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Zoe Beck

Memoria

Herausgeber ‏ : ‎ Suhrkamp Verlag; Originalausgabe Edition 2023

Broschiert ‏ : ‎ 280 Seiten

ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3518472927

 

Unerwartet und sehr, sehr spannend

 

Das Cover zeigt gewaltiges Feuer und Hitzeentwicklung. Dies und auch die kurzen Angaben auf der Buchrückseite ließen mich mit völlig falschen Erwartungen in das Buch starten. Denn mit Science Fiction in seiner per definitionem eigenen Art hat der Thriller nicht wirklich etwas zu tun. Eher sehe ich den Roman als eine Gratwanderung zwischen unserer vertrauten Welt und einem Blick über diesen Rand hinaus in die nahe mögliche Zukunft. Und so kommt bei der Lektüre immer wieder neu die Frage auf, was Dystopie ist und was die Realität, die uns schneller einholen wird als wir denken können.

Harriet gerät unerwartet in eine Feuersbrunst vor den Toren Frankfurts und rettet in letzter Sekunde mit Hilfe zweier unbekannter Frauen eine ältere Dame aus ihrem brennenden Haus. Dass Harriet, die nie Autofahren konnte, es schafft, alle Personen in rasender Fahrt in einem Auto vor dem Feuer in Sicherheit zu bringen, ist ein erstes Rätsel, das Harriet und den Leser verwirrt. Und so verwirrt uns die Autorin weiter durch aufblitzende Erinnerungen und Träume, die Harriet unverständlich und unerklärlich sind. Doch Harriet macht sich beharrlich auf den Weg, sich selbst auf die Spur zu kommen.

Im Präsens geschrieben, wird die Handlung und damit der Leser in großem Tempo durch die Seiten getrieben. Mich hat der Thriller völlig überrascht. Denn Zoe Beck spielt mit unseren Ängsten genauso wie mit allen denkbaren Möglichkeiten der Manipulation. Das menschliche Gehirn ist noch lange nicht wirklich erforscht. Und es gibt so viele denkbare Wege, dystopisch oder nicht, unsere Gedanken, unsere inneren Bilder, unsere Erinnerungen manipulativ zu steuern, zu löschen, neu zu programmieren. Die Suche nach ihrer eigenen Vergangenheit, auf die sich Harriet unverdrossen und mutig macht und dabei in Lebensgefahr gerät, ist sehr, sehr spannend erzählt. Ich las das Buch in kürzester Zeit durch, getrieben von der Erwartung eines fulminanten Endes, einer Aufklärung mit einer überraschenden Wendung.

Doch leider beraubte mich die Autorin dieser Hoffnung. Denn das Ende ist vorhersehbar und allzu glatt und wohlgefällig. So glatt und wohlgefällig, wie auch die Hauptperson geschildert wird. Harriet, eine Pianistin, ein Wunderkind – diese hätte eine tiefergehende psychologische Schilderung verdient. Und so wären die weiteren Entwicklungen auch nicht so oberflächlich geblieben. Hier hat die Autorin, wie ich finde, das Potenzial dieses Thrillers nicht völlig ausgeschöpft. Das ist sehr schade. Aber ein spannendes Leseabenteuer war es für mich allemal.

 

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Silke Hartmann

Die Superkräfte der Vögel

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Kosmos

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 192 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3440176702

 

Interessantes, ungewöhnliches Vogelbuch in schlechter Sprache verpackt

 

Dass es sich bei diesem Buch nicht um ein „normales“ Sachbuch handelt, zeigt schon das etwas merkwürdig gestaltete, nicht gerade gefällige Cover, aber auch der Untertitel, der die Autorin als „Vogelguckerin“ bezeichnet. Und in der Tat: Sachbücher transportieren in der Regel trocken, sachlich und nüchtern Wissen zum Nachschlagen. Dagegen ist nichts zu sagen. Aber Sachbücher, die Interesse am jeweiligen Fachgebiet „entzünden“ und aus reiner Neugierde oder Wissensdrang des Lesers echte Begeisterung erwachsen lassen, sind etwas Besonderes. Solch ein Buch liegt hier vor. Es ist unterhaltsam und es erzählt Erstaunliches und Überraschendes. Und es ist begeisternd.

Wer weiter eintauchen will in die lebendige Vogelschau der Autorin, dem seien der Podcast „Vögel, aber cool“ und die Beiträge bei Instagram unter „vogelguckerin“ empfohlen.

„Man sieht nur was man weiß“ – das ist eine Aussage, die mich schon mein langes Leben hinweg begleitet. Wie wahr und wie richtig. Wir sind umgeben, egal wo wir wohnen, von Vögeln. Wir hören sie, wir sehen sie, aber in den seltensten Fällen fallen sie uns auf. Wir schauen lieber exotische Vögel im Zoo an, sind beeindruckt von Größe und Farbenpracht. Die Spatzen um uns herum, die Meisen, die Rotkehlchen, die beachten wir eher nicht. Doch wer dieses Buch gelesen hat, sieht die Vogelwelt mit anderen Augen, mit wacheren, aufmerksameren Augen.

 

Das ist die gute Seite am Buch. Was mich jedoch entsetzlich stört, ist die „lockere“ Sprache. Mag sein, dass man damit das jüngere Publikum ansprechen möchte. Aber ich persönlich finde nicht, dass dieses Ansinnen ausreicht, um schlechtes Deutsch zu verwenden. „Supercool“ oder „megacool“ wiederholen sich. Für eine Autorin ein traurig armer Wortschatz, um etwas Besonderes zu beschreiben. Schlimmer noch ist das Gendern bei Vögeln. Sorry, alberner geht es kaum noch.

 

Fazit: Ein Sachbuch, das frisch und lebendig das Beobachten von Vögeln weckt und uns durchaus Erstaunliches vermittelt. Das Ganze leider in schlechter Sprache und hässlichen Illustrationen verpackt.

 

 

Menachem Kaiser

Kajzer – Mein Familienerbe und das Abenteuer der Erinnerung

 

  • Herausgeber ‏ : ‎ Paul Zsolnay Verlag
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 336 Seiten
  • ISBN ‏ : ‎ 978-3552073395
  • Originaltitel ‏ : ‎ Plunder. A Memoir of Family Property and Nazi Treasure

  Ein Stück Zeitgeschichte vielschichtig erzählt

 

Dieses Buch schlug ich erst einmal mit gewissen Vorbehalten auf. Wollte ich wirklich lesen über ein Thema, das schon in zig Variationen in der Literatur und in Filmen seinen Niederschlag gefunden hatte? Ich war irgendwie des Themas überdrüssig, wohl wissend, dass gerade in unserer heutigen Zeit solche Bücher nicht nur wichtig, sondern dringend notwendig sind. Aber in meinem höheren Alter war ich es satt, wieder und wieder über das Entsetzliche zu lesen.

 

Menachem Kaiser, im fernen Toronto lebend und eigentlich ohne Bezug zu seiner Familiengeschichte, macht sich auf den Weg nach Polen. Es gibt dort ein Mietshaus, einst in Familienbesitz, dann von den Nazis enteignet. Der Autor versucht, dieses einstige Familieneigentum wieder zu erlangen. Dass diese Reise sowohl in die Vergangenheit, wie in das Leben seines Großvaters, führt als auch in die Gegenwart, in der Skurriles und  fast mystisch Anmutendes gleichermaßen zu finden ist, erzählt Menachem Kaiser staunend, irritiert, genervt, bewegt und durchaus auch mit einem leisen Humor. Und genau dieser leise Humor machte das Buch für mich gut lesbar. Auch wenn manche Passagen bzw. Erzählstränge für mein Empfinden zu breit erzählt werden. Auch wenn nicht chronologisch erzählt wird und damit mitunter dem Geschehen schwierig zu folgen war.

 

Fazit: Ein Buch, das zwischen erzählender Literatur und Sachbuch einzuordnen ist. Ein Buch, das ein Stück Zeitgeschichte sowohl aus dem distanzierten Blickwinkel eines jüngeren Menschen als auch aus dem familiären persönlichen Betroffensein erzählt wird, vielschichtig und mit leisem Humor, manchmal langatmig, manchmal berührend. Ein durchaus wichtiges Buch, wie ich finde.

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Hallgrimur Helgason

60 Kilo Kinnhaken

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Tropen

·        Sprache ‏ : ‎ Deutsch

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 672 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3608501841

·        Originaltitel ‏ : ‎ Sextíu kíló af kjaftshöggum

#60KiloKinnhaken

  

Schöne Sprachbilder, aber insgesamt mühsam zu lesen

 Da ich selbst Islandpferde hatte, war ich stets interessiert an dem Land Island. Obwohl ich nie selbst dort war, hatte ich durch Filme und Fotos eine gewisse Vorstellung von dieser spröden Landschaft. Keine Vorstellung jedoch hatte ich von der Geschichte und von den Menschen mit ihren Besonderheiten. Deshalb war ich äußerst neugierig auf den vorliegenden, viel gelobten Roman, der als Fortsetzungsband zu „60 Kilo Sonnenschein“ das Leben von Gestur erzählt. Den ersten Band kenne ich nicht, deshalb empfand ich den gewaltigen Umfang des vorliegenden Romans mit fast 700 Seiten als ziemliche Herausforderung. Und ich hatte große Mühe, mich in das Geschehen einzufinden. Die Fülle an Eigennamen, die ich mir erst einmal nicht merken konnte, überforderte mich. Das relativ kurze Glossar am Buchende half mir dabei nicht wirklich.

Gestur, ein Waise, ist in diesem zweiten Teil zum jungen Mann geworden. Er stürzt sich kopfüber in das Leben. Der fiktive Ort Segulfjördur boomt dank der erfolgreichen Heringsfischerei. Der einst einsame Fjord wird überschwemmt von Fremden, von Fabriken, von Geschäftsleuten. Die Isländer in ihren Torfkaten werden zur Minderheit. Und in Europa bricht der Krieg aus. Gestur nimmt alles mit, was sich ihm bietet. Doch wie immer im Leben: Was zu schnell wächst, stürzt irgendwann in sich zusammen. Der Schicksals-Kinnhaken schlägt mit Wucht zu.

Der Autor wird hochgelobt, was ich durchaus verstehe. Denn sein Sprachstil ist besonders und außerordentlich eindrücklich. Hallgrimur Helgason bezeichnet sich selbst als „eine Eule im eigenen Werk, … alles sehend“. Der episch breit angelegte Roman ist imposant, originell, von Sprachbildern sprühend. Und doch war das Lesen sehr anstrengend. Und mir persönlich war der Roman einfach zu dick. Es gab lange Passagen mit ausführlichen Landschafts- und Wetterschilderungen. Und die ich, das muss ich zugeben, teilweise übersprungen habe.

Fazit: Ein Roman in einem besonderen, bildhaften Sprachstil geschrieben, aber die epische Breite des Erzählens überforderte mich streckenweise.

  

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Eva Björg Aegisdottir

Verlogen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ KiWi-Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 368 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3462002966

·        Originaltitel ‏ : ‎ Stelpur sem ljuìga

#Verlogen

  

Ein rundum gelungener Kriminalroman

 Ein Hochgenuss war für mich die Lektüre dieses Kriminalromans. Denn er enthält alles, was das Leserherz erfreut: einen über die Seiten hinweg andauernden Spannungsbogen, eine geschickt und mehrbödig sich entwickelnde Story, psychologisch logisch nachvollziehbare Protagonisten und einen flüssig-lebendigen Sprachstil.

 

Marianna, eine völlig überforderte alleinerziehende Mutter, verschwindet spurlos. Alle vermuten Selbstmord. Doch sieben Monate später wird ihre Leiche in einem Lavafeld vollkommen verwest entdeckt. Marianna war zweifelsfrei ermordet worden. Kommissarin Elma und ihr Team beginnen den damalig vermuteten Suizid neu aufzurollen und entdecken völlig Unerwartetes…

 

Zu Beginn der Lektüre hatte ich einige Schwierigkeiten, die Fülle an Namen zeitlich und in ihren Beziehungen zueinander geordnet in meinem Kopf zu sortieren, da die Autorin immer wieder die Zeitperspektive wechselt. Vermutlich hätte die Kenntnis des ersten Bandes diese Schwierigkeiten zu vermeiden geholfen. Das hilfreiche Personenverzeichnis entdeckte ich leider erst ganz zum Schluss der Lektüre. Dennoch war ich sehr schnell von der raffiniert sich entwickelnden Geschichte fasziniert. Immer wieder gab es neue Wendungen, immer wieder wurde ich als Leserin völlig überrascht. Immer wieder ergaben sich neue Sichtweisen, sodass ich mit meinen Vermutungen und Überlegungen immer wieder in Sackgassen geriet. Die Autorin versteht es perfekt, durch einen gekonnt flüssig-lebendigen Sprachstil und die raffiniert gestrickte Geschichte den Spannungsbogen stets hoch zu halten. In die psychologisch klug dargestellten Protagonisten konnte ich mich gut einfinden. Ganz besonders beeindruckt war ich jedoch von den feinen Schilderungen der isländischen Landschaft, die den idealen Rahmen bildeten zu diesem rundum empfehlenswerten Kriminalroman.    

 

 

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Petra Ivanov

Kryo – Die Verheißung

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Unionsverlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 352 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3293005969

 

 

Ist Leben ohne Tod möglich?

 

Auf diesen vorliegenden Thriller, den ersten Band einer geplanten Trilogie, war ich sehr gespannt. Die Autorin ist Gerichtsreporterin und Journalistin, kann also sowohl gut beobachten als auch gut schreiben. Zudem ist sorgfältige Recherche Grundlage ihres Berufes. Genau deshalb hatte ich durchaus hohe Erwartungen an dieses Buch, insbesondere wegen des brisanten Themas.

Zum Inhalt: Nichts lässt größeren Umsatz erwarten als das Versprechen auf Überwindung des Todes. So arbeiten große Unternehmen weltweit auf ganz unterschiedlichen Wegen an der Erforschung, das menschliche Leben zu verlängern. Doch welche Forschungswege sind ethisch vertretbar, welche nicht? Können Maschinen tatsächlich menschliches Bewusstsein übernehmen? Der angehende Arzt und Journalist Michael Wild stellt solche und weitere Fragen. Sein plötzliches Verschwinden zwingt Julia, seine Mutter, eine Frau mit brisanter Vergangenheit, aus ihrem zurückgezogenen Leben herauszutreten. Ihre Nachforschungen bringen sie jedoch in allergrößte Gefahr.

Glücklicherweise wurde dem Buch ein Personenverzeichnis vorangestellt. Denn durch die Zeitsprünge und die vielen Personen kommt man beim Lesen leicht durcheinander, auch wenn der Schreibstil als solcher leicht und gut lesbar ist. Mir persönlich fehlte irgendwie die Möglichkeit, mich emotional mit den Protagonisten zu verbinden. Zu nüchtern, zu verstandesmäßig orientiert wurden die handelnden Personen dargestellt. Den Schwerpunkt legte die Autorin ganz offensichtlich auf wissenschaftliche Erläuterungen, auf die Ergebnisse ihrer durchaus fundiert wirkenden Recherchen. Interessant einerseits und eigene Überlegungen anregend, den Spannungsbogen andererseits jedoch immer wieder unterbrechend.

Fazit: Ein Thriller, der mit seiner brisanten Thematik, wissenschaftlich gut recherchiert, punktet, dabei jedoch die erzählerisch-emotionale und Spannung gebende Seite eines Thrillers ein wenig vernachlässigt.

 

 

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Anthony Ryan

Ein Fluss so rot und schwarz

Herausgeber ‏ : ‎ Tropen; 1. Auflage 2023

Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 272 Seiten

ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3608501797

Originaltitel ‏ : ‎ Red River Seven

Ein kraftvoller Roman, schaurig und nachdenkenswert

Anhand der kurzen Inhaltsangabe auf dem Buchrücken konnte ich mir nicht im Geringsten vorstellen, was die Lektüre dieses dystopischen Romanes in mir auslösen würde. Das Buch ist von einer immens großen und grausamen Kraft, die einen Schauder nach dem anderen über den Rücken jagt.

Das Szenario ist beängstigend: Sechs Menschen, die auf einem selbststeuernden Militärschiff erwachen, neben einer Leiche. Sechs Menschen, denen jegliche Erinnerung geraubt worden war. Sechs Menschen mit ganz unterschiedlichen, fast automatisch ablaufenden Fähigkeiten. Durch dichten Nebel dringen grauenhafte Schreie. Über ein Satellitentelefon erhalten die sechs Menschen von einer Maschinenstimme Anweisungen, ohne weitere Erklärungen oder Informationen. Sie erkennen, dass sie immer näher der völlig zerstörten Stadt London kommen. Und dass die auf dem Schiff reichlich vorhandenen Waffen nicht genug sein werden für ihre Mission…

Wann wird eine Dystopie zum lange nachwirkenden Albtraum? Wenn sie brillant geschrieben ist zum einen. Und brillant geschrieben ist dieser Roman. Man hört, man riecht, man sieht als Leser Ungeheuerliches in seinem Kopfkino entstehen. Anthony Ryan schreibt entsetzlich intensiv, eindringlich, schonungslos und tief erschreckend. Und eine Dystopie wird zum lange nachwirkenden Albtraum, wenn ihre Handlung unserer vertrauten realen Welt ganz nah kommt, sodass man sie nicht als Fantasy abtun kann. Sondern das wahre Grauen entsteht durch den Gedanken, dass das Beschriebene in einer gar nicht so fernen Zukunft so oder ähnlich geschehen könnte. Wie nah sind wir im realen Leben der Apokalypse? Wann wendet sich die Umwelt endgültig gegen uns, gegen uns Menschen, die wir uns so arrogant die Welt gefügig machen wollen? Wenn Mutation der Motor der Evaluation ist, was geschieht, wenn wir Mutation steuern können?  Wenn eine Dystopie Fragen wie diese auslöst, ist sie viel mehr als nur schaurige Unterhaltung. Und genau das ist Anthony Ryan mit dem vorliegenden Roman perfekt gelungen

 

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Valery Tscheplanowa

Das Pferd im Brunnen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Berlin

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 192 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3737101844

#DasPferdimBrunnen

 

 Starke Sprache, verwirrende Erzählweise

 

Ein kleines Buch mit luxuriösem Lesebändchen, mit einem augenverwirrenden Cover und in einer augenunfreundlichen Schrift. Die Inhaltsangabe machte neugierig. Doch die Lektüre ließ mich verwirrt zurück – also sehr passend zum Cover. Ein Buch, für das ich nur die Beurteilung „einerseits – andererseits“ finde.

 

Zum Inhalt verweise ich ausnahmsweise auf die Verlagsangabe. Mir persönlich ist es nicht möglich, einen roten Faden zu finden, anhand dessen ich eine Handlung in Kurzform erzählen könnte. Die Autorin erzählt teils autobiographisch, wie ich annehme, von vier verschiedenen Frauen aus ihrer Familie, jede für sich in dieser Familie besonders, eigen, teils skurril wirkend, immer aber hart zu sich selbst und zu anderen, vielleicht liebend, aber es nie zeigend.

 

Einen gelungenen Titel hat das Buch, denn die Geschichte des Pferdes im Brunnen, die dem Kind erzählt wird, steht für die Vision einer anderen Welt, jenseits unserer Realität. Und genauso erzählt die Autorin. Nie weiß man, woran man ist. Ist es Realität, ist es Lüge, ist es Fantasie, ist es Traum, ist es Wunsch? Und so komme ich zum Einerseits:  Bestechend schön ist die Sprache, in der Valery Tscheplanowa erzählt. Sie schreibt in einer außerordentlich starken, bildhaft-poetischen Sprache. Was sie schildert, hat man bei Lektüre sofort bildhaft vor Augen. Andererseits jedoch besteht aus Buch aus Erzählsplittern, die weder chronologisch noch von Erzählerseite irgendeiner Ordnung folgen. Erinnerungen legen sich über Gegenwärtiges und ergeben ein neues Muster. Für mich äußerst verwirrend. Von der Lektüre ist mir außer der Freude an der starken Sprache nur geblieben, dass die Großmutter „das hässliche Gift, niemand zu brauchen“ weitergegeben hat. Vielleicht auch an die Autorin, die sich nicht sonderlich darum bemühte, verstanden zu werden.

Fazit: Starke Sprache – verwirrende Erzählweise

 

 

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Paolo Giordano

Tasmanien

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Suhrkamp Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 335 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3518431320

·        Originaltitel ‏ : ‎ Tasmania

#Tasmanien

 

 

Ein großer Roman

 Für dieses Buch waren mir die vorgegebenen 3 Wochen Lesezeit zu kurz. Deshalb ist dieser Versuch einer Rezension eben nur ein Versuch. Denn dieses Buch von Paolo Giordano ist irgendwie nicht fassbar, nicht einordbar und doch zutiefst verstörend. Es ist kein Sachbuch, obwohl viel sachlich Wissenswertes darin zu finden ist. Es nennt sich zwar Roman, aber auch mit diesem Begriff hadere ich, obwohl er per definitionem richtig ist. Fiktionales Nachdenken über die mögliche Zukunft, philosophisches Nachdenken über Gegenwart und Zukunft, also der Spagat zwischen unserem realen Sein und dem fiktiv Denkbaren – nichts weniger als all das wird in der Schilderung des Mannes Paolo vereint.

Paolo ist gerade mal knapp 40, von Beruf Journalist. Dass seine Frau die frustranen Versuche künstlicher Befruchtung einstellt, wird zur Lebenskrise für Paolo. Und so flieht er zur Klimakonferenz nach Paris, spricht mit Fachleuten über klimatische Phänomene und über Terrorismus, er reist um die Welt, um seinem eigenen Leben zu entfliehen und gleichzeitig die Schrecken der möglichen Zukunft zu erdenken.

Das Buch ist in seiner Tiefgründigkeit nicht einfach nur schnell durchzulesen. Immer wieder lohnt es sich, Pausen beim Lesen zu machen und nachzuforschen, wo man selbst gedanklich steht, ob man Paolo folgen kann in seinem Versuch, der Zukunft einen Hoffnungsschimmer zu verleihen oder ob man eher dazu neigt, die Zuversicht zu verlieren aufgrund der drohenden und zu erwartenden Katastrophen. Der treffend schöne Sprachstil erfordert ebenso ein sehr sorgsames, aufmerksames Lesen. Für mich ist „Tasmanien“ ein Buch, das ich immer wieder neu in die Hand nehmen möchte, weil es mich von Mal zu Mal neu dazu herausfordert, mich den existentiellen Fragen zu stellen und mein persönliches Tasmanien zu suchen. Paolo Giordano hat hier meiner Meinung nach einen wirklich großen Roman geschaffen.

 

 

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Jaap Robben

Kontur eines Lebens

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 320 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3832168186

·        Originaltitel ‏ : ‎ Schemerleven

#KontureinesLebens

  

Tief bewegend

 

Die Lektüre dieses Buches hat mich umgehauen. Vielleicht, weil ich fast so alt bin wie Frieda, die Erzählerin im Buch, und weil ich sowohl die Sechzigerjahre mit ihren strengen Moralvorstellungen aus eigenem Erleben kenne, als auch das Alter mit seinen zunehmenden Einschränkungen und den immer öfter rückgerichteten Erinnerungen an das gelebte Leben. Das Buch hat mich aber auch umgehauen, weil sein Erzählstil so treffend ist, so mit leichter Hand, in kurzen Sätzen geschrieben, in die Tiefe der Gefühlswelt von Frieda eintauchend und sowohl ein Zeitbild als auch ein Seelenbild abgibt, wie es treffender und stimmiger nicht sein könnte.

Der Roman bewegt sich auf zwei Zeitebenen: Da lernen wir die 81-jährige Frieda im  Seniorenheim kennen. Soeben hat sie ihren Mann begraben, der stets für sie da gewesen war. Sie kämpft mit dem zunehmenden körperlichen Verfall und mit der Trauer um ihren Mann. Sie lebt in ihrer eigenen Welt, fordert ihre Bedürfnisse ein und zeigt kaum Empathie für ihren Sohn und dessen Frau. Und so empfindet der Leser wenig Sympathie für Frieda. Immer öfter schweifen ihre Erinnerungen zurück in die Zeit, als sie eine junge, naive Frau in den Sechzigerjahren war, Floristin von Beruf. Hier liegt eine traumatische Erfahrung, geschuldet dem katholisch geprägten Umfeld und der strengen Moralvorstellungen dieser Zeit. Denn ihre Liebe zum verheirateten Otto hatte Folgen, ein Skandal! Die Puzzlestücke der Erinnerungen formen sich für den Leser nach und nach zu einem Teil von Friedas Leben mit einer tief im Inneren verschlossenen unendlichen Trauer, die sich schließlich unerwartet Bahn bricht. Und spätestens da empfindet man als Leser uneingeschränktes Mitempfinden für Frieda – und für so viele Frauen, denen es so oder ähnlich ergangen ist in diesen moralisch gnadenlosen Zeiten.

 

Jaap Robben hat einen Roman geschrieben, der ergreifend ist, tief bewegend, und doch mit leichter Hand, ohne Larmoyanz erzählend.  Ein starkes, ein sensibles Buch, dessen Lektüre emotional tief berührt. 

 

 

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Linda Bondestam

Mein Leben als einsamer Axolotl

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ limbion

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 48 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3910549012

·        Lesealter ‏ : ‎ Kundenempfehlung: 4–10 Jahr(e)

·        Originaltitel ‏ : ‎ Mitt Bottenliv

#MeinLebenalseinsamerAxolotl

  

Hinreißend gestaltetes Bilderbuch über unsere geschundene Welt

 

Die finnische Autorin hat ein ganz besonderes Bilderbuch geschaffen, das sowohl vom Text her als auch von den Illustrationen und der dahinterstehenden Botschaft absolut ungewöhnlich und besonders ist. Ein Bilderbuch, das für Vorschulkinder in allen Facetten vielleicht noch nicht verständlich ist, aber das beim Vorlesen und begleitenden Gesprächen mit den vorlesenden Erwachsenen durchaus seine Botschaft verständlich werden lässt. Und ein Bilderbuch, das älteren Kindern und Erwachsenen mehr als Herz geht als man vielleicht erwartet.

Der namenlose Axolotl ist der letzte seiner Art. Er ist einsam, aber er freut sich dennoch seines Lebens. Er erfreut sich an Fundstücken, die die Plumplinge ins Wasser werfen. Er besucht die Unterwasserschule und hat eine Weile lustige Tigersalamander-Freunde, bis diese an Land auswandern. Das Wasser wird trüber, die Luft wird heißer, die Einsamkeit wird größer. Bis eine Riesenwelle den Axolotl durch die Gegend schleudert und er, völlig unerwartet, in eine neue Zukunft startet.

Von der naiv wirkenden, aber unsagbar eindringlichen Gestaltungskraft von Linda Bondestam bin ich hingerissen. Ich wüsste nicht, welche Geschichte über die Zerbrechlichkeit unserer Erde mir bisher so sehr ans Herz gegangen wäre. Der liebenswerte Axolotl, der sich mit allem, was ist, zufrieden gibt, hat es verdient, zu überleben und letztlich sein Glück zu finden. Vielleicht ganz ohne Plumplinge. Denn die Erde weiß sich zu helfen. Wenig einfacher und doch sehr aussagekräftiger Text ist eingebettet in intensivfarbige großflächige Illustrationen, aus denen der winzige Axolotl hervorscheint. Vieles aus unserer gegenwärtigen Umwelt lässt sich in den Bildern finden. Und der Wandel, den die Erde vollzieht, ist elementar. Was Plumpiane nicht schaffen, gelingt Axolotl wie von selbst: unerschöpflicher Lebensmut.

 

 

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Sophie Oliver

Das Haus am Walchensee

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ FISCHER Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3596707874

#DasHausamWalchensee

 

 

Wenn Familiensinn und Heimatliebe siegen

 

An meinen eigenen Urlaub am Walchensee vor vielen, vielen Jahren habe ich eine verschwommene Erinnerung. Hauptsächlich ist mir ein etwas unangenehmes Empfinden durch das rundum Umschlossen-Sein von Bergen geblieben. Umso neugieriger war ich auf den vorliegenden Roman, dessen erster Band tatsächlich sehr viele schöne, bildhafte Naturbeschreibungen enthält , die mich dazu verlocken, den Walchensee noch einmal ganz neu zu erleben.

 

Freya Siebert, die ihre ersten Jahre am Walchensee verlebt hatte und mit ihrer Mutter nach Schweden ausgewandert war, kommt zur Testamentseröffnung nach Tod des Vaters an den Walchensee zurück. Sie ist entsetzt, als sie erfährt, dass sie als Vermächtnis ihres Vaters den heruntergekommenen Gasthof Fischerfleck zusammen mit ihrem Bruder Niklas zukünftig bewirtschaften soll. Wenn das nicht gelingt, fällt der Traditionsgasthof an die Kirche Das stellt Freyas gesamte weitere Lebensplanung in Frage. Aber auch Niklas, der bisher den Fischereibetrieb der Familie führte, steht dadurch vor ganz neuen Herausforderungen. Dass Freya durch ein ungeklärtes Geheimnis aus ihrer Kindheit belastet wird, macht es für sie noch schwieriger, dem Wunsch ihres verstorbenen Vaters zu entsprechen. Als ihr Familiensinn siegt, ahnt sie noch nicht, auf was sie sich einlässt…

 

Der Autorin gelingt es sehr eindringlich, Situationen zu schildern, sei es in der Natur, sei es im Kontakt mit sympathischen und weniger angenehmen Zeitgenossen. Aber auch innerseelische Gefühlsverwirrungen werden empathisch und für den Leser gut nachvollziehbar vermittelt. Jedenfalls konnte ich mich sehr gut in Freya hineinversetzen, wobei mich deren unerschütterliche Fähigkeit, Ungelerntes perfekt zu erledigen, immer wieder erstaunte. Die Verbundenheit zu der Gegend, in der man geboren ist und die Heimat zu nennen ist, wird ohne Pathos oder Kitsch sehr schön dargestellt. Auch wenn die Dialoge manchmal etwas konstruiert-hölzern daherkamen, empfand ich den Roman insgesamt als sehr angenehme Urlaubslektüre. Der gemeine Cliffhanger, geschickt plaziert zum Schluss, zwingt geradezu, auf den Nachfolgeband zu warten.

 

 

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Marikka Pfeiffer

Memora Castle

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 208 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499011283

·        Lesealter ‏ : ‎ Ab 10 Jahren

#Memora Castle

 

Ein Kinderbuch, fantasievoll-spannend trotz der etwas komplizierten Zeitreisen

 

Dieses Buch war für mich eine rundum positive Entdeckung! Die Geschichte enthält im Grunde alles, was ein gutes Kinderbuch ausmacht. Zunächst eine spannende Handlung, denn was gibt es spannenderes, als die Möglichkeit der Zeitreisen zu entdecken? Dazu kommen noch handelnde Personen, die den Leser nicht kalt lassen, im Guten wie im Negativen. Dies alles angesiedelt in einem Ambiente, das wie geschaffen ist für fantastische Geschichten. Und nicht zuletzt ist neben reicher Fantasie auch ein ganz klein wenig Sinnhaftigkeit dabei.

Holly war mit großer Freude ganz allein aufgebrochen zu Memora Castle, einem großen Herrenhaus, um dort Tante Claire zu besuchen, ihre Lieblingstante. Doch Tante Claire ist nicht da, besser gesagt, sie ist wie vom Erdboden verschwunden. Die grantigen Bediensteten geben keinerlei Erklärung. Es ist kalt, der Koffer von Holly ist unterwegs verloren gegangen, und Holly friert. Sie inspiziert aus Langeweile das alte Haus und wundert sich über eine gemalte Tür auf der Balustrade und den seltsamen Kuckuck in der Standuhr. Glücklicherweise kommen Cousine Ilana und ihr Stiefbruder Janko zu Besuch, und gemeinsam versuchen sie den Rätseln des Hauses und der Zeit auf die Spur zu kommen.

Ein schönes Thema hat die Autorin gewählt: Durch den Schleier zwischen den Zeiten hindurchgehen und dabei die Geheimnisse der Familie aufdecken und dabei erfahren, wie wichtig Erinnerungen sind. Denn Erinnerungen sind magisch, sie enthalten den gesamten Reichtum des Lebens. Und genau deshalb sollte man seine Tage so oft wie möglich mit Gutem und Schönem anfüllen. Die Szenen werden sehr plastisch und eindrücklich geschildert, auch die Wege des Entdeckens sind nachvollziehbar. Leider entstehen durch allerlei notwendige theoretische Erklärungen, wie, warum und wann die Zeitreisen funktionieren oder nicht, gewisse Längen im Text, die die eigentlich spannende Handlung unterbrechen. Und leider beschränken sich die Illustrationen auf kleine Vignetten zum Kapitelanfang. Ein paar Zeichnungen mehr im Text hätten dem Buch und der Lesefreude sicher gut getan.

Fazit: Ein spannendes Kinderbuch, fantasievoll und bildhaft geschrieben. Die etwas komplizierten und erklärungsbedürftigen Zeitreisen sind trotz kleiner Längen im Text aufregend geschildert. Die Geschichte eignet sich sehr gut zum Selberlesen ab 10 Jahren und zum Vorlesen ab 8 Jahren.

 

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Johanna Sebauer

Nincshof

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 368 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3832168209

#Nincshof

 

Ratlos

 

Am besten gelungen am Buch ist meiner Meinung nach das Cover. Es zeigt ein Dorf, versteckt hinter Schilf. Und genau das wollen die Oblivisten, deren verschrobenes Anliegen ist, das Dorf Nincshof im Burgenland in die Vergessenheit zu führen. Erst wenn keine Fremden, keine Durchreisenden, keine Touristen mehr nach Nincshof kommen, könnte das Dorf in völliger Ruhe und Freiheit leben, so wie es nach historischer Überlieferung schon einmal geschehen war. Erna Rohdiebl, die freiheitsliebende alte Frau, wollen die Oblivisten dazu bewegen, ihre Pläne, den Ort verschwinden zu lassen, zu unterstützen. Doch Planung und Wirklichkeit passen wie so oft nicht zusammen.

Um es klar zu sagen: Was die Autorin uns mit ihrem Roman sagen will, ist und bleibt mir schleierhaft. Der Roman mäandert zwischen volkstümelnder Heimatliebe und politisch fragwürdigen Gedankenexzessen. Teils komisch, teils unendlich langweilig, teils surreal wandert die Handlung von Ruanda über Bosnien zum Nachbarpool und verliert sich in reichsbürgerähnlichen Fantasien. Zusammenhanglos reihen sich einzelne Szenen aneinander ohne Tragweite für das Gesamtgeschehen. Für mich ohne erkennbaren Sinn. Der Text ist meist leicht lesbar, an weiteren Stellen dröge langweilig und mitunter mit seltsam pseudoliterarischen, gewollt wirkenden Wortbildern geschmückt. Uneinheitlich also.

Ein Roman, den ich nicht ernst nehmen kann, weder vom Inhalt noch vom Schreibstil her. Allein schon die Bezeichnung „Roman“ erscheint mir überhöht zu sein. Aber vielleicht fehlt mir auch einfach nur das Verständnis für dieses Buch.

 

 

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Ute Lemper

Die Zeitreisende

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ GRÄFE UND UNZER Edition

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 336 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3833889172

#DieZeitreisende

 

 Ein absoluter Lese-Leckerbissen

 Normalerweise sind Autobiographien, von Prominenten (oder Ghostwritern) geschrieben, nur mäßig interessant und vor allen Dingen sprachlich ohne Anspruch. Das Buch von und über Ute Lemper, zum 60. Geburtstag herausgebracht, ist eine rühmliche Ausnahme. Ute Lemper haben wir in Deutschland irgendwie aus den Augen verloren, obwohl sie doch eine der Wenigen ist, die sich ein echter Weltstar nennen darf und auf die wir stolz sein könnten. Ihre Vielseitigkeit, ihr überragendes Können als Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin, kurzum als beeindruckende Künstlerin, hat die Welt überzeugt. Dazu kommt für mich nach Lektüre des Buches noch ihre außerordentliche schriftstellerische Begabung. Das Buch lohnt sich zu lesen!

 

Ute Lemper hat schon einmal vor Jahren eine Autobiographie geschrieben. Aus dieser zitiert sie in der ersten Buchhälfte sehr viel, aber nicht aus Bequemlichkeit, sondern unter gleichzeitiger Reflektion ihrer Entwicklung seit diesem ca. 30 Jahre alten ersten Buch. Solch eine Reflektionsfähigkeit ist wahrlich nicht jedem Künstler gegeben. Sie beschreibt die hellen und dunklen Seiten ihres prall vollen Künstlerlebens ungeschönt, offen und selbstkritisch. Immer aber spricht aus den Erzählungen ihre unabdingbare Leidenschaft für ihr Tun. Sie weiß was sie kann, wurde mit vielen Preisen im Verlauf ihrer Weltkarriere ausgezeichnet, aber sie zeigt sich an keiner Stelle im Buch überheblich. Wir gewinnen einen tiefen Einblick in die vielen Facetten des Denkens und Fühlens der Ute Lemper als Künstlerin, als Mensch, als Frau, als Mutter. Und wir dürfen erahnen, welch ungeheure Bandbreite ihr künstlerischen Tun auszeichnet. Ihre hellwachen Gedanken zu zeitgeschichtlichen Ereignissen fand ich ebenso interessant. Was für mich das Buch jedoch zusätzlich zu einer besonderen Lektüre machte, war die wunderbare, teilweise fast poetisch zu nennende Sprache, in der Ute Lemper erzählt. Ihr gelingt es auf beeindruckende Weise, Innerseelisches in Wortbilder zu fassen. Manche Sätze möchte man am liebsten in großen Buchstaben an die Wand hängen.

 

Kurzum: Eine außergewöhnlich gut geschriebene, facettenreiche und sehr offene  Autobiographie einer Vollblutkünstlerin und ein echter Lese-Leckerbissen!

 

 

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John Ajvide Lindqvist

Refugium

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 528 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3423283649

·        Originaltitel ‏ : ‎ Skriften i vattnet

#Refugium

 

Faszinierende Thriller-Erzählkunst

 

„Lindqvist ist unglaublich gut“ steht auf dem Buchrücken. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Denn dieser erste Band der „Stormland-Trilogie“ zeigt sich als brillant geschriebener, in feinen Nuancen ausgearbeiteter, internationaler agierender und psychologisch höchst interessanter Thriller. Kein Haudrauf- oder Blutgemetzel-Thriller, sondern ein in allen Details stimmiger, detailliert erzählter Thriller, dessen durchgehende Spannung der Schreibekunst des Autors zuzuschreiben ist.

 

Die ehemalige Polizistin und Schriftstellerin Julia Malmros soll eine Fortsetzung der  Millenium-Trilogie schreiben. Kim Ribbing, ein Mann außergewöhnlich in seiner äußeren Erscheinung, soll ihr dabei mit seinem Fachwissen helfen. Doch unweit von Julias Ferienhaus wird die komplette Gästeschar während eines Mitsommerfestes unerbittlich hingerichtet. Nur ein junges Mädchen, posttraumatisch verstummt, überlebt. Julias Exmann Johnny wird mit den Ermittlungen betraut. Julia und Kim machen sich daran, die Täter zu verfolgen, und zwar sowohl im Word-Wide-Web als auch real um den Globus.Die Jagd auf die Auftragskiller und deren Hintermänner gestaltet sich als äußerst schwierig, auch weil Kim mit seinen Alleingängen Julia immer wieder vor neue offene Fragen stellt.

 

Der Thriller ist trotz vieler Drehungen und Wendungen und Perspektivwechsel überraschend leicht lesbar. Das mag zum einen an den kurzen Kapiteln liegen, zum anderen aber auch und vor allem an der faszinierenden Erzählkunst des Autors. Die beiden Protagonisten Julia und Kim werden so empathisch und psychologisch tiefgründig geschildert, dass man sich als Leser gefühlsmäßig mit ihnen verbunden fühlt. Insbesondere die schillernde Persönlichkeit des Kim Ribbing übt eine ganz eigene Faszination aus. Die Handlung dreht und wendet sich, überrascht, schockiert und berührt den Leser.

Kurzum, wie ich oben schon zitierte: „Lindqvist ist unglaublich gut.“

 

 

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Andreas Winkelmann

Nicht ein Wort zu viel

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 400 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499007521

#NichteinWortzuviel

 

 Rezensenten, hütet euch vor unbedachten Worten

Als bekennender Winkelmann-Fan öffnete ich seinen neuesten Thriller mit hohen Erwartungen. Und war bereits nach den ersten Seiten hoffnungslos gefangen im Spinnennetz seiner neuesten Geschichte, die mich bis zum Ende nicht mehr losließ. Denn die Welt der Wörter, der Schriftsteller, der Buchhändler, der Buchblogger, der Rezensenten ist eine mir vertraute Welt mit all ihren Highlights, aber auch mit ihren Schatten und Eitelkeiten, die Winkelmann perfekt in seine Thriller-Szene verpackt hat.

 

Faja, Buchhändlerin, erhält eine verstörende Aufgabe, mit deren Erfüllung sie ihren Kollegen Claas retten könnte, der in Todesangst gefesselt, in Folie verpackt, dem Tode nahe ist. „Erzähl mir eine spannende Geschichte. Sie darf fünf Wörter haben. Sonst muss dein Freund sterben.“ Doch ist wirklich sie gemeint? Sie zögert. Ein weiteres Opfer unterstreicht den Ernst dieses perfiden Spiels. Das Schwarmwissen der Buchblogger-Community ist gefragt. Aber auch die beiden Ermittler Simon Schierling und Jaroslav Schrader stoßen bei ihren sehr unterschiedlichen Nachforschungen an ihre Grenzen.

 

Die Geschichte wird geschickt aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Die Handlung besteht aus verschiedenen Strängen, die sich im Laufe der Lektüre mehrfach kreuzen, sich unerwartet aufeinander zubewegen und auf diese Weise das raffinierte Spinnennetz entstehen lassen, das den Thriller zum unausweichlichen Pageturner macht. Der kluge und raffinierte Plot packte mich. Der Autor hat eine besondere Fähigkeit, seine Protagonisten so differenziert, feinfühlig und psychologisch nachvollziehbar zu schildern, dass man glaubt, sie zu verstehen. Und eine ihm wichtige Botschaft hat Winkelmann ganz unauffällig in der Handlung versteckt als Kämpfer für die Leisen und gegen die Schreihälse in der Branche: „Bücher brauchen keinen Krawall, keine Marktschreierei…. Ihr Inhalt schleicht sich auf leisen Sohlen in die Gedanken der Menschen … hinterlässt Spuren, die niemals verwischen…“

 

Fazit: Ein kluger, ein raffinierter und durchweg spannender Thriller, der die Kraft der Wörter gekonnt in Szene setzt.

 

 

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Chris Meyer

Der Follower

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Taschenbuch

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3548066387

#DerFollower

  

Vorsicht: Abgrundtief grausam und brutal

 

Wer den Prolog nervlich schafft, kann getrost weiterlesen. Denn der Thriller lässt nichts aus an Szenen äußerster Brutalität und abgrundtiefer Bosheit, die bis ins letzte Detail beschrieben werden. Mich hat das Buch durchgehend sehr, sehr gut unterhalten, auch wenn die Handlung nicht unbedingt immer logisch-plausibel nachzuvollziehen war.

 

Tom Bachmann mit seinen besonderen Seelenleser-Fähigkeiten, der mit gewissen Schatten aus seiner Vergangenheit belastet ist, wird von einer Bekannten um Hilfe gebeten, deren Freundin verschwunden ist. Da die Vermisste weiterhin Fotos von sich auf Instagram hochlädt, nimmt niemand die Sorge der Freundin ernst. Tom jedoch erkennt, dass die Fotos eine Tote zeigen und ahnt sehr schnell, dass er einem Serienmörder auf der Spur ist.

 

Die Autorin schreibt von der ersten Seite an bis zum Ende hinreißend spannend. Ihr klarer Schreibstil, der ohne jegliche lyrische Schnörkel nüchtern und deutlich erzählt, packt den Leser und reißt ihn mit in diesen Strudel aus in der Kindheit erlittenen Seelenverletzungen und den psychologisch nachvollziehbaren qualvollen Versuchen, den früheren Traumata zu entfliehen. Rasant und in einem sich stetig weiter aufbauenden Spannungsbogen wird die Handlung vorangetrieben, wobei deren Vielschichtigkeit die Spannung auf keiner Seite schmälert, im Gegenteil. Die außerordentlich stark und eindrücklich gezeichneten Charaktere lassen ins tiefste Innere blicken und den Leser erschaudern.

 

Fazit: Ein unglaublich gut geschriebener, unglaublich grausam-brutaler und unglaublich spannender Thriller!

 

 

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Alba Donati

Ein Garten voller Bücher

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Berlin Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 272 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3827014672

·        Originaltitel ‏ : ‎ La Libreria sotto la penna

#EinGartenvollerBüc

 

Die Buchhandlung als Fenster zur Welt

 

Dieses Buch wurde völlig unerwartet zu meinem Schatzkästchen, inspirierend, bereichernd und beglückend, aber auch durch seine Überfülle stellenweise ermüdend. Auf jeden Fall ein Buch, das ich immer wieder in die Hand nehmen werde.

Alba Donati ist Dichterin mit einem immensen Buchwissen. Dass sie auf die Idee kommt, in ihrem Heimatdorf mit 180 Einwohnern auf 1000 m Höhe eine Buchhandlung zu etablieren, ist ziemlich verrückt. Doch als moderne Frau mit unfassbarer Liebe zu Büchern ausgestattet, setzt sie ihre Idee dank Vernetzung in den Sozialen Netzwerken, Crowdfunding und einigen Unterstützern durch. Mit viel Liebe zum Detail startet ihre Gartenzimmer-Buchhandlung. Doch Corona beginnt und ein Jahr nach Eröffnung zerstört ein Brand die Buchhandlung. Doch Alba Donati gibt nicht auf und viele Bewohner des Dorfes packen mit an, um die Buchhandlung wieder auferstehen zu lassen.

Die Autorin lässt uns im  vorliegenden Buch durch tägliche Notizen ein halbes Jahr lang teilhaben an allem, was rund um die Buchhandlung geschieht, an Familienverstrickungen, Dorfgeschichten, welche Besucher von welchen Büchern angelockt werden und welche Buchbestellungen täglich eingehen. Wir erfahren auch Nachdenkenswertes über innere Befindlichkeiten und Überlegungen der Autorin über das Leben, oftmals angeregt durch ihre eigene Lektüre. Die Tagebucheinträge brachten sehr viel kreative Inspiration. Sie waren meistens unterhaltsam zu lesen, weil mit leichter erzählerischer Hand geschrieben. Doch es gab auch Stellen, die mir zu viel wurden, wie zum Beispiel die Berichte über die undurchsichtigen, verworrenen Familienverhältnisse. Es gab viel zu googeln während des Lesens, das war ebenso anstrengend wie das Lesen an sich durch die kleine Serifenschrift. Schade auch, dass der Einband trotz sorgfältigster Behandlung an den Ecken und Kanten seine Farbe verlor und so das Buch sehr schnell ein schäbiges Äußeres bekam.

Das Titelbild, ein Blick aus dem Fenster der Buchhandlung hinaus in die umgebende Landschaft, ist perfekt gewählt, denn was sonst ist eine Buchhandlung, auch eine kleine, als ein Fenster zur Welt. Eine Buchhandlung, in der es „nicht alles, aber viel von dem gibt, was wir brauchen“.

 

 

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Leonie Kramer

Maschenmord

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Blanvalet Taschenbuch Verlag

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 464 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3734111563

#MaschenMord 

 

Komme was Wolle

 

Wenn man wie ich woll- UND lesesüchtig ist und beides zum Zweit- und Drittberuf gemacht hat, ist dieser fröhliche, unbeschwerte Krimi ein ganz besonderer Zeitvertreib. Der Autorin ist es nicht nur gelungen, eine amüsante Geschichte zu erzählen, sondern sie schafft es sogar, dass der fiktive Ort des Geschehens, das Dörfchen Madlfing nahe Murnau am Staffelsee, im Internet zu finden ist.

 

In Madlfing ist das Wollgeschäft „Wolllust“ das Zentrum des Madlfinger Handarbeits- und Krimiclubs. Man trifft sich dort zum regen Austausch über gelesene Krimis und neue Strickmuster. Als die nicht übermäßig beliebte Verkäuferin Nicole Durand tot im Laden aufgefunden wird, und zwar stilgerecht erdrosselt mit einem handgestrickten Lace-Schal, laufen die Damen des Clubs zu voller Form auf. Kommissar Tim Wallenstein, ganz neu in der bayerischen Provinz, hat schwer zu kämpfen. Nicht nur mit der schwierigen Aufklärung des Mordfalls, sondern auch mit der bayerischen Mentalität und vor allen Dingen mit den krimierfahrenen strickenden Frauen und ihren nimmermüden Ideen.

 

Leonie Kramer, das Pseudonym für ChrisTine Ziegler, strickt auch im echten Leben so gerne wie die von ihr geschaffenen krimiliebenden Figuren. Sie ist handarbeitend sogar bei Instagram zu finden. Und so ist verständlich, dass der eigene Spaß am Handarbeiten den Madlfinger Handarbeits- und Krimiclub im Buch so authentisch und lebendig wirken lässt. Die Botschaft ist klar: Handarbeitende Frauen halten zusammen und finden für jedes Problem eine Lösung. Genial finde ich die 45 Kapitelüberschriften, die allesamt einen Bezug zum wolligen Thema haben. Hellauf gelacht habe ich zum Beispiel bei der Überschrift „Nur Feiglinge machen eine Maschenprobe“. Wie wahr! Der gesamte Roman ist über die 450 Seiten hinweg durchweg unterhaltsam und vergnüglich zu lesen. Er ist nicht im üblichen Sinn spannend, aber mir gefiel der Ideenreichtum und der Humor. Das Mordinstrument, der feine Lace-Schal, kann übrigens nachgearbeitet werden. Die Anleitung findet sich im Buch. Also tatsächlich bei aller Leichtigkeit ein Buch mit Mehrwert…

 

 

 

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Volker Klüpfel, Michael Kobr

Die Unverbesserlichen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Hardcover

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3550201455

#DieUnverbesserlichen

 

 

Hat mich nicht überzeugt

 

Das Autorenpaar als Schöpfer der Kluftinger-Romane war mir wohlbekannt. Dass die Beiden nun ihre geistige Wirkstätte vom Allgäu nach Frankreich verlegt haben, war an mir vorüber gegangen und erst jetzt durch den vorliegenden Band bewusst geworden. Irgendwie befremdlich wirkte für mich der Wechsel. Dennoch ließ ich mich neugierig auf dieses Buch ein, hatte aber prompt aufgrund der fehlenden Kenntnisse des ersten Bandes einige Schwierigkeiten, mit den handelnden Personen bzw. ihren Namen vertraut zu werden.

Der Inhalt in aller Kürze: Die Gaunertruppe rund um Monsieur Lipaire möchte gerne ungestört die Sonne der Cote d’Azur genießen, doch die selbsternannte Adelsdynastie Vicomte will das Städtchen Port Grimaud völlig unter ihre Herrschaft bringen. So müssen sich die Gauner erneut zusammenraufen, um der Familie Vicomte Einhalt zu gebieten und Port Grimaud wieder zu einem idyllischen und bezahlbaren Örtchen zu machen.

Nach den ersten Startschwierigkeiten, siehe oben, bekamen die Personen nach und nach für mich Kontur. Dank der bildhaften Schilderungen gewannen sie zunehmend in ihren Gesten und filmreifen Outfits vor meinem inneren Auge Individualität. Aber meine Sympathie gewannen sie nicht. Die überzeichnete Klamaukigkeit war ganz und gar nicht mein Geschmack und traf an keiner Stelle meinen Humor. Zu oft hatte ich die Filme von Louis Funès vor Augen. Und war von der angestrengten Witzigkeit erschöpft. Zwar ließ sich der Roman leicht und flüssig lesen, aber gefesselt hat er mich dank seiner Vorhersehbarkeit leider nicht. Die ellenlangen Dialoge wirkten auf mich wie die Seiten aus einem Drehbuch. Mag übrigens gut sein, dass mit guten Schauspielern und einer geschmackvollen Regie „Die Unverbesserlichen“ zu einem vergnüglichen Ganoventruppe-Film werden könnte. Im Buch haben mich die Gauner und ihre Schöpfer leider enttäuscht.

 

 

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Anthony Horowitz

Wenn Worte töten

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Insel Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 333 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3458643739

·        Originaltitel ‏ : ‎ A Line to Kill

#WennWortetöten

  

 

Gemächliche Erzählweise einer geschickt verschachtelten Handlung

 

Große Lesefreude hatte ich mit dem Kriminalroman „Der Tote aus Zimmer 12“ von Anthony Horowitz, in dem der Autor auf raffinierte und exzellente Weise den modernen englischen Kriminalroman ins Extreme führte. Ich zumindest hatte Spaß an den raffinierten Wegen langsam-schleichender Aufklärung. An dem vorliegenden Kriminalroman hatte ich allerdings völlig unerwartet nicht so viel Freude.

Auf der Kanalinsel Alderney findet ein Literaturfestival statt, zu dem der Ex-Polizist Daniel Hawthorne zusammen mit Anthony Horowitz, seinem „Assistenten“, eingeladen sind. Horowitz möchte seinen neuesten Roman vorstellen, einen weiteren Kriminalfall mit Hawthorne. Doch der Mäzen des Festivals wird brutal ermordet, und so bleibt Hawthorne und Horowitz nichts anderes übrig, als eigene Nachforschungen zu betreiben, umso mehr, als ein weiterer Mord die beschauliche Insel erschüttert.

Langsam, sehr langsam wird erzählt. Zwar lässt sich der Roman flüssig und abwechslungsreich lesen, aber es braucht schon eine große Portion innerer Gelassenheit, um dem Kriminalroman in alle Winkel hin zu folgen. Die Fülle detailreicher, atmosphärisch gut nachspürbarer Schilderungen und allerlei sich öffnender Nebenschauplätze lassen nach einer Weile die Neugier auf das Buch kleiner und kleiner werden. Zumindest ging es mir so, weil ich nicht genug entspannte Lesezeit hatte, um mich auf den Facettenreichtum und die gemächliche Erzählweise wirklich einzulassen. Eine interessante Idee ist es ja durchaus, dass sich der Autor selbst in die Geschichte einbaut. Aber wie die beiden Hauptakteure miteinander umgehen, störte mich, fand ich stellenweise sogar recht unschön. Falls das englischer Humor sein sollte, habe ich ihn leider nicht verstanden. Für den Leser ist es fast unmöglich, dem Mörder auf die Spur zu kommen. Viel zu raffiniert mit vielen Irrwegen wird erzählt. Das ist schon besondere Schreibekunst. Dennoch hat mich das Buch nicht wirklich überzeugt, was jedoch an mir liegen mag.

 

Fazit: Ein sehr langsam erzählter und dadurch nur mäßig spannender Kriminalroman mit geschickt verschachtelter Handlung.

 

 

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Dr. Sabina Brennan

In 100 Tagen zu einem jüngeren Gehirn

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 448 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442178858

·        Originaltitel ‏ : ‎ 100 Days to a Younger Brain

#in100TagenzueinemjüngerenGehirn

  

Wohl eher ein Sachbuch zur Lebensführung

Vermutlich liegt es am etwas reißerischen Titel, dass man mit völlig falschen Voraussetzungen an das Buch herangeht. Ich jedenfalls hatte erwartet, alltagstaugliche Übungen zu bekommen, mit Hilfe derer man das Gehirn trainieren kann. Ein wenig sachlich-fachliche Erläuterungen sind natürlich sinnvoll, aber dieses Buch besteht im Grunde (fast) nur aus Erklärungen über das Gehirn und seine Funktion. Das zu lesen ist mühsam und trocken, außerdem für Laien nicht immer wirklich verständlich. Dass unsere Lebensform Einfluss auf unsere Gesundheit hat, wissen wir ja wohl alle zur Genüge. Bewegung, Schlaf, Ernährung, giftige Substanzen wie Alkohol oder Rauchen beeinflussen (auch) unsere geistige Gesundheit. Auch wissen wir im Grunde alle, dass ausreichend soziale Kontakte (auch) unserem Gehirn gut tun. Ich persönlich bedarf hierfür kein fachlich in die Tiefe gehendes Sachbuch mit Tabellen. Zumindest suchte meine „kognitive Reserve“ keine Fragebögen zu Schlaf oder Bewegung. Der versprochene „Fitnessplan fürs Gehirn“ besteht letztlich nur aus dem Ausfüllen von Fragebögen zu Themen wie innerer Einstellung zum Altern oder wie hoch der persönliche Stress-Level ist.

Fazit: Das Buch ist im Grunde ein psychologisch-neurologisches Sachbuch über Lebensführung und entspricht nicht den Erwartungen, die im Alter abnehmende Leistungsfähigkeit des Gehirns zu trainieren.

 

 

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Jonas Wagner

Diabolisch

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ HarperCollins Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 320 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3365003039

#Diabolisch 

 

Das teuflisch Böse im Menschen

Bei diesem Thriller stand für mich an erster Stelle der Plot, dessen Ausgangssituation von Beginn an für Entsetzen sorgte. Das Buch ist leicht und schnell lesbar und alles in allem sehr spannend. Und doch gibt es negative Anmerkungen, die mir jedoch das packende Leseerlebnis nicht wirklich schmälerten.

Zwei Kinder, Alex 6-jährig und seine wenig ältere Schwester Lotte, werden von ihrem Vater nach dem Turnen nicht abgeholt. Es ist Winter, es beginnt zu schneien, die Kinder frieren. Etliche Erwachsene sehen die Kinder in der Kälte stehen, kümmern sich jedoch nicht. So machen sich die Beiden schließlich im Finstern zu Fuß auf den langen Heimweg. Lotte kommt zuhause an, Alex nicht. 27 Jahre später geschieht ein brutales Verbrechen nach dem anderen im ehemaligen Heimatdorf von Lotte und Alex. Oberkommissarin Larissa Flaucher stößt bei ihren Ermittlungen im Laufe der Zeit mehr und mehr auf unerwartete und entsetzliche Zusammenhänge.

Das Cover ist genial gestaltet, auch wenn ich erst auf den zweiten Blick erkannte, dass es sich um die im Thriller so wichtige Straße mit Bushaltestelle handelt. Die Handlung switcht in kurzen Kapiteln zwischen den Jahren 1995 und 2022 hin und her. Dazwischen eingefügt sind die kindlich-naiven und ans Herz gehenden Tagebuchnotizen von Lotte. Auch wenn ich recht schnell vermutete, welche Zusammenhänge hinter den gehäuften Morden stehen, las ich das Buch in einem Rutsch durch, weil mir Aufbau und Erzählstil spannende Lesekost servierten. Erst nach Beendigung der Lektüre wurde mir bewusst, dass uns der Autor hier einen Thriller serviert, der böse ist, teuflisch böse. Insofern hat das Buch den perfekten Titel. Es gibt keine einzige Person, die als Sympathieträger taugt oder gar dem Bösen versucht Einhalt zu gebieten. Abstoßende, widerwärtige, egoistische, ekelerregende, grausame Protagonisten und brutal-teuflische Rache bestimmen die Handlung. Es hätte dem Thriller sicher gut getan, wenn er die Welt nicht nur Schwarz gemalt hätte, sondern auch Platz gelassen hätte für Grau und Weiß. Erst im Kontrast wäre das eigentlich Diabolische, das abgrundtiefe Schlechte im Menschen, glaubwürdig geworden.

 

 

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Bjarne Reuter

Vida und der Sommerzauber

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Karibu - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 128 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3961292387

·        Lesealter ‏ : ‎ Ab 5 Jahren

#VidaundderSommerzauber 

 

Zauberhaft und fantasieanregend

 

Im Titel findet man völlig zu Recht das Wort Zauber. Denn tatsächlich finde auch ich bei der Beschreibung meines Eindruckes über dieses Buch immer wieder das Wort Zauber als das am besten passende. Der vielfach ausgezeichnete dänische Autor kennt sich in Psychologie ebenso gut aus wie in Kinderseelen. Das spürt man diesem Buch  in eindrücklicher Weise an.

Zum Inhalt nur ganz kurz: Das Geschwisterpaar Vida und Karl fahren für ein paar Ferientage zu ihrem recht wunderlichen Großvater nach Røste Espeløv, einer wunderschönen skandinavischen Landschaft. Dort erleben sie allerlei Überraschendes, Aufregendes, Rätselhaftes und Spannendes.

Das Buch zeichnet sich bereits äußerlich durch sein großes Format aus als eine Mischung zwischen Vorlese- und Bilderbuch. Die Fülle an farbigen Illustrationen mit vielen zu entdeckenden Details belebt die mehr als 100 Seiten Text und lässt die zuhörenden Kinder auch visuell in das Geschehen eintauchen. Sehr, sehr gelungen ist meiner Meinung nach das zauberhaft schöne Cover, denn es zeigt vordergründig eine fröhliche, tierliebe Vida, spielende Tierkinder und blühende Bäume, Sommergefühle pur. Im Hintergrund jedoch zeigt sich ein undurchdringlich wirkender Wald, der Geheimnisse beherbergen könnte. Die Geschichte selbst entführt Kinder (und so manchen Erwachsenen) in eine spannende, aufregende Entdeckungsreise. Ganz großartig finde ich die Handlung, weil sie eine tolle Gratwanderung zeigt zwischen der Realität (was die Kinder mit ihrem Großvater unternehmen) und der Fantasie. Gemeint ist damit nicht eine vom Autor ausgedachte Fantasyerzählung, sondern die durch die Quatschgeschichten des Großvaters ausgelösten Fantasien einer verzauberten Welt bei Vida und Karl. Was man so alles an Abenteuern im Kopf erleben kann, wenn man der Wirklichkeit einen Funken Fantasie einhaucht, das zeigt diese Erzählung auf zauberhafte Weise. Für die Vorleser finden sich zusätzlich als kleine Bonbons mehrdeutige humorige Stellen, die nur Erwachsenen auffallen dürften. 

 

Fazit: Eine zauberhafte, kluge Erzählung, fantasieanregend und spannend.

 

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Andrea Bonetto

Abschied auf Italienisch

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Droemer HC

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 304 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426284100

#AbschiedaufItalienisch

  

Ein wahres Lesevergnügen mit viel Lokalkolorit

 

Kriminalromane, die in mir unbekannten Gegenden spielen, mag ich sehr. Ligurien war mir bislang völlig fremd. Im Internet holte ich mir das nötige Wissen rund um diesen Landstrich und durch Fotos zusätzlich einen visuellen Eindruck. Mit dieser Vorbereitung konnte ich sehr viel besser die beeindruckenden Landschaftsschilderungen im Buch nachvollziehen: Häuser, die an Felskanten kleben, mit winzigen Gärten, dem Fels abgetrotzt. Wirklich etwas ganz Besonderes, diese Reise nach Ligurien, die ich mit Andrea Bonetto unternehmen durfte.

 

Commissario Vito Grassi verlässt seine Dienststelle in Rom. Er hatte sich in die Provinz versetzen lassen, denn sein Vater, zu dem er relativ wenig Kontakt hatte, war gestorben und hatte ihm das über Jahre hinweg selbst gebaute Landhaus in Ligurien vererbt, ein Haus mit atemberaubender Aussicht auf die Küste der Cinque Terre. Im Haus findet er Toni vor, eine streitbare Mitbewohnerin des Vaters, die sich bislang um das Anwesen und wohl auch um den Vater gekümmert hatte und keine Absichten zeigt auszuziehen. Zwei Morde halten den Commissario sofort in Trab. Zusammen mit seiner neuen jungen Kollegin muss  Vito Grassi seine besonderen Fähigkeiten unter Beweis stellen und tritt dabei in so manches Fettnäpfchen.

 

Dieser erste Band einer neuen Kriminalroman-Reihe rund um den feinfühligen Commissario Vito Grassi nahm mich von Anfang an gefangen, denn die Lektüre ließ mich einen Krimi entdecken, wie ich ihn liebe: Viel Lokalkolorit, was farbig und atmosphärisch intensiv geschildert wird. Dazu psychologisch nachvollziehbar und fein gezeichnete Protagonisten,  die ganz ohne die derzeit so oft in Krimis üblichen Traumata auskommen, aber auch keine Überhelden sind, sondern die sich menschlich nah anfühlen und denen man mit Sympathie oder zumindest Verständnis begegnet. So menschelt es auch in den Dialogen unter den Kollegen, die humorvoll und teilweise mit spitzer Zunge geschrieben sind. Wohltuend empfand ich ganz besonders die folgerichtige Erzählweise, die den Spannungsbogen stets aufrecht erhält.

 

Fazit: Ein ruhiger, durchaus spannender, komplexer, mit viel Lokalkolorit geschriebener Kriminalroman mit einem sympathischen Commissario, von dem ich gerne mehr lesen möchte.

 

 

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Marc Raabe

Der Morgen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Ullstein Paperback

·        Sprache ‏ : ‎ Deutsch

·        Broschiert ‏ : ‎ 592 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3864932052

#DerMorgen

 

 Ein echter Pageturner ohne Wenn und Aber

 

Tiefschwarzer Buchschnitt und magentaroter Einband mit weißer Schrift – besser kann man nicht auf sich aufmerksam machen! Und zu Recht macht der Thriller auf sich aufmerksam, denn er hat mir durchwegs spannendes Lesevergnügen bereitet. Wie ich es auch gar nicht anders erwartet habe von diesem Autor.

 

Art Mayer hatte sich verkrochen, doch sein früherer Chef holt ihn in den Dienst des BKA zurück, denn er braucht ihn dringend zur Klärung eines brisanten Falls. Man hatte in einem verlassenen Kleinlaster die Leiche einer halbnackten Toten gefunden, auf deren Körper die Privatadresse des Bundeskanzlers geschrieben stand. Und das kurz bevor der G20-Gipfel beginnt. Art Mayer ist berüchtigt für seine unnahbare Art, seine Alleingänge, aber auch für seine Ermittlungserfolge. Ihm zur Seite gestellt wird Nele Tschaikowski, eine Neue im Team. Ihre Unerfahrenheit macht sie wett durch Mut und Klugheit. Je tiefer sie in die Ermittlungen eintauchen und je gefährlicher die Situation wird, desto besser gelingt die Zusammenarbeit der beiden.

 

Von der ersten Seite an baut Marc Raabe an einem spannenden Szenario. In zwei Zeitebenen wird erzählt, aber was Vergangenheit ist und was Gegenwart, wird dem Leser nur puzzleartig serviert. Und so bleibt die Spannung permanent erhalten. Immer wieder tauchen neue Videos oder Fotos auf, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.  Man rät und vermutet und liegt letzten Endes doch falsch. Wobei ich persönlich als zusätzlichen Spannungseffekt das Interagieren des so unterschiedlichen Ermittlerduos empfand. Mir gefiel sehr, dass der Autor keine überspitzten Dialoge bemühen muss, sondern die Protagonisten so realitäts- und alltagsnah kommunizieren lässt mit ein wenig Bissigkeit und mit ein wenig Witz, wie man es selbst aus dem Arbeitsleben mit Kollegen kennt.

 

Fazit: Ein echter Pageturner ohne Wenn und Aber!

 

 

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Jean-Christophe Grangé

Die marmornen Träume

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Tropen

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 688 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3608501711

·        Originaltitel ‏ : ‎ Les Promises

#DiemarmornenTräume

 

 Ein Thriller der Enttäuschungen

 

Hohe Erwartungen hatte ich an dieses 700 Seiten starke Werk vom „Meister der französischen Spannung“. Hmmm… Vermutlich habe ich den Begriff „französische Spannung“ falsch verstanden. Aber dem Buch wurde auch nachgesagt, dass es ein „Donnerschlag“ sei, eine „Meisterleistung“ mit „Suchtfaktor“. Warum nur war ich so maßlos enttäuscht?

Der Thriller spielt in einer sehr dunklen Zeit, nämlich im Berlin um 1939. Der Zirkel der Ehefrauen der Nazi-Elite trifft sich beim Champagner. Der angesagte Psychoanalytiker Simon Kraus befasst sich auf gerissene Weise mit eben diesen Damen, verführt und erpresst sie. Als eine aufs Grausamste zugerichtete Frauenleiche gefunden wird, führt die Spur des Täters bis in die obersten Führungskreise des Regimes. Simon Kraus, die alkoholkranke Minna von Hassel und der Nazi Franz Beween versuchen gemeinsam, den Täter zu stellen, um nicht selbst in die Fänge der Gestapo zu geraten. So könnte man den Inhalt in Kürzestform in Worte fassen.

Natürlich passiert sehr viel mehr auf diesen 700 Seiten. Und doch musste ich mich durch die Seiten schleppen. Denn ich empfand das Buch mindestens bis zur Hälfte einfach nur langweilig. Es geschieht dies und das und doch nichts, was fesseln könnte. Personen tauchen auf und tauchen wieder ab. Weniger wäre mehr gewesen, hätte ich gerne dem Autor zugerufen. Ganz und gar nicht gefiel mir der Sprachstil, insbesondere in den Dialogen. Eine seltsame Mischung von seltsam geschraubten Fremdwörtern, die man zu jener Zeit vermutlich niemals benutzte und dann wieder ungewöhnlich locker-flapsig, was ich ebenfalls oftmals als sehr unpassend empfand. Das könnte natürlich möglicherweise auch der Übersetzung geschuldet sein. Die Schwarz-Weiß-Darstellung der Protagonisten wirkt auf mich nicht nur unsympathisch, sondern auch völlig unglaubwürdig, überzeichnet wie Karikaturen, hohl und psychologisch überhaupt nicht überzeugend. Die Handlung hatte für mich keine klare Struktur, der man als Leser hätte ernsthaft folgen wollen und können. Da helfen auch nicht eingestreute extrem brutale Szenen. Denn reißerische Brutalität und Perversität allein ohne Zusammenhang, sei es politischer, sei es psychologischer Natur, dient keineswegs dazu, den Leser zu fesseln, im Gegenteil.

 Kurzum: Dieser Thriller war für mich eine Enttäuschung, denn ich langweilte mich über lange Strecken. Und der Rest überzeugte mich nicht, wie oben ausgeführt.

 

 

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Nadia Shireen

Grimmwald

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Insel Verlag

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 240 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3458643616

·        Lesealter ‏ : ‎ 7–12 Jahre

#Grimmwald

 

 

Herrlich verrückt und skurril, aber nichts für Zartbesaitete

 

Was gibt es Besseres als ein Kinderbuch, das 7-Jährigen genauso viel Spaß bereitet wie Erwachsenen bis ins Oma-Alter? Beim Vorlesen lachen die Leseanfänger über ganz andere Dinge als Eltern. Denn der very british Humor hat auf der Vorderseite zwar sehr liebenswerte Züge. Aber dahinter gibt es auch eine böse, brutale Seite, die Kinder nicht unbedingt verstehen. Diese zwei Seiten spiegeln sich übrigens auch in den Zeichnungen wider, die einerseits richtig niedlich sind, auf der anderen Seite jedoch auch negative Gefühle wie Bosheit und Angst überdeutlich zum Ausdruck bringen. Ich bin gespannt, wie Kinder, besonders im Alter von 7 oder 8, auf das Buch reagieren.

 

Nancy und Ted sind elternlose Fuchsgeschwister. Deshalb fühlt sich Nancy als die ältere Schwester dazu berufen, immer und überall auf Ted aufzupassen. Ted jedoch ist immer ein wenig traurig. Die beiden leben in der Großen Stadt, wo sie sich gut auskennen und sie ihr Auskommen haben. Erst als die böseste Katze der Stadt, Prinzessin Pinöckel, ihren ganzen Zorn gegen die beiden Fuchsgeschwister richtet, müssen die beiden die Stadt verlassen und landen im Grimmwald, einer fremden Gegend mit sehr, sehr seltsamen Bewohnern. Wo sonst gibt es schon schauspielernde Enten? Ted verguckt sich in das schlagfertige Häschen Willow, schenkt ihm sogar eine Gänseblümchenkette und, obwohl von Nancy streng verboten, verlässt er den sicheren Bau und zieht mit Willow durch den Grimmwald. Wie könnte es anders sein, dort lauert allergrößte Gefahr. Aber genau dort zeigt sich auch, wie wichtig Freunde sind.

 

Mich hat dieser erste Band restlos begeistert. So wunderbar leise und sensibel werden feine Emotionen beschrieben. So überbordend verrückt werden die Bewohner des Grimmwalds geschildert. Und so immens tröstlich wird von der Kraft der Freundschaft berichtet. Ein unnachahmlich schräger Humor begleitet die spannend erzählte Handlung. Aber dennoch wäre ich vorsichtig, dieses Buch zartbesaiteten kleineren Kindern in die Hand zu geben. Denn es gibt auch laut-brutale Szenen. Aber ältere Kinder und Erwachsene haben mit Ted und Nancy mit Sicherheit richtig viel Spaß.

 

 

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Mario Fesler

Switch you

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Carlsen

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 176 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3551654168

·        Lesealter ‏ : ‎ 10–12 Jahre

#Switchyou

  

Witzig-magisch und doch realitätsnah

Es gibt wohl kaum ein wichtigeres Utensil für die Jugend wie das Smartphone. Da hat der Autor Mario Fesler mit glücklicher Hand eine neue Buchreihe  gestartet, die mit viel Witz, aber auch ernstem Hintergrund Jungs ab 10 dazu animiert, auch mal vom Smartphone aufzublicken und ein Buch in die Hand zu nehmen. Denn mit viel Action und ein klein wenig Magie wird das Thema Apps und Smartphone in eine Geschichte verpackt, die mitten aus dem Leben der Schüler gegriffen ist.

Fred hat einen älteren Bruder, und zwar Erik. Erik, der unzuverlässig ist, schlecht riecht und überhaupt komisch ist. Fred bekommt zum Geburtstag endlich das heißersehnte Smartphone geschenkt. Super! Aber was ist das: das Smartphone verfügt nur über eine einzige App. Erst nach einer Weile entdeckt Fred, dass es diese App in sich hat, denn sie verhilft ihm, sich blitzartig in den Körper seines Bruders zu beamen und auch wieder heraus, ohne dass dieser etwas merkt. Und was Fred dabei über seinen Bruder herausfindet, ist mehr als ernst und auch gefährlich. Gut, dass die schlaue Svetlana sehr kritisch die Körpertauschaktionen von Fred beobachtet.

Was mir sofort ins Auge sticht an diesem Buch, sind die sehr gelungenen ausdrucksstarken und witzigen Zeichnungen von Nikolai Renger und die wechselnde Typographie, je nachdem, wer gerade die Geschichte weiter erzählt oder Anmerkungen einfügt. Das macht das Lesen sehr kurzweilig und die Handlung verständlicher. Auch die kurzen Kapitel verhelfen dazu, dass man die Lust am Lesen nicht verliert. Ganz abgesehen davon natürlich, dass die Handlung spannend aufgebaut ist und die handelnden Personen sehr lebendig und realitätsnah auftreten. Ist ja schon eine besondere Erfahrung, wenn man in den Körper eines anderen Menschen hineinschlüpft und dessen Erleben hautnah zu spüren bekommt.

Kurzum: Ein witzig-magisches und doch realitätsnahes Buch, das große Lust macht, Fred und Erik auch in den weiteren Bänden der Reihe zu begleiten.

 

 

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Tina und Sinikka Nopola

Chaoskrümel & Nervensäge

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ arsEdition

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 80 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3845854625

·        Lesealter ‏ : ‎ Ab 7 Jahren

·        Originaltitel ‏ : ‎ Heinähattu, Vilttitossu ja Kana

#Chaoskrümel&Nervensäge

 

 Ein Kinderbuch, wie es liebenswerter nicht sein könnte

 

Dieses rundum fröhliche Buch entspricht ganz und gar meinen Vorstellungen von einem Kinderbuch, das ohne pädagogischen Zeigefinger mit lockerem Humor Themen vermittelt, für die Kinder im Zielgruppenalter sehr offen sind. Dass die finnischen Autorinnen in ihrem Heimatland sehr erfolgreich sind, kann ich absolut verstehen und hoffe sehr, dass ihre Buchreihe rund um die zwei Geschwister auch in Deutschland sehr gemocht wird.

 

Wenn die ältere Schwester etwas darf, was der kleineren nicht erlaubt ist, macht sich verständlicherweise Frust breit. Tilda darf für ein paar Tage in ein Federballcamp fahren und Benni muss zu Hause bleiben. Das ist ja so gemein! Benni schmollt, da hilft auch kein Kakao. Erst als die Eltern auf die Idee kommen, die Pfannkuchen-Schwestern um Unterstützung zu bitten, die mit ihren Kuchenschöpfungen auch das traurigste Kind zum Strahlen bringen, wendet sich alles. Denn Benni lernt Anita kennen. Eine neue Freundin, der man sogar etwas beibringen kann. Und Anita darf sogar mit nach Hause kommen, was zur allergrößten Überraschung bei den Eltern führt.

 

 

Bereits das Cover verbreitet gute Laune. Ebenso die Vorsatzblätter, die mit wimmelbuchartigen, detailreichen und  bunten Zeichnungen das lebendige Dorfleben zeigen. Das gesamte Buch ist reich gefüllt mit den farbigen Illustrationen von Salla Savolainen, die sehr ausdrucksstark die Geschehnisse in Szene gesetzt hat. So fröhlich wie die Bilder, so fröhlich und lebendig ist auch der Text, der sich zum Vorlesen wunderbar eignet. Dank der übersichtlichen Gliederung des Textes  und der etwas größeren Schrift, auf jeder Seite mit Illustrationen aufgelockert, finden auch zaghaftere Leseanfänger schnell Freude am Lesen und Weiterlesen. Tilda und Benni sind ganz realitätsnah so dargestellt, wie es Kindern mit Geschwistern vertraut ist mit den üblichen Konflikten. In diesem Buch ist Benni, die Kleinere, die Hauptperson. Denn dank Anita wandelt sie sich vom schmollenden Kleinkind zu einem Mädchen, das sich einzufühlen lernt in ein anderes Wesen und Verantwortung übernimmt. Als Tilda zurückkommt, ist es Benni, die auf kluge Weise die Schwester neu einbezieht in das Miteinander. Das alles wird witzig und unterhaltsam erzählt, mit schrägen Situationen und turbulent-liebevoll. 

 

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Isaac Blum

Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Beltz & Gelberg

·        Broschiert ‏ : ‎ 224 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3407757210

·        Lesealter ‏ : ‎ Ab 14 Jahren

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Life and Crimes of Hoodie Rosen

#RuhmundVerbrechendesHoodieRosen

  

Sehr gemischtes Urteil

 

Eigentlich schien mir der Inhalt dieses Buches sehr interessant und lesenswert. Der Konflikt zwischen selbstverständlichem jüdischen Leben und antisemitischem Gedankengut hielt ich für ein wichtiges Thema für jugendliche Leser. Doch nach Lektüre des Buches bin ich mir (allerdings als sehr viel älteres Semester) sehr unsicher, ob dieses Buch die Jugendlichen wirklich erreicht.

 

Hoodie Rosen hat einen recht langweilig-normalen Alltag. Chips essen, Lehrer ärgern, den Attacken der Schwestern entfliehen. Normal halt. Dann lernt er Anna-Maria kennen, verliebt sich von jetzt auf gleich in sie. Als er mit ihr zusammen Hakenkreuze von einem jüdischen Grabstein entfernt, was er für gut und richtig hält, gerät er mitten hinein in einen großen Konflikt. Hoodie’s Familie sieht das anders, denn Anna-Maria ist die Tochter der Bürgermeisterin, die der jüdisch-orthodoxen Gemeinschaft den Kampf angesagt hat. In den Augen von Hoodie’s Familie begeht er durch die Verbindung zu Anna-Maria Verrat. Jetzt sitzt Hoodie zwischen den Stühlen und muss sich entscheiden…

 

Der Schreibstil ist recht angenehm, insbesondere die eingestreuten humorvollen Stellen lockern das eigentlich sehr ernste Thema auf. Auch sind einige Situationen sicher ganz bewusst recht überspitzt dargestellt. Nicht immer konnte ich alle Handlungen der Hauptperson wirklich nachvollziehen, obwohl ich eine gewisse Sympathie für Hoodie hegte. Die gebotenen Einblicke in das orthodoxe jüdische Leben waren eigentlich auch recht interessant, da ich mich damit bislang noch nie befasst hatte und keine Kenntnisse hatte. Gleichzeitig jedoch bin ich streckenweise völlig ausgestiegen und habe Teile des Textes nur noch überflogen, weil mir die vielen fremden hebräischen Begriffe und Namen die Lust am Weiterlesen nahmen, da mir diese unbekannten Wörter für Feiertage oder Lebensmittel oder Gebräuche kein Begriff waren und im Verlauf auch unverständlich blieben, weil sie nirgends erklärt werden. Auch hatte ich Schwierigkeiten mit dem vom Autor gewählten Spagat zwischen heiter-lockerer Erzählweise und dem Darstellen einzelner brutaler Schilderungen.

 

Kurzum: Mein Urteil über dieses Buch bleibt sehr gemischt. Interessant wäre zu erfahren, ob Jugendliche einen besseren Zugang zum Inhalt haben als ich, die ich zwei Generationen älter bin als die Zielgruppe.

 

 

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Benjamin Schreuder

Die Zauberkicker  1

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Kosmos

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 128 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3440175330

·        Lesealter ‏ : ‎ 8–11 Jahre

#DieZauberkicker1

 

 Fußball und Magie

 

Eine ungewöhnliche Mischung bietet dieses Buch, das mit dem Titel „Anpfiff!“ den Einstand in eine neue Fortsetzungsreihe bietet. Ob die Kombination Fußball und Magie für fußballbegeisterte Jungs und Mädchen funktioniert, würde ich gerne vorlesend bei 8-10-Jährigen ausprobieren, denn ich bin nach Lektüre nicht sicher.

 

Ben hat es nicht leicht, weil sein Fußballtrainer nicht viel von ihm hält und seinen eigenen Sohn regelmäßig bevorzugt. Ben fehlt der Glauben an sich selbst und ist oftmals Opfer für Hänseleien. Doch welch eine Überraschung! Ben erhält die Einladung zu einer Probewoche im Fußball-Internat Tannwald. Seine Mutter und seine kleine Schwester glauben fest an ihn und machen ihm Mut, diese Chance zu nutzen. In der altehrwürdigen Schule lernt er recht skurrile Erwachsene kennen, aber auch einen sprechenden Waschbär. Sehr seltsam. Die Jungs, die auch an dieser Probewoche teilnehmen, können alle viel besser Fußball spielen als er selbst. Da hilft doch tatsächlich nur ein wenig Magie?

 

Der unsichere, manchmal recht verpeilte Ben ist eine sehr sympathische Hauptperson, in die sich die Kinder sicher gut einfühlen können. Dass seine absolute Leidenschaft das Fußballspielen ist, tritt schon auf den ersten Seiten sehr deutlich zu Tage, und zwar so sehr, dass Leser, die von Fußball keine Ahnung haben, nicht mehr weiterlesen werden, was sehr schade wäre. Auch die anderen Akteure im Buch werden sehr lebendig beschrieben, was es Lesern leicht macht, vertraut mit ihnen zu werden, insbesondere da so manche Verhaltensweisen sicher aus dem eigenen Umfeld bekannt sind. Und wer möchte nicht einen sprechenden Waschbär mit besonderen Fähigkeiten haben? Überhaupt schreibt der Autor sehr frisch-frech-lebendig und baut in Band 1 eine gewisse Spannung auf, sodass man unbedingt weiter lesen möchte. Die eingestreuten Illustrationen lockern den Text auf. Damit und mit der etwas größeren Schrift fällt das Lesen leichter.

 

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Sarah Pearse

Das Sanatorium

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Goldmann Verlag

·        Broschiert ‏ : ‎ 512 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3442206353

·        Originaltitel ‏ : ‎ The Sanatorium

#DasSanatorium 

 

Starker Beginn, der sich ins Unlogische verliert

 

Hat Reese Witherspoon tatsächlich den Thriller von Sarah Pearse gelesen, dem sie „Gänsehaut pur!“ attestiert? Ich glaube nicht.

„Le Sommet“ war einstens ein Sanatorium für Tuberkulosekranke, bis es schließlich mehr und mehr verfiel und zu einem typischen Lost Place wurde. Nach Jahren des Leerstands fanden jedoch zwei befreundete Architekten Gefallen an dem riesengroßen Gebäude, das mit seiner Lage, teils tief versteckt im Wald und überragt von drohenden Berggipfeln, ideal zu sein schien für ein Luxushotel der Extraklasse. Nach vielen Jahren der Planung und des Baus, oftmals angefeindet von Naturschützern und überschattet vom rätselhaften Verschwinden des Daniel Lemaitre, dem Architekten mit Visionen, ist das Fünf-Sterne-Hotel nun fertiggestellt. Elin Warner, ein Detective Inspector, derzeit beruflich freigestellt, reist zur Verlobungsfeier ihres Bruders Isaac an. Für Elin ist die Beziehung zu ihrem Bruder durch ein früheres, unausgesprochenes Drama belastet. Sie hat Angst vor der Begegnung. Da verschwindet Isaacs Verlobte, dann geschieht ein Mord. Und ein gewaltiger Schneesturm mit Lawinenabgang schneidet das Hotel von der Außenwelt ab. Die Gäste sind in dem riesigen Gebäude mit einem Killer gefangen.

Ein Plot also, der alles bietet, was ein atemberaubender Thriller braucht. Und so startet das Buch auch: Mit viel atmosphärisch geschilderter wachsender Spannung. Der Autorin gelingt es, ihre Schilderungen, insbesondere die der Umgebung und Natur, mit allen Sinnen zu schildern. Ebenso detailfreudig werden die Gestimmtheiten der handelnden Personen in allen Feinheiten beschrieben. Insbesondere die Gefühle von Elin werden geradezu seismographisch erspürt und in Worte gefasst. Diese Feinfühligkeit der Autorin ist ihre Stärke, aber auch ihre Schwäche. Denn je weiter der Thriller voranschreitet, desto mehr verlieren sich die Schilderungen in sich selbst, werden unlogisch, dienen nicht mehr dazu, die Handlung voranzubringen. Und damit verlieren die Protagonisten, allen voran Elin, an Glaubwürdigkeit. Aber auch die Sprache wird zunehmend nüchterner und emotionsärmer. Dadurch gelingt es dem Leser immer schwerer, sich lesend in die Handlung hineinzufinden. Die Spannung verliert sich.

 

Fazit: Ein starker Plot, ein starker Beginn, aber im Verlauf stetig schwächer, unlogischer und spannungsärmer werdend.

 

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Bethan Christopher

Rebel Beauty

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Ravensburger Verlag GmbH

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 176 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3473480586

·        Lesealter ‏ : ‎ 11–17 Jahre

·        Originaltitel ‏ : ‎ Rebel Beauty for Teens

#RebelBeauty

 

 

Ein Buch der guten Absichten

 

Tja, was soll ich von diesem Buch halten? Der Anspruch, den das Buch an sich selbst stellt, ist sicher gut und wichtig. Ja, es ist wichtig, dass junge Mädchen (und nicht nur die) nicht blind  in die Fallen der Social-Media-Scheinwelt tappen. Ja, es ist wichtig, Selbstwahrnehmung mit den Augen der Selbstakzeptanz zu schulen. Ja, es ist wichtig, das Selbstwertgefühl generell zu stärken. Aber kann das dieses Buch, kann das überhaupt ein Buch? Schön wäre es. Aber ich glaube es nicht.

 

„ Rebel Beauty“ kommt rein äußerlich daher wie ein Ausmalbuch für Kinder. Das halte ich bereits für das erste Hindernis. Teenies möchten ernst genommen werden, und zwar ernst genommen wie Erwachsene untereinander. Das sollte sich auch in der gesamten Gestaltung des Buches widerspiegeln. Da sind Schnörkel, Ausmalbilder, Mandala und Blümchen nicht sehr geschickt. Und durch Ausfüllen von Listen und Zettel ins Buch Kleben geschieht keine Änderung der (Selbst)Wahrnehmung. Ein erster Schritt ist richtigerweise, den Ist-Zustand zu analysieren. Aber zur Analyse fehlt das Gegenüber, die Reibung und damit der eigentlich notwendige Schritt oder die Chance zur Veränderung. Die Verlockungen der Social Media Kanäle sind viel zu stark, haben eine viel zu große Suggestivwirkung, als dass eine Übung des „Label“-Umschreibens (natürlich wieder in einer Liste) tatsächlich wirksam sein könnte. Und hilft die etliche Seiten lange Exkursion über den weiblichen Zyklus tatsächlich bei der Entdeckung der „inneren Schönheit“?

 

Vielleicht ist das Buch tatsächlich für manche junge Mädchen eine gute Anregung. Vielleicht haben manche junge Mädchen tatsächlich Lust auf Listen-Schreiben und das dadurch angeregte Nachdenken über sich selbst. Doch ich wage die Behauptung, dass diese Mädchen durchaus schon von sich aus auf einem guten Weg sind. All die vielen jungen Mädchen, die tief verunsichert sind, weil in all den Jahren VOR Beginn der Pubertät bereits viel schief gelaufen ist und die durch Nacheifern fraglicher Ideale glauben, endlich all das zu erlangen, was ihnen von früher Kindheit an gefehlt hat – all diesen Mädchen wird nur ein therapeutisch ausgebildetes Gegenüber helfen. Leider nicht dieses Buch der guten Absichten.

 

 

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Antonia Coenen und Philipp Juranek

Vogel entdeckt – Herz verloren

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Kosmos

·        Taschenbuch ‏ : ‎ 208 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3440173664

 

 

Wie man Vögel in sein Leben lässt

 

Selten hat mir ein „Sach“buch so viel Freude, Anregung und Wissenserweiterung gebracht wie das vorliegende. Trotz meines gewaltigen Ärgers darüber, dass man heutzutage nicht mehr Vögel beobachtet, sondern „Birding“ betreibt.

Das Autorenpaar hat wohl einige Berühmtheit erlangt durch ihren Podcast „Gut zu Vögeln“. Sympathisch sind mir die Beiden, weil sie sich nicht als Fachleute darstellen, die ihr Wissen mit den Unwissenden teilen. Sondern weil sie ihre persönliche Leidenschaft auf extrem kurzweilige Weise durch viele Anekdoten und Erlebnisse angereichert an uns weitergeben in der Hoffnung, dass der Funke auf den Leser überspringt. Bei mir jedenfalls ist diese Hoffnung voll aufgegangen. Ohne besserwisserischen Zeigefinger wird dem Leser ans Herz gelegt, wie wichtig es für die Natur (und damit für uns) ist, Vögel zu unterstützen. Und wie wertvoll es ist, wenn wir lernen, unsere Augen und unsere Wahrnehmung zu öffnen für die Vögel. Denn erst wenn wir etwas wirklich wahrnehmen, schafft dies ein Gefühl der Wertschätzung und der Verantwortung. „Man sieht nur was man weiß“ – auf nichts passt diese Aussage besser als auf dieses Buch. Schade nur, dass das Cover nicht im geringsten den Wert des Buches transportiert. Schade auch, dass die Schrift zu klein ist und damit das Lesen unnütz erschwert.

Dass die Spatzen in den Großstädten wie Paris oder Berlin ausgestorben sind, sollte uns erschrecken. Dass die Goldammer trotz des Verbotes in Frankreich gemästet und von Sterneköchen nach wie vor zubereitet wird, sollte uns genauso erschrecken. Spätestens als ich das  herzzerreißende Foto des armen gerupften Vögelchens mit aufgetriebenem Bauch anschaute, wuchs in mir der Wunsch, mehr zu erfahren, besonders darüber, was ich persönlich tun kann. Kurzweilig, lebendig, humorvoll, mit etlichen Ausflügen in die Kultur, kurzum sehr unterhaltsam ist dieses Buch.

 

Lesen Sie es!  

 

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Dirk Gieselmann

Der Inselmann

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ Kiepenheuer&Witsch

·        Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 176 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3462000252

 

 

Wunderbares Wortgemälde

Eigentlich geschieht nicht besonders viel in diesem kleinen Büchlein. Und doch transportiert es einen unglaublichen Reichtum, der mich beim Lesen und noch lange danach beglückte. Ein Buch, das man dauerhaft um sich haben möchte, um immer wieder einmal weg vom Alltag abzutauchen in die wunderbare Welt der Wortgemälde, die der  Autor hier geschaffen hat.

Der zurückhaltende, schüchterne Junge Hans zieht mit seinen Eltern auf eine unbewohnte Insel, weit weg von Umtriebigkeit und Lärm. Und es beginnt gleichermaßen seine Reise nach innen und ein Verwachsen mit der Natur, die ihn umgibt, unspektakulär und innig. Alleinsein als Reichtum. Hans wächst dabei, fühlt sich als Herr der Insel. Doch die Kindheit endet abrupt, Hans muss zur Schule, wird getrennt von den Eltern und von seiner Welt der Steine und Pflanzen. Aber Hans verweigert sich, schwänzt die Schule, rudert immer wieder zur Insel. Vergebens, der Vater gewährt ihm keinen Zutritt mehr. Erst nach Jahren gelingt es Hans, sein Reich wieder in Besitz zu nehmen und in die für ihn so beglückende Einsamkeit zurückzukehren.

Fasziniert bin ich von der wunderbar poetischen Sprache, die so viel mehr transportiert als nur reine Kopfbilder. Ich habe beim Lesen den Eindruck, die Geräusche der Natur zu hören, mit dem Wind zu schwingen, vermoderndes Laub zu riechen. Für den Autor hat jedes Wort ein eigenes Gewicht, das Gewicht der Steine oder der Bäume, das Gewicht des Feuers oder des Wassers. Alles verlangt nach richtigen Wörtern. Aber nicht nur das. Dirk Gieselmann findet auch die Wörter hinter den Dingen, für Gefühle wie Schwermut, Ergebenheit oder Reichtum in der Stille des Augenblicks. Es ist gut, wenn es beim Lesen dieses Buches ganz still ist, damit man die Wortgemälde in all ihren Farben genießen kann.

 

 

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Martin Krüger

Wintersterben

 

·        Herausgeber ‏ : ‎ HarperCollins Paperback

·        Broschiert ‏ : ‎ 384 Seiten

·        ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3365001189

·        #Wintersterben

 

 Spannend-gruselige Lektüre mit kleinen Schwächen

 

Sowohl Titel als auch Cover kommen meiner Meinung nach zu harmlos daher, denn dieser Thriller hat es in sich. Im Guten wie im Schlechten.

Wir befinden uns in einem abgelegenen Dorf in den Walliser Alpen. Viele Häuser im Dorf haben vernagelte Fenster. Die Menschen leben in eisiger und schweigsamer  Abgeschiedenheit. Als eine schrecklich zugerichtete Leiche mitten im Nirgendwo gefunden wird und klar wird, dass der Tote ein deutscher BKA-Mann war, entsendet Interpol seine beste Ermittlerin, Valeria Ravelli, zur Aufklärung in die verschneite Bergwelt. Zusammen mit ihrem neuen Kollegen versuchen sie auf getrennten Wegen, den Spuren des toten BKA-Mannes zu folgen, die auf rätselhafte Weise weit in die Vergangenheit reichen. Ravelli ahnt nicht, in welch tödliche Gefahr sie sich dabei begibt.

Allem sei voran gesetzt: Dieser Thriller hat mich von Anfang bis Ende großartig unterhalten. Die durchweg spannende Handlung nahm mich derart gefangen, dass ich das Buch kaum weglegen wollte. Dadurch störte es mich letztlich wenig, dass der Thriller nicht konsequent durchkomponiert war. Es gab einige lose Handlungsfäden, die nicht weiter bearbeitet wurden. Es gab Unglaubwürdigkeiten und Hinweise auf eine Vorgeschichte, die nicht erklärt wurden. Überhaupt bleiben etliche Fragen offen, auch beim fulminant inszenierten Schluss. Aber die eindrücklichen, atmosphärisch dichten und den Leser packenden Natur- und Situationsschilderungen ließen so manche Ungereimtheit beim Lesen vergessen. Bildhaft und intensiv ließ der Roman an so manchen Stellen ein schauderndes Gefühl von Horror und Bedrohung entstehen.

 

Fazit: Sehr spannender, fast gruselig zu nennender Thriller, dessen kleine Schwächen mein Lesevergnügen nicht minderten.