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Monika Detering

Die Märchenerzählerin

 

·         Seitenzahl der Print-Ausgabe: 179 Seiten

·         Verlag: edition oberkassel

#DieMärchenerzählerin

 

 

Psychogramm eines zerzausten Gedächtnisses

 

Es geschieht selten. Aber wenn es geschieht, bleibt es im Gedächtnis. Wenn man ein Buch lesen möchte wie so viele andere, unverbindlich, jederzeit weglegbar, aber das Buch sich nicht einfach so lesen lässt. Sondern wenn es sich festhaftet, kleben bleibt, sich ins eigene Leben, in die eigenen Erinnerungen drängt, die Gedanken besetzt. Und wenn man Mühe hat, wieder Distanz zu schaffen zwischen Buch und Leben. Weil man selbst fast so alt ist wie Lila, man sich also auch in der „Vorsterbezeit“ befindet, wie es die Autorin einmal nennt? Oder weil das Buch so gut geschrieben ist, dass es nicht loslässt?

Lila Oelmann ist 76. Eigentlich wollte sie immer nach Tahiti und ist doch in Bielefeld geblieben. Sie war mit Hermann in Liebe verbunden und darf, befristet, nach seinem Tod in seiner Wohnung in einer reinen Männer-WG unterkommen. Durch eine Fülle von aufblitzenden Erinnerungen an Kindheit und Jugend, wie es nur ältere Menschen kennen, erfahren wir von der schönen, immer erfolgreichen Schwester Astrid, die seit mehr als 50 Jahren verschwunden ist. Lila wird klar, dass sie nach Astrid suchen muss, bevor es endgültig zu spät ist. Und tatsächlich gibt es eine Spur…

 

Die Geschichte zwischen Schuld und Wiedergutmachung lebt von einer dauerhaft inneren Spannung, die den Leser Seite um Seite vorantreibt. Und sie lebt von der liebevollen, detailreichen Schilderung von Menschen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Was mich jedoch an den Büchern von Monika Detering immer wieder besonders fasziniert, ist ihre wunderbare Gabe, mit Wortbildern zu jonglieren und so mit ganz wenigen Worten virtuos ein Gefühl, eine Stimmung zu vermitteln. „Jemandem ein Loch in seine Wichtigkeit schneiden“ zum Beispiel oder wenn „eine Wolke Ungelüftetes tief hängt“ oder wenn „selbst die Blätter zu träge sind zum Rascheln“. Mit „Todesblumen“ auf dem Handrücken „einen Mantel aus Zweifeln tragen“ und mit einem „zerzausten Gedächtnis“ durch die „Vorsterbezeit“ gehen -  ein Psychogramm des Alters, wie man es besser nicht zeichnen könnte, mit Humor und Herzenswärme gleichermaßen.