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Kristina Engel

Ein Koffer voller Schönheit

 

·         Herausgeber ‏ : ‎ Droemer TB

·         Taschenbuch ‏ : ‎ 432 Seiten

·         ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426308356

#einkoffervollerschönheit

 

 

Wenig Avon, viel Wirtschaftswunder-Zeit

 

Völlig ungeschminkt sage ich es frei heraus: Avon spielt in diesem Roman nur den ziemlich unbedeutenden Aufhänger für einen Rückblick in die 50er und 60er Jahre. Insofern wurden meine Erwartungen leider nicht ganz erfüllt, auch wenn der Roman im Ganzen gesehen unterhaltsam geschrieben ist.

 

Anne Jensen ist, wie es zu dieser Zeit üblich war, Hausfrau und Mutter. Ihr Mann Benno, von Beruf Tischler, lässt sich durch Verlockungen seines ehemaligen Schulfreundes darauf ein, ein Möbelhaus zu gründen, was ihn sehr fordert und ihn letztlich unglücklich macht. Ganz abgesehen davon, dass ein unbearbeitetes Kriegstrauma in ihm wühlt. Anne wird von ihrer Schwiegermutter ermutigt, ihren eigenen Weg zu gehen. Sie wird Avon-Beraterin trotz Gegenwehr von Benno. Die Ehe scheint nicht mehr zu retten zu sein.

 

Da ich selbst in den 50er Jahren Kind war, weckte der Roman in mir so manche Erinnerung, als eine Kugel Eis noch 10 Pfennige kostete oder Aenne Burda so kluge Kolumnen schrieb. Es ist Kristina Engel sehr gut gelungen, diese Zeit lebendig-bildhaft zu beschreiben, eine Zeit, in der die Menschen vorwärts blickten, sich mehr und mehr leisten konnten und Konventionen und gesellschaftliche Engstirnigkeit zunehmend an Boden verloren. Ehekonflikte, Kriegstraumata, Frauenrechte, Unabhängigkeitsstreben, der Einfluss Amerikas – viele Themen werden angerissen, und Avon mit dem Verkauf von „Schönheit“ wirkt unter all diesen zeittypischen Problemen eingestreut wie eine nette Dekoration. Die Schilderungen von Schminksitzungen wirken leblos, mitunter sogar ungewollt komisch. Den Traum, den Avon zu dieser Zeit verkaufte, konnte die Autorin leider nicht emotional nachvollziehbar in Szene setzen. Leider verliert sich der unterhaltsam-biedere Roman gegen Ende völlig in einem maßlos übertriebenen, dramatischen Überfall und einem abrupten Schluss.

 

Fazit: Viel Wirtschaftswunder, wenig Avon