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John Jay Osborn

Liebe ist die beste Therapie

 

 

·         Gebundene Ausgabe: 288 Seiten

·         Verlag: Diogenes

·         ISBN-13: 978-3257070439

·         Originaltitel: Listen tot he Marriage

 

 

Kammerspiel zu dritt

 

 

Mit dem Buch habe ich ein großes Problem.  Ich konnte es nicht unvoreingenommen lesen, weil ich mein psychotherapeutisches Fachwissen beim Lesen nicht ausblenden konnte. So war ich teils verwundert, teils nahm ich kopfschüttelnd die Vorgehensweisen der Therapeutin zur Kenntnis, teils auch ebenso kopfschüttelnd die Verhaltensweisen der Probanden und ihren geschilderten Weg des reiferen Miteinanders. Der Autor ist nicht „vom Fach“. Vielleicht hat er selbst eine Paartherapie erfahren und aus seinen daraus resultierenden persönlichen Erkenntnissen einen Roman gebastelt. Dazu sollte man vielleicht auch noch berücksichtigen, welch anderen Stellenwert therapeutische Interventionen in Amerika haben im Vergleich zu Deutschland. Wie auch immer – für mich war der Roman leider kein Aha-Erlebnis.

 

Der Roman ist inszeniert wie ein Kammerspiel: Das gesamte Geschehen spielt sich ausschließlich in der Praxis der Paartherapeutin Sandy ab. Dort suchen Steve und Charlotte, Mitte 30, zwei Kinder, seit einiger Zeit getrennt lebend, Rat und Beistand. Beide hatten in der Zwischenzeit Affären, und doch gibt es etwas zwischen den beiden, das sie, ohne dass sie es sich wirklich eingestehen wollen, noch hoffen lässt. Dem Leser wird anhand des Verlaufs der Therapiestunden klargemacht, dass ein Teil der Problematik in der unterschiedlichen Art und Weise der Kommunikation zwischen den Ehepartnern liegt. Sorry, aber für diese Erkenntnis braucht es keine 300 Seiten. Auch nicht für die Erkenntnis, welche Verletzungen Ehebruch mit sich bringt. Die geschilderten Vorgehensweisen/Fragen der Therapeutin sind so oberflächlich, so nichtssagend, dass sie im realen Leben mit Sicherheit keine großen Entwicklungen von Paaren in Not hervorrufen würden. Dass wir als Leser dann auch noch immer wieder in die Gedankenwelt der Therapeutin mit ihren eigenen Problemen hineingezogen werden, empfinde ich als absolut störend und unnötig.

 

Als Roman ist das Buch mäßig fesselnd, es fehlt der Spannungsbogen, es fehlen Höhen und Tiefen, es fehlen überraschende Entwicklungen oder echte Aha-Erlebnisse. Wer glaubt, er würde durch das Buch etwas über kompetente Paartherapie erfahren, sei gewarnt. Denn es ist und bleibt ein  Roman, also per definitionem eine fiktive Lang-Erzählung, mehr nicht.