{unbezahlte Werbung}

Martin Simons

Beifang

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Aufbau Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 234 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3351038793

#Beifang

 

 

Wenn es an allem mangelt

 

Dieser kleine große Roman hat in mir dauerhafte Spuren hinterlassen  Und wegen dieser Spuren wünsche ich inständig, dass das Buch gelesen wird, von vielen gelesen wird. Gerade weil wir geneigt sind, bereits heftig zu jammern, wenn nicht ausreichend Salatöl in den Regalen des Supermarktes steht. Der im Roman beschriebene Mangel ist ein so viel größerer, umfassenderer, über die Generationen hinweg lebensbestimmender, als man es sich vorstellen kann.

 

Frank Zimmermann, der Erzähler, sagt von sich selbst, er sei unfähig, ein normales Leben zu führen. Er sieht seinen eigenen Sohn nur zweimal im Jahr und seine Geliebte alle paar Wochen. Wenn er aus dem Fenster schaut, blickt er auf eine weiße Feuerschutzwand. Ein unregelmäßiger Job finanziert Miete und Nahrung. Ein Leben ohne Lebendigkeit. Als er erfährt, dass sein Elternhaus verkauft wird, gerät Frank in Bewegung. Er macht sich, überrascht von sich selbst, auf die Spurensuche. Denn der Vater sagte immer nur: „Ich erinnere mich nicht.“ Dessen Vater, der Großvater von Frank, lebte in den Nachkriegsjahren in einer Zechenhaushälfte am Rande des Ruhrgebiets. Als Hilfsarbeiter und zwölffacher Vater verlief sein Leben in unvorstellbarer Armut. Man klaute aus den Abfalleimern der Nachbarn Zeitungspapier, um die Säuglinge damit zu wickeln. In der Enge entwickelten sich prächtig Schläge, Hunger und Streit. Brutalität, sowohl körperlich als auch seelisch, war Alltag. Um einen besseren Zugang zum Vater zu bekommen, besucht Frank nach und nach Brüder und Schwestern seines Vaters und erfährt, wie dieses Aufwachsen in Tristesse und Härte in den unterschiedlichen Lebensläufen auf immer Spuren hinterlassen hat. Und wie zwischen einem armen, geradezu armseligen Leben stets ein Stolz hochgehalten wurde, der kein Selbstmitleid erlaubte.

 

Dem Autor ist es gelungen, mit ganz leichter Feder Schweres und Schwerstes in Worte zu fassen. Stark und eindringlich wirken seine Schilderungen. So manche der erzählten Szenen werde ich wohl nie mehr los. Denn dieser Roman hat mich fassungslos gemacht, fassungslos und bedrückt und nachdenklich. Denn niemand kann etwas für seine Herkunft und trägt dennoch deren Last auf den Schultern, ob er davon weiß oder nicht.