Michaela Abresch

 Kalt ruht die Nacht

 Taschenbuch: 264 Seiten

 Verlag: Acabus Verlag

 ISBN-13: 978-3862825387

  

 

Unterhaltsam, mehr nicht

 

 

 

Eine „Kriminalgeschichte“ ist per definitionem eine Geschichte, bei der ein Verbrechen und seine Aufklärung im Mittelpunkt stehen. „Historisch“ bedeutet wiederum per definitionem,  einer bestimmten Geschichtsepoche angehörend (und darüber informierend). Die im Buch gesammelten Geschichten erfüllen die mit dem Untertitel „Historische Kriminalgeschichten aus dem Westerwald“ geweckten Erwartungen nur sehr eingeschränkt.

 

Auch wenn die Autorin sich bemüht, anhand des Anhangs nachzuweisen, wie fleißig sie z. B. in Dorfchroniken recherchiert hat, so fehlen doch in vielen Geschichten konkrete westerwaldtypische Gegebenheiten und Verhaltensweisen der damals dort lebenden Menschen. Viele der in den Geschichten geschilderten Örtlichkeiten, der Landschaften, der Bäche, Wälder und Ruinen könnten auch in grauer Vorzeit irgendwo anders gelegen haben. Es genügt meines Erachtens für eine historische „Westerwälder“ Geschichte nicht,  z. B. einen Töpfer als unbedeutende Randfigur auftreten zu lassen, dessen Namen als historisch belegt im Anhang zu rechtfertigen, ohne dass wir auch nur irgendetwas in der Geschichte selbst von dem Töpferhandwerk zu der Zeit und speziell in dieser Gegend erfahren.

 

Genauso verhält es sich mit dem Begriff „Kriminalgeschichten“. Es gibt zwar Tote, das ja, aber nicht immer handelt es sich um einen Mord, geschweige denn, dass Geschehnisse und Täter konsequent verfolgt und zur Aufklärung gebracht werden. Oftmals handelt es sich um geradezu schicksalhafte Verstrickungen oder um tragische Gegebenheiten, um das im Menschen immanente Böse. Aber immer weiß der Leser Bescheid, muss nicht selbst „ermitteln“, schaut einfach nur zu,  lässt sich mehr oder weniger gut unterhalten und ist nach der Lektüre nicht klüger als zuvor.

 

Nimmt man den hohen Anspruch, den die Autorin durch ihren Untertitel an sich selbst gestellt hat und damit scheitert, einmal zur Seite, dann muss man ihr zugute rechnen, dass sie recht plastisch und bildhaft erzählen kann. Insofern sind ihre Geschichten unterhaltsam und kurzweilig zu lesen. Allerdings bräuchte es noch so manche sprachliche Überarbeitung. Nur wenige Beispiele seien hier angeführt: „scheinbar“ und „anscheinend“ sollten nicht verwechselt werden, „liege“ und „läge“ ebenso. „Das Knacken der Walderde“ meint doch wohl eher das Knacken von Unterholz, Erde habe ich noch nie knacken hören. Unfreiwillige Komik müsste ausgemerzt werden „…. schlugen seine Beine eine Richtung ein…“. Die Aufzählung ließe sich leider noch beliebig fortsetzen.

 

Es ist der Autorin zu wünschen, dass sie mit einem gehörigen Maß Selbstkritik ihr zweifellos vorhandenes Schreibtalent weiter ausbaut. Wer gerne einigermaßen spannende Geschichten aus alter Zeit lesen mag, ist mit diesem Buch aber durchaus gut bedient.