt und muss miterleben, wie ein kleiner pakistanischer Junge, offensichtlich schwer misshandelt, kurz nach Einlieferung stirbt. In der Nacht darauf wird der Vater des Jungen erschossen aufgefunden. Clara, Haavards Frau, versucht mit größtem Engagement, als Ministerin einen Gesetzesentwurf durchzubringen, der misshandelten Kindern früher als bisher Hilfe ermöglichen soll. Doch der Gesetzentwurf wird abgelehnt. In der Ehe von Haavard und Clara gibt es viele Unstimmigkeiten. Als kurz darauf eine iranische Frau ermordet wird, gerät Haavard unter Verdacht. Clara, deren politische Karriere damit in Gefahr gerät, muss Haavard entlasten, ohne zu wissen, ob er wirklich unschuldig ist.

 

Im Präsens erzählt Ruth Lillegraven und rückt damit die Geschehnisse besonders nah an den Leser heran. Die fast bedrohlich wirkende Kulisse der norwegischen Landschaft, insbesondere rund um einen unergründlichen Fjord, beeindruckte mich sehr. In wechselnden Perspektiven erfahren wir aus der Sicht von Haavard, Clara und weiteren Personen hautnah von deren Erleben, deren Gedanken und Gefühlen. Aber auch, wie Vergangenes ihr weiteres Leben bestimmen sollte. Mir ist besonders eindrücklich gewesen, wie ein winziger Moment einer falschen oder zumindest unbedachten  Entscheidung zur Lawine führt, die alles Unschuldige mitreißt, das im Weg steht, und nichts als Verderben bringt. In angenehm kurzen Kapiteln schwirren wir in der ersten Hälfte des Buches um die einzelnen Personen herum wie Fliegen um eine Lichtquelle in der Dämmerung. Erst in der zweiten Hälfte des Romans beginnt das aktive Rätselraten und eine kontinuierliche Zunahme der Spannung, denn Überraschendes, Unerwartetes kommt auf den Leser zu. Und wer ist eigentlich Täter und wer Opfer? Und wem gilt unsere Sympathie? Verwirrend und überraschend!

 

 

Fazit: Ein starker Roman mit einer starken Geschichte, die noch lange nachwirkt.

 

{unbezahlte Werbung}

Andreas Winkelmann

Die Karte

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·         Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499000409

#DieKarte

 

 

Diesmal viel Persönliches, weniger nervenzerreißende Spannung

 

Zugegebenermaßen, meine Erwartungen waren hoch. Bislang habe ich alle Thriller aus der Reihe mit Kerner und Oswald gelesen und war jedes Mal restlos begeistert. Insofern musste sich der vorliegende vierte Band an seinen Vorgängern messen lassen. Leider fand ich ihn ein wenig schwächer als die ersten drei Bände.

 

Die Geschichte beginnt mit dem Frauenpaar Eva und Laura. Eva entscheidet sich, abends im Dunkeln noch eine Laufrunde zu drehen und wird wenig später brutal ermordet aufgefunden. Der Ermittler Kerner ist betroffen, denn er hatte noch kurze Zeit zuvor mit Eva bezüglich eines anderen Falls gesprochen. Nur wenige Tage vergehen, und eine weitere Joggerin wird tot aufgefunden. Ein Serientäter?

 

 

Wie immer gelingt es Andreas Winkelmann, von Anfang an so zu erzählen, dass man sofort mitten in die Geschichte gerät. Detailreich und lebendig schreibt Andreas Winkelmann, sodass der Leser schnell sehr plastische Bilder in der Vorstellung entwickelt. Verschiedene Perspektiven, auch Rückblicke in die Vergangenheit, sind wohldosiert eingesetzt, ohne den Lesefluss zu unterbrechen oder Verwirrung zu schaffen. Verstörend die Kapitel, in denen der Täter Einblicke in sein Denken und Fühlen gibt und seiner Hybris, sich gottgleich zu fühlen, Herr über Leben und Tod zu sein, Ausdruck verleiht. Was die Ermittler Jens Kerner und Rolf Hagenah betrifft, ebenso die Polizistin und Rollstuhlfahrerin Rebecca Oswald, so erfährt man in diesem Buch sehr viel  mehr Persönliches als in den Vorgänger-Bänden. Psychologisch feinfühlig und sehr differenziert in seinen sichtbaren und unsichtbaren Seiten wird Jens Kerner geschildert, auch die klug analysierende Sicht von Rebecca trägt ihren Teil dazu bei, dass uns in diesem Band Jens Kerner persönlich sehr nahe rückt. Der Plot ist raffiniert und überraschend, wie erwartet. Einzig fehlt mir an diesem Thriller die erwartete nervenzerreißende Spannung. Zwar ist man beim Lesen durchwegs neugierig auf den Fortgang der Geschichte, aber es gab meiner Meinung nach zu wenig Szenen der absoluten hochgradigen Spannung. Dennoch bleibt für mich Andreas Winkelmann einer der besten Thriller-Autoren, die ich kenne.

 

{unbezahlte Werbung}

Jonas Winner

Der Nachlass

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Heyne Verlag

·         Broschiert ‏ : ‎ 352 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3453440883

#DerNachlass

 

 

Ein absolut spannender, genial komponierter Thriller

 

Puh!

Erschöpft schließe ich das Buch. Welch eine Geschichte! Ich fühle mich, als sei ich durch einen Fleischwolf gedreht worden. Jonas Winner hat mich schwindelig geschrieben, hat mich geradezu geschreddert mit seiner Erzählkunst.

 

Wir lernen zunächst Theo kennen, den professionellen Pokerspieler, aktuell mit großen Geldproblemen und Albträumen. Er erhält den Anruf eines Notars aus Berlin, dass Theo‘s Mutter Hedda Laurent im Sterben liege und ihn unbedingt noch einmal sehen möchte. Es sei Eile geboten. Nach 30 Jahren Abwesenheit! Noch bevor Theo in Berlin eintrifft, ist Hedda Laurent gestorben. Es finden sich in Trauer zusammen Heddas Mann Artur, ihr Bruder Ruben und ihre 4 Kinder Jannick, Sophia, Theo und Patricia. Bei der Testamentseröffnung verliest der Notar eine sehr befremdliche Anforderung. Das beträchtliche Vermögen soll derjenige der Angehörigen in Gänze erhalten, der in einer Art Wettkampf als Sieger hervorgeht. Es müssen 27 Aufgaben gelöst werden, und nur einer kann gewinnen. Es beginnt alles wie ein Spiel. Doch Runde um Runde gerät dieses Spiel zunehmend in eine Spirale des Bösen.

 

Gut, dass eine Übersicht, eine Art Stammbaum der Familie, der Geschichte vorangestellt wurde. Zu Beginn musste ich mehrfach wieder nachschauen, wer wer ist. Denn Jonas Winner erzählt nicht chronologisch und schafft bei mir gehörige Verwirrung mit dem scheinbar willkürlichen Spiel der Szenen vor und zurück zwischen Gegenwart, jüngerer Vergangenheit und Kindheitserinnerungen, zudem durch Perspektivwechsel der Erzähler. Man beginnt beim Lesen im aktuellen Leben von Theo, glaubt, mit ihm die Person kennen gelernt zu haben, an deren Seite man  durchs Geschehen geht, aber – und das fand ich zunächst irritierend – man verliert Theo schnell aus den Augen, verliert sich stattdessen im Gestrick der Familienmitglieder. Mir gefallen die wirklichkeitsnahen Dialoge. Sie bestehen oftmals aus halben Sätzen, unfertigen Wortteilen, ohne ausgefeilten Satzbau, wie Menschen eben miteinander sprechen, die beim Reden überlegen oder sich ins Wort fallen. Das Szenario des großen, alten, verwinkelten Hauses mit vielen Zimmern und Fluren, mit Seidentapeten und  Gemälden ist geradezu prädestiniert für unerklärliche, beängstigende  Geschehnisse. Jonas Winner spielt nicht nur mit Szenen, er spielt auch mit Genres. Und so hatte ich sowohl Assoziationen zu einer tragischen Oper mit großen Gefühlen, Theatralik und langen Sequenzen des Quälens, als auch zu sagenartigen Horrorgeschichten aus der Kindheit. Die Gegenwart wiederum spielt mit psychologischen Verstrickungen, mit Angst, Bedrohung und Tod. Und immer wieder dreht sich die Spirale, schneller und schneller…

 

 

Fazit: Ein herausfordernder, absolut spannender und genial komponierter Thriller.      

 

{unbezahlte Werbung}

Ulrike Bliefert

Der Tod der Schlangenfrau

 

·         Herausgeber : KBV

·         Taschenbuch : 300 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3954415427

#DerTodderSchlangenfrau

 

  

Lebendig erzählter historischer Krimi im Berlin Ende 19. Jh.

 

Welch ein Zufall – ich durfte zwei historische Kriminalromane hintereinander lesen, die beide Ende des 19. Jahrhunderts spielten. Einmal befand ich mich mit Oliver Pötzsch 1893 in Wien und direkt danach mit Ulrike Bliefert im Jahr 1896 in Berlin. Eine doppelt interessante Leseerfahrung!

 

Im vorliegenden Kriminalroman ist die Hauptperson Auguste Fuchs, eine offene und temperamentvolle junge Frau. Sie ist die engagierte Mitinhaberin des väterlichen Fotoateliers in der Friedrichstraße in Berlin. Ihre Leidenschaft ist das Fotografieren, doch die damals üblichen steifen Familienfotos sind ihr eher lästig. Als während einer Foto-Serie im Wintergarten-Varieté die Schlangenbeschwörerin Samirah zu Tode kommt, entdeckt Auguste auf einem ihrer Fotos einen merkwürdigen Gegenstand, doch der ermittelnde Kommissar beachtet diesen Hinweis nicht. Ist er möglicherweise die Tatwaffe? Auguste verfolgt zusammen mit ihrer Tante und dem Kriminalassistenten Jakob Wilhelmi weiter die Spur des möglichen Mörders, ohne zu ahnen, dass sie dies letztlich in die finstersten Ecken der wilhelminischen Kolonialpolitik führen wird.

 

 

Dass dem Buch von Ulrike Bliefert sorgfältige Recherchen zugrunde liegen, konnte ich gerade auch im direkten Vergleich mit „Das Buch des Totengräbers“ von Oliver Pötzsch  feststellen. Berlin war Wien mit den technischen Neuerungen dieser Zeit um mehrere Jahre voraus. Sehr bildhaft und lebendig schildert die Autorin diese spannende Zeit zwischen kaiserlicher Tradition und Einzug neuer Techniken. Mit Auguste Fuchs ist ihr eine sympathische Figur gelungen, die unkonventionell denkt und handelt. Über die finstere, geradezu menschenverachtende Seite der deutschen Kolonisation in Afrika liest man mit Bedrückung. An den etwas überstilisierten Schreibstil von Ulrike Bliefert musste ich mich erst ein wenig gewöhnen, wenngleich er absolut stimmig in die geschilderte Zeit passt. Weniger gut gefielen mir die Einfügungen in Kiswaheli bzw. ich fand sie unnütz, da der durchschnittliche Leser sicher nicht bewandert ist in dieser oder einer anderen afrikanischen Sprache und somit auch kein Ohr hat für Aussprache oder Klang der abgedruckten Sätze. Alles in allem jedoch habe ich diesen besonderen Kriminalroman, gerade aufgrund seiner besonderen Thematik der Kolonialpolitik, sehr gerne gelesen.

 

{unbezahlte Werbung}

Oliver Pötzsch

Das Buch des Totengräbers

 

·         Herausgeber : Ullstein Paperback

·         Broschiert : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3864931666

#DasBuchdesTotengräbers

 

 

Pittoreskes Zeitbild, spannend erzählt

 

Wien Ende des 19. Jahrhunderts. Eine aufregende Zeit, in der das Leben und Denken des Kaiserreiches kollidiert mit befremdlich erscheinenden technischen Neuerungen und althergebrachtem Aberglauben. Historie geschickt verpackt in eine spannende Handlung. 

 

Der junge Leopold von Herzfeldt beginnt aus Graz kommend in Wien als Polizeiagent. In seinem Koffer befinden sich allerlei rätselhafte Instrumente, die zusammen mit seinem Hochdeutsch und  seiner vornehmen Kleidung bei den alteingesessenen Kollegen größtes Misstrauen erregen. Als mehrere Dienstmädchen ermordet vorgefunden werden, jedes von ihnen brutal gepfählt, beginnen Herzfeldt und ein kauziger Totengräber vom Wiener Zentralfriedhof gemeinsam zu ermitteln. Der Totengräber Augustin Rothmayer ist hochgebildet und weiß alles über Todesarten und Verwesungsstufen. Und dass das Pfählen eine uralte Methode ist, um Untote unter der Erde zu halten…

 

 

Oliver Pötzsch versteht es meisterhaft, den Leser auf bildhaft-eindrückliche Weise in die dunkle Seite des nach außen hin so glamourösen Wien Ende des 19. Jahrhunderts zu entführen. Er schreibt so eindringlich, dass man Moder und Unrat in den dunklen Gassen zu riechen glaubt. Das Buch ist nichts für Zartbesaitete! Es ist die Zeit der beginnenden Elektrifizierung, erster Automobile, erster Telefone, was mit Neugier und Angst gleichermaßen aufgenommen wird. Kein Wunder also, dass Leopold von Herzfeldt mit seiner Leidenschaft für moderne Kriminalistik Missfallen erregt. Der Autor machte mir das enorme Spannungsfeld zwischen modernen Errungenschaften und dem Festhalten am Altbekannten sehr augenfällig. Erschreckend auch der allgegenwärtige Antisemitismus und die Brutalität, die sich hinter Unwissenheit, Angst und Aberglauben versteckt. Geschickt werden überlieferte und sorgfältig recherchierte historische Details und rückständiges Denken dieser Zeit im Buch eingestreut, ohne dass die immanente Spannung des Kriminalromans darunter leidet. Ein Kriminalroman mit Mehrwert, farbig-lebendig erzählt.

 

{unbezahlte Werbung}

Sarah Nisi

Ich will dir nah sein

 

·         Herausgeber : btb Verlag

·         Broschiert : 336 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3442718917

#Ichwilldirnahsein

 

 

Schauder der Nähe

 

Dieser Psychothriller hat mich fasziniert und mir Schauder über den Rücken gejagt. Weil er subtil ist. Weil er seine Wirkung aus dem Alltäglichen zieht, aus der Tatsache, dass das Erzählte so oder ähnlich in der Realität stattfinden könnte. Wenn man Nachbarn hat zum Beispiel…

 

Lester Sharp liebt seinen Job. Er arbeitet im Fundbüro des öffentlichen Nahverkehrs. Und entwickelt zu den Fundstücken, die er zu archivieren hat, ein ganz persönliches Verhältnis, insbesondere wenn sie ihm bei näherer Betrachtung eine Geschichte erzählen. Oder Begehren wecken. Lester ist hochgradig kontaktscheu, sein wahres Leben findet in seinen Vorstellungen statt. Als die junge Tänzerin Erin seine neue Nachbarin wird, richten sich seine Gedanken mehr und mehr auf sie. Sie weckt Erinnerungen an eine frühere Liebe. Und so versinkt Lester zunehmend in eine irreale Beziehung, die alle Grenzen überschreiten lässt…

 

Geschrieben ist der Thriller aus verschiedenen Perspektiven. So kommt nicht nur Lester zu Wort, auch Erin, die Tänzerin, und Rhys, ein Immobilien-Makler, schildern aus ihrer Sicht das Geschehen. Gelegentlich kommt außerdem ein neutraler Erzähler zu Wort. Dies ergibt viele einzelne kleine Szenen, was das Lesen außerordentlich kurzweilig macht, aber man braucht zumindest zu Anfang des Buches eine Weile der Anstrengung, um nicht die Orientierung zu verlieren. Der Autorin gelingt es, die einzelnen Personen sehr eindrücklich zu schildern. Man fühlt die geistige Stärke von Erin, die trotz eines entzündeten Fußgelenks und großer Schmerzen ihr Engagement bis zum letzten Tag erfüllen will. Man spürt den Sog der Einsamkeit und die abstoßende Besessenheit von Lester. Und man weiß nicht recht, wie man Rhys einschätzen soll, denn er bleibt in seiner Darstellung irgendwie vage. Der Spannungsbogen baut sich sehr schnell auf. Ich konnte das Buch nicht weglegen, weil die Handlung in mir eine Fülle von unterschiedlichen Gefühlen weckte, Ekel, Abscheu, Angst, Trotz, Mut und Mitgefühl zum Beispiel. Im letzten Drittel steigt die Spannung noch erheblich an, denn die Handlung erfährt eine unglaubliche, eine unfassbare Wendung…

 

 

Fazit: Ein subtiler, spannender, überraschender Psychothriller, der den Leser schaudern lässt, ganz ohne Blutvergießen.

 

{unbezahlte Werbung}

Anna Bagstam

Die Augenzeugin

 

·         Herausgeber : btb Verlag

·         Taschenbuch : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3442718597

·         Originaltitel : Ögonvittnet

#DieAugenzeugin

  

Eine Ermittlerin, die noch erwachsen werden muss

 

Und wieder ein Kriminalroman aus Schweden, den ich gerne gelesen habe. Seine Handlung ist in einem malerischen Fischerort an der südschwedischen Küste angesiedelt ist, wobei mir zugegebenermaßen weder die Örtlichkeiten noch das Wetter Lust auf einen Schweden-Besuch machen trotz der vielen atmosphärisch-bildhaften Naturbeschreibungen.

 

Harriet Vesterberg, eine junge Ermittlerin, zieht von Stockholm zurück in ihre alte Heimat, in das Fischerdorf Lerviken an der Küste. Dort beginnt sie ihre Arbeit bei der hiesigen Polizei. Ein Grund für den Umzug ist, dass sie näher bei ihrem Vater, einem pensionieren Juraprofessor, leben möchte, weil er besorgniserregende Anzeichen von Demenz zeigt. Kaum angekommen, wird sie bereits mit einem grausamen Mordfall konfrontiert, der ihr alles abfordert. Denn je weiter sie in die Ermittlungen eintaucht, desto deutlicher wird ihr, dass sie den Mörder kennen könnte…

 

 

Wohltuend ist, dass die Autorin klar und folgerichtig erzählt. Ihre solide Erzählweise kommt glücklicherweise ohne die inzwischen so beliebten und oftmals nervigen Rück- und Vorblicke und Perspektivwechsel aus. Gewöhnungsbedürftig empfand ich, dass der Kriminalroman nur im Präsens geschrieben ist, was beim Lesen unerwartet besondere Aufmerksamkeit erfordert. Der Kriminalroman ist unterhaltsam und abwechslungsreich zu lesen. Es finden sich einzelne Sätze, die im Gedächtnis bleiben: „Sie gehört zu den Leuten, die beim Denken oft Pech haben“, ist solch eine witzig-böse Beschreibung zum Beispiel. Der Spannungsbogen baut sich zwar nur langsam auf, aber erreicht seinen überraschenden Höhepunkt  gegen Ende. Probleme hatte ich mit der Darstellung der Person Harriet. Sie ist 29 Jahre alt, benimmt sich allerdings oftmals wie ein junges, verunsichertes Mädchen, sie wirkt unselbständig, naiv, ungeschickt, vertritt ihre Interessen nicht, scheint ohne Selbstbewusstsein zu sein. Das passt nicht wirklich zu der Tatsache, dass Harriet ein Studium und eine fundierte Ausbildung und Berufserfahrung hinter sich hat. Damit gewinnt ihre Gegenspielerin, ihre unsympathische Chefin Margareta, mit ihrer harten Persönlichkeit viel zu viel Gewicht im Handlungsgeschehen, wie ich finde. Auch erscheinen mir über das Buch hinweg die vielen Textnachrichten an Lisa, Harriet’s langjährige Freundin, unnötig. Auch damit wird die Figur Harriet eher zu einer unreifen Jugendlichen abgestempelt statt zu einer klugen und souveränen Ermittlerin. Wobei – der Cliffhanger am Ende des Buches will mir etwas anderes sagen…

 

{unbezahlte Werbung}

Nora Luttmer

Hinterland

 

·         Herausgeber : Rowohlt Taschenbuch

·         Taschenbuch : 416 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3499002908

#Hinterland

 

 

Unterhaltsam, kurzweilig, lesenswert

 

Diesen Band 1 der Krimiserie um die Ermittlerin Bette Hansen habe ich sehr gerne gelesen. Denn er hat mich durchweg gut unterhalten. Außerdem weiß ich jetzt, was die Dove-Elbe ist (auch wenn ich als unwissende Süddeutsche beim Lesen irgendwie dauernd eine Assoziation mit „doofe Elbe“ hatte…), und wo Hamburg-Ochsenwerder liegt, einer ländlich-ruhigen Gegend, in der ich gerne wohnen würde, wenn ich Google glauben darf.

 

Worum geht es? Bette Hansen findet in ihrem Garten ein Holzscheit, auf dem eine Muschel mit Kreuz eingeritzt ist. Ein Fund, der Bette Hansen aufschreckt. Denn dieses Zeichen hatte sie auch in ihrem letzten unaufgeklärten Fall gefunden. Bette Hansen musste ihren Beruf als Kommissarin vorzeitig beenden, da sie an Narkolepsie erkrankt ist und durch die unkontrollierbaren Schlafattacken ihren Dienst nicht mehr ausüben kann. Doch der ungeklärte Mord, der von einem extrem wütenden Täter zeugte, lässt Bette nicht los. Sie beginnt zu ahnen, dass dieser Täter es nun auf sie abgesehen hat.

 

Nora Luttmer gelingt es sehr eindrücklich, das Lokalkolorit des ländlichen Hinterlandes nahe Hamburg atmosphärisch dicht und vorstellbar einzufangen. Sie erzählt in relativ kurzen Kapiteln und aus verschiedenen Perspektiven sehr kurzweilig über früheres und gegenwärtiges Geschehen. Der Spannungsbogen bleibt über das gesamte Buch hinweg mäßig gespannt. Erst im letzten Buchdrittel nimmt die Spannung erheblich zu, sodass sich das Buch zu guter Letzt noch zu einem wahren Pageturner entwickelt. Zunächst war ich etwas befremdet und irritiert, dass sich der Täter bereits zur Hälfte des Buches offenbart, aber genau dieser geschickte Coup bewirkt überraschenderweise die Zunahme der Spannung. Vielleicht sollte das enge Zeitraster, das sich aufgrund der krankheitsbedingt erforderlichen Ruhezeiten von Bette ergibt, zusätzlich die Spannung erhöhen. Bei mir jedoch hatte das im Laufe der Seiten einen gegenteiligen Effekt, denn es begann mich zunehmend mehr zu nerven. Ich bin mir deshalb unsicher, ob eine solche Erkrankung, die ständig präsent und handlungsbestimmend ist, in einem Kriminalroman wirklich gut platziert ist.

 

Dennoch bleibt mein Fazit: Ein lesenswerter, unterhaltsamer Kriminalroman mit vielschichtigen Figuren und bildhaft-eindrücklichem Lokalkolorit.

 

{unbezahlte Werbung}

Lucy Foley

Sommernacht

 

·         Herausgeber : Penguin Verlag

·         Broschiert : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3328106166

·         Originaltitel : The Guest List

#Sommernacht

 

  

Viel Wind um …  ja, um was eigentlich?

 

Das Buch macht viel Wind um sich selbst. „Spektakulär“ soll es sein. Ein „sensationeller Thriller“ soll es sein. Nun ja, in Wirklichkeit erschien mir der Thriller eher einer von der ruhigen Sorte, gut lesbar ja, aber streckenweise ermüdend langsam im Erzählen. Die Geschichte verwendet einen Plot, den man schon besser und spannender von anderen Autoren umgesetzt lesen durfte. Da werden einige unterschiedlichen Menschen an einem abgelegenen Ort einer unbekannten Bedrohung ausgesetzt bis hin zum Mord. Und der Mörder muss unter ihnen sein. 

Die Stärke des Buches ist eindeutig die teils lyrisch eindrückliche Schilderung des Handlungsortes, nämlich die abgelegene kleine Insel Cormorant Island, im Atlantik vor der irischen Küste gelegen. Es gibt gefährliche Klippen und ein ebenso gefährliches Torfmoor. Ein teils verfallener Friedhof erzählt von vielen Toten in der Vergangenheit. Jetzt leben nur noch Aoife, von Beruf Hochzeitsplanerin, und Freddy, leidenschaftlicher Koch, auf dieser winzigen Insel. Und zum ersten Mal soll nun eine Hochzeit auf dieser Insel gefeiert werden, mit allem denkbaren Luxus, der dem Brautpaar würdig ist. Jules heiratet Will, einen gefeierten Fernsehstar. Nur eine Handvoll Gäste werden an der Zeremonie und anschließenden Feier teilnehmen. Das Wetter wird zunehmend schlechter. Sturm kommt auf mit viel Wind natürlich. Der Strom fällt zeitweilig aus. Die Gäste benehmen sich zunehmend schlechter. Eine Leiche wird gefunden…

 

Was nun macht den Thriller eigentlich so langatmig? Vielleicht sind es die vielen Ich-Erzähler, die wechselnd ihre Sicht des Erlebens schildern. Vielleicht sind es die winzigen Gegenwartssequenzen, die von Mal zu Mal das kontinuierliche Lesen stören. Vielleicht sind es die teils ausufernden Berichte über die Interaktionen in der Freundesgruppe rund um den Bräutigam. Vielleicht ist es auch einfach die Tatsache, dass es auf dieser Insel einfach zu viele kaputte, nervige, gestörte und extrem unsympathische Akteure gibt, die sich ständig daneben benehmen. Einzig das zunehmend bedrohliche Naturambiente, das Sturmgetöse, das Brüllen des Meeres, was Lucy Foley wirklich großartig und eindrucksvoll beschreibt, lässt eine schaurige Stimmung entstehen. Wenn man ungefähr 300 Seiten durchhält, wird man allerdings durch ein wirklich spannendes, beeindruckend überraschendes Ende belohnt.

{unbezahlte Werbung}

Sarah Pinborough

Sie weiß von dir

 

·         Herausgeber : Rowohlt Taschenbuch

·         Taschenbuch : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3499272653

·         Originaltitel : Behind Her Eyes

#Sieweißvondir

 

 

Ein Psychothriller par excellence

 

Einen Thriller dieser Art habe ich noch nie gelesen. Noch nie wurde mein Mitfühlen und Mitdenken beim Lesen am Ende so vollkommen auf den Kopf gestellt wie bei diesem Buch. Absolut raffiniert und brillant geschrieben.

 

Louise, alleinerziehender Mutter eines kleinen Sohnes, arbeitet in einer psychiatrischen Praxis. In einem Pub lernt sie einen Mann kennen, dessen anziehender Art sie sich kaum erwehren kann. Doch ein paar Tage später kommt die Ernüchterung: Dieser Mann ist ihr neuer verheirateter Chef. Kurze Zeit später stößt sie auf der Straße mit einer Frau zusammen, der Frau ihres Chefs. Adele ist eine wunderschöne Frau, wirkt sehr zart und verletzlich. Und die beiden werden Freundinnen. Mehr darf über den Inhalt nicht vorab erzählt werden.

 

Der Roman macht den Einstieg nicht ganz leicht. Wie einzelne unzusammenhängende Puzzlestückchen werden dem Leser verschiedene Szenen resp. einzelne Personen und Perspektiven näher gebracht, aus denen man sich erst einmal keinen Reim machen kann. Über das Buch hinweg werden mit jeder einzelnen Szene immer wieder manche der vielen kleinen Puzzlestücke zusammengefügt, sodass man zunehmend glaubt, eine Ahnung vom fertigen Bild zu bekommen. Die Autorin erzählt so detailreich, dass man in manchen Passagen geneigt ist, die vielen kleinen Beschreibungen etwas unaufmerksam zu lesen, was man jedoch nicht tun sollte. Der Thriller ist trotz seiner ständigen Perspektivwechsel und Detailfreude niemals langweilig, denn man spürt von Seite zu Seite mehr, dass sich im Hintergrund etwas zusammenbraut. Und man glaubt zu wissen, was. Doch das unfassbar verstörende, fulminante Ende lag meilenweit entfernt von meinem Vorstellungsvermögen!

 

 

Fazit: Sarah Pinborough ist ein Thriller gelungen, mit dem sie den Leser im wahrsten Sinn des Wortes grenzenlos schwindelig zurücklässt.

{unbezahlte Werbung}

Ada Fink

Blütengrab

 

·         Herausgeber : Wunderlich

·         Broschiert : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3805200592

#Blütengrab

 

 

Viel Trostlosigkeit spannend verpackt

 

Wer verbirgt sich hinter dem Pseudonym Ada Fink? Auf jeden Fall ein(e) Autor(in), der/die das Schreib-Handwerk versteht. Denn der vorliegende Thriller ist gut geschrieben. Er fesselt, hat einen sich steigernden Spannungsbogen,  ein interessantes Sujet zum Thema und lässt zudem ein  ungewöhnliches Ermittler-Paar tätig werden. Ich habe das Buch sehr gern gelesen.

 

Wir bewegen uns in zwei Zeitebenen, zum einen 1993, also relativ kurz nach der Wende, in Ostdeutschland und 1975 in der ehemaligen DDR. Zudem gibt es noch gelegentlich eingestreute kursiv gesetzte Erinnerungsfragmente. Die in der mecklenburgischen Provinz tätige Kommissarin Ulrike Bandow und ihr neuer Kollege Ingo Larssen aus Westdeutschland müssen erstmals gemeinsam in einem rätselhaften Mordfall ermitteln. Eine seltsam aufgebahrte Mädchenleiche wurde in einem abgelegenen Waldstück gefunden, mit mehreren auf der Haut eingeritzten Runen. Die rätselhaften Spuren führen das Ermittlerpaar immer tiefer in die deutsch-deutsche Vergangenheit und zu einer bislang unentdeckten bizarr anmutenden Mordserie, aber auch tief in Ulrikes verdrängte Vergangenheit.

 

 

Der Thriller macht es dem Leser erst einmal nicht ganz leicht. Der Einstieg geht langsam voran. Denn Ada Fink erzählt detailreich, allerdings dadurch auch atmosphärisch dicht. Gleichzeitig schaffen die ungekennzeichneten, etwas unstrukturiert wirkenden  Perspektivwechsel  allerlei Verwirrung. Doch man liest sich ein und die Geschichte nimmt zunehmend an Fahrt auf. Im Präsens geschrieben, hat man das Gefühl, dass einem die Sätze manchmal sehr hart um die Ohren fliegen, was das Lesen knackig macht, aber ganz und gar nicht sympathisch. Die Grundstimmung ist trostlos. Die Örtlichkeiten sind trostlos. Und was sind bitte „DDR-Büromöbel“? Auch die stelle ich mir trostlos vor. Interessant ist es zu beobachten, wie Ulrike und Ingo zunächst alle Klischees von Ost und West als Gegenspieler verkörpern, aber sich im Fortlauf der Geschichte zunehmend annähern, je mehr sie die Stärken des anderen erkennen und respektieren. Die Handlung vertieft sich mehr und mehr in altgermanisches rituelles Denken, in Fremdenfeindlichkeit, in blühendes Nazi-Gedankengut dank der vorherrschenden Perspektivlosigkeit, aber auch in Mauscheleien und Lügen bis in die obersten Ränge hinein. Auch das ist im Grunde alles trostlos. Aber eben auch spannend erzählt.

 

{unbezahlte Werbung}

Christoph Wortberg

Trauma – Kein Entkommen

 

·         Herausgeber : dtv Verlagsgesellschaft

·         Broschiert : 368 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3423262682

#TraumaKeinEntkommen

  

Ein (fast) perfekter Psychothriller

 

Vieles gefiel mir an diesem Thriller, jedenfalls so vieles, dass ich auch die beiden Folgebände lesen möchte. Dennoch reicht es nicht für ein uneingeschränktes Lob, denn es gab durchaus etwas, das mir ganz und gar nicht gefiel.

 

Worum geht es? Hauptsächlich um Katja Sand, eine Münchner Mordermittlerin, die von ihren eigenen Schatten aus der Vergangenheit gejagt wird. Die dennoch zäh, fast verbissen in ihrer Arbeit ihre eigenen Theorien verfolgt. Und dann hat sie zu allem Überfluss auch noch eine pubertierende Tochter, die für sich genommen schon Herausforderung genug ist. Zwei Tote werden gefunden, deren Vorgeschichte Traumata offenbart. Sie sollen gemäß Anweisung „von oben“ als Suizide aus der Welt geschafft werden. Doch Katja Sand glaubt nicht an Selbstmord. Gut, dass sie stets auf ihren Kollegen Rudi Dorfmüller bauen kann…

 

Was es heißt, traumatisiert zu werden, erfährt man im Prolog und in einigen weiteren Szenen im Buch. Diese Szenen sind in ihrer psychischen und physischen Brutalität kaum zu ertragen, umso mehr, da ein kleines Kind das Opfer ist. Insofern würde ich das Buch eher dem Genre der Psychothriller zuordnen, denn die auf Dauer beschädigten Seelen, die ihre individuellen Wege des Überlebens suchen, sind sozusagen der rote Faden im Geschehen. Der Kriminalfall als solcher ist logisch und nachvollziehbar aufgebaut, wenngleich in manchen Sequenzen unglaubwürdig überzeichnet. In nahezu gleichbleibender Spannung liest man das Buch schnell und gerne, denn der klare und punkgenaue Schreibstil im Präsens fesselt. Insbesondere die jeweiligen Kapitelenden schreien geradezu danach, dass man weiterliest. Auch das Buchende verlockt geschickt, die Nachfolgebände lesen zu wollen. Doch was auf die Dauer des Buches hinweg entsetzlich nervt, ist das pseudopsychologische Stochern in Katjas Vergangenheit und ihrer desolaten Mutter-Tochter-Beziehung, ohne dass der Leser wirklich erfährt, worum es eigentlich geht. Was vermutlich als ein über 3 Bände hinweg gesetzter Spannungsbogen konzipiert ist, macht ärgerlich, da dieser Bogen schlichtweg überspannt ist.

 

Fazit: Weniger Katja, mehr Thriller – dann wäre das Buch perfekt. 

 

{unbezahlte Werbung}

Helene Tursten

Schneenacht

 

·         Herausgeber : btb Verlag

·         Broschiert : 464 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3442719297

·         Originaltitel : Snödrev

#Schneenacht

  

Wenig Spannung und recht unrealistisch

 

Mit diesem Buch ging alles schief: Die Sendung des Verlages verschwand im Niemandsland, ein zweites versprochenes Exemplar wurde offenbar gar nicht erst verschickt. Da ich jedoch von den Verfilmungen rund um Irene Huss stets sehr angetan war und unbedingt nun mein erstes Buch von Helene Tursten lesen wollte, kaufte ich das Buch entgegen meiner Gepflogenheiten von einem großen Versender.

 

Das stimmungsvoll düstere Cover stimmt gekonnt ein auf große Kälte im schwedischen Winter. Leicht und angenehm lesbar ist die gewählte Schriftgröße. Die Inhaltsangabe des Verlages muss hier nicht wiederholt werden, weil sie alle wesentlichen Angaben enthält.

Generell handelt es sich um einen Kriminalroman, der leider nicht unbedingt fesselt. Die Geschichte kommt relativ ruhig daher. Erst im letzten Viertel nimmt sie Fahrt auf. Es wird sehr detailreich erzählt, viele Namen tauchen auf und verschwinden wieder. Überhaupt schreibt Helene Tursten sehr sachlich und emotionsarm. Sie beschreibt hauptsächlich „sehend“, Gehör-, Tast- und Geruchssinn scheinen in den Schilderungen weitgehend ausgeblendet, das macht den Text irgendwie flach, einseitig und nüchtern, sodass der Leser  sogar zu der Hauptperson Embla leider keinerlei Bindung aufnimmt.  Angenehme Unterbrechung sind die häufigen Dialoge, wobei auch diese relativ sachlich und unrealistisch daherkommen. Sehr konstruiert und unwirklich ist letztlich leider auch der üppige Gebrauch von Handgranaten und Scharfschützengewehren. Wirklich lebendig wirkt Helene Tursten’s Schreibstil eigentlich nur beim Beschreiben der Landschaften und Örtlichkeiten und wenn ihr sehr gutes Gespür für Hunde in die Handlung einfließt.

 

Fazit: Ein im klassischen Sinn aufgebauter nüchterner Kriminalroman mit wenig Spannung und teilweise recht unrealistischen Szenen.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Lenz Koppelstätter

Das dunkle Dorf

 

·         Herausgeber : KiWi-Taschenbuch

·         Taschenbuch : 304 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3462053043

#DasdunkleDorf

 

Mein erster und mein letzter Krimi um Commissario Grauner

 

Mein erster Krimi aus der Feder von Lenz Koppelstätter war das. Und es wird wohl auch mein letzter sein. Leider.

 

Im 6. Fall für Commissario Grauner geht es um die Mafia. Wir befinden uns Mitte Januar im Grödnertal, immer wieder gehen Lawinen ab. Doch Commissario Grauner interessiert die Natur nicht. Ihn interessiert irgendwie auch nicht, dass ein Toter in einer schäbigen Villa gefunden wird. Ihn interessiert nur noch seine Tochter Sara, die seit Tagen verschwunden ist. Sein neapolitanischer Kollege Saltapepe befindet sich ebenfalls im Grödnertal und muss überraschend untertauchen, weil er glaubt, den legendären Mafiaboss gesehen zu haben, den er einst ins Gefängnis gebracht hatte. Grauner ahnt, dass die Vorfälle zusammenhängen und beginnt den Kampf gegen Italiens gefährlichste Verbrecher.

 

 

Das klingt eigentlich nach einem spannenden Plot. Aber nach der Spannung habe ich weitgehend vergeblich gesucht. Gemächlich muss man sich umschauen in der grandiosen Landschaft und muss sich mit viel Geduld einlesen in den ausschweifenden Schreibstil, der lange Zeit irgendwie nicht von der Stelle kommt. Zudem muss man sich mit vielen Namen vertraut machen. Befremdlich empfand ich dabei, dass die Personen hauptsächlich nur per Nachnamen auftreten. Warum so unpersönlich? Und ich gestehe, mich nerven grundsätzlich  Kommissare, die sich mit vielen eigenen Problemen herumschlagen müssen. Die sprunghaften Wechsel der Perspektiven machen das Lesen verwirrend, es zerhackt das Geschehen und damit den Lesefluss. Dass so ziemlich alle Mafiaklischees bedient werden, die ich kenne, hat für mich die Lektüre auch nicht erfreulicher gemacht. Und Cliffhänger, die am Ende des Buches zum Kauf des Folgebandes animieren wollen, finde ich absolut ärgerlich. Der gelegentlich durchblitzende Humor und die Kürze der Kapitel waren dagegen positive Aspekte. Insgesamt gesehen werde ich mich jedoch mit Commissario Grauner nicht mehr befassen wollen. 

 

{unbezahlte Werbung}

Schwiecker, Tsokos

Die 7. Zeugin

 

·         Herausgeber : Knaur TB

·         Taschenbuch : 320 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3426527559

#Die7teZeugin

 

  

Ein raffinierter und durchgängig spannender Justiz-Krimi

 

Die beiden Autoren sind hochverdiente Fachleute als Strafverteidiger und Rechtsmediziner. Ein Glücksfall, dass die beiden zusammengefunden haben, um eine neue Reihe an Justiz-Krimis ins Leben zu rufen, in denen einerseits ihr gebündeltes Wissen einfließt, andererseits ihre Lust am Schreiben gekonnt zum Tragen kommt. Ich habe den hier vorliegenden ersten Band mit großer Freude gelesen und erwarte gespannt weitere Fortsetzungen.

 

An einem ganz normalen Sonntagmorgen schwingt sich Nikolas Nölting, von Beruf ein ganz normaler Beamter in der Stadtverwaltung, auf sein Fahrrad, um zum Bäcker zu fahren. Doch kaum hat er die Bäckerei betreten, schießt er wie aus dem Nichts heraus wild um sich, tötet einen Mann und verletzt zwei weitere Ladenkunden. Anschließend lässt er sich bereitwillig festnehmen und schweigt. Unbegreiflich und sinnlos, was da geschehen ist. Rocco Eberhardt, ein aufstrebender Strafverteidiger, steht vor einem Rätsel. Doch Dr. Justus Jarmer, der Rechtsmediziner, macht eine Entdeckung, die dem Fall eine neue Wendung gibt und mitten hineinführt in den Sumpf von Clan-Kriminalität und Geldwäsche, aber auch mitten hinein in die Gefahr.

 

Ich habe das Buch sehr, sehr gerne gelesen. Die kurzen Lesekapitel sind sehr leserfreundlich. Sie schaffen es, aus immer wieder anderen Perspektiven die Tat und deren Vorgeschichte zu beleuchten. Die klare, schnörkellose Erzählweise und die nachvollziehbar geschilderten Persönlichkeiten der handelnden Personen verstärken noch zusätzlich die gute Lesbarkeit des Buches. Ein Justiz-Krimi könnte unter Umständen ziemlich dröge geraten. Doch meine anfängliche Skepsis zerschlug sich beim Lesen sofort. Von der ersten Seite an hat das Buch eine kontinuierliche Spannung, die den Leser vorantreibt. Welch geniale Wendung die Geschichte am Ende nimmt, muss man unbedingt selbst lesen.

 

Fazit: Ein Justiz-Krimi, gekonnt geschrieben, mit Raffinesse, permanenter Spannung und fundiertem Sachwissen. Sehr empfehlenswert!

{unbezahlte Werbung}

Charlotte Link

Ohne Schuld

 

·         Herausgeber : Blanvalet Verlag; Originalausgabe Edition

·         Gebundene Ausgabe : 544 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3764507381

#ohneSchuld

 

 

 

Gekonnt geschriebenes, fesselndes Katz- und Maus-Spiel

 

Dass Charlotte Link immens gut erzählen kann, hat mich zu einem treuen Fan gemacht. Und meine hoffnungsfrohen Erwartungen an das vorliegende Buch wurden keineswegs enttäuscht. Ich hatte 550 Seiten spannende, abwechslungsreiche Unterhaltung erhofft und auch bekommen. Allzu tief nachdenken sollte man allerdings nicht über die erzählten Geschehnisse, denn da gäbe es so manches zu hinterfragen. Doch ich halte es durchaus für legitim, wenn ein Buch in überaus gekonnt geschriebener Weise den Leser so unterhält, dass er alles um sich herum beim Lesen vergisst, auch wenn nicht unbedingt das Erzählte in allen Punkten immer unbedingt logisch ist.

 

Der Inhalt des Kriminalromans beginnt schon mit einer sehr eindringlichen Szene: Im Zug zielt ein Unbekannter auf eine Frau, die den Schüssen nur in allerletzter Minute entkommen kann. Zu Hilfe eilt ihr die zufällig im Zug mitreisende Ermittlerin Kate Linville, die auf dem Weg zu ihrer neuen Dienststelle ist. Zwei Tage später wird eine andere junge Frau durch einen gespannten Draht von ihrem Fahrrad gerissen und lebensgefährlich verletzt. Ein zusätzlich abgegebener Schuss verfehlt sein Ziel. Kate Linville stochert mit ihren Ermittlungen lange im Trüben, denn die einzige Verbindung zwischen den beiden Vorfällen ist nur, dass die gleiche Waffe benutzt wurde. Wie Kate Linville schließlich einem unfassbaren Geheimnis auf die Spur kommt und damit selbst in allergrößte Gefahr gerät, muss man unbedingt selbst lesen.

 

Charlotte Link hat wieder einen äußerst spannenden, lebendig und fesselnd erzählten Kriminalroman geschrieben, der psychologisch klug und nachvollziehbar menschliche Ängste, Abhängigkeiten, Schuld und Rache so zu schildern vermag, dass sich der Leser dem Sog der Geschichte nicht entziehen kann. Einziger Wermutstropfen, über den ich inhaltlich nichts sagen kann, um nicht zu spoilern: Wenn man über viele Seiten hinweg mit gespannter Hoffnung einen bestimmten Handlungsstrang verfolgt und zum Ende nicht erfährt, wie es damit ausgeht, bleibt man ein wenig enttäuscht zurück. Dennoch hatte mir Charlotte Link insgesamt gesehen wieder ein aufregendes und intensives Leseerlebnis geschenkt.

 

 

 

{unbezahlte Werbung}

Sam Lloyd

Der Mädchenwald

 

·         Herausgeber : Rowohlt Taschenbuch

·         Broschiert : 448 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3499001130

·         Originaltitel : The Memory Wood

#DerMädchenwald

 

 

Im Sog des Wahnsinns

 

Eigentlich möchte ich zu dem vorliegenden Buch keine Rezension schreiben, sondern nur noch mit Wörtern um mich werfen wie „großartig“, „unglaublich“, „faszinierend“, „ungewöhnlich“, „grausig“ usw. Für mich war dieser Thriller, dieses unfassbar gute Erstlingswerk, eine solch überraschende und   intensive Lese-Entdeckung, dass der Autorenname Sam Lloyd ab sofort in meiner ganz persönlichen Thriller-Autoren-Bestsellerliste als No. 1 abgespeichert ist.

 

Ein ungewöhnlicher Plot mit ungewöhnlichen Protagonisten führt geradezu zwangsweise zu einem ungewöhnlichen Leseerlebnis: Da ist die 13-jährige Elissa, die meisterhaft Schach spielt. Man kann also davon ausgehen, dass sie intelligent ist und vor allem strategisch denken kann, auch in Stresssituationen. Als sie während eines Schachturniers entführt wird und in einem Kellerverlies landet, angekettet, verletzt, chancenlos, da beginnt das Spiel ihres Lebens. Denn sie bekommt Besuch von Elijah, einem mehr als seltsamen Menschen. Elissa hofft, ihn zu ihrer Rettung zu bewegen. Gleichzeitig versucht die ermittelnde Kommissarin Detective Mairéad MacCullagh, mit einer unglaublichen Verbissenheit in diesem Entführungsfall weiterzukommen, obwohl sie selbst kurz vor dem psychischen und physischen  Zusammenbruch steht.

 

 

Aus wechselnden Perspektiven setzt sich diese Geschichte zusammen, sodass es dem Leser gelingt, mehr und mehr in die Gedanken- und Gefühlswelt  der Protagonisten einzutauchen und durch Rückblicke zunehmend zu begreifen, wie diese Menschen zu dem wurden, was sie sind, wobei diese Einblicke teilweise in eine grausige Gedankenwelt führen, dass die dem Leser Schauder über den Rücken jagen. Zu Beginn ist das Erzähltempo zwar durchweg fesselnd, aber noch gemäßigt. Der Leser muss sich erst einmal zurechtfinden. Aber je weiter die Geschehnisse voranschreiten, desto rasanter wird die Fahrt. Sie steigert sich in einem solch unvorstellbaren Ausmaß, dass ich beim Lesen das Gefühl hatte, in einen immensen Strudel geraten zu sein, der mich am Ende atemlos und schweißnass nach einem unglaublichen Twist entließ. Der Schreibstil von Sam Lloyd entfaltet dank der unfassbar präzisen und detailgenauen Beschreibungen von Menschen und Szenerien und dem messerscharfen Eindringen in deren Gedanken, Gefühle und Ahnungen eine geradezu magische Wirkung. Kurzum: Ein unfassbar gut geschriebener Thriller!

 

{unbezahlte Werbung}

Stephan Ludwig

ZORN - Zahltag

 

·         ISBN-13 : 978-3596705016

·         Taschenbuch : 384 Seiten

·         Herausgeber : FISCHER Taschenbuch

#ZornZahltag

  

Ein nervig plänkelndes Ermittlerpaar schmälert das Lesevergnügen

 

Seltsam, dass ich bislang den Autor noch nicht kannte, denn das vorliegende Buch ist bereits Band 10 rund um Hauptkommissar Claudius Zorn und seinen Kollegen Schröder. Somit durfte ich das Ermittlerteam in „Zahltag“ erstmalig kennen lernen. Und ich bin mir völlig unschlüssig, ob ich dieses Kennenlernen noch weiter fortsetzen möchte.

 

Hauptkommissar Claudius Zorn und Oberstaatsanwältin Frieda Borck sind zusammengezogen. Ein seltsames Paar, denkt sich der Leser. Und denkt sich das Gleiche bei den Kollegen Zorn und Schröder. Doch erst einmal gibt es eine Leiche im Landgericht. Sie liegt bereits seit mehreren Tagen unentdeckt in der Toilettenkabine und ist eine wichtige Zeugin für Friedas derzeitigen Prozess. Doch Zorn wird krankheitsbedingt aus den ersten Ermittlungen jäh herausgerissen und kommt in lebensbedrohlichem Zustand ins Krankenhaus…

 

Vielleicht ist es für Leser, die die Protagonisten bereits aus früheren Büchern kennen, einfacher, sich in das Ermittler-Duo hineinzudenken. Für mich als „Neuling“ in der Zorn-Welt hatte ich zumindest anfänglich große Mühe, den eigentlichen „Fall“ herauszulösen aus dem ganzen für die Ermittlungen irrelevanten Alltags-Wust, der dem Leser breit und ausführlich serviert wird. Das endlos sich wiederholende Geplänkel zwischen dem ewig schwadronierenden egomanischen Chef Claudius Zorn und dem schlau sich durch alle Fettnäpfchen durchlavierenden Schröder ist einerseits durchaus witzig, wird aber durch die sich wiederholenden und einander sehr ähnelnden Dialoge so sehr breitgetreten, dass es zu nerven beginnt. Ein gewisser hinterhältiger Humor zeichnet den Autor aus, was mir durchaus  gefällt, doch weniger wäre mehr gewesen. Der Fall als solcher wird geschickt verwirrend aus verschiedenen Blickwinkeln dargeboten und bleibt für den Leser eine ganze Weile in seinen Zusammenhängen undurchsichtig, auch wenn der Mörder früh bekannt ist. Auch wenn mich das Buch einerseits gut unterhalten hat, lässt mich das nervig-symbiotische Ermittlerpaar und der recht gewaltsam konstruierte Fall andererseits recht zwiegespalten zurück. 

 

 

{unbezahlte Werbung}

Sebastian Fitzek

Der Heimweg

 

·         Gebundene Ausgabe : 400 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3426281550

·         Herausgeber : Droemer HC

#DerHeimweg

 

 

Abstoßend brutales Katz- und Mausspiel

 

Diese Rezension kann man kurz halten. Denn dass Fitzek „es drauf hat“, Thriller zu schreiben, weiß inzwischen wohl jeder. Dass er mit jedem weiteren Erfolgstitel mehr und mehr unter Druck und Leistungszwang gerät und damit zunehmend das verliert, was ihn in seinen frühen Titeln auszeichnete, gibt mir zu denken.

 

Jules Tannberg ist für seinen Freund eingesprungen und hat dessen Schicht beim ehrenamtlichen Telefonbegleitservice übernommen. Es ist nach 22 Uhr und Jules spricht mit Klara, einer Frau, die sich von ihrem brutalen Mann verfolgt fühlt. Mehr Inhalt hier zu erzählen, macht keinen Sinn.

 

 

Es hätte ein faszinierendes, nervenaufreibendes Kammerspiel werden können. Aber statt auf Raffinesse setzt Fitzek auf extreme Brutalität, auf ekelerregende, abstoßend widerliche Szenerien, die übler gar nicht mehr sein könnten. Das Baden in Eiter, Blut und fauligem Gestank allein macht jedoch noch keinen guten Thriller. Klar, Fitzek weiß, wie er die Leser durch den Fleischwolf dreht, wie er sie ins Spiegelkabinett schickt, dass sie nicht mehr aus noch ein wissen vor lauter Twists und Täuschungen. Wer das alles zu schnell liest, fällt vor lauter Schwindelgefühlen von der Couch. Und ja, es gibt auch außerordentlich spannende Sequenzen, die dem Leser den Atem rauben. Und natürlich erleben wir zum Schluss des Buches, dass wir Fitzek wieder auf den Leim gegangen sind. Das ist gekonnt geschrieben, keine Frage. Dennoch fehlt es mir an Feinheiten im Ausgestalten, insbesondere die Protagonisten bleiben technisch-konstruiert künstlich und damit für den Leser fremd und fern. Ganz wunderbar dagegen sind Fitzeks Danksagungen am Ende des Buches: Man sieht beim Lesen sein verschmitztes Lächeln direkt vor sich…  

 

 

{unbezahlte Werbung}

Marc Raabe

Die Hornisse

 

·         Broschiert : 544 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3864931512

·         Herausgeber : Ullstein Paperback

#DieHornisse

 

 

Packende Szenen und ein gemeiner Cliffhanger

 

Wenn ein renommierter LKA-Ermittler wie Tom Babylon mitten beim Babyschwimmen weggerufen wird an einen Tatort, so zeigt sich meiner Meinung nach genau an dieser fast komisch anmutenden Szene sowohl die Stärke als auch die Schwäche des vorliegenden Buches.

 

Der gefeierte Rockstar Brad Galloway ist tot, er liegt ausgeblutet und ans Bett gefesselt in seinem Hotelzimmer. Einzige mögliche Spur: Eine unbekannte Frau hatte Brad Galloway noch während seines Konzertes in Berlin am Abend zuvor einen geheimnisvollen Umschlag überreicht. Tom Babylon nimmt zusammen mit der Psychologin Sita Johanns die Ermittlungen auf. Jemand sinnt auf Rache und will alles zerstören, was Tom Babylon wichtig ist, doch der eigentliche Anfang der Geschichte liegt bereits 30 Jahre zurück.

 

 

Auch in diesem dritten Band rund um den Ermittler Tom Babylon wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Die gegenwärtigen Geschehnisse sind im mühsam zu lesenden Präsens geschrieben, die Rückblicke rund um das Jahr 1989 im flüssigen Imperfekt. Die beiden Zeitebenen verweben sich, je weiter man liest, immer mehr, verknoten sich geradezu, geben Informationen und verwirren gleichzeitig. Es gibt Passagen von großer packender Spannung, insbesondere bei den Rückblicken, die sehr intensiv das Leben in der DDR mit der großen Angst vor dem herrschenden Denunziantentum schildern. Aber leider gibt es im Buch auch gewisse Längen, besonders während der Schilderungen der eher frustranen Ermittlungsarbeit. Und es wurde mir mitunter zu viel an Privatheit, was Tom Babylon da aus seiner Vergangenheit mit sich schleppt. Besonders die Szenen mit seiner vor 20 Jahren verschwundenen kleinen Schwester Viola, die gerne mal neben ihm im Auto sitzt und Kommentare abgibt, gingen mir bald auf die Nerven. Doch grundsätzlich ist auch dieser dritte Band gut und flott zu lesen, mit einer geschickt konstruierten Handlung, lebendigen Dialogen, aber leider mit einem ganz gemeinen Cliffhanger zum Schluss. 

 

{unbezahlte Werbung}

Martin Michaud

Aus dem Schatten des Vergessens

 

·         ISBN-13 : 978-3455010077

·         Herausgeber : HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH

·         Broschiert : 640 Seiten

#AusdemSchattendesVergessens

 

 Überraschend und wendungsreich, aber zu ausufernd

 

Winter in Montreal. Am Tag vor Weihnachten wird die Psychologin Judith Harper bestialisch umgebracht. Etwa zur gleichen Zeit verschwindet der angesehene Anwalt Nathan Lawson, nachdem er in offensichtlicher Panik auf einem Friedhof Dokumente vergraben hatte. Und kurz darauf stürzt ein Obdachloser vom Wolkenkratzer. Er hinterlässt die Brieftaschen von Harper und Lawson. Détective Victor Lessard, der mit der Last seiner Vergangenheit kämpft, versucht zusammen mit seiner Kollegin Jacinthe Taillon den Vorfällen auf den Grund zu gehen. Als den beiden eine Aufnahme mit der Stimme von Lee Harvey Oswald, dem Mörder von J. F. Kennedy, zugespielt wird, bekommen sie eine Ahnung von den Abgründen, in denen sie herumstochern müssen.

630 Seiten, die mir vor allem zu Beginn Einiges abforderten. So viele Szenenwechsel, so viele Personen, so viele angerissene Handlungsstränge. Es dauerte eine Weile, bis ich mich einigermaßen zurecht fand. Der teilweise geradezu originell zu nennende, überraschend kreative Schreibstil forderte ebenso meine volle Aufmerksamkeit wie die oftmals detailreichen Schilderungen. Andererseits blieb der Thriller durchweg kurzweilig und mit unerwarteten Wendungen versehen. Immer wieder tischt uns der Autor ein neues Detail auf, das die Sicht auf die Dinge verändert.

 

Ein Thriller mit unvorhersehbarem Handlungsaufbau, durchaus spannend-unterhaltsam zu lesen, mit einem sympathischen Ermittlerteam, das es sich privat und beruflich nicht gerade leicht macht, dazu mit dem winterlichen kanadischen Ambiente versehen – alles in allem eine gelungene Mischung. Einziger Kritikpunkt ist für mich, dass für meinen Geschmack zu ausufernd erzählt wird, dass unwichtigen Nebensächlichkeiten zu viel Raum gegeben wird und eine vorsichtige Straffung dem Buch gut getan hätte. Und warum nur hat man aus dem schönen französischen Buchtitel „Je me souviens“ solch einen hölzernen deutschen Titel gezimmert? 

 

{unbezahlte Werbung}

Catherine Shepherd

Artiges Mädchen

 

·         Taschenbuch : 332 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3944676272

·         Herausgeber : Kafel Verlag

#ArtigesMädchen

  

Die Barbie-Puppe bringt den Tod

Die Autorin bringt mich immer wieder zum Staunen, denn Band für Band gelingen ihr Thriller, wie sie besser nicht sein könnten!

Rechtsmedizinerin Julia Schwarz wird in ihrem fünften Fall wieder bis an die Grenzen gefordert. Da wird die Leiche einer Frau auf einem Spielplatz abgelegt, herausgeputzt wie ein braves Schulmädchen mit Schleifchen und weißem Rüschenkleid. Todesursache war ein Pfeil mitten durchs Herz. Doch damit nicht genug. Eine weitere weibliche Leiche auf einem nahegelegenen Spielplatz lässt die Ermittlungen von Kommissar Florian Kessler gemeinsam mit Julia Schwarz auf Hochtouren laufen, denn es liegt nahe, dass der Killer weiter morden wird. Doch wie vorgehen, wenn absolut keine Spur zu finden ist?

 

Catherine Shepherd ist eine verlässliche Thriller-Autorin. Verlässlich insofern, da es ihr von Titel zu Titel gelingt, in stets gleicher Weise Spannung in einem solchen Maß aufzubauen, dass man das Buch, einmal begonnen, nicht mehr zur Seite legen kann. Kurze Kapitel und viele Cliffhänger der gemeinsten Sorte treiben den Leser unaufhaltsam voran. Und verlässlich ist die Autorin auch dahingehend, dass sie viele Spuren legt und den Leser zunehmend verwirrt, wobei man mit dem wahren Täter nie gerechnet hätte. Alle Protagonisten sind psychologisch stimmig gezeichnet in ihren Stärken und Schwächen. Geschrieben ist das Buch in einer leicht lesbaren, klaren Sprache ohne vermeintlich künstlerische Sperenzchen. Kurzum: Ein Thriller, wie er besser nicht sein könnte. 

 

{unbezahlte Werbung}

Gerd Schilddorfer

Das Tartarus-Projekt

 

·         Broschiert : 304 Seiten

·         Herausgeber : Carl Ueberreuter Verlag

·         ISBN: 978-3800090013

#DasTartarusProjekt

  

Intelligent, bissig, kurzweilig

 

Der Autor war mir bislang unbekannt. Mir gefällt die kritische Intelligenz des Autors, mir gefällt, wie er mit den Klischees spielt und den Finger durchaus satirisch-humorvoll auf so manche Wunde legt.

Es beginnt mit einer Nobelparty der Reichen und Schönen in Münchens Nobelvorort Grünwald, die mit einem entsetzlichen Mord am Gastgeber endet. Michael Landorff, Journalist und Autor, war völlig überraschend zu dieser Party eingeladen gewesen und beginnt  nun zusammen mit der professionellen Pokerspielerin Alexandra Buschmann auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen. Die beiden stoßen auf ein schier undurchdringliches Geflecht von wirtschaftlichem und politischem Kalkül, von Geheimdienst-Aktivitäten und undurchsichtigen privaten Verstrickungen. Nicht nur Landorff und Buschmann geraten in Lebensgefahr, die ganze Welt ist einer ungeahnten Bedrohung ausgesetzt.

 

Ein bisschen viel an Themen bringt der Autor in diesem Thriller unter. Die teilweise perversen Marketingaktionen der Buchbranche  bekommen ihr Fett weg. Politische reale und aktuelle Geschehnisse werden in ihrer Brisanz benutzt, um fiktive Zukunftsideen zu entwickeln. Technikwahn, Menschenhybris, Schönheits- und Gesundheitsideale, und vor allen Dingen die Macht des Geldes, ach ja, nicht zu vergessen, die ewige Parkplatzsuche – in der Fülle der Themen blieb mir am eindrücklichsten die Entwicklung einer stechmückengroßen Drohne, die mit ihrem Stachel den Menschen gefährliche Viren appliziert... Ja, die Gefahren sind näher als wir glauben, das macht den Thriller besonders spannend. Die humorvoll-sezierende Schreibweise des Autors gefällt mir sehr gut. Er jongliert gekonnt mit geistreichen Gedanken. Allerdings blieben für mich der Protagonist Landorff und die weiteren Akteure im Buch sehr fern, weil sie nüchtern-distanziert und weitgehend emotionslos geschildert werden. Auch die Dialoge wirken mitunter hölzern und  lebensfern. Dennoch in der Summe ein durchaus unterhaltsamer und lesenswerter Thriller. 

 

 

{unbezahlte Werbung}

Veit Etzold

Final Control

 

·         Taschenbuch : 480 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3426307090

·         Herausgeber : Droemer TB

#FinalControl

 

  

Vielleicht eher eine Männer-Lektüre

 

Wenn ein Autor Hochschulprofessor und Redner für Corporate Storytelling ist, überhaupt einen beeindruckenden Lebenslauf vorweist, zudem mit einer Rechtsmedizinerin verheiratet ist, kann man davon ausgehen, dass seine Bücher reichlich mit Hintergrundwissen gefüttert und strategisch raffiniert konstruiert sind. Und so besticht auch in diesem Buch wiederum gründliche Recherche kombiniert mit persönlicher Erfahrung, in Form gebracht in einer  spannenden Erzählweise.

Im vorliegenden Politthriller, der uns inhaltlich näher rückt als wir es wollen, geht es letztlich um die totale digitale Überwachung. Da ist der Milliardär Dairon Arakis, und da ist Tom, der dringend einen Investor braucht. Während die Welt schier vor die Hunde geht, insbesondere Europa direkt vor einem Bürgerkrieg steht, bietet Arakis die scheinbar einzige Lösung an, nämlich eine chinesische Sicherheitstechnologie. Doch hieße das nicht, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben?

 

Als durchschnittlich gebildete Leserin kann ich nicht abschätzen, ob die Bilder, die Veit Etzold hier entwirft, nicht allzu klischeehaft skizziert sind. Zumindest muten sie mich so an. Ist Europa wirklich im Vergleich zur chinesischen Macht so träge-dummdöselig? Und wieso wird ein Bodyguard mit schier überirdischen Karate-Kräften so einfach ausgetrickst? Dies nur zwei kleine Beispiele von Szenen, die mich im Buch nicht überzeugen konnten. Davon gab es etliche. Was mich außerdem nervte, war die Überflutung von Insider-Fachwörtern wie „Non-Disclosure-Agreements“ oder „Pitch“ oder „Heatmaps“ und viele andere. Ich hatte keine Lust, ständig zu googeln, was damit gemeint ist. Der Autor mit dem beeindruckenden Wissenshintergrund  hält sich im Buch mit diesem vielfältigen Wissen nicht zurück. Das macht das Buch besonders, denn es gibt nicht nur Thrillerspannung mit einem Schuss Science Fiction, mit politischer Brisanz garniert. Sondern wir lernen auch zum Beispiel, wie, wo  und warum das Buch „Frankenstein“ von Mary Shelley entstanden ist. Also kurz gefasst: Es gibt allerlei Klischees, unglaubwürdige Szenen, sich wiederholende Bonmots, viele Fachwörter und Wissensüberladung. Aber es gibt durchaus auch realitätsnahe Spannung. Irgendwie habe ich den Verdacht, dass Veit Etzold eher für männliche Leser schreibt…

 

{unbezahlte Werbung}

Arno Strobel

Die App

 

·         ISBN-13 : 978-3596703555

·         Broschiert : 368 Seiten

·         Herausgeber : FISCHER Taschenbuch

#DieApp

 

 

 

Ein leicht lesbarer Thriller zum Entspannen zwischendurch

 

Manchmal habe ich richtig Lust, mich ganz einfach spannend unterhalten zu lassen, ohne großes Nachdenken über Sinn und Folgerichtigkeit, über psychologische Stimmigkeiten und ohne mich dafür entschuldigen zu müssen. Arno Strobel hat mit „Die App“ genau solch ein Buch geschrieben, zum Abschalten, ohne großen Tiefgang, aber spannend, überraschend und unterhaltsam.

Der Chirurg Hendrik hat für sich und seine Verlobte Linda in ihrem gemeinsamen Zuhause Smart Home Adam eingerichtet, ein System, das den Bewohnern absolute Sicherheit verspricht und alles im Haus über eine App steuert, von Türen über Rollläden, über Licht, Musik usw., Kameras und Mikrofone sind überall verteilt. Doch dann passiert es: Linda verschwindet über Nacht spurlos. Es gibt keine Nachricht, keinen Hinweis, nichts. Das System hatte keinen Alarm ausgelöst. Hendrik ist verzweifelt, denn die Polizei mutmaßt, dass Linda freiwillig das Haus bzw. ihren Verlobten verlassen hat. Hendrik lässt jedoch nicht locker auf der verzweifelten Suche nach Linda und findet überraschende Unterstützung.

Ein Teil der immanenten Spannung der Geschichte liegt wohl darin, dass solch ein Geschehen, wie es uns Arno Strobel erzählt, durchaus im Bereich des Vorstellbaren liegt, gerade wegen unserer Faszination für digitale Vernetzungen und technische Neuerungen. Natürlich treibt der Autor die Ereignisse auf die Spitze, aber denkbar wären die Gefahren durchaus. Mich hat das Buch durchweg spannend unterhalten. Auch wenn es teilweise etwas unglaubwürdige Passagen gab, auch wenn man Hendrik manchmal etwas mehr Intelligenz und nüchternen Verstand gewünscht hätte. Vorrangig blieb für mich der große Unterhaltungswert des Buches, der durch die leicht lesbare Schreibweise des Autors noch gefördert wurde. Und überraschend war der Schluss auch, trotz aller Vorhersehbarkeiten. Und dass ein Buch einfach nur spannend unterhält, ohne Grübelattacken auszulösen, darf auch mal sein.

 

Fazit: Ein leicht lesbarer, durchaus spannender Thriller, ohne großen Anspruch, ideal zum Entspannen zwischendurch.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Jo Nesbo

Ihr Königreich

 

 ·         Originaltitel : Kingdom

·         Gebundene Ausgabe : 592 Seiten

·         ISBN-13 : 978-3550050749

·         Herausgeber : Ullstein Hardcover

#IhrKönigreich

 

 

Kunstvoll in Szene gesetztes Familiendrama

 

„Wenn du bis zum Hals in der Scheiße steckst, ist es gut, den Kopf nicht hängen zu lassen.“ Dieser Satz trifft das Buch auf den Punkt. 600 Seiten, deren Inhalt man auf wenige Sätze reduzieren könnte. Ein friedliches Leben führt Roy in den norwegischen Bergen, bescheiden, im Gleichmaß. Bis sein Bruder Carl nach Jahren der Abwesenheit in die Heimat zurückkehrt, in Begleitung seiner schönen Frau. Carl, der jüngere, der charmantere, der scheinbar erfolgreichere Bruder, von Kindheit an von Roy beschützt. Wo Carl auftaucht, gerät das Leben von Roy und so manch anderer Menschen im Ort gewaltig in Bewegung.

 

Jo Nesbo hat einen Kriminalroman geschrieben. So steht es auf dem Cover. Aber vielleicht ist das Buch eher ein Familiendrama. Oder das Psychogramm von Menschen, denen in früher Kindheit Schreckliches widerfahren ist. Oder die verquere Moralanalyse, wie Menschen, selbst wenn sie morden, sich als Opfer der Umstände sehen. Doch egal, welchem Genre man das Buch zuordnen möchte – es ist so gut geschrieben, dass die 600 Seiten an keiner Stelle, trotz der teilweise ausufernden Erzählweise, mühsam oder langweilig zu lesen sind. Im Gegenteil! Es gibt unglaublich schöne bildstarke Textpassagen, fast lyrisch schön, wie zum Beispiel zum Goldregenpfeifer, dem „einsamsten und ernstesten Vogel“. Und es gibt entsetzliche, unerträglich grausame Textpassagen, deren Inhalt ich hier nicht wiederholen möchte. Jo Nesbo beherrscht die gesamte Klaviatur der Schreibkunst perfekt. Und so ist auch der Aufbau des Buches ein schriftstellerischer Kunstgriff der besonderen  Art. Denn es wird nicht wirklich chronologisch erzählt, sondern eher in Kreisen, erst in großen weiten Bögen, dann enger werdend, dabei mehr und mehr offenbarend, wann immer man wieder an die gleichen Geschehnisse herankommt. Bei jeder Kreisumrundung wird deutlicher, was die beiden Brüder verbindet oder trennt. Bei jeder weiteren Drehung tun sich mehr Untiefen auf, Strudel, die den Leser immer weiter hinein ziehen in eine schier ausweglose Geschichte, dramatisch und spannend.

 

{unbezahlte Werbung}

Anders Roslund

Geburtstagskind

 

 ·         Broschiert: 560 Seiten

·         Verlag: Ullstein Paperback

·         ISBN-13: 978-3864931451

·         Originaltitel: Jamåhonleva

  

Ein Prolog, der einem den Atem raubt

 

Kommissar Ewert Grens kennt seit dem Tod seiner Frau Anni nichts anderes mehr als seine Arbeit im Kommissariat in Stockholm. Meist schläft er sogar dort, auf seinem alten Cordsofa, „dessen Bezug keine Längsrippen mehr hat“. Die kurz bevorstehende Pensionierung schürt in ihm tiefe Ängste. Und da ist auch noch der alte ungelöste Fall, der ihn bis heute nicht loslässt. Damals holte er ein 5-jähriges Mädchen aus einem Apartment. Es hatte unmittelbar nach seinem Geburtstag mehrere Tage zwischen seinen erschossenen Eltern und Geschwistern gelebt. Als er 20 Jahre später zu einem seltsamen Einbruch genau in das gleiche Apartment gerufen wird, werden in ihm schreckliche Erinnerungen und schreckliche Vorahnungen gleichermaßen wach…

Nicht nur der Prolog ist atemberaubend, auch die Spannung über das gesamte Buch hinweg baut sich kontinuierlich auf bis zur rasanten letzten Steigerung gegen Ende. Es geht um Rache und Verrat, um verdeckte Ermittler und um neue Identitäten, um Waffen und Ehre, um Trauma und Liebe, also um eine facettenreiche, lebendige Geschichte,  in der der Leser lange, lange im Ungewissen gelassen wird. Die geschilderten Personen sind allesamt authentisch gezeichnete individuelle Persönlichkeiten mit Kanten und Macken, dadurch kommen sie dem Leser erstaunlich nahe, ganz besonders Kommissar Grens in seiner Einsamkeit und ruppigen Art. Zwar musste ich mich anfangs ein wenig an den Schreibstil gewöhnen, der teilweise mit unfertigen Sätzen, oft nur einzelnen Wörtern daherkommt. Doch genau dieser unruhige Schreibstil fördert die Atemlosigkeit beim Lesen.

 

Fazit: Ein packender, sehr spannender Thriller, perfekt konstruiert, mit überraschenden Wendungen. Absolut lesenswert!

{unbezahlte Werbung}

Karin Slaughter

Die verstummte Frau

 

 

·         Gebundene Ausgabe: 672 Seiten

·         Verlag: HarperCollins

·         ISBN-13: 978-3959675338

·         Originaltitel: The Silent Wife

#DieverstummteFrau

 

Mehr Thriller und weniger Seelenpein hätten mir besser gefallen

 

Eine Thriller-Autorin, die seit Jahren gefeiert wird und mit der ich zum ersten Mal anhand des vorliegenden Buches Bekanntschaft machte. Mit hohen Erwartungen zugegebenermaßen. Und offensichtlich mit falschen Erwartungen. Denn, um es kurz zu sagen, die knapp 700 Seiten wurden mir lang, sehr lang…

Zu Tode gequälte, grausam vergewaltigte Frauen – vor 8 Jahren und in der Gegenwart. In zwei Zeitsträngen, zwischen denen die Autorin hin und her springt. Fixpunkt damals und heute ist Gerichtsmedizinerin Sara Linton, damals frisch geschieden vom Ermittlungskollegen Jeffrey Tolliver, heute auf einem schwierigen Annäherungsweg an den Special Agent Will Trent. Will erkennt, dass er im gegenwärtigen Fall nur weiterkommt, wenn er den ersten Fall vor 8 Jahren löst, was schier unmöglich scheint.

 

Einerseits erweckt die detailverliebte Erzählweise von Karin Slaughter die Geschehnisse besonders lebendig und intensiv zum Leben, andererseits wurde es mir teilweise zu viel an unnützem Beiwerk, das nicht dem Vorankommen der Handlung dient. Über die verschiedenen Schließsysteme an teuren Sargmodellen zum Beispiel muss ich nichts wissen, wenn es nicht bei den Ermittlungen hilft. Überhaupt empfand ich den Thriller streckenweise als mühsam lesbar. Die zweideutigen Ausdrucksweisen in den Gesprächen zum Beispiel, die sich auf Filme oder Künstler beziehen, die ich nicht kenne. Bei einem Thriller möchte ich nicht ständig googeln müssen, um einen verbalen Seitenhieb verstehen zu können. Auch die Konflikte vor 8 Jahren zwischen Jeffrey und Sara und genauso in der Gegenwart Sara’s innere Wirrungen, was Will betrifft, wurden mir zu viel, besonders da ich die Problemchen nicht immer nachvollziehen konnte. Zwar gab es viele spannende Stellen, besonders zum letzten  Drittel hin. Auch gefiel mir der scharfzüngige, intelligente Humor. Aber in der Summe hätten mir mehr Krimi  und weniger Seelenpein besser gefallen.

 

 

{unbezahlte Werbung}

Catherine Shepherd

Der Behüter

 

·         Taschenbuch: 334 Seiten

·         Verlag: Kafel Verlag

·         ISBN-13: 978-3944676265

#DerBehüter 

 

Beste Thriller-Unterhaltung

 

Eigentlich könnte ich mich ständig selbst zitieren aus meinen früheren Rezensionen, denn egal welchen Thriller ich von Catherine Shepherd lese, egal aus welcher ihrer Thriller-Reihen,  immer fühle ich mich auf verlässliche Weise auf das Beste und Spannendste unterhalten. So erging es mir auch mit „Der Behüter“, dem neuen Thriller aus der Laura-Kern-Serie.

 

Vor den Mülltonnen eines Krankenhauses wird eine Tote gefunden, eine Frau, die offenbar vor ihrem Tod in der Klinik behandelt worden war und lt. Überwachungskamera mit einem fremden Mann unerlaubt die Klinik verlassen hatte. Eine weitere Patientin verschwindet. Beide Frauen waren von ihren Lebensgefährten misshandelt worden. Und die weiteren Geschehnisse erwecken den Eindruck, der unbekannte Täter wolle die Frauen vor den Misshandlungen retten. Aber warum tötet er sie dann? Laura Kern wird wieder bis an ihre persönlichen Grenzen gefordert, als ihr klar wird, dass sie einen Serientäter jagt. Insbesondere für das letzte Entführungsopfer wird es ein schier hoffnungsloser Kampf gegen die Zeit.

 

Catherine Shepherd spielt wieder gekonnt mit dem Leser. Die Reihe der Verdächtigen, die die Autorin in die Handlung einbringt, ist lang. Viele Spuren werden verfolgt, verlaufen im Sande, rücken durch neue Ermittlungsergebnisse erneut in den Fokus, und der Leser wird immer verwirrter. Catherine Shepherd schreibt so bildhaft, so kurzweilig und ideenreich, so überaus spannend, dass man ohne Pause durch die Seiten jagt. Und es gelingt ihr tatsächlich, zum Schluss die Handlung zu einer Auflösung zu führen, mit der man ganz und gar nicht gerechnet hatte. Die von ihr beschriebenen Personen wirken authentisch, vielschichtig, psychologisch stimmig, in ihren Handlungen nachvollziehbar. Übrigens sehr wohltuend fällt im Buch auf, dass Laura sich immer wieder bei ihren Mitarbeitern bedankt. So eine Geste kommt selten vor in Thrillern. Ungewöhnlich ist auch, dass man für den Täter tatsächlich ein wenig Sympathie oder Mitgefühl entwickelt. Denn die Suche nach aufrichtiger Liebe kennen wir alle…

 

Fazit: Wieder ein überaus spannender und wendungsreicher Thriller von Catherine Shepherd, gekonnt geschrieben. Ein Muss für alle Thriller-Fans!

{unbezahlte Werbung}

Jason Starr

Seitensprung

  

·         Broschiert: 400 Seiten

·         Verlag: Diogenes

·         ISBN-13: 978-3257300505

#Seitensprung

  

 

… der stets das Gute will und stets das Böse schafft…

 

 

Das vorliegende Buch war das erste, das ich von Jason Starr gelesen habe. Deshalb war ich über das erste Drittel hinweg nur mäßig angetan vom Buch und fragte mich immer wieder, wo denn zwischen all den Beziehungskonflikten und Kinderbetreuung der Thriller versteckt sein soll. Ich fühlte mich in einer trüben Geschichte zwischen schlechter Ehe eines erfolglosen Ehemanns mit Sex-Fantasien und einem Sammelsurium an Unwichtigkeiten und entsprechender Langeweile gefangen. Doch es lohnt sich durchzuhalten und weiterzulesen!

 

Kurz zum Inhalt: Jack Harper war einstens ein halbwegs erfolgreicher Rockstar und Alkoholiker. Heute fristet er als desinteressierter, erfolgloser Immobilienmakler sein Dasein und besucht regelmäßig die Gruppentreffen der Anonymen Alkoholiker. Seine Ehe mit Maria ist auf dem Tiefpunkt angelangt. Einziger Lichtblick ist Sohn Jonah, um den sich Jack mit großer Liebe und Aufmerksamkeit kümmert. Das Gespräch mit einem potentiellen Kunden weckt in Jack die Neugier auf eine Seitensprung-Website. Trotz etlicher Bedenken und Vorbehalte siegt schließlich die Neugier, und es beginnt eine schier tödliche Spirale an Fehlern und Missverständnissen.  

 

Es ist schon beeindruckend, wie sich der Protagonist als Opfer sieht, immer und überall. Stets hat er die besten Absichten, macht sich viele Gedanken um diese guten Absichten, und scheitert doch jedes Mal kläglich, ja schlimmer noch, er schwört neue weitere Katastrophen heraus. Von Mal zu Mal werden die fatalen Verstrickungen schlimmer, bis hin zu tödlichen Konsequenzen. Solch einen spiralförmig durchkomponierten Thriller habe ich tatsächlich noch nie gelesen. Unglaublich, wie man als Leser, ausgestattet mit viel Sympathie für den tragischen Helden Jack Harper, hineingerät in ein verzweifeltes inneres Aufschreien, wenn wieder und wieder dem vermeintlich Harmlosen Schlimmeres folgt. Man möchte Goethe zitieren, und zwar in Umkehr des Originals: „Ich (Jack) bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft…“ Ein genial komponierter Thriller, der nach einem langsamen Anfang das Tempo mehr und mehr steigert, bis es vermeintlich keinen Ausweg mehr gibt. So genial komponiert, dass man dem Autor mühelos auf den Leim geht. Denn nichts ist so wie es scheint. Mir fällt kein besseres Wort ein: ein genialer Thriller!

{unbezahlte Werbung}

Mark Roderick

Morbus

 

 

·         Taschenbuch: 448 Seiten

·         Verlag: FISCHER Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3596704101

#Morbus

 

 

Das Beste am Buch ist der Prolog

 

Waren meine Erwartungen zu hoch? Ein Standalone des Bestseller-Autors Mark Roderick – da erwartet man tatsächlich wie vom Verlag angekündigt „knallharte Spannung“. Gut, Spannung war zeitweilig durchaus gegeben, besonders gegen Schluss hin. Aber „knallhart“ war sie nicht, schon gar nicht, wenn man gewohnt ist, bei Büchern, die man liest, mitzudenken.

 

Der Inhalt, kurz gefasst: Die Journalistin Mara Flemming zieht zusammen mit ihrer 5-jährigen Tochter von Frankfurt weg in ein altes, idyllisch gelegenes Gutshaus in den Weinbergen. „Das Unglückshaus“ wird es genannt im Dorf. Allerlei Ungereimtheiten geschehen, Mara fühlt sich beobachtet. Ihre berufsbedingte Neugier wird angestachelt, als sie erfährt, dass vor einigen Jahren ein junges Mädchen spurlos verschwunden war, unmittelbar in der Nähe ihres Hauses. Je mehr sie nachforscht, umso weniger weiß sie, wem sie noch vertrauen kann.  

 

Meine Güte, was wurde da alles zusammengebraut in diesem Thriller. Eine recht weinerliche, aber weitgehend angstfreie Protagonistin, die sich Knall auf Fall in den ortsansässigen Rechtsanwalt verliebt, ein fünfjähriges Kind, das wie ein Erwachsener spricht und Halma spielt, verstaubte Skelettteile, vor Jahren im Keller eingemauert, eine beste Freundin, die überraschend Selbstmord begeht, ein seltsamer Dorfpolizist und ein seltsamer Metzger. Dazu wird ständig Kaffee gekocht oder Rotwein getrunken. Und immer findet sich ein Dummer, der für Umzugs- und Entrümpelungsarbeiten gerne seine Hilfe anbietet. Die Liste der bunt zusammengemischten Thrillerzutaten könnte noch beliebig verlängert werden. Aber ein schmackhaftes Ergebnis kam bei diesem Gebräu nicht zustande. Die Sprache ist spröde-konstruiert und naiv in ihrer Ausdrucksweise. Überhaupt wirkt das gesamte Buch trotz einiger spannender Sequenzen ein wenig schlicht gestrickt, so als hätte sich ein Anfänger an seinem ersten Werk versucht, ohne dass ein Lektor ihm hilfreich zur Seite gestanden hätte. Höchstens als unbedeutende Strandlektüre zu empfehlen – lesen und sofort wieder vergessen. 

{unbezahlte Werbung}

Christa Henning

Halligmord

 

·         Broschiert: 272 Seiten

·         Verlag: Ullstein Paperback

·         ISBN-13: 978-3864931307

#Halligmord

 

 

 

Ein sehr gelungener klassischer Whodunit

 

Schon lange nicht mehr hat mir ein Kriminalroman so viel Spaß gemacht wie dieser hier. Intensiv wie ein Kammerspiel, auf kleinstem Raum spielend und perfekt inszeniert, entwickelt sich die Suche nach dem Schuldigen vor den Augen des rätselnden Lesers.

 

Die Szenerie könnte nicht besser gewählt sein. Auf einer Nordsee-Hallig spült das Meer menschliche Knochen frei, ein Skelett, das schon viele, viele Jahre im Boden gelegen haben muss. Aber wer ist der Tote? Minke van Hoorn, ursprünglich Meeresbiologin, ist in ihre friesische Heimat zurückgekehrt und als Kommissarin in die Fußstapfen ihres verstorbenen Vaters getreten. Doch dieser erste Fall ist alles andere als einfach für sie. Der einzige Kollege ist ausschließlich beschäftigt mit den Festvorbereitungen für seinen Renteneintritt, die zwei alteingesessenen Familien auf Nekpen sind überaus schweigsam, und dann verschwindet auch noch der Sohn des alten Deichgrafen. Minke gerät schwer unter Druck, denn ein gewaltiger Herbststurm rollt auf die Hallig zu…

 

Von der ersten Seite an zieht die Autorin den Leser in ihren Bann, was zu einem ganz großen Teil daran liegt, dass sie außerordentlich intensiv die spezielle Atmosphäre einer Nordsee-Hallig zu schildern versteht. Man hat beim Lesen ständig das Gefühl, die würzig-salzige Meeresluft zu atmen, den Wind auf der Haut zu spüren, die Weite des Horizonts und die Begrenztheit der Hallig vor Augen. Dazu kommt auch die Nähe, die der Leser zu Minke von Hoorn aufbaut, denn ihre verhaltene Trauer um ihren Vater und ihr gelassenes, nachdenkliches Wesen machen sie überaus sympathisch. Überhaupt werden die Menschen auf der Hallig sehr vielschichtig und einfühlsam geschildert, kantig, geradeaus, ein wenig wunderlich. In relativ kurzen Kapiteln, dennoch folgerichtig, mit leisem Humor gewürzt, durchweg spannend erzählt Christa Henning die Geschichte. Wohldosiert, in ganz kleinen Häppchen, bekommt der Leser Informationen, die ihn zum Miträtseln animieren. Wie ein klassisch gestrickter Kriminalroman nach englischem Muster erfolgt in einer eindrücklichen letzten Szene die  überraschende Aufklärung. Ein Lesegenuss!

{unbezahlte Werbung}

Andreas Winkelmann

Der Fahrer

 

 

·         Taschenbuch: 400 Seiten

·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3499000386

#DerFahrer

 

Gekonnt geschriebener Thriller mit kleiner Einschränkung

  

Winkelmann ist zweifellos ein Könner seines Faches. Das haben seine früher erschienenen Bücher von Mal zu Mal überzeugend bewiesen. Insofern hatte ich sehr hohe Erwartungen an „Der Fahrer“. Was vielleicht ein Fehler war. Denn gekonnt konstruiert und in Szene gesetzt ist „Der Fahrer“ auf jeden Fall, spannend zu lesen ist er auch. Und doch erscheint mir der Thriller ein wenig schwächer als die früher erschienenen Titel, zumindest was die erwartete angstauslösende Intensität betrifft. 

 

Im Hamburger Stadtpark wird eine Tote gefunden, das Gesicht mit einer fluoreszierenden Farbe angemalt. Kommissar Jens Kerner und seine Kollegin Rebecca Oswald stehen vor einem Rätsel, auch nachdem sich herausstellt, dass sie es mit einem Serienmörder zu tun haben, der junge Frauen auf perfide Art tötet und mit Leuchtfarbe bemalt zur Schau stellt. Scheinbar wahllos ausgesuchte Opfer, die nachts unterwegs gewesen waren. Die an vielen Orten auftauchenden Hashtags #findemich lassen mehr und mehr erkennen, dass diese Botschaften Jens Kerner persönlich betreffen. Doch nicht nur das: Beide Ermittler haben auch privat allerlei zu bewältigen… 

 

Es gibt in diesem Thriller geniale Szenen, mehrheitlich die, in denen der Täter sich selbst, seine Sicht der Dinge, sein persönliches Erleben schildert. Es sind Sequenzen, die den Leser mitten hinein in die Gedanken- und Gefühlswelt des Mörders führen und eine gruselige Nähe zu ihm aufbauen. Das ist ja die besondere Stärke von Andreas Winkelmann, dieses geschickte Spiel mit Szenen, die dunkle Ängste auslösen und somit den Leser unmittelbar persönlich packen. Auch wieder genial gelöst ist der Aufbau einer sich steigernden Spannung aus wechselnden Perspektiven heraus mittels einer raffinierten überraschungsreichen Geschichte. Und doch blieb ich ein klein wenig enttäuscht zurück. Mag sein, dass ich in diesem Thriller weniger Zugang zu den beiden Ermittlern fand. Gerade weil dem persönlichen Hintergrund von Jens Kerner dieses Mal so viel Raum gegeben wurde. Ebenso dem komplizierten Hin und Her zwischen Rebecca und Jens, jenseits des Beruflichen. Das hätte ich nicht gebraucht, denn die teilweise trivial anmutenden Sequenzen rauben dem Thriller ein wenig die bei Winkelmann gewohnte schaudernde Intensität.

  

Fazit: Wieder ein raffinierter, sehr spannender, gekonnt geschriebener Thriller, jedoch nicht ganz so stark wie seine Vorgängerbände.

 

 {unbezahlte Werbung}

 Roz Watkins

 Das kalte Echo

 

 

 ·         Taschenbuch: 512 Seiten

 ·         Verlag: FISCHER Taschenbuch

 ·         ISBN-13: 978-3596299119

 ·         Originaltitel: The Devil’s Dice

 #DaskalteEcho

  

Überlieferter Geisterfluch begegnet nüchternen Ermittlungen

 Zugegeben, es wird viel Tee getrunken in diesem Buch. Mit Zucker oder ohne, mit Milch oder ohne, immer aber mit Teebeutel. Und wenn gar nichts mehr hilft, gibt es Kaffee. Das ging mir zwischendrin schon mal auf die Nerven. Doch insgesamt gesehen hat mich das Buch durchweg gut unterhalten.

 

In einer Höhle mitten in einem unzugänglichen Gebiet von Peak District (es lohnt sich, diese Gegend zu googeln!) wird die Leiche eines Rechtsanwaltes aufgefunden. Gestorben durch Gift. Selbstmord liegt nahe. In der Felswand sind seine Initialen eingemeißelt, dazu ein Bild von einem Sensenmann. Allerdings schon mehr als hundert Jahre alt.  DI Megan Dalton, gehandicapt mit einem Gehfehler und Höhenangst, ermittelt wegen Mord und fühlt sich gefangen in einem Spagat zwischen überliefertem Geisterfluch und rationalen Ermittlungen. Ihre ganz persönlichen Dämonen machen ihr die Arbeit auch nicht gerade leichter. 

 

Mit viel Selbstironie lässt die Autorin Meg Dalton selbst von ihrer „Mission Neustart in Derbyshire“ und ihrem ersten Fall berichten. Durch die sehr anschaulichen, bildhaft vorstellbaren Beschreibungen fühlt man sich als Leser sehr schnell eingesponnen in das Umfeld von Meg. Immer ist es kalt. Oder es regnet. Oder es ist kalt und regnet. Der Kollege Craig ist ein Fiesling, wie er schlimmer nicht sein könnte. Megs Wohnung ist alles andere als ein Wohlfühlort. Und die Menschen, denen Meg begegnet, sind entweder seltsam oder lügen oder sind krank. Also irgendwie eine arg verfrorene Angelegenheit. Und doch hatte das Buch für mich seinen Reiz. Vielleicht weil sich im Verlauf der Seiten immer mehr und nachvollziehbar erklärte, weshalb Meg so ist wie sie ist. Oder weil, tröstlich für den Leser, der  feinfühlige Kollege Jai immer zur rechten Zeit am rechten Ort ist. Vielleicht auch, weil ich immer wieder auflachen musste über witzige Wortscharmützel. Und mir gefielen die eingestreuten intelligenten Verknüpfungen („ein Gebäude wie ein Mondrian-Verschnitt“, „ein Hund, der über den Rand seines Körbchens floß wie Dalis Uhren“), oder auch, wie Sterbehilfe thematisiert wurde. Lange Zeit blieb ich wie Meg ziemlich orientierungslos in den Ermittlungsschritten und in den vielen nicht zueinander passenden Zeichen stecken. Doch das irrsinnig spannende, temporeiche Ende entschädigte mich schließlich voll und ganz für so manche unnütz getrunkene Tasse Tee…

 

{unbezahlte Werbung}

Ragnar Jónasson

Dunkel

 

 

·         Broschiert: 384 Seiten

·         Verlag: btb Verlag

·         ISBN-13: 978-3442758609

·         Originaltitel: DIMMA

#Dunkel

 

 

Überraschende Wendungen, unfassbares Ende

 

Dass der vorliegende Thriller als einer der besten 100 Krimis und Thriller seit 1945 ausgezeichnet wurde, ließ meine Erwartungen auf ein Höchstmaß anwachsen mit nachfolgender, fast zwangsläufiger Enttäuschung. So absurd kann Werbung wirken: Ohne diese Vorschusslorbeeren und meine dadurch hochgeschraubten Hoffnungen hätte mir das Buch durchaus besser gefallen. 

 

Hulda Hermannsdóttir ist altgediente, erfahrene Kommissarin bei der Polizei in Reykjavik. Ihre Arbeit ist ihr Leben. Von jetzt auf gleich wird ihr jedoch nahegelegt, in den Ruhestand zu gehen. Lediglich einen cold case ihrer Wahl könne sie noch für wenige Tage bearbeiten. Sie stürzt sich in die Ermittlungsarbeit eines Falles, der seinerzeit auffällig schlampig bearbeitet worden war. 

 

Sehr lesefreundlich ist dieses Buch, was zum einen an den kurzen Kapiteln liegt, zum anderen aber auch an der großen Schrift und an der relativ einfachen, klaren Sprache. Mit anderen Worten, dieses Buch ist blitzschnell ausgelesen. Auch lässt die wendungsreiche Geschichte dem Leser keine Verschnaufpause. Um wessen Leben es in Rückblicken ging, verstand ich erst nach einer ganzen Weile, ebenso blieben mir die kursiven Einschübe lange unklar. Das entsetzliche Ende der Geschichte lässt den Leser fassungslos zurück.

 

Zunehmend mehr erfährt man im Verlauf des Buches über Hulda Hermannsdóttir selbst, über ihre Vorgeschichte, über all das, was sie so hart gegen sich selbst werden ließ. Ihre Einsamkeit ist auf jeder Buchseite deutlich spürbar. Irgendwann wurden mir die langen, sich ständig wiederholenden Selbstreflexionen allerdings zuviel. Und ich hätte mir lebendigere Darstellung der handelnden Personen gewünscht, sie blieben für mich plakative Karikaturen ihrer selbst.

 

Fazit: Ein blitzschnell zu lesender, wendungsreicher Thriller mit einigen Schwächen, jedoch einem den Atem raubenden, überraschenden Ende.

 

{unbezahlte Werbung}

Steffen Jacobsen

Sühne

 

 

·         Broschiert: 416 Seiten

·         Verlag: Heyne Verlag

·         ISBN-13: 978-3453272675

·         Originaltitel: Ghostwriter

 

Klug in Szene gesetzter Thriller

 

Eine Zufallsentdeckung war für mich diese Neuerscheinung. Der Autor war mir bislang unbekannt gewesen, ich war überrascht, wie viele Titel der ziemlich finster dreinblickende Autor, von Beruf Chirurg, bereits geschrieben hatte. Vielleicht ist das vorliegende Buch nicht unbedingt ein reißerischer Thriller. Er hat auch viele ruhige Elemente, fast wie in einem Krimi, aber dennoch niemals langweilig, immer durchsetzt von unterschwelliger Spannung, die sich zum Ende hin noch erheblich steigert. Wohltuend übrigens die sehr augen- und lesefreundliche Schriftgröße!

  

Frank Linden, Besitzer eines Pharmaunternehmens, ist todkrank. Er möchte vor seinem Tod noch hochbrisante Informationen veröffentlichen und heuert dazu einen Journalisten an. Doch als Linden dem Journalisten das Material übergeben will, werden beide hinterrücks erschossen. Michael Sander, Freund des Journalisten, gelangt in den Besitz des Geheimmaterials und beginnt auf eigene Faust nachzuforschen. Seine Frau, Kommissarin Lene Jensen, soll ganz offiziell die Morde an Linden und dem Journalisten aufklären und stößt dabei im Umfeld des Pharmaunternehmens auf Ungeheuerliches im Bereich der Insulin-Mafia. Doch nicht nur sie, auch Michael Sander gerät in tödliche Gefahr.

 

Steffen Jacobsen schreibt mit wohltuend viel Fachwissen. Das spürt man in allen Sequenzen, in denen es um Details zur Entwicklung von wirksamen Medikamenten geht. Und er schreibt mit großem politischem Engagement, was speziell in den tagebuchartigen Einträgen von Thomas Schmitz aus Äthiopien sehr eindrucksvoll zum Ausdruck kommt. Und Steffen Jacobsen erzählt gekonnt kurzweilig, temporeich die spannende Handlung vorantreibend. Aus verschiedenen Blickwinkeln, aus verschiedenen Puzzleteilen setzen sich mehr und mehr die erschreckenden Machenschaften der Pharma-Industrie zusammen.   Mich hat der virtuose Schreibstil des Autors fasziniert, wie er zum Beispiel die malerische Schilderung eines Ambientes vornimmt, schön, geschmackvoll,  um dann völlig unerwartet in dieses wohltuende Bild weitere Bilder hineinzuschmuggeln, grausame Bilder, verstörende… Zwar konnte ich nicht jedes Verhalten der Protagonisten nachvollziehen, insbesondere nicht das viele Schweigen, das viele Unausgesprochene in der Beziehung zwischen Lene und Michael, aber dennoch hatte ich insgesamt viel Sympathie für die beiden und bangte entsprechend voller Spannung um ihr Überleben. Mir gefiel besonders, dass viel Raum eingeräumt wird den psychologisch vielschichtigen Interaktionen der Menschen untereinander, belauernd, anziehend, misstrauisch, hasserfüllt, hingerissen, kämpferisch und nur selten wahrhaftig, echt. Ein Autor mit viel Feingefühl, wie mir scheint. Eine echte Entdeckung auf jeden Fall.

 

{unbezahlte Werbung}

Christian Kuhn

Nordseedämmerung

 

 

·         Taschenbuch: 320 Seiten

·         Verlag: Heyne Verlag

·         ISBN-13: 978-3453424210

#Nordseedämmerung

 

Ein solider und gut unterhaltender Kriminalroman

 

Einen Debütroman eines jungen Autors aufzuschlagen, ist immer spannend. Ist er gelungen? Welcher Schreibstil, welche Ideen erwarten mich? Kann er mich überraschen? Wenn ich es in fünf Worten zusammenfassen soll: Der Kriminalroman „Nordseedämmerung“ hat mich gut unterhalten, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

  

Welch eine Herausforderung für Kriminalhauptkommissar Tobias Velten, der von Berlin nach Juist gesandt wurde: Der Bundespräsident von Deutschland hat sich in den Kopf gesetzt, auf der Insel Juist seinen Urlaub zu verbringen. Das Sicherheitsteam rund um Tobias Velten gerät schnell an seine Grenzen, als sich die Hinweise mehren, dass ein Mörder auf den Bundespräsidenten angesetzt ist. Doch damit nicht genug. Offenbar gibt es einen Spitzel in den eigenen Reihen, der alle aufwändigen Sicherungsbemühungen zunichtemacht…

  

Gut gefällt mir das Cover, insbesondere dass der Titeldruck so angeraut ist, dass man meinen könnte, beim Darüberstreichen Sand unter den Händen zu spüren. Ärgerlich dagegen ist, dass es relativ viele Fehler im Text gibt. Offensichtlich wurde nicht sorgfältig genug korrekturgelesen.

 

Ja, das Buch hat mich gut unterhalten, mehr aber auch nicht. Die sehr nüchterne, fast möchte ich sagen männlich-emotionsarme Erzählweise packt den Leser nicht wirklich. Die eingestreuten kleinen Exkursionen politischer Art bleiben trocken-theoretisch. Vielleicht hätte mehr wörtliche Rede das Lesen flüssiger gestalten können. Die Spannung ist von Anfang bis Ende mäßig vorhanden, die Aufklärung zum Schluss bleibt nur zum Teil überraschend. Zwar bin ich nach Lektüre des Buches gefühlt nahezu jeden Weg auf Juist gegangen, aber ich konnte keinerlei Gefühl für die Insel gewinnen, konnte nicht seine spezielle Atmosphäre aufnehmen. Der Autor erzählt genau und sorgfältig, aber leider nicht unter Einbeziehung aller Sinne. Doch genau damit könnte Christian Kuhn seinem Schreibstil sehr viel mehr Intensität verleihen. Ein Debütroman, der gut unterhält, ist aber auf jeden Fall ein guter Start. 

 

{unbezahlte Werbung}

Luca Ventura

Mitten im August

 

 

·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 336 Seiten

·         Verlag: Diogenes Verlag AG

·         ISBN: 978-3-257-30076-5

#MittenimAugust

 

Urlaubsfeeling, Klimaschutz und ein Toter

  

Ein gemütlicher Sitzplatz auf der Terrasse, eine duftende Tasse Kaffee und das vorliegende Buch - fertig ist die perfekte Lesestunde. Man wird sofort weggebeamt in das südliche Italien, zu eigenwilligen Protagonisten, zu duftenden Blüten, zu von der Sonne aufgewärmten Steinmäuerchen,  zu schaukelnden Booten… „Mitten im August“ ist der gelungene Auftaktband einer Capri-Serie, deren weitere Bände ich mit Sicherheit gerne lesen werde. 

 

Enrico Rizzi, Inselpolizist auf Capri, nutzt seinen ruhigen Posten, um seinem Vater in dessen Obst- und Gemüsegärten hoch über dem Golf von Neapel zu helfen. Sein beschauliches Leben wird jäh unterbrochen, als ein Toter, von mehreren Messerstichen getötet, in einem Ruderboot liegend an den Strand getrieben wird. Es handelt sich um Jack, den Sohn einer reichen Industriellenfamilie, Student der Ozeanologie. Rizzi gerät mit seinen Ermittlungen in seinem ersten Mordfall zwischen alle Stühle, denn einerseits soll es eine schnelle Aufklärung geben, damit die Touristen nicht wegbleiben, andererseits wird er in seinem Eifer immer wieder ausgebremst durch Kompetenzgerangel und falsche Spuren. Doch Rizzi lässt nicht locker…

  

Das Buch lebt in allererster Linie von seinen malerischen Beschreibungen und von der bilderreichen, atmosphärisch dichten Erzählweise. Man spürt auf jeder Seite, dass der Autor mit Herz und Seele in der Gegend lebt. Doch jenseits der schützenswerten Urlaubsidylle lässt den Autor die Frage nicht los, wie es um die Zukunft der Meere bestellt ist. Wobei es nicht genügt, die Missstände zu konstatieren: „Das Dokumentieren der zunehmenden Zerstörung ist nichts anderes als Sterbebegleitung.“ Dem Autor ist es geschickt gelungen, Informationen über die Versauerung der Ozeane und ihre gravierenden Folgen in die Krimihandlung einzubetten. Die ruhig-unaufgeregt erzählte Krimihandlung mit einer völlig unerwarteten Aufklärung gegen Ende des Buches ist dabei durchweg fesselnd zu lesen und macht Lust auf mehr.

 

Und das sei auch noch erwähnt. Diogenes Bücher sind immer auch ein sinnliches Vergnügen. Feines glattes Papier, gut lesbares Satzlayout, ein stimmiges Cover, dazu die gekonnt geschriebene Geschichte. Perfekt.

 

{unbezahlte Werbung}

Catherine Ryan Howard

Ich bringe dir die Nacht

 

 

·         Taschenbuch: 448 Seiten

·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3499274947

·         Originaltitel: The Liear’s Girl

#IchbringedirdieNacht

 

Mit gewisser Grundspannung solide erzählt

 

 Ist das Buch wirklich ein Thriller? Vielleicht doch eher ein Psychothriller? Wer nägelkauenden Thrill mit viel Blut erwartet, wird enttäuscht sein. Mir hat das Buch dennoch gut gefallen.

  

10 Jahre sitzt Will Hurley, der sogenannte Kanal-Killer von Dublin, bereits im Gefängnis, als erneut die Leiche einer jungen Frau aus dem Wasser gezogen wird, ein Opfer ganz nach dem Muster der Morde, deretwegen er verurteilt worden war. Will setzt nun alles daran, mit Alison, seiner großen Liebe von damals, sprechen zu dürfen, denn er hat Informationen, die er nur ihr mitteilen will. Doch Alison führt seit der Verurteilung von Will ein völlig neues Leben in den Niederlanden. Alles Geschehen von früher hat sie verdrängt und nie mehr ein Wort darüber verloren. Deshalb lehnt sie es zunächst vehement ab, als die Polizei sie um Hilfe bittet. Schließlich begreift sie jedoch, dass Weglaufen keine Lösung ist, und willigt ein, nach Irland zu fliegen und mit ihrem einstigen Freund, dem Serienkiller, zu sprechen, ohne zu ahnen, worauf sie sich einlässt…

  

Drei verschiedene Handlungsstränge führen durch das Buch. Da ist zunächst die Gegenwart, von Alison selbst erzählt. Dann gibt es die Rückblenden, 10 Jahre früher, aus dem Leben von Alison, Liz, ihrer besten Freundin und Will, ihrer großen Liebe. Dazwischen gesetzt gibt es kurze Einschübe des „Stalkers“, ohne dass sich dem Leser erschließt, um wen es sich handelt. Gut gefällt mir, dass die Autorin durch die Kapitelüberschriften „Alison, heute“ und „Alison, damals“  dem Leser stets klare Orientierung gibt, in welchem Zeitabschnitt man sich gerade befindet. Gut gefällt mir auch der Schreibstil, der beeindruckend klar ist, dabei stets präzise und detailliert in den Einzelheiten. Allerdings kann ich nicht jedes Verhalten der Protagonisten nachempfinden. Fremd blieb mir zum Beispiel die Mutter von Aliston, aber auch Aliston selbst, deren Schuldgefühle ich nicht nachvollziehen kann, schon gar nicht ihr Verhalten gegenüber ihren Freundinnen, ihren inneren Rückzug. Leider fehlt auch der große Spannungsbogen. Zwar kann man sich als Leser nicht vorstellen, wohin die Handlung führen wird, und liest daher mit einer gewissen Grundspannung stets weiter und weiter. Als man denkt, man sei bereits am Ende der Geschichte angekommen, alles Ungewisse sei geklärt, wird alles nochmals völlig überraschend komplett auf den Kopf gestellt.

 

Fazit: Nicht übermäßig aufregend, dennoch mit einer gewissen Grundspannung solide geschrieben, gut zu lesen.

 

 {unbezahlte Werbung}

 Veit Etzold

 Blutgott

 

 

 ·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 464 Seiten

 ·         Verlag: Knaur

 ·         ISBN: 978-3-426-52408-4

 #Blutgott

  

 Brutal und konstruiert

  

Wenn ein Autor Hochschulprofessor und Redner für Corporate Storytelling ist, zudem mit einer Rechtsmedizinerin verheiratet ist, kann man davon ausgehen, dass seine Bücher mit Hintergrundwissen gefüttert und strategisch raffiniert konstruiert sind. Ich kenne nur das vorliegende Buch, und ja, es ist konstruiert, nicht inspiriert. Es schockt durch brutalste Szenen, der Leser watet in Blut und zertrümmerten Knochen. Dazwischen gibt es viele Seiten der Langeweile.

 

Es handelt sich um den siebten Band rund um die Hauptkommissarin Clara Vidalis. Von einem brutalen Mord in einem IC an einem jungen Mädchen wird in der Einstiegsszene erzählt, und zwar so intensiv, dass der Leser sofort schaudernd ins Buch hineingezogen wird. Es bleibt in der Folge nicht bei diesem einen Mord, eine blutige Spur zieht sich durchs Land. Täter ist offenbar eine Gruppe Minderjähriger, strafunmündig, im Darknet auf satanische Weise angestachelt, sich selbst zu übertreffen.

  

Der Schreibstil gefällt mir in vielen Passagen, er ist witzig-bissig, geistreich, spritzig in den Dialogen. Dass der Autor auch bis ins letzte Detail intensiv beschreiben kann, beweist er allerdings leider nur in den brutalen Szenen. Und dabei geht er so weit, dass der Leser nur noch Ekel und tiefste Abscheu empfindet. Dann folgen wieder lange Passagen mit Diskussionen zwischen den Ermittlern, ohne Progredienz der Handlung. Viel Hintergrundwissen über die Tiefen und Untiefen des Internets, aber auch fraglich nützliches Wissen, wie zum Beispiel, woher der Name „Audi“ kommt und warum bei Leichen, die im Sitzen sterben, nach einiger Zeit der Kopf abfällt, füllen weitere Buchseiten. Leider bleiben auch die handelnden Personen allesamt konstruiert, psychologisch leer, Figuren, die vom Autor auf seinem Schachbrett der Grausamkeiten hin und her geschoben werden. Kann man lesen, muss man aber nicht.

 

{unbezahlte Werbung}

Andrea Di Stefano

Tutto Bene

 

 

·         Broschiert: 288 Seiten

·         Verlag: FISCHER Scherz

·         ISBN-13: 978-3651000681

 

TuttoBene

 

Atmosphäre und Genuss pur

  

Wer beim Lesen eines Krimis mehr Wert auf Lokalkolorit legt, auf atmosphärische Schilderungen, auf die Vermittlung eines besonderen Lebensgefühls, und dem es weniger wichtig ist, spannende Ermittlungsarbeit eines rätselhaften Falles zu verfolgen, der hat große Freude an dem vorliegenden Buch. Hinter dem Autorennamen Andrea Di Stefano verbergen sich zwei Brüder, die ihr Pseudonym (fast) so oft wechseln wie ihre T-Shirts und die offensichtlich ein Faible haben für genussvolles Erzählen.

 

Lukas Albano Geier lebt in einem mittelalterlichen Turm hoch über dem Lago Maggiore. Ohne Treppensteigen geht hier nichts. Nicht bis hoch zum Turm und nicht im Turm selbst zu den einzelnen Zimmern. Lukas kann es sich leisten, seine Tage beschaulich zu verbringen, denn er hatte mit seiner Band einen weltweit erfolgreichen Sommerhit gelandet und daraufhin seinen Job als Zeugenschützer und Erfinder von konstruierten Lebensläufen in München aufgegeben. Doch mit genau dieser Vergangenheit wird er ungewollt konfrontiert, als eine Tote aufgefunden wird, auf deren Arm seine Telefonnummer geschrieben steht..

  

Zu diesem Buch fällt mir das Wort „Genusslesen“ ein. Denn es ist ein Genuss, sich lesend verführen zu lassen in die wunderschöne Gegend rund um den Lago Maggiore, in eine Art  Urlaubsfeeling, in ein Lebensgefühl ohne Eile, mit Zeit für Straßencafés und Wein und Muße. Durch die atmosphärisch dichten Schilderungen meint man als Leser, direkt mit allen Sinnen die Fülle an Farben und Gerüchen aufzunehmen, die Hitze des Tages, die Kühle der Nacht auf der Haut zu spüren. „Der Lago Maggiore ist die Heimat der Sehnsucht.“ Der Schreibstil gefällt mir sehr gut. Er ist klar und bildstark. Hinter den lapidar daherkommenden Sätzen stecken herrlicher Humor und feine Sensibilität gleichermaßen. Und enorm viel Musikverständnis obendrein. Das einzige, das etwas zu kurz kommt, ist die Spannung, die nur gelegentlich aufblitzt. Mir hat sie jedoch nicht gefehlt. Mir hat das Buch ausnehmend gut gefallen.

 

{unbezahlte Werbung}

Jennifer B. Wind

Die Maske der Schuld

 

 

·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 466 Seiten

·         ISBN: 978-2919804153

·         Verlag: Edition M

#DieMaskederSchuld

 

So, genau so soll ein Thriller sein!

 

Von Band 1, Die Maske der Gewalt, war ich begeistert. Von dem jetzt vorliegenden Band 2, Die Maske der Schuld, bin ich noch begeisterter. Oder ich sage es ganz anders: Es ist für eine passionierte und anspruchsvolle Leserin wie mich unfassbar wohltuend, wenn bei einer Autorin wie Jennifer B. Wind Intelligenz, Kreativität und Sensibilität zusammen kommen. Dies wurde mir bei Band 2 noch mehr bewusst als beim ersten Band.

 

Nur ganz kurz zum Inhalt: Aus der Donau wird eine Leiche gefischt, die erhebliche Verletzungen, insbesondere am Schädel, aufweist. Richard Schwarz vom LKA kennt den Toten. Je mehr er in die Ermittlungen eintaucht, umso mehr erkennt er die Gefährlichkeit des Gegners. Die Pharmaindustrie, ominöse Wunderheiler und seine eigene Vergangenheit bringen Richard Schwarz zunehmend an seine Grenzen. Denn der Mörder ist felsenfest überzeugt von der Richtigkeit seines Handelns und lässt sich mit nichts davon abbringen.

 

Der Thriller ist fesselnd und perfekt durchkomponiert, der Spannungsbogen bleibt durchweg hoch, sodass man durch die Seiten jagt. Kurze Szenenwechsel, mitunter gemeine Ciffhanger, überraschende Wendungen, viel wörtliche Rede und gelegentlich aufblitzender Humor zeigen die ganze Bandbreite der Kunstfertigkeit der Autorin. Was mir hier in Band 2 besonders auffällt und was ich als sehr gewinnbringend empfinde, sind die mitunter eingeschobenen sachlichen Informationen, wie z. B. zum Thema Multiple Sklerose oder Cybercrime. Dass die Autorin mit viel Sachverstand und fleißiger Recherche auch an dieses Buch herangegangen ist, spürt man über alle Seiten hinweg sehr wohltuend. Die Personen werden farbig-vielschichtig dargestellt, nachvollziehbar in ihren Handlungen und Gedanken. Gekonnt-souverän leitet Jennifer B. Wind durch die verschiedenen Zeit- und Perspektivebenen, um die Geschichte in einen nervenzerfetzenden Showdown münden zu lassen.

 

So, genau so soll ein Thriller sein: Hart und gefühlvoll gleichermaßen, mit sich steigernder Spannung, psychologisch stimmig, mit einer vielschichtigen Handlung. Besser geht es nicht.

 

{unbezahlte Werbung}

Catherine Shepherd

Todgeweiht

 

·        Seitenzahl der Print-Ausgabe: 340 Seiten

·         Verlag: Kafel Verlag

·         ISBN: 978-3-944676-25-8

#Todgeweiht

 

 

Die mittelalterliche und die moderne Pest

 

Zwei Zeitstränge, 500 Jahre auseinander, und doch irgendwie auf undurchsichtige Weise verbunden. Ein neuer Zons-Thriller, fesselnd wie gewohnt bei dieser Autorin. Auch dieses Mal bin ich atemlos durch das Buch durchgerauscht, habe mich gegruselt, erschreckt, gewundert, geekelt, habe gerätselt, war verwirrt und wurde immer planloser – und am Ende restlos überrascht. Doch bei diesem 10. Zons-Thriller kam noch ein weiteres Element hinzu, nämlich die erschreckende Brisanz durch die Parallelität zwischen geschilderter Pest und Corona! Nie konnten wir die geschilderte „Pestordnung“ besser verstehen als in einer Zeit, in der wir wegen Corona unserer gewohnten Freiheit beraubt sind.

 

Über die Handlung kann man kaum etwas erzählen, ohne zu viel zu verraten. Gegenwart: Der sympathische Kommissar Oliver Bergmann ist wieder reichlich gefordert. Eine angeschwemmte Frauenleiche, laut Autopsie vom Mörder mehrere Tage vor dem Tod gequält, ein abgetrennter Finger, der niemandem zu gehören scheint, mehrere verschwundene junge Frauen, ein Pizzabote, in dessen Lieferung ein Zettel mit „Henkersmahlzeit“ zu finden ist – rätselhafte Geschehnisse, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Vergangenheit: In größter Eile werden Vorbereitungen getroffen, die Pest, die vor den Toren der Stadt Zons lauert, von der Stadt fernzuhalten. Als jedoch innerhalb der Stadtmauern der Wirt Gottfried tot vor seinem Wirtshaus gefunden wird mit einer Pestbeule am Hals, zugleich aber mit merkwürdig verrenkten Gliedern, breitet sich die Angst in der Stadt aus. Bastian Mühlenberg gibt sich jedoch mit dem vermeintlich Offensichtlichen nicht zufrieden, insbesondere als ein weiterer Toter gefunden wird.

 

Es ist bewundernswert, wie Catherine Shephard es mit jedem neuen Buch in unveränderter Bestform  schafft, den Leser zu packen, ihn mit allen Sinnen in die Geschichte hineinzuziehen und ihn mit gemeinen Cliffhangern zu quälen. Man eilt von Kapitel zu Kapitel und tappt in alle von der Autorin ausgelegten Fallen, bis man am Ende durch ein fulminantes Ende restlos überrascht wird. Die Protagonisten sind wie immer absolut stimmig dargestellt, die erzählte Geschichte ist nachvollziehbar. Rundum: Auch dieser neue Titel von Catherine Shepherd lässt den Leser alles um sich herum vergessen – ein Lesevergnügen!

 

{unbezahlte Werbung}

Sophie Kendrick

Das Echo deines Todes

 

 

·         Taschenbuch: 320 Seiten

·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch

·         ISBN-13: 978-3499000843

#DasEchodeinesTodes

 

Spannendes Kammerspiel

 

 

Den Thriller habe ich an einem Tag durchgelesen. Er liest sich leicht und flüssig und behält über alle Seiten hinweg eine permanente Spannung, zwar nicht nervenzerfetzend, aber doch so intensiv, insbesondere gegen Ende hin, dass man das Buch nicht weglegen möchte.

  

Es geht um vier ehemalige Freundinnen, die vor 16 Jahren direkt nach ihrem Abitur zuletzt einen gemeinsamen Urlaub auf einer einsamen Insel in Schweden verbracht hatten. Dieser Urlaub endete tragisch, denn eine von ihnen verschwand damals spurlos. Die Lebenswege der jungen Frauen gingen im Laufe der Jahre auseinander. 16 Jahre später erhält jede von ihnen einen mysteriösen Brief ohne Absender, in dem sie aufgefordert werden, nach dieser langen Zeit erneut für ein Wochenende zusammen zu kommen, und zwar genau auf dieser einsamen Insel in Schweden, auf der sie damals den Albtraum erlebt hatten. 

 

Die Autorin baut mit diesem Plot eine geschickte Szenerie auf,  in der sie einem Kammerspiel gleich einerseits die sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten und die Interaktionen der ehemaligen Freundinnen lebendig werden lässt, andererseits den Leser immer und immer wieder aufs Neue in die Irre schickt. Die Geschichte kommt erst einmal etwas ruhig daher, nimmt aber dann zunehmend an Fahrt auf. Durch merkwürdige Vorkommnisse auf der Insel wächst das Gefühl einer unerklärlichen Bedrohung bei den Freundinnen und damit die Spannung beim Leser. Die unregelmäßig eingestreuten Vernehmungsprotokolle von damals sind Stück für Stück erhellend, weil sie die psychische Struktur des jeweilig Befragten deutlich werden lassen und Puzzleteile des damaligen Geschehens aufzeigen. Dass Lara, die Ich-Erzählerin, an Asperger leidet und übersensibel auf Reize von außen reagiert, gibt der Geschichte noch einen zusätzlichen Aspekt des Ungewöhnlichen.

  

Fazit: Ein atmosphärisch dichter, spannender, leicht zu lesender Thriller.

 

{unbezahlte Werbung}

Elizabeth Kaye

Sieben Lügen

 

 

·         Broschiert: 384 Seiten

·         Verlag: Lübbe

·         ISBN-13: 978-3785726693

·         Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren

#SiebenLügen

 

Ein Thriller ohne Thrill

 

Warum fällt mir bei diesem Buch als erstes ein, dass es ein großartiges Cover trägt? Schwarz, Silber und blaugrüne Farbschlieren. Nichts aussagend, aber irgendwie gelungen.

 

Die Handlung kann man, ohne zu spoilern, ganz schnell erzählen. Jane und Marnie sind von Kindesbeinen an beste Freundinnen, unzertrennliche Freundinnen, bis ins Erwachsenenalter hinein. Als Marnie heiratet, greift Jane zu ihrer ersten Notlüge. „Natürlich passen du und Charles gut zusammen,“ versichert sie ihrer Freundin Marnie. Bei dieser Lüge bleibt es jedoch nicht.

 

370 Seiten lang fragte ich mich beim Lesen, was ich von diesem Buch halten soll. Ich überlegte, ob mir Theorie weiterhelfen kann. Das Buch trägt die Bezeichnung „Thriller“. Ein Thrill bedeutet Nervenkitzel, und zwar in der Regel durch Bedrohung des einen oder anderen Protagonisten. In einem wirklich gut geschriebenen Thriller nimmt die Bedrohung quasi die Handlung in die Hand, so entsteht ein echter Pageturner. Spätestens wenn man die Definition genauer betrachtet, sind Zweifel angebracht, was das vorliegende Buch betrifft. Denn einen Nervenkitzel hat dieses Buch bei mir wirklich nicht ausgelöst. Auch wenn es sich flüssig und streckenweise auch spannend lesen ließ. Allerdings eben ohne Thrill.

 

Bei Amazon steht immerhin sehr viel passender „Psychothriller“ als Genre-Bezeichnung. Und hier bedeutet die Definition, dass die Spannung weniger durch Taten, als vielmehr durch Gefühle wie Bedrohung, Erschrecken, Irritation hervorgerufen wird. Es wird eine Erwartungshaltung beim Leser aufgebaut, die jedoch völlig überraschend in die Irre geleitet wird. Die Perspektive im Psychothriller ist in der Regel die des Opfers, dessen Wahrnehmung der Machtlosigkeit den eigentlichen Thrill beim Leser auslöst.

 

Diese Bezeichnung ist für das vorliegende Buch stimmiger, aber nur halbherzig, denn – wie bereits gesagt – der Thrill fehlt. Es werden pathologische Beziehungen geschildert, kranke Verhaltensweisen, ohne sie tiefenpsychologisch ernsthaft zu begründen. Die Handlung ist vorhersehbar, sie bietet keine wirklichen Überraschungen. Letztlich watet man 370 Seiten lang anhand durchaus feinsinniger Beobachtungen durch eine Nabelschau der Protagonistin.

  

Ja, das Buch ist wie das Cover: Gut gestaltet, aber nichts aussagend.

 

{unbezahlte Werbung}

Michael Tsokos

Abgefackelt

 

 

·         Broschiert: 352 Seiten

·         Verlag: Knaur TB

·         ISBN-13: 978-3426524404

#Abgefackelt

 

Spannendes Lesefutter